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Sinnspruch. Wie oft hast Lu wohl schon gesagt: ',Was gehen mich die andern an." Und oft, sobald der Morgen tagt, Besorgt man wieder hören kann Dich wegen Nichtigkeiten klagen: „Was wirL Lie Welt dazu wohl sagen?" Arnold Bohs. * Was ist Humor? Die feine Kunst, Sich aus des Alltags Nedelstreifen Der kleinen Sternenblicke Gunst Mit ruhiger Hand herauszugreifen. W. Herbert. Aus dem neuen HeichOMShali. Kürzungen E"höhung:n. Aus dem neuen Reichshaushall, der zwar vom Kabinett noch nicht endgültig verabschiedet ist, aber in wesentlichen Teilen bereits dem Neichsrat vorliegt, werden jetzt die ersten Einzelheiten bekannt. Danach sind im Haushalt des Reichsinnenministeriums die bisherigen Ansätze fast durchweg erheblich gekürzt, u. a. bei folgenden Titeln: Förderung wissenschaftlicher und künstlerischer Zwecke um 130 ONO Mark, Förderung der Theaterkultur um SO 000 Mark, für das Philharmonische Orchester Berlin um 35 000 Mark, für die Deutsche Ge meinschaft zur Erhaltung und Förderung der Forschung 540 000 Mark, für die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften 200 000 Mark. Die Er ziehungsbeihilfen sind um 200 000 Mark, die Studentische Wirtschaftshilfe um 500 000 Mark gekürzt worden. Die Mittel für die Bekämpfung des Alkoholismus sind um 420 000 Mark gekürzt worden, und weiterhin hat eine Kürzung für die besonderen kulturellen Aufgaben im Interesse des Deutschtums um 170 000 Mark stattfinden müssen. Neu eingestellt in den Haushalt ist ein Betrag von 1,5 Millionen Mark zur körperlichen und geistigen Ertüchtigung der Jugend. Für persönliche und sächliche Kosten für Maßnahmen zum Schutz der Republik und für die Verfassungsfeier der Reichsregierung sind 157 000 Mark angefordert. Neu ein gestellt in den Haushalt ist eine Summe von 300 000 Mark für Vorbereitungsmaßnahmen zum Schutz der Zivil bevölkerung gegen Gefahren aus der Lust. Zur Förderung der Luftschiffahrt sind 700 000 gegenüber SOO 000 Mark im Jahre 1931 vorgesehen. Im außerordentlichen Haushalt sind u. a. vorgesehen für den Bau eines Staubeckens an der Glatzer Neiße bei Otmmchau 7,5 Millionen Mark und für die Vollendung des Mittellandkanals 12 Millionen Mark. Neu ist in den Verkehrshaushalt eingestellt worden ein Betrag für die Fremdenverkehrswerbung. Der Beitrag zur wirtschaftlichen Förderung der deutschen Luftfahrt industrie ist um vier Millionen von sieben auf elf Mil lionen Mark erhöht worden. ^ur Förderung des öffentlichen Luftverkehrs durch die Deutsche Lufthansa werden 17,3 Millionen Mark an gefordert. Der Ansatz hat um rund eine Million niedriger als im Vorjahr gehalten werden können, weil bereits eine starke Rationalisierung des Betriebes durchgeführt worden ist. Für das Segelflugwesen werden 345 000 Mark an gefordert. — Im Haushalt des Auswärtigen Amts werden die Kosten Deutschlands für de« Völkerbund für 1932 auf 2157 000 Mark beziffert, das ist um 152 500 Mark mehr als im Vorjahr. Narlnewache vor dem Michsprafl-enienpalais. Stürmische Kundgebungen am Gedenktage der Skagerrakschlacht. Am Gedenktag der Skagerrakschlacht wird all jährlich auf besonderen Wunsch des Reichspräsidenten die rtändige Ehrenwache vor dem Präsidentenpalais von ver Reichsmarine übernommen. In diesem Jahr wird dieser Ehrendienst von der Besatzung des Linien schiffes „Schlesien" unter Kommando des Kapitänleut nant von Both ausgeübt. Zum Aufzug der Wache hatte sich trotz des regnerischen Wetters eine große Zu schauermenge eingefunden. Unter klingendem Spiel mar schierte die Truppe von der Kaserne in Alt-Moabit über ven Platz der Republik zur Wilhelmstraße. Am Branden burger Tor erreichte die Begeisterung der viel- tausendköpsigenMenge ihren Höhepunkt. Reichs präsident von Hindenburg erwartete bereits im Bei