Volltext Seite (XML)
UnterbaNungs-Äunae. W Ein paar Wochen später aber bereitete der große Man« heimlich alles zu einer neuen Expedition vor. So landete ei «ines Tages wieder auf der Wolfsinsel, begleitet von der Leiden Löwen, die in einem ausbruchsicheren Käfig saßen, vor Dreißig Treibern, zwei Fährtensuchern, fünf Filmoperateure« And einem Reporter, dessen Zeitung sich das Recht auf alleinig! Berichterstattung gesichert hatte. Leider war der Wetter- zgott dem Unternehmen nicht gewogen, und es goß auf das Zeltlager, das am Rande der Insel aufgeschlagen wurde. Mister Wright wollte auf schönes Wetter warten. Es lies Lich ja sonst schlecht filmen. Aber dann wurden Gerüchte laut,' Der Sheriff von Hickman befinde sich wieder im Anzug, unt >am nächsten Morgen wuvden die grimmen Tiere losgelassen. !Sie sollten sich einen Tag und eine Nacht lang an die neue jUmgebung gewöhnen und im dichten Unterholz verschwinden, Bevor die Treibjagd begann. Leider benahmen sich die beiden Löwen recht unköniglich Sie ließen sich nur durch eine stachelige Stange aus den trockenen Käfig treiben. Das eine Tier stand-.dann unschlüssig im Regen, gähnte laut. Das andere befreite sich durch kräf tiges Reiben am nächsten Baum von ein paar Flöhen. Dani trotteten beide, von ein paar Steinwürfeu vertrieben, miß mutig in den Busch. Die Nacht war schrecklich. Es goß, und die ganze Expe dition konnte kein Auge schließen, weil beide Löwen durch der Regen hindurch jämmerlich nach ihrem trockenen Käfig heul cken. Doch der tapfere Jäger Wright blieb hart. „Alle Man« mit Kesseln und Konservendosen Krach schlagen und brüllen Damit die Löwen nicht wieder kommen!" Am nächsten Morgen sollte die eigentliche Jagd beginnen jSie wurde durch die Änkunft des Sheriffs verzögert: „Ich be schlagnahme die Löwen. Die Wolfsinsel gehört zum Staab iKcntucky, also zu meinem Bezirk." — „Bitte", zeigte Miste: Wright mit großartiger Gebärde in den Busch, „holen Sie sick Die Tiere." — Der Sheriff wich zurück: „Die Löwen sind ir Freiheit? Einen Augenblick! Da fällt mir gerade ein, du Wolfsinsel wird doch Wohl zu Missouri gehören, also nich gu meinem Bezirk. Auf Wiedersehen!" Das Feld war frei. Die Löwenhatz begann. Nur wollte« Die Wüstenkönige sich nicht Hetzen lassen. Sie knurrten -wandten Herrn Wright die Kehrseite zu. Der große Jäge: fschoß — daneben. Ein Löwe brummte, wandte sich um 29 Treiber und fünf Filmoperateure rannten nach dei nächsten Bäumen. Der Reporter aber erfaßte die Lage an raschesten. Er kroch in den Käfig und zog die Tür von inne« zu. Sicher sollten die Löwen nicht wieder hinter die Gitte: flüchten. Das Tier schüttelte den Kopf. Wandte Mister Wright di, Kehrseite zu, brummte, als der nächste Schuß ein paar Haar, aus seiner Schwanzquaste jagte. Und dann geschah etwas Un erwartetes. Ohne daß ein Schuß gefallen wäre, legte sich de: Löwe Plötzlich auf die Seite, zuckte ein paarmal mit de« Beinen und war ruhig. Ein Herzschlag, Wohl die Folge all de: Aufregung, hatte ihn getroffen. Mister Wrights Sohn, ei« kühner Jüngling von vierzehn Jahren, bohrte mit seine: Flinte rasch das Loch, das nun einmal in jedes erjagte Löwen- ffell gehört. Nach dem Tode des Gefährten wollte das zweite Tie: anscheinend auch nicht länger leben. Durch die zugespitzte lang! Stange in der Hand eines besonders