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MMufferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da« »Wilsdruffer Tageblatt- erscheint täglich nachm. 5 Uhr für den folgenden Tag. Bezugspreis; Bei Abholung in- der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 Mk. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 Mb., bei Postbestellung L Mk. zuzüglich Abtrag- gebühr. Einzelnummern 1SPfg. Alle Postanstalten Wochenbla1t für Wilsdruff u. Umgehend Postboten und unfereAus- trägerund Geschäftsstellen —— nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingejandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die8gefpaltene Raumzelle 20 Goldpfennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Rcchweisungsgedühr 20 Goldpfennig. Vor geschriebene Erscheinungs- . tage und Platzvorschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtig,. Anz-ig-n. annahme bis vorm.lo Uhr - > -> Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klageeingezogenwerdenmußoderder Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meihen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstrentamts Tharandt, Finanzamts Nossen. Nr 298 84 Jahrgang. Teiegr Adr: .Amtsblatt« Wilsdruff-Dresden Postsckeck Dresden 2640 Donnerstag 24. Dezember 1925 Ein Interview mit dem türkischen Botschafter in Berlin. Der Abschluß des provisorischen Handelsabkommens zwischen Deutschland und der Türkei gab einem unserer gelegentlichen Mitarbeiter Gelegenheit zu einem Gespräch mit dem türkischen Botschafter in Berlin, Kemaleddin Sami Pascha, aus dem interessante Schlüsse auf die Verhältnisse in der neuen Türkei sowohl wie auf ihre Stellung zu Deutschland zu ziehen sind. * Der türkische Botschafter empfing mich vor einigen Tagen in der Berliner Botschaft, um sich mit mir über die moderne Türkei und ihre Beziehungen zu Deutschland zu unterhalten. Vor kurzem war der Nationalfeiertag der Türkischen Republik. Hierbei wurde die gesamte zivili sierte Welt durch die radikale Entfernung des traditionellen Fes' überrascht. „Worin beruhen die gewaltigen Kräfte der heutigen Türkei bzw. der Regierung von Angora, um sich derartig schroff von den jahrhundertealten Überlieferungen des Korans löten zu können, ohne die Anhänglichkeit der übrigen islamischen Welt zu verlieren?" wende ich mich an den Botschafter. Gern und nicht ohne Stolz gibt mir der Vertreter der zu neuem Leben erwachten „Nation am Bosporus" die Erklärung: „Die Türkei hat, wie jedes andere Land, eine religiöse Epoche erlebt, d. h. eine Epoche, in der alle ethischen und philosophischen Begriffe und alle Gebräuche von der Religion bestimmt wurden und in der alle weltlichen Dinge ihre Rechtfertigung nur in der Religion finden konnten. Zu dieser Zeit übte der Kalif einen ungeheuren Einfluß auf die muselmanische Welt aus. Ähnlich wie früher viele christlichen Geistlichen, die die wissenschaftlichen Forschungen verdammten, so stellten die muselmanischen Geistlichen alle die als ungläubig hin, die Interesse für Zivilisation und Kultur zeigten. Bis zum .Ende des Krieges lag die Leitung der religiösen und welt lichen Angelegenheiten in den Händen des Sultans. Als nach dem Weltkrieg die Truppen der Entente die ganze Türkei zu besetzen und unter sich aufzuteilen be gannen, blieb der Sultan entgegen seinem Treueid für Volk und Vaterland gleichgültig. Da erließen M ustapha Kemal Pascha und seine Freunde einen Ausruf zur nationalen Befreiung. Nach erfolgreicher Beendigung des Unabhängigkeitskrieges verließ der Sultan auf einem englischen Kriegsschiff das Land. So wurde die Sultans frage erledigt und die Republik begründet. Anstatt der bisherigen religiösen Einstellung der