sein seines Sohnes Oberst von Hindenburg auf der Vor- ireppe des Palais die im Paradeschritt anrückende Ehren wache und begab sich nach erfolgtem Ablösungszeremoniell zu den Wachsoldaten, um hier an jeden einzelnen einige persönliche Worte zu richten. Die vor dem Palais stehende Zuschauermenge brachte immer wieder Hochrufe auf den Reichs präsidenten aus, in die sich auch vereinzelte Rufe „Deutschland, erwache!" und „Heil Hitler" mengten. Ein Teil der Wache marschierte zum Reichswehrministerium weiter, wo ebenfalls unter großer Anteilnahme des Publikums und unter stürmischen Heil-Rufen die Ab lösung der Neichswehrwache durch Marinesoldaten er- folate. Hindenburg schreitet die Front ver »Mgerkallämpser nb. WirLfchastskrisen. Bei der Erforschung der Ursachen der heutigen Welt wirtschaftskrise mutz man bedenken, datz es im letzten Jahr hundert schon verschiedene Krisen gegeben hat, und es liegt nahe, zu fragen, welche Gründe diese Krisen hervor- gerufen haben. Nach den Freiheit skriegen1815 war die Lage ähnlich wie nach dem Weltkriege: Warenmangel und hohe Preise. Dadurch angeregt, wurde die Produktion aus gedehnt. Dazu kam von 1818—1823 eine Reihe glänzen der Ernten in ganz Europa. Die Folge war Überproduk tion, Absatzmangel und ein gewaltiger Preissturz. Wäh rend der Scheffel Roggen im Jahrzehnt 1800/1810 70 bis 75 Silbergroschen gekostet hatte, ging er nun auf unter 30 Silbergroschen herunter. Ähnlich die Viehpreise, eine Kuh kostete nu» noch 12 Taler. Allgemeiner Zusammenbruch folgte. In Ostpreußen mußte die Landschaft von den von ihr beliehenen Gütern 14 in Eigenverwaltung nehmen, im litauischen Kreise kamen von 1600Bauernwirtschaften 1000 zur offen t- lichen Versteigerung. Eine ähnliche Krise bestand zu derselben Zeit in dem Industrieland England. Auch hier Überproduktion an Waren infolge hoher Preise, dar auf Absatzstockung und dann Massenbankerott. In sechs Wochen mutzten 70 englische Banken ihre Zahlungen ein stellen. Entgegengesetzte Gründe verursachten 1847 eine Wirtschaftskrise infolge verschiedener Mißernten und der Kartofselfäule, die damals erstmalig auftrat. Die Krisis ging von England aus, verbreitete sich aber auch über Deutschland. Die Ursache war hier verminderte Kaufkraft, also Unterkonsumtion. Wieder andere Ursachen riefen 1873 eine Wirtschafts krise hervor. Hier waren es die Goldmilliardcn, die nach Deutschland kamqr, also Vermehrung der Zahlungsmittel, die zu einem Gründungsfieber führten. Von 1870—1873 wurden 958 Aktiengesellschaften gegründet. Ähnlich in Österreich und England. Dann brach plötzlich am 3. Mai 1873 an der Wiener Börse eine Panik aus, ein jäher Sturz sämtlicher Kurse, auch in Deutschland. Es stellte sich heraus, daß die Spekulation eine Überproduktion hervorgerufen hatte, deren Folge wieder Absatzstockung und ein Herabsinke» der Preise unter die Produktionskosten war. Die Arbeits losigkeit nahm großen Umfang an. Es ist also alles schon da'gewesen, und alles hat seine erklärlichen Gründe. Die Ursachen waren sowohl vermehrte Erzeugung wie verminderte Kaufkraft. Außerdem können fraglos auch im Zusammenhang mit der Währung ähnliche Folgen hervorgerufen werden. Die steigenden Warenpreise in Spanien nach 1500 sind durch die Goldbeute der Spanier in Amerika hervorgerufen. Auch die Entdeckung der Goldfelder in Kalifornien 1848 hatte steigende Preise in Amerika und wahrscheinlich später auch in Europa zur Folge. Doch genau beweisen läßt sich letzteres nicht. Zum Teil war diese Preissteigerung auch eine Folge vermehrter Nachfrage infolge gestiegenen Wohlstandes. Es bestanden andererseits schon in den neunziger Jahren Befürchtungen, daß umgekehrt eine Goldverknappung eine allgemeine Preissenkung herbeiführen könne. Doch hatten die Jahrzehnte vor dem Kriege überall bei der