mutig gewordene« Treibers ließ es sich bewegen, Mister Wright ins Heldenaug! zu blicken. Der Löwe hielt ganz still. Sechs Kugeln aus zehr Meter Entfernung beendeten seine irdischen Leiden. Der große Raubtierjäger Denver Wright strahlte. Ei stellte feinen Fuß auf den Nacken des erlegten Wüstenkönigs,' schwang den Hut und wartete auf das Surren des Film apparats. Er wartete leider vergebens. Die eilige Flucht auf die Bäume hatte die Maschine außer Gefecht gesetzt. Dafür stand wenigstens der Reporter jetzt bereit. Ihn: erklärte der Großwildjäger und Lederhändler Wright: „Ich bin der stolzeste und glücklichste Mensch der Welt. Ich habe zwei Löwen geschossen!" So stand es auch in der Zeitung, die sich das Recht der salleinigen Berichterstattung gesichert hatte. Die anderen frei lich sohrieben, der Tierschntzver-ein hätte sich einmischen und unnötige Quälereien den beiden Löwen ersparen sollen, die ohne Mister Wrights Dazwischentreten wegen Altersschwäche vergiftet Wochen wären. Löwcnjagd auf der Wolfsmsel. Wer Wirklichkeit nacherzählt von E r n st H e r bw r t Petri j Als Tartarin von Tarascon zur Löwenjagd-auszoq, ver- gneinte er wirklich, sich mutigen Herzens in-cine große Gefah: ^u stürzen. Es war tatsächlich nicht seine''Schuld, wenn e: «uerst einen Esel schoß, dann ein blindes altes Tier, das von Grimmen Leuen nichts anderes mehr aufzuweifen hatte all An mottenzerfressenes Fell. Man weiß ja auch, wie sehr ec Monsieur Tartarin zu verhindern suchte, daß ihm schließlicl ^als einzige Trophäe ein Kamel nach Frankreich folgte. De: tapfere Mann aus Tarascon Wan also, wenn man Älphonsi Daudet, seinem geistigen Vater, Glauben -schenken will, i« seiner Art ein kleiner Held. ! _ Wie steht cs aber mit Mister:Denver Wrights-dem Leder- Händler aus St. Louis? Wir wollen uns jeder Kritik übe: Diesen guten Mann enthalten, bis wir die Geschichte von seiner jgroßen Löwenjagd vernommen haben. Wahrscheinlich keimte der Wunsch, Löwenjäger zu werden, iin Wrights Männerbrust in der Stunde, da er im Kino saß stlnd einen afrikanischen Film sah. Der Wackere hatte vierzio iFahre seines Lebens hinter dem Laden- und dem Schreibst^ gestanden und gute Erfolge erzielt. Jetzt packte ihn der Ehr geiz, sich auch auf anderen Gebieten einen Namen zu ver schaffen: der Löwenjäger Wright. Wie schön würde das klingen! Nur dürfte nicht Gefahr damit verbunden sein. Wünsche reicher Leute sprechen sich inj den Vereinigten Staaten rasch herum, und eines schönen Tages bot ein Mann Dem Lcdcrhändler und zukünftigen Helden «zwei Löwen an, -frisch aus Afrika herüber gebracht, wild und gefährlich. Wenn uian die beiden Tiere auf der Wolfsurssest einem großen herrenlosen Eiland im Mississippi, freilicß mnd eine gehörige Anzahl gut betvaffneter Treiber aufbot, so mußte die Jagd ohne allzu großes Wagnis für den tapferen Minirod vor sich gehen. Mister Wright stimmte dem Plan nach sorgsamer Prüfung aller etwaigen Bedenken begeistert zu. Leider wurde vorerst nichts daraus. Denn der Sherifs Don Hickman mischte sich in die Angelegenheit, sprach von be absichtigter Tierquälerei und verhinderte die Jagd stn letzten Augenblick. Wutschnaubend zog Mister Wright mit seinem 'gesamten Troß nach Hause. Es glühen die Feuer! Skizze von Wilm Frei Herrn v. Münchhausen Wilhelm Dirksen geht festen Fußes und