Politik des Os manischen Reiches hat die moderne Türkische Republik eine Politik auf nationaler Grundlage geschaffen. Die Muselmanen in ihrer Gesamtheit hatten bisher wenig Ahnung von der wahren Lehre des Islams; denn der Koran war nur in arabischer Sprache geschrieben uno es war vom Kalifat verboten worden, ihn ins Türkische zu übersetzen. Hierin lag die Macht der islamischen Geistlich keit. Nach dem Friedensschluß ließ die neue Regierung den Koran übersetzen, so daß er den breitesten Schichten des türkischen Volkes direkt zugänglich wurde, und sie be freite unsere Religion von der Schimäre, mit welcher sie Jahrhunderte hindurch umgeben worden war. Die Re gierung entsandte auch zahlreiche Missionen ins Innere des Landes, um die ländliche Bevölkerung von dem ver derblichen Einfluß fanatischer Hodjas zu befreien. Ich selbst habe eine solche Mission mit bestem Erfolge geführt. Die Türkei gilt heute mehr als je zuvor als leuchtendes Vorbild für alle Muselmanen. In der Überlegenheit au religiösem Wissen und in der Wiedcrschaffung der nationalen Freiheit liegt das Ansehen und Vie unbezwingliche Macht der heutigen türkischen Negierung, die Mustapha Kemal Pascha leitet." „Wie gestaltete sich die wirtschaftliche Ent wicklung nach dem Kriege?" „Die Türkei hat, nachdem sie aus dem Befreiungs krieg siegreich hervorgegangen ist, zahlreiche Schwierig keiten gehabt, um die Annahme des Vertrages von Lau sanne durchzusetzen. Nun wurden alle Kräfte darauf Konzentriert, wirtschaftlich zu erstarken und als Handels staat Fortschritte zu machen. Zuerst wurde mit dem Wiederaufbau im Innern begonnen. Leider sind auch heute die Spuren der damaligen Besetzung noch nicht ganz verschwunden, trotzdem aber wird sich vie Türkei bald wieder restlos erholt haben und sich aus der früheren traurigen Lage zu gesundem Leben erheben. Tas Deut sche Reich war vor dem Kriege an der gesamten türki schen Einfuhr mit 35 beteiligt, im Jahre 1924 aagegen nur mit 15 Hoffen wir, daß die Handelsvertragsver handlungen auch weiter einen guten Verlauf nehmen und die beiden alten Waffenbrüder auch aus wirtschaftlichem Gebiet als Freunde zusammenführen." D/. /wr. oee. Zk. ZvrzrscLe. Ein neuer Fememord Berlin. Dir Polizei führt einen neuen Fememord der Aufklärung entgegen. Es handelt sich um einen Wachtmeister Legner, der seit zwei Jahren verschwunden ist. Er soll in der Nähe von Däberitz verscharrt sein. Die näheren Umstände der Tat find vorläufig noch unbekannt. Deutschlands Wirtschaftslage. Die Ansicht des Reparationsagenten. Der Generalagent für die Reparationen, Parker Gilbert, der sich gegenwärtig in Newyork aufhält, erklärte, daß seinem Besuch in den Vereinigten Staaten keine be sondere Bedeutung beizulegen sei. Gilbert führte weiter aus: Während meines Aufenthaltes in Amerika hoffe ich natürlich, Vizepräsident Dawes und Owen Doung zu sehen uno Gelegenheit zu erhalten, mit diesen und anderen über die Wirkung des Sachverständigenplanes und über seine zunehmenden Ergebnisse zu sprechen. Ich bin nicht ge- S kommen, um über eine Revision des Dawes- k Planes oder eine neue deutsche Anleihe zu verhandeln. - Es ist eine feststehende Tatsache, daß die deutschen Zahlun gen nur während des ersten Jahres der Wirksamkeit ves Planes mit einer ausländischen Anleihe finanziert werden mußten. Der Sachverständigenplan selbst funktioniert ohne jede Störung unv in vollkommen geordneter Weise. Die beiden Hauptziele, um derentwillen die Sachver ständigen ursprünglich ernannt worden sind, sind erreicht. Deutschland hat nunmehr eine stabile Währung und das deutsche Budget ist ausgeglichen. Von« Standpunkt des deutschen Wiederaufbaus ge sehen bedeutet der Dawes-Plan