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sächsische Elbzeilnng. Amts- «nd AnzeLgeblatt für das König!. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtgemeinderath zu Hohnstein. Die „Sachs. Elb-Zeitung" erscheint Mittwoch und Sonnabend und ist durch alle Postanstaltcn, sowie durch die Expedition dies. Bl. fiir I Mark vierteljährl. zu beziehen. — lt^S" Inserate siir das Mittwochsblatt werden bis Dienstag früh 0 Nhr, fiir das Sonnabendsblatt spätestens bis Freitag früh 0 Uhr erbeten. — Preis für die ge spaltene CorpuSzeilc oder deren Nanni 10 Pf., Inserate unter ü Zeilen werden mit SO Pf. berechnet, (tabellarische oder complicirte nach Uebercinkunft.) — Inserate fiir die Elbzcitung nehmen an in Hohnstein Herr Bnrgcrmstr. Hesse, in Dresden und Leipzig die Annoncen-Aiircaus von Haasenstein L Bögler, W. Saalbach, Jnvalidcndank und Nud. Mosse. ^7^ Schandau, Sonnabend, den 18. Mai O Das Attentat auf den Kaiser. Das am 11. Mai, Nachmittags, gegen den Kaiser verübte Attentat, welches zum Glück keinerlei Schaden angcrichtct, konnte nicht verfehlen, durch die ganze Welt das größte Aufsehen und zwar ein für uns Deutsche sehr unliebsames Aufsehen zn erregen. Kaiser Wilhelm ist nicht blos der älteste und darum der ehrwürdigste aller lebenden Monarchen; er ist auch ein Fürst, der noch am Abend eines langen Lebens zu den größten Thatcn bcrnfc» gewesen ist, mit dessen Negierung die glänzendsten Waffcnsicgc aller Zeiten und das weltgeschichtliche Ereignis; der Wiedcranfrichtung des deutschen Reiches sich ver knüpfen. Sein Name ist bis in die entlegensten Winkel fremder Wcltthcilc, wohin mir noch eine sagen haft verschleierte Knndc von europäischen Dingen sich verliert, bekannt und mit einem eigcnthümlichcn Zander ausgcstattct. Die Phantasie der Völker stellt ihn sich vor, wie er, ein hoher Greis, ungebeugt von der Last der Jahre, die andern Menschenkinder zu Boden drückt, mit Jngcudfrischc sich zn Rosse schwingt, um, begleitet von seinen Prinzen und von den Fürsten und Paladinen seines Reiches, das tapferste Heer, welches auf dem Erdball unter Waffen steht, zu mustern und, wenn cs sein mnß, zu neuen glanzvollen Siegen ins Feld zn führen — oder wie er, unter goldenem Thron himmel stehend, seinen reckenhaften Kanzler zur Seite, an die Vertreter seines LolkcS huldvolle Worte rich tet, um sic zn den Arbeiten für daö öffentliche Wohl cinzuladen. Vor Allem aber glaubt die Welt ihn umgeben von der Liebe eines Irenen Boltes, das sich stolz fühlt in dem Bewußtsein, nntcr sich einen von der Vorsehung so sichtbar ausgezeichneten Fürsten des Hcrrschcramtcö walten zu scheu. Da fallen Unter den Linden, der via twiumplmlm der Reichshanplstndt, zwei Schüsse, gegen den nämlichen Kaiser, während er mit seiner Tochter, wie alle Welt an einem wunder schönen Maicntage, um an Lenzcslnft sich zu erquicken, ins Freie führt — und ein schwarzer Schleier senkt sich über das sonnenhelle Bild. Unter diesem Volke schleicht der Meuchelmord einher, um jenem von der Vorsehung so lange gehüteten Lebe» durch