erhobenen Haup tes auf den rostigen Decksplanken des Neubaus. Hoch steh die Sonne am wolkenlosen Himmel und spiegelt sich in chmutzig-grauen Wasser des Stromes. In der Ferne treffe« ich dunkelblaue Nordsee und lichtflimmernder Himmel in dei charfen Linie des Horizonts. Es ist einer jener schöner Sommertage, welche die Leute an den flachen, deichbesetzte« Küsten der breiten Wesermüudung den heiteren Glanz uni die unendliche Pracht des Südens ahnen lassen. Aber Wilhelm Dirksen hat kein Auge für die Schönheil der Natur. Er sieht nur das aufstrebende Schiff. Seit Jahr Hunderten werden auf der Dirksen-Werft Kiele gelegt, Span ten gebogen und Planken an Planken gereiht. Seit Jahr Hunderten richten sie schlanke Masten und bauen stolz, Schiffe, die Sturm und Wellen trotzen. Dirksens Herz glüht wenn er den ohrenbetäubenden Lärm der Preßlufthämme: hört, sein Auge leuchtet, wenn er die feinen, stahlblauen Ma nometernadeln an surrenden Maschinen schwingen sieht. Fü: ihn bedeutet Leben Schaffen und Kämpfen und Ringen un Form und Vollendung. Wenn auf den hohen Helligen di« Eisen glühen, die Platten sich biegen, wenn die Kräne sick kreischend drehen und das Schiff aus Stahl und Eisen wächst dann lacht sein Herz. Und doch ist er nicht ganz seines Lebens froh. Auch i« seinem Herzen blutet eine geheime Wunde. Sie schmerz! wieder, als er, vom hohen Bord des Schiffes aus, Toni Kühn sieht. Sie sitzt nahe, dem großen Drehkran am Kai, eine« breitrandigen Strohhut auf dem Kopf, und malt. Er tritt auf sie zu. Sie ist eine schöne Frau mit großen Augen und fein geschwungenen Lippen, jung und schlank. In seinem Inner:: werden wieder Stimmen laut, die gar nicht zu dem Passen, was er sagt. Er horcht in sich hinein und verliert doch den Faden des Gespräches nicht... Sieh, sieh, du großer Narr! Deinem eigenen Sohne wurdest du fremd, weil er in der Kunst mehr sah als Jn- Kiele-legen und Spanten-richten. Und doch erlaubtest du der Unbekannten, Skizzen zu nehmen. Du selbst öffnetest der Kuns auf den Helligen die Tür. Steigt vielleicht Reue in dir auf! Warum gehst du nun mit ihr und redest über dein Werk un' Sein Leben? Willst du dich rechtfertigen? Vielleicht ist Kunj doch ein Leben wert? Dein Sohn ist dein Sohn! Warun lädst du sie nicht ein, mit dir über Kunst zu reden? Vielleich würdest du sie verstehen — und auch ihn! „Wie Sie begeistert über Schiffe, über Wind und Wette: reden können!" sagt sie. „Ich glaube fast, Sie selbst habe« Künstlerblut." Das trifft ihn, das hört er, und darum bittet er sie nur wirklich, ihm heute abend Gesellschaft zu leisten... Es ist noch hell und warm, als Toni Kühn in den Salon geführt wird. Die Sonnenstrahlen liegen zitternd auf den gobelinbedeckten Wänden, und die Standuhr schlägt dumpf tönend neun. Die Malerin stellt ein großes, rahmenloses Bild aus einen kleinen Tisch gegen die Wand und wendet sich dann an Dirksen. Aufregung schwingt leicht in ihren Worten: „—und darum, Herr Generaldirektor, bitte ich Sie, dieses Bild zur Erinnerung anzuuehmen." * Dirksen steht stnmm vor dem Gemälde... Seine Werft! Sein Lebenswerk! Er sieht die Feuer glühen, und er glaubt zu hören, wie die Platten unter den Hämmern dröhnen und den Rost abwerfen. Auf den Helligen liegt ein stolzes Schiff. Es ist kurz vor der Vollendung. Um den Körper herum und