bestimmt einen Wende punkt zur Erholung von der Unordnung und Des organisation der Inflation. Viele Fortschritte wurden er zielt, aber die Wiederherstellung ist noch wirksam im Fort schreiten und viele Schwierigkeiten sind noch zu überwinden. Die deutschen Geschäfts- und Jn- dustriekreise haben noch sehr großen Bedarf an Betriebskapital und auf vielen Gebieten stehen sie ernsten Reorganisationsproblemen gegenüber. In mancher Beziehung hat dies Zustände hervorgerufen, die einer Krisis nahckommen, aber allgemein gesprochen müssen die gegenwärtigen Schwierigkeiten als unvermeid liche Begleiterscheinungen derDeflation und der Rück kehr zu stabilen Verhältnissen und in diesem Sinne als notwendig für die Gesundung selbst betrachtet werden. Deutschland leistet jeden Monat mit der größten Pünktlichkeit seine Zahlungen. Gleichzeitig arbeitet es hilfreich mit bei den Vorkehrungen für die künftigen Zah- lungen, was den Strom von Lieferungen und Zahlungen an die Gläubigerstaaten fördern wird. Tatsache ist, daß der Plan bereits mit Erfolg das ganze Problem auf eine neue Grundlage gestellt hat. Zum ersten Male seit vielen Jahren ist die Welt in der Lage, aufzuhören über Re parationen zu sprechen. ! Hilfe für erwerbslose Angestellte, j Ein Appell des Reichswirtschaftsrates. Der Sozialpolitische Ausschuß des vorläufigen Reichs- Wirtschaftsrates hat auf Antrag des von ihm eingesetzten Arbeitsausschusses zur Beratung der Notlage der älteren Angestellten einstimmig beschlossen, die Reichsregierung zu ersuchen: 1. Men älteren erwerbslosen ausgesteuerten Ange stellten, insbesondere den über 4V Jahre alten mit eigenem Hausstand, eine sofortige einmalige Unterstützung von mindestens 160 Reichsmark zu gewähren. 2. Den gleichen Betrag allen älteren erwerbslosen Angestellten zu gewähren, insbesondere den über 40 Jahre alten mit eigenem Hausstand, die der Erwerbs losenfürsorge nicht unterstehen. 3. Bei der Festsetzung des Betrages den Familien stand und die Dauer der Erwerbslosigkeit zu berück sichtigen. 4 Die erforderlichen Beträge durch das Reich auf zubringen. 5. Die Dauer der Erwerbslosenunterstützung für die älteren Angestellten bis auf 52 Wochen zu erhöhen. Ferner empfiehlt der Arbeitsausschuß des vorläufigen Neichswirtschaftsrates, durch die Länder, Gemeinden und . Gemeindeverbände aus vorhandenen Fonds Mittel für , solcheälteren Angestellten aufbringen zu lassen, die auch durch s die gesetzlich zulässige Verlängerung der Unter stützungsdauer nicht in den Bezug von Erwerbs losenfürsorge gelangen können, sowie geeignete Notstands arbeiten für solche Angestellten bereitstellen zu lassen. In einem demokratischen Antrag wird an den Reichs kanzler und an den Generaldirektor der Reichsbahngesell schaft das Ersuchen gerichtet, denjenigen Beamten in ven höheren Gehaltsgruppen über Gruppe VI, die sich in Not- läge befinden, auf Antrag eine Unterstützung oder wenigstens das Januargehalt noch vor Weihnachten auszuzahlen. Die englisch-türkischen Verhandlugen. London, 22. Dezember. Der türkische Botschafter hatte die angekündigte Unterredung mit Baldwin über die Irakfrage. Die Unterhaltung war völlig vertraulich. Abd-el-Krim- Ariedensbedingungen. Der Friede ns Vermittler in Paris. Der von Abd-el-Krim entsandte Friedensunterhänd ler, der englische Hauptmann Gordon Cunning, hat dem „Matin" Kenninis gegeben von einem Briefe Abd-el- Krims, in dem Cunning beauftragt wird, für Abd-el-Krim die Friedensbedingungen entgegenzunehmen, die Frank reich und Spanien im Juli festgelegt hätten. Im Verlaufe der Unterredung erklärte Cunning, Abd- el-Krim sei geneigt, die geistliche Souveränität des Sul tans anzuerkennen, wenn Frankreich und Spanien