frevle Thal ein Ziel zu setzen. Doch auch hier waltete über dem Kaiser eine höhere Hand: Unversehrt ist er geblieben; ja er mußte erst fragen, ob der Schuß, der gefallen war, ihm gegolten habe. Auch sonst wurde Niemand verletzt. Der Attentäter wnrde mir durch die Be amten der Sicherheitspolizei davor bewahrt, von den Händen des entrüsteten Volkes zerrissen zu werden. Die Untersuchung ist sofort cingeleitet worden. Der Verbrecher, Max Hödel, leugnete, daß er die Absicht gehabt habe, ans den Kaiser zn schießen; Zeugen be- knndctcn indessen, daß er, al« der Wagen des Kaisers cinhcrgcfahrcn kam, an den Straßendamm hcran- gctrctcn sei, in der Richtung nach dem Wagen zngc- schossen und hinterher noch einen zweiten Schuß in der nämlichen Richtung abgegeben habe. Die Aus rede des Attentäters, daß er Angesichts des Kaisers sich selber habe erschießen wollen, um zu zeigen, daß dem verhungernden Volke keine andere Wahl als der Tod dnrch eigene Hand übrig bleibe, ist schlecht er funden; denn verfolgt schoß der Attentäter zweimal ans seine Verfolger nnd nicht auf sich selber! Es bleibt nur die Frage nach den Motiven dcö Mordversuchs gegen den Kaiser. Der Attentäter hatte keinerlei Grnnd zn privater Rache am Kaiser; er ist anscheinend dnrch daö Lesen sozialdemokratischer Zeit ungen nnd Schriften nnd dnrch den Besuch sozial demokratischer Versammlungen in einen Zustand poli tischer Exaltation versetzt worden, die ihn mit einem tödtlicheu Hasse gegen alle staatlichen Einrichtungen erfüllt hat. Er selber bekennt, zu den „Anarchisten", jenen extremsten Sozialisten von der Schule Bakunins zu gehören, die keinerlei staatliche Ordnung anerkennen, sondern die schrankenlose Willkür des Individuums als ihr Ideal hinstcllcn, was verwirklicht dann frei ¬ lich der im Urzustände der Menschheit bestandene „Kampf Aller gegen Alle", die Nothwchr in Per manenz, der Untergang aller Kultnr wäre. Man hat cö anscheinend nicht mit einer That im Dienste einer politischen Partei zn thun, sondern mit der frevelhaften Bcthätigung eines in seinen Gedanken nnUarcn bis zur Verrücktheit aufgeregte» Menschen, für welche dircct kein Dritter verantwortlich gemacht werden kann. Die That der Wjcra Sassnlitsch, die Freisprechung derselben dnrch die Petersburger Ge schworenen nnd die Lobpreisung beider durch die sozialdemokratischen Blätter; der Tod des sozialdemo kratischen Ncdactcnr's Deutler in der Untersuchungs haft nnd die Forderung nach Rache dafür — das sind etwa die neuerlichen Geschehnisse, welche in einem sittlich verkommenen Menschen, wie dem Attentäter, den Entschluß zur Reife briugcn konnten, durch die Ermordung dcö Kaisers Rache zu übcu für die „Unter drückung der Armen dnrch die Neichen" nud sich eine» „berühmten Namen" zn machen bei seinen Gc- sinnungögcuosscn. Wüste Agitationen, welche sich in immer heftigeren Angriffe» gcgc» die staatliche» Eiu- richtimgc» wende» »»d diese aber als ,,»ur wcrlh, daß sie z» Grmidc gehe», darstcllc»," werde» jederzeit bei sittlich rohe» Menschen, die sich von ihnen erst