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auf dem allein richtigen Wege der chemischen Auflösung durch Seife bewirkt, sondern der von seinen Arbeitsgenossen Bedrängte ist meist nur imstande, sich in mechanischer Weise die Hände abzuwischen. Wo Farbe, Fett oder Oel an den Fingern haften, werden diese in das Handtuch gewischt, so dass dasselbe nach wenigen Tagen aussieht wie ein widriger Schmierlappen. Da es wohl nur höchst selten vorkommt, dass jeder einzelne Setzer sein eigenes Handtuch erhält, vielmehr meist eine Anzahl von mehreren, oft bis zehn Personen, sich mit einem solchen begnügen muss, kann man sich vorstellen, wie solch ein Druckerei-Handtuch am Ende der Woche aussieht. Es bietet einen widerwärtigen, von der Benutzung abschreckenden Eindruck, der nicht selten die Arbeiter veranlasst, zum Taschentuche zu greifen. Eine sehr drastische Schilderung der Reinlichkeitsverhältnisse in deutschen Druckereien unter Berücksichtigung des Waschbecken- und Hand tuch-Elends findet sich auch im Jahrgang 1890 der Papier-Zeitung, Seite 426. Die Redaktion hatte damals die Allgemeinheit der Uebel stände vorsichtig bezweifelt, erhielt aber sofort eine Zuschrift (1890, Seite 686), welche behauptete, dass die Zustände oft noch schlimmer seien, als sie auf Seite 426 geschildert wurden. Auch ich habe fast nur schlechte Erfahrungen in dieser Richtung gemacht. Wer bessere gemacht hat, der trete hervor und sage es. Der Druckerei, welche sich derart auszeichnete, sollte ein öffentliches Lob zutheil werden! In einem Meinungsaustausch nach einem der erwähnten Vor träge über Buchdruckerkrankheiten wurde als Mittel gegen den Staub empfohlen, keine »Schlorren« (Pantoffeln ohne Rand) zu tragen, sondern festes Leder-Schuhzeug. Es dürfte aber wohl den Meisten schwer fallen, den ganzen Tag in festen Lederschuhen zu stehen. Das Raueihen ist nun allerdings ein Punkt, der zu beachten wäre. Diese Thätigkeit wird von unseren jüngeren und gerade jüngsten Kunstjüngern häufig in einer Weise ausgeübt, dass man sich in einem Rauchklub, aber nicht in einer Setzerei zu befinden glaubt. Hierzu kommt noch, dass die Cigarrenasche theils auf den Fussboden geworfen wird, theils in die Schriftkästen fällt. In beiden Fällen vermehrt dieselbe den Staub in sehr erheblicher Weise, und in dieser Beziehung wäre den Herren Setzern ein wenig Mässigung sehr von Nutzen. In einem kürzlich im Berliner Buchdrucker-Verein gehaltenen Vortrage wurde u. a. auch noch »häufiges Schnäuzen« als Schutz mittel gegen die Schwindsucht angerathen, um die durch die feinen Härchen der Nase aufgefangenen Bazillen, Mikroben, Tuberkeln usw. wieder hinauszubefördern. War das dem vortragenden Herrn wirklich Ernst?! Warum fassen die Freunde der bedrängten Schriftsetzer die Ursachen alles Uebels, den Staub und die Bazillen usw., nicht gleich bei der Wurzel? Warum müssen Staub und Bazillen erst in Nase, Luftwege und Lungen kommen, ehe dagegen angekämpft wird? Warum wird der Staub nicht da beseitigt, wo er zuerst und in den grössten Mengen auftritt: — auf dem Fussboden und in den todten Winkeln?! Ich kenne unter einer ziemlich grossen Anzahl Berliner Druckereien nur drei, welche regelmässig wöchentlich einmal die Setzerei aufscheuern und den Staub von Leisten, Gasröhren usw. entfernen lassen. Ich kenne einige grösste Druckereien, welche jährlich zweimal, am 1. April und 1. Oktober, scheuern und die Fenster putzen lassen. Eine der letzteren hat nach dem vor jährigen Geschäftsbericht etwa 66000 Mark Dividende zur Ver- theilung gebracht. Viele Buchdruckereien lassen überhaupt nie scheuern! Eine Statistik hierüber würde jedenfalls Dinge zu Tage fördern, die den Herren vortragenden Aerzten die Haare zu Berge stehen lassen würden. Wie geschieht nun die tägliche trockene oder »halbnasse« Reinigung der Druckereiräume? Da kommt der Lehrling, Lauf bursche oder Hausdiener mit einem Wasserbehälter und »sprengt«, das heisst, er plantscht mit einem Schwamm oder gar nur mit der Hand die Dielen nass, nimmt dann den Besen und fegt, um möglichst schnell fertig zu werden, den feuchten Staub nach links und rechts unter die Kastenregale, was die Borsten halten wollen. Bei diesem Verfahren wird der schlimmste feine Staub entweder nur auf der Diele lang geschmiert, um am andern Tage, wieder getrocknet und noch feiner geworden, hochzufliegen, oder er wird überhaupt nur aufgewirbelt, nicht aber entfernt. Dass dies so ist, davon kann sich Jeder alle Tage überzeugen. Welcher ernst- und ehrlichdenkende Arzt hat hiernach noch den Muth, Vorträge über die Schädlichkeit des Bleistaubs zu halten, und Mitteichen wie die oben erwähnten anzurathen? — Man schaffe die Ursache einer Krankheit fort, und warte nicht erst, bis die Krankheit selbst eingetreten ist, um dieselbe dann durch Gewaltmittel zu bekämpfen. Diese Zeilen sollen kein Ruf nach Fabrik-Inspektoren oder Polizei sein. Mancher Prinzipal wird aber