ihm Autonomie gewähren, die vereinbar sei mit den Bedürf nissen des Nifgcbietcs. Er wolle ein Statut ähnlich dem der englischen Dominions und sei bereit, auf Gesandt schaften im Auslande zu verzichten und die Zolltarife, die in Marokko in Kraft getreten seien, anzucrkenneu, auf oer Grundlage des Grundsatzes der offenen Tür. Er fordere eine Gendarmerie und sei bereit, die Waffen zu ver nichten, die sie nicht gebrauche. Territorial fordere er, vast Ajdir und seine Umgebung geräumt werden. Wenn Spanien darauf eingehe, werde Abd-el-Krim vielleicht ge neigt sein, auf Tetuan zu verzichten. Er «volle den Spaniern Melilla, Ceuta und Larrasch mit einem Hintcr- lande von 20—25 Kilometer überlassen. Von den Fran zosen fordere er die Stämme der Gesuaja und der Branes, die im Gebirge wohnen, während die Stämme im Tale Frankreich überlassen werden sollen. Er sei auch bereit, die Grenzen in der Nähe des Wezzan anzunehmen und sei geneigt, die Leute durch sein Gebiet nicht passieren zu 2 lassen, die frankreichseindliche Propaganda treiben. Cunning habe hinzugefügt, er wolle Frankreich sagen, daß Abd-el-Krim keinerlei Hilfe empfange, weder von den Deutschen noch von Moskau. Außerdem unterhalte AbS- el-Krim keinerlei Beziehungen zu den anderen Ländern des Islams, mit Ausnahme von einigen Personen, oie aus der Türkei und aus Ägypten gekommen seien, um ihn zu besuchen. Die in Frage kommenden Pariser Behörden wissen noch nicht, welche Stellung sie zu dem Friedensunter händler einnehmen sollen. Wie es heißt, beabsichtigen die in Frage kommenden Ministerien, Cunning nicht zu empfangen, da sie ihn nicht als offiziellen Vertreter Abd-el-Krims betrachten. Weihnachisgrüße des Reichspräsidenten. Berlin. Der Reichspräsident hat den beiden in Süd amerika befindlichen Schiffen der Reichsmarine, Kreuzer „Berlin" und Vermessungsschiff „Meteor", folgenden Glück wunsch gesandt, dem sich der Reichswehrminister und der Chef der Marineleitung angeschlossen haben: „Zum Weihnachtsseste sende ich den Besatzungen „Berlin" uno „Meteor" und der Deulsch-atlamischen Expedition Grüße treu gedenkender Heimat und Wünsche für weitere erfolgreiche Fahrt, v. Hindenburg, Reicbsvräüdent." Konferenz der Kleinen Entente. Die Zusammenkunft in Ragusa. Das Programm der am 14. Januar beginnenden Konferenz der Außenminister der Kleinen Entente in Ra gusa enthält folgende Punkte: 1. Verhältnis zu Österreichs 2. Ungarische Fragen, 3. Sicherheitspakt, 4. Verhältnis zu Rußland, 5. Donaudampfschisfahrt, 6. Polens Eintritt in die Kleine Entente, 7. Abrüstungsfragen, 8. Minoritäts fragen. Zwischen Prag» Belgrad und Bukarest schweben augenblicklich Verhandlungen wegen eines gemeinsamen Vorgehens der drei Negierungen gegen die intensive Pro paganda sür die Wiederherstellung des Königtums in Ungarn. Russische WirischafiSPiEk. Die zurückgebliebene Sowjetunion. Auf dem Kommunistischen Parteitag in Moskau er klärte Sinowjew, er sei weit davon entfernt, die positiven Seiten der neuen Wirtschaftspolitik, die zum raschen wirtschaftlichen Wiederaufbau geführt haben, zu leugnen. Er wies ans die Erfolge des sozialistischen Aufbaus hin, drückte jedoch Zweifel aus an der Möglichkeit eines end gültigen Aufbaus des Sozialismus der w i r t s ch a f t l i ch zurückgebliebenen Sowjetunion bei der ge genwärtigen internationalen Lage, die durch die Ver zögerung der Weltrevolntion und eine verhälmismäßige Stabilisierung des Kapitalismus gekennzeichnet sei. Nach Sinowjew ergriff Bucharin das Wort. Das Mißtrauen Sinowjews und Kamenews gegenüber der Möglichkeit eines sozialistischen Aufbaus in einem Lande obne internationale Revolution verrate Mißtrauen aeaenüber den Kräfte? der Arbeiter-