Goldwährung einen wirtschaftlichen Aufschwung gebracht. Die Befürchtungen hatten sich nicht bewahrheitet, vo» Währungsfragen wurde nicht mehr gesprochen. Es ist möglich, sogar wahrscheinlich, daß jetzt durch Goldausspeicherung in Frankreich und den Vereinigten Staaten eine Goldverknappung eingetreren ist, auf die die abgesackten Weltmarktpreise zurückzuführen sind. Aber doch nur zum Teil. Denn sicherlich spielen Über produktion und verminderte Kaufkraft ebenso hinein wie in früheren Zeiten. Es dürfte aber nicht möglich sein fest zustellen, welchen festumgrenzten Anteil die eine oder andere Ursache hat. Zur Behebung der Krise gibt es zwei Möglichkeiten» Entweder werden alle Preise dem gehobenen Geldwert angepaßt, so daß alles wieder auf den Vorkriegsstand zurückkommst oder man beschreitet den Weg Englands, von der Golddeckung abzugehen, so daß die Preise steigen und damit eine Verbilligung der Produktion herbeigeführt wird. Daß eine Regierung aus Rücksicht auf Arbeitslose und Sparer zunächst den ersten Weg unter der Losung, in einem armen Land muß alles billig sein, versucht, ist erklärlich. Fraglich bleibt nur, ob für diese Verbilligung überall das nötige Verständnis aufgebracht werden wird. Auch der italienische Faschis mus hat allerdings an der Goldwährung nichts geändert, ebensowenig wie am Privateigentum. Wohl wurden vor zwei Jahren die Preise dem gestiegenen Geldwert anzu passen versucht und die Gehälter sofort um zwölf Prozent abgebaut, obwohl sie in Italien nicht so hoch waren wie bei uns. Wäre nur durch währungstechnische Maßnahmen eine Änderung der wirtschaftlichen Lage her beizuführen, so hätte Mussolini das Wohl längst getan. Kein Landesverrat der SA« Der Oberreichsanwalt stellt daS Verfahren ein. Der Nationalsozialistische Zeitungsdienst meldetr „Für das Verbot der SA. und SS. der Nationalsozia listischen Partei sollte bekanntlich das auf Veranlassung des Innenministers Severing in Preußen durch poli zeiliche Beschlagnahmen herbeigeschaffte Urkunden- material eine große Rolle spielen, weil man glaubte, hieraus den Vorwurf des Landesverrats gegen diese Organisationen herleiten zu können. In der letzten Reichs tagssitzung hielt es der damalige Reichswebrminister Im 8MM M MW kkomsn von 6snt kotkbong Oop^rigbt b/ Llartta kencbtvsoger, Ustie (Loslof Frau Mahlow zählte seufzend ihr Wirtschaftsgeld. Es war wenig genug. Sie wußte beinah nicht, was sie damit anfangen sollte. Ihrem Manne durfte sie nichts vorklagen. Er war gewiß ein guter Gatte und Vater, aber wenn es um das Wirtschaftsgeld ging, dann wurde er wild. Also schwieg sie lieber. Sie legte jetzt ihr Geldtäschchen in ihren kleinen Schlüsselkorb und erhob sich, um mit Guste, ihrer alten Getreuen, zu beraten, was man wohl wieder auf den Tisch bringen könnte. Guste war ein Juwel. Aus wenigem stellte sie vier, fünf Gänge her — und was für Gerichte! Im besten Hotel konnte es nicht besser schmecken. Die Tischzeit war wohl so die einzige am Tage, in der sämtliche Mahlows zufrieden waren. Dann gab es fröhliche Gesichter, Unterhaltungs- stoss in Menge, und der Vater war zugänglicher wie sonst nie. Sibylle und Edelgard, die zwei bildschönen Großen, dann der Primaner Fritz, der jeden Tag früh zur Schule fuhr, und zwar auf einem neuen Rade, über das er wachte wie ein Teufel, damit nur keiner etwa einmal dieses Rad bestieg. Er hatte es an seinem letzten Geburtstage von Tante Lene geschenkt bekommen. Tante Lene war die ein zige Schwester des Herrn Mahlow, unvermählt, und lebte mit hier in dem kleinen Gutshaus von Mahlow. Der Himmel mochte wissen, wo sie das Geld zu dem Rad her genommen hatte. Herr Mahlow hatte sie im Verdacht, etwas von ihrem Schmuck verkauft zu haben. Dann war da noch ein Familienmitglied! Dorette, die jüngste Tochter. Wenn Dorette mit