einmal haben ergreifen lasse», eine» wilde» Haß gcgc» die persönliche» Träger dcö Staatögcda»ke»ö zur Gtthruug briugc». Daö deutsche Volk, indem cö seiner licfinnigstcn Freude über dic Beschirmung dcö thcnrcn Lebens seines Kaisers vor Mördcrhaud Ausdruck gicbt, inag die ernste Mahnung, die es am 11. Mai erhalten hat, dahin beherzigen, daß cö sich, Hoch und Niedrig, mit dem Bewußtsein der ernsten Pflicht erfüllt, der Verbreitung so verderblicher Anschauungen unter den Volkömasscn mit allen gesetzlichen Mitteln nicht bloö, sondern dnrch die hingcbcndstc persönliche Thütigkcit des einzelnen entgcgcnzmvirkcn, cö steht mit seiner Zukunft dafür ein. Ta.qcsgcschichte. Sachsen. Schandau. Wir bringen wieder holt in Erinncrnng, daß mit dem 1. Juni d. I. fol gende Münzen wcrlhlos werden: 1. dic EinscchStcl- Thalerstückc (5-Gr.-Stückc) deutschen Gcprägcö, 2. die 7-2-, und '/u-Thalcrstnckc landgräflich hessischen und tnrhcssischcn Gcprägcö, 3. dic auf Grund der Zchnthcilung des Groschens geprägten 2 Pfennigstücke und dic auf Grund der Zehn- und Zwvlfthcilung dcö Groschens geprägten 1-Pfcnnigstnckc ('/--, '/,g- nnd '/12-Groschenstücke), 4. dic nach dem Markshstcm aus geprägten 5-, 2- und 1-Pfeuuigstücke mecklenburgischen Gcprägcö. — Nach einer Bekanntmachung dcö Gcsnmmt- ministcrinms wird der sächsische Landtag auf den 22. Mai Nachmittags 4 Uhr ciuberufen. — Nach einer Verordnung der kvnigl. Cnltnö- ministcriuulö soll daö 25jährigc Ehejubiläum Ihrer Majestäten dcö Königs nnd der Königin am 18. Juni d. I. auch in den Schulen und höhere» Lehr anstalten Sachsens durch eine entsprechende Feierlich keit bei Gewährung von Schnlfreihcit festlich begangen werden. — Soeben sind Nob. Fritzschc'ö Fahrplane sämmtlichcr sächsischen Eisenbahnen und anderer deut schen und österreichischen Bahnen, sowie der Fahrposten nnd Dampfschiffe (Sommcranögabc 15. Mai bis 15. Oetobcr 1878) im Drucke erschiene». Die Fnhr- Mne sind durch Hinzufügung einer ganzen Anzahl löhmischer, thüringischer nnd schlesischer Linien so erweitert, daß das Eoursbuch auch für weitere Reisen außerhalb Sachscnö nutzbar ist. Die dircctcn Bcr- undnngcn mit größeren Städten und Badeorten ind ein vorzüglicher Wegweiser für die weiteste» Reise» und ersetze» im Verein mit der praktischen Anordnung der Anschlüsse ein größeres Courslmch. Als wcrthvollstc Jnhaltövcrmchrlmg ergicbt sich auch ein Verzeichnis; direkter Billets mit Angabe der Preise für Conricr- nud Pcrsoncnzügc. Am vergangenen Dienstag Mittag entlud sich über Sebnitz ein Gewitter mit dichtem Hagclschlag nnd anßcrordcutlich starkem Ncgcngnß. Der Hagel hat wenig geschadet. Dagegen hat das strömende Ncgcuwasscr stellenweise stark im Boden gerissen, und u. A. dnrch hcrnbgcschwcmmtcu Saud, Schlamm und Steine eine Schleuse in der Laugen Straße völlig verstopft nnd bedeckt. In Neustadt b. St. kam auf dem am ver gangenen Sonntag stattgcfundencn Tnrncrballc ein bellagenSwcrthcr Nnglücksfall vor. Einer der daran thcilnchmcndcn Damen, dic Tochtcr deö Sattlcrmstr. Pachc daselbst, war beim