ans den Decks wimmelt es von Ar beitern und Ingenieuren. Im Hintergründe glänzt das Wasser. Kühn geschwungen bäumt der Bugsteveu sich auf. Er versteht, daß er ein Meisterwerk vor sich hat, und ein Gedanke nimmt ihn plötzlich ein: Nur wer das Gewaltige und , Himmelanstürmende im Schiffbau erlebt hat, kann so malen. Nur wer den ewigen Kampf zwischen Natur und Menschen innerlich mitgefochtcn hat, kann so zeichnen. Welch kühne Linien und Formen! Eine große Erkenntnis steigt in ihm auf und setzt seine Seele in Flammen: Die Künstlerin und ich, wir beide schaf fen, wenn auch mit andern Mitteln und auf andern Wegen, so doch zu gleichem Zweck. Ich strebe nach Vollkommenheit und suche neue Linienrisse, neue Propellersormen und neue Maschinen, um in gewaltigem Ringen die Widerstände der Natur zu überwinden; aber die Künstlerin ringt genau sc ernsthaft mit der Materie, mit Farben und Formen, um zur Vollendung zu gelangen... Endlich sagt er: „Wie Sie das Gewaltige, das Ringen in der Technik verstanden haben! Das sollte mein Sohn sehen, das hohe Lied auf Technik und Arbeit. Wie würde er mich verstehen, wie deutlich würde ihm dann die Erkenntnis werden, warum ich nun einmal mit Sinn und Herzen dem Schiffbau verfallen bin!" „Haben Sie gesehen, welchen Namen das Schiff führt?" fragt sie ihn und preßt die Fingernägel in die Handflächen. „Gerd?" sagt er. „Der Name meines Sohnes?" „Er selbst hat diefes Bild gemalt..." „Und Sie?" „Oh, ich bin nur seine Frau.. Der gelbe Sarong. Erzählt von G. W. Brandstetter. Nun sind schon bald vier Jahre vergangen, seitdem Kurt Schramm das Abenteuer mit dem gelben Sarong bestand, und doch ist die Erinnerung daran noch so stark, daß er manche Nacht in Schweiß gebadet aufwacht, weil er davon träumte. Eigentlich begann das Abenteuer schon, als Schramm aus der Gummipflanzung in einem der Malaienstaaten, wo er an gestellt war, die Bekanntschaft der kleinen Nena machte. Ning Wo, Schramms Boy, war in das Mädchen bis an die Ohren verschossen, aber er fand kein Gehör. „Denn", klagte er eines Tages seinem Herrn, „Nena ist so eitel und will nur den zum Mann haben, der ihr feine Kleider kaufen kann und selbst welche trägt. Sie hat mich ausgelacht, weil ich noch nicht ein mal einen guten Sarong hätte." Dabei wies er traurig auf sein schalartiges Lendenkleid, das freilich recht schäbig aussah. Schramm mußte lachen. Dann fühlte er aber Mitleid für Ning Wo: „Laß doch 'mal das Mädchen kommen!" Eine halbe Stunde später hatte er sich davon überzeugt, daß die Kleine wirklich dazu angetan war, das Herz eines Malaien höher schlagen zu lassen. So sagte er: „Nena, wirst Du freund licher zu Ning Wo sein, wenn ich ihm einen neuen schönen Sarong schenke?" — Der Racker lachte: „Warum nicht?" — So bekam Ning Wo den schönen gelben Sarong, der bald daraus, in Schramms Leben eure lo aroLe Rolle ivielen ballte.. Eines Nachmittags saß Schramm mit emem bekanEtk Offizier auf der Veranda seines Hauses. Da meldete Ning Wo den keuchenden Vorsteher eines benachbarten Eingeborenen dorfes. Der Mann bat flehentlich um Hilfe: Seit drei Nächten trieb sich ein Elefantenbulle, ein alter Einzelgänger, in der Nähe des Dorfes herum. Am ersten Abend hatte er zwei ahnungslose Männer überfallen und getötet. In der Nacht darauf war er durch die Bambusumfriedigung des Dorfes