am Tisch saß, oder wenn sie un- Erwartet irgendwo eintrat, wo vielleicht irgendein schwär zer Streit entbrannt war, sei es, daß die beiden großen Schwestern sich um etwas zankten, sei es, daß der Primaner der Mutter eindringlich erklärte, mit einer Mark Taschen geld wöchentlich nicht auskommen zu können, sei es, datz der Vater sich aufs höchste erbittert mit einem Viehhändler herumstritt, sei es, datz Guste mit dem jungen Dienstmäd chen Martha nicht zufrieden war — dann war es wie ein warmer, versöhnender Sonnenstrahl, wenn Dorette kam. In einem feinen Gesicht standen grotze, blaugrüne Augen wie zwei strahlende Sterne. Der Mund war blatz, aber von einem entzückenden Schnitt, und er paßte in dieses schmale, feine Gesicht. Die Hände waren weiß und sehr klein; aber diese kleinen Hände waren wie zwei Macht haber. Sie brauchten sich nur zu heben, und mau tat, was Dorette wollte. Sogar dem Vater erging es so. Dorette half nicht in der Wirtschaft, fertigte keine Handarbeiten an, konnte weder plätten noch nähen, aber sie fehlte mehr wie jeder andere Bewohner von Gut Mah low, wenn sie einmal aus einige Tage abwesend war. »Die Sonne von Mahlow!" hatte jemand sie einmal getauft. Den Namen hatte sie nun behalten. Für alle Zeiten würde er ihr verbleibens Wenn Dorette lachte, dann war es, als zwitscherten Tausende von Vögeln, als lächelte die ganze Welt, als leuchteten unzählige Lichter in Sorge und schlechte Laune hinein. Es wurde ringsum hell, ganz hell, wenn Dorette lachte. Die alte Frau Ahnert drüben im Dorfe schneiderte für wenig Geld die herrlichsten Kleider für die vier Mahlower Damen. Daß das Kleid für Dorette immer am besten aus fiel — dafür konnte schließlich Frau Ahnert doch nicht? Das machte eben, weil Dorette der Liebling aller Menschen war, wohin sie auch immer kommen mochte. Diese all gemeine Anbetung machte sogar der bissige Hofhund des Dorfschulzen mit. Er wand sich schweifwedelnd zu Dorettes Füßen, wenn ihre kleine weiße Hand ihn streichelte. So stand es also zur Zeit in Mahlow» das einst der stattlichste Besitz ringsum gewesen war und nun mit seinem schönen, alten Gutshaus und seinen wenigen, mageren Feldern und Wiesen den Besitz der Mahlows bildete. Ein verarmtes Geschlecht! Wie es heutzutage viele gab. Wer war der Schuldige am Zusammenbruch der xiuM so glänzenden Mahlowschen Herrlichkeit? Horst, der Spieler. Horst, der das Geld verspielte, wettete und dessen un zählige Liebschaften eine Unsumme Geld verschlungen hatten. Die Wechsel, die eingelöst werden mußten, wenn der alte Name makellos bleiben sollte — diese Wechsel stützen damals Wohlstand und Zufriedenheit im alten Gutshaus von Mahlow. Daß nicht der ganze Besitz verlorenging, war den Freunden und Bekannten der Mahlows «och jetzt ein Rätsel. Freilich: es wußte ja niemand, wie man sich bescheiden einrichten mutzte im alten Mahlow! Die Mahlows waren ja schlietzlich auch alle zufrieden dabei, denn man dankte dem Herrgott schon für den stillen Frieden, der nun herrschte, seit Horsts Schulden getilgt waren und er selbst ins Ausland gereist war. Niemand sprach mehr von Horst. Es war, als sei er gestorben. Vielleicht lebte er auch längst in Wirklichkeit nicht mehr,' Jedenfalls hatte Herr Mahlow seiner Familie verboten, jemals Horsts Namen auch nur zu nennen, ihm nie zu schreiben, wenn er etwas von sich hören lassen sollte. Aber Horst Mahlow lietz nichts von sich hören! Fünf Jahre war er nun schon fort. Frau Mahlow bekam noch jetzt nasse Augen, wenn sie! an de« schöne«, leichtsinnigen Stiefsohn dachte, der viel leicht irgendwo da drautzen in bitterster Not war. Wenn die vier anderen Kinder hier auch in Armut leb-! ten, so saßen sie doch immerhin im warmen Nest. Er aber war vielleicht obdachlos. Ein furchtbarer Gedanke war es für sie. (ForH. folgt»)