Tanz daö Kleid dnrch Darauftretcn defect geworden. Im Begriff, den Schaden wieder anözubesser», kam ihr Tänzer, welcher ihr bei der Reparatur leuchtete, dem Kleid mit dem Licht unversehens zn nahe; dasselbe sing sofort Feuer nud hüllte das unglückliche Mädchen sofort in Flam men ein. Obgleich sofort energisch zur Erstickung derselben Hand angelegt wurde, verletzte sich doch daö Mädchen erheblich nud liegt gegenwärtig hart darnieder. Vor einigen Tagen wurde im Forstrevier Pillnitz nahe nm Poröbcrgcr Vorwerk ein nugcführ 45 Jahre alter, sehr gut gekleideter männlicher Leichnam anf- gcfundcn. Der Todtc-dürftc nach de» in seinem Notiz- bnchc aufgcfuudcncn Visitenkarten der Kaminergcrichtö- Ncfcrcudar Arthnr K. aus Berlin sein, welcher sich bei Lebzeiten, wie nach dem bei ihm anfgcfnndcncn abgc- schosscncu Ncvolver zn schließen ist, durch einen Schnß in das rechte Ange selbst den Tod gegeben hat. Bei dem Leichnam wurde außerdem noch vorgcfundcn ein iu Berlin am 11. d. AI. gelöstes Eiscubahubillct 3. Klasse, ein Poslschciu über 255 Mark, ein Portemon naie mit 1 Mark 65 Pfg. Inhalt, eine Quittnng über in Berlin bezahlte Micthzinöstcncr und eine Er- laubnißkarte zur Benutzung der kgl. Bibliothek in Berlin. Aus Dresden schreibt daö dortige „Jonrn.": Waö Misere Kunstgärtnercicn zu leisten vermögen, wird dic 2. FlornjnbilüumsanSstcllung zeigen, welche nächste» Donnerstag eröffnet wird nnd dic glänzendstc zn werden verspricht, weiche je in Dresden zn sehen war. Die volkswirlhschaftlichc Bedcntnng der Dresd ner Gärtnereien wurde vom Direktor Elans; im Gc- wcrbcvcrciuc besprochen nnd dabei erwähnt, daß in den hiesigen Kunstgärtnercicn weit über 1'/^ Million Eamcllien, Azaleen und Nhododcndron sich in der Kultnr befinden, von denen alljährlich znm Verkaufe „fertig" werde»: über 200,000 Eamcllien, 300,000 Azaleen nud 20,000 Rhododendron. Außerdem werden 120,000 Rosen, 20,000 WarmhanSpflanzcn, 20,000 Eriken nnd weit über 1 Million andere Topfpflanzen verkäuflich. Der Vcrkauföwcrth übersteigt l,OM,000 LR. nud dic Zahl der versandte» Colli 20,000. Die Eisenbahnen verfrachten circa 15,MO Clr. pro Jahr. Nebenbei beschäftigen sich auch die Gcmüscgärtncr mit Blumenzucht; ihre Veilchen allein haben eine» Vcrkauföwcrth von 15,000 M. — Die Schwnrgcrichtövcrhandlnng gegen Christian Ludwig Gcorgy nnd Genossen (Schneider Stebich) ist, wie man nnö mitthcilt, nnnmchr bestimmt für den 24. nnd 25. Mai augcsctzt. Der Andrang zu dem sicherlich höchst interessanten Falle — cs handelt sich bekanntlich um den Pusiuelli'scheu Mord — dürfte eiu sehr bedeutender werden. Anö Leipzig schreibt man »uterin 14. Mai: Gegenwärtig weilt der königl. preußische Polizcicom- missar Krüger anö Berlin hier, um bezüglich deö Attentäters Hödel Erörterungen anzustellen. lieber Hödel selbst ist noch Folgendes mitznthcilen. Derselbe ist im hiesigen Tricr'schcn Entbiudnngsinstitut imchc- lich geboren nnd nm 6. Tage seines Lebens nach Möker» gebracht worden. Dort blieb ex 6 Jahre lang und kam durch seine Mutter infolge deren Vcr-