ge brochen, um auf einem Teil der innerhalb der Umzäunung liegenden Reisfelder die junge Saat zu fressen und dreimal soviel zu zertrampeln. In der dritten Nacht hatte er eine der Hütten, die auf Bambuspfählen zerstreut in den Feldern standen, niedergerissen und zwei Menschen getötet. Schramm besann sich nicht lange. Er mußte helfen. Der . Offizier schloß sich ihm an. Am Abend langten sie mit Ning Wo und dem Vorsteher im heimgesuchten Dorf an und sahen die Spuren der Verwüstung, die der Einzelgänger hinterlassen hatte. Die verängstigten Eingeborenen waren aus ihren Hütten ausgezogen und "kauerten möglichst weit von der Einbruchstelle entfernt auf einem Haufen zusammen, durch einen großen Kreis hellbrennender Feuer geschützt. Die Europäer bezogen eine der leeren Hütten. In der Nacht hörten sie den Elefanten in den Reisfeldern wüten, doch es war zwecklos, im Dunkeln etwas zu unternehmen. Am Morgen verfolgten die beiden Weißen mit Ning Wo und dem Vorsteher die "deutlich sichtbaren Spuren des alten Bullen. Auf den Einzelgänger selbst stießen sie eine Stunde später einigermaßen unerwartet. Der Vorsteher, der führte, blieb plötzlich stehen und wies auf eine undeutlich erkennbare Masse, die Schramm für das Halbdunkel unter den tief herab hängenden Zweigen eines großen Baumes gehalten hätte, würde der Malaie nicht geflüstert haben: „Da ist er!" Das Tier stand ungefähr vierzig Meter entfernt und wandte seinen Verfolgern den Rücken. Der Wind war für die Jäger günstig, doch das Gelände bot außer einem Baum un mittelbar neben ihnen keinen Schutz, da es nur mit brusthohem Gras bewachsen war. Die beiden Eingeborenen kletterten, ohne lange zu fragen, in den Baum und gaben Schramm dadurch zu erkennen, daß es ihrer Ansicht nach keine andere Möglichkeit gab, an den Bullen heranzukommen. So zielte Schramm dorthin, wo nach seiner Berechnung der Schwanzansatz des Tieres sein mußte, und schoß. Der Erfolg glich dem Ausbruch eines Vulkans. Das Tier fiel zuerst in die Knie, richtete sich sofort wieder auf, brach unter dem Baum hervor, rannte alles um, was ihm im Wege stand, stürzte, das Urbild höchster tierischer Wut, mit erhobenem Rüssel auf den Menschenzwerg zu, der es gewagt hatte, es wie eine Biene zu stechen. Durch einen Wink hatte Schramm dem Offizier bedeutet, daß er nun zu schießen habe. Das Dienstgewehr des Soldaten besaß eine bedeutend Höhere Durchschlagskraft als Schramms Büchse. Der Offizier hob den Lauf, zielte kurz, drückte ab und — ließ das Gewehr sinken. Er hatte das Laden vergessen. Die Patronen trug Ning Wo oben auf dem Baum. Da nahm der unglückliche Schütze sein Einglas ins Auge und sah dem rasen den Tod entgegen, vom Scheitel bis zur Sohle ein — freilich etwas unpraktischer — Gentleman. Schramm mußte trotz des Ernstes der Lage eine halbe, Sekunde lachen. Dann riß er die Büchse an die Schulter und pumpte aus dem Mehrlader sechs, sieben Schuß in den raten den Fleischberg vor ihm. Er konnte infolge des hocherhobenen Rüssels die einzige Stelle am Schädel des Elefanten, an der ein Geschoß sofort tödlich wirkte, nicht sehen. So schoß er in das halboffene Maul hinein. Das polternde Verhängnis ließ sich nicht aufhalten. Es stand über Schramm, schwang den Rüssel, legte ihn wie eine Schlange um den Wehrlosen, hob ihn hoch und zögerte. Zögerte, als