vielleicht einem höflichen Ersuchen seitens der Arbeiter um häufigere und bessere Reinigung der Arbeitsräume gern Folge geben und sich zu einer Leistung entschliessen, die als etwas ganz Selbstverständliches eigentlich von jedem Geschäfts-Inhaber verlangt werden müsste. Was würde ein Sportfreund dazu sagen, wenn der Stall seiner Rennpferde jährlich nur zweimal gescheuert würde? Einen weiteren, vielleicht sogar den grösseren Theil der Schuld an Krankheits-Erscheinungen trägt, wie bekannt, die Ein seitigkeit der Arm- und Brustmuskelbewegung beim Setzen. Hierbei muss ich nun den Setzern zum Vorwurf machen, dass sie gegen diese Schädlichkeiten nicht die geringsten, so nahe liegenden und einfachen Schutzmittel anwenden: Körperliche Uebungen, Turnen, Schwimmen, Rudern und, wenn auch nur Sonntags, längere Märsche, ohne jedoch dabei den Körper derart überanzustrengen, wie es in letzter Zeit häufig bei den weiten Ausflügen der Turner, zumal nachts, vorgekommen ist. Diese ein fachen Mittel haben schon viele schwachen Naturen gestählt und befestigt, haben ausserdem gerade für jüngere Leute den Vortheil, dass sie von mancher Jugendthorheit abhalten, die schon häufig frühzeitigen Gesundheitsverfall herbeiführte. Aber auch reiferen Personen sind Körper-Uebungen nie schädlich, und es kann nicht oft und eindringlich genug empfohlen werden, durch solche Uebungen, und wären es auch nur Freiübungen im Zimmer, die Schädlichkeiten der einseitigen Arbeitsweise auszugleichen. Es ist dazu nicht einmal nothwendig, gleich Mitglied eines Turn vereins, Ruderklubs usw. zu werden, obschon dies nur empfohlen werden kann. So lange aber unsere Druckereiräume jährlich nur ein- bis zweimal vom Staub durch Aufscheuern gereinigt werden, so lange sich darin nur höchst mangelhafte Waschvorrichtungen und kärglich vertheilte Handtücher befinden, möchte ich jedem Arzt rathen, keinen Vortrag weiter über die Berufskrankheiten der Buchdrucker zu halten, bevor er sich nicht genau über die eigentlichen Wurzeln übler Einflüsse und über die Wege unterrichtet hat, durchweiche man die Geschäfts-Inhaber veranlassen kann, den Angestellten gegenüber zweckentsprechende Maassregeln zur Erhaltung körper lichen Wohlbefindens zu treffen. — e. Muster-Druckerei. Der legendenhafte » Arizona-Kicker« ergötzte kürzlich seine Leser mit folgender Druckfehlerberichtigung: »Achtung! Augen auf!! Druckfehler berichtigung!!! « Die gestrige Notiz unseres Blattes über den heftigen Brand in dem störe des Möbelhändlers Mr. James Snapper — unser Feuer reporter war in der Lage, das Erlöschen des Brandes bereits eine halbe Stunde früher zu melden, als das Feuer in Wirklichkeit aus war — wimmelte von Druckfehlern. Nun glauben wir zwar, unsern Lesern schliess lich so viel Grütze zutrauen zu dürfen, um anzunehmen, dass sie sich den vollendeten Unsinn selbst verbessert haben, aber wir benutzen gleich diese Gelegenheit, um den Honorable Mr. James Snapper in bescheiden ster Weise darauf aufmerksam zu machen, dass wir sein kleines Inseraten-Konto von 84 Dollar gerne aus der Welt schaffen möchten. Doch das nur nebenbei! Wenn unser Korrektor weniger mit den hübschen girls in dem Maschinensaal und mehr mit den Korrektur abzügen unserer Zeitung liebäugeln würde, könnten Druckfehler, wie die vorstehend berichtigten, überhaupt nicht vorkommen. Nur die Rücksicht darauf, dass er eine alte Tante und zwei Kellnerinnen zu ernähren hat, verhindert uns, den nachlässigen Burschen ohne weiteres zum Teufel zu jagen. < Zu dieser Berichtigung hatte der Korrektor seinerseits folgenden in fetten Lettern gedruckten Vermerk in Parenthese angefügt: »Leser des Arizona-Kicker, ich appellire an Euer Herz, an Euer Gerechtigkeits gefühl! Wenn der editor (Redakteur) des Blattes es schicklich findet, mich auf solche Weise bloszustellen, so ist das seine Sache. Das ist jedenfalls der Dank dafür, dass ich ihm fast täglich orthographische und grammatikalische Schnitzer aus seinen Manuskripten herausbringe, die, nebenbei gesagt, durch zahllose Tintenkleckse und Kautabakspritzer fast unleserlich sind. Uebrigens möchte ich mir gern eine neue scharfe Brille anschaffen, um diesen verdammten Druckfehlern noch mehr auf die Finger zu sehen. Vielleicht ist der editor so freundlich, mir zum Ankauf der Brille die 10 Dollar 25 Cent zu geben, die er mir noch vom Dezember vorigen Jahres schuldet. Zum Schluss nur noch die Be merkung, dass der beste Korrektor der Welt nichts zu nützen vermöchte, wenn die Setzer, wie in unserer office, anstatt am Setzkasten zu stehen, die halbe Nacht beim faro oder poker verbringen, oder sich die Typen an den Kopf werfen. Der Korrektor.« Die Setzer ihrerseits haben die folgende Randglosse an den Schluss der merkwürdigen »Druckfehlerberichtigung« gesetzt: »Wenn der editor und der Korrektor ihre schmutzige Wäsche öffentlich waschen wollen, so mögen sie das thun; aber wir müssen uns energisch verbitten, dass