überlegte das Riesentier, wohin es den Zwerg schleudern könnte. Die zwei Sekunden Zögerns retteten Schramm das Leben. Denn plötzlich flatterte vom Baum über ihm ein gelber Sarong herunter, hing einen Augenblick vor seinem Gesicht, ließ sich von den verzweifelt greifenden Händen packen. Gleich zeitig fuhr, von der kräftigen Hand des Vorstehers gestoßen, dem Elefantenbullen ein abgebrochener Ast mit aller Wucht in das empfindliche offene Maul. Unwillkürlich löste sich für einen Augenblick die Umklammerung des Rüffels, Schramm fühlte sich ruckartig in die Höhe gezogen, baumelte einen Augenblick in der Luft, hielt den Sarong — Ning Wos Sa rong — krampfhaft fest, eine zweite Gewaltanstrengung des braven Malaien riß ihn wieder höher, eine Faust packte ihn am Rockkragen, und erschöpft, vom Schreck noch nachträglich geschüttelt, saß er neben seinem Boy auf einem Ast. Ein Schuß dröhnte auf, ein zweiter, ein dritter. Ning Wo hatte dem Offizier, als er seinen schönen gelben Sarong hinunterflattern ließ, gleichzeitig einen Rahmen Patronen an den Kopf geworfen. Der Soldat achtete nicht einmal meh« ruf sein Einglas, das in Trümmer ging, griff nach den Pa tronen, lud, schoß verzweifelt in den Riesenkopf vor ihm hinein Jagte in seiner Aufregung noch einen Schuß hinaus, als das Lier schon wie ein stürzender Berg zu Boden krachte. — Der gelbe Sarong hängt heute als Andenken an der Wani in Schramms Arbeitszimmer. Ning Wo hat von seinem Herr« nn halbes Dutzend neue geschenkt bekommen, dazu Geld genug um Herz und Hand der wählerischen Nena erobern zu können Lange Moleküle — lange Fäden. Man weiß seit geraumer Zeit, daß die Moleküle aus Atomen bestehen, die wiederum ein Sonnensystem bilden, :n dem die winzigen Elektronen den Atomkern umkreisen. Man Weitz, dah die Zusammensetzung dieses Mikrokosmos für die Gestalt des Elementes maßgebend ist, daß man also ein Ele ment in ein anderes, beispielsweise Blei in Gold, verwandeln kann, wenn es gelingt, mit wohlgezielten Schüssen einen oder mehrere dieser Planeten zu treffen. Neu aber ist die Er kenntnis, daß man auch aus der Form eines Moleküls auf Sie Gestalt des betreffenden Körpers schließen darf. Das hat nicht nur wissenschaftliche Bedeutung, sondern bietet auch einen wertvollen Fingerzeig für die Bedürfnisse des Alltags. Im besonderen ist dies jüngst für die Zellulose erkannt worden, jenen Stoff, der die Zellwände der Pflanzen bildet und der in der Praxis zu den verschiedensten Zwecken gebraucht wird, in fast reinem Zustande beispielsweise als Baumwolle, Lein und Hanf, nach entsprechender Verarbeitung vor allem als Papier. Man hat nun die molekulare Zusammenstellung dieses Stoffes genauer untersuche und ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, daß die Moleküle eine lange, fadenförmige Gestalt besitzen. In jahrelanger Arbeit ist es deutschen Chemikern gelungen, eine wirklichkeitsgetreue bildliche Wiedergabe zu er möglichen. Es marschierten Ketten von außerordentlicher Länge auf dem Papier auf. Und hieraus hat man den außer ordentlich wichtigen Schluß gezogen, daß die Gestalt dieser Moleküle die große Reißfestigkeit der Zellulose bedingt. Mcm kann beispielsweise Seidenfäden von der gewünschten Länge und Dicke Herstellen, indem man die Gestalt derMoleküle im Laboratorium nach Wunsch veränimL