Volltext Seite (XML)
Ottendorfer Zeitung. „Mnendvifer Keiiung" :richrim Drcnsrag, Denners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Druck und Annahme von Inseraten bi, vormittag z« Uh».^ Inserate werden mit zo p 'für die Spaltzeile berechn« LabellarischerZSatz nach besonderem Laris Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Verlag vor. Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla Vr. 151. Sonntag, den 16. Dezember 1906. 5. Jahrgang. Bekanntmachung. Mit Ende dieses Jahres scheidet aus dem Gemeinderale ein Drittel der Ausschußpersonen auS und macht sich demzufolge die Wahl von vier Ausschußpersonen nölig und zwar hat die I. Klasse der Ansässigen eine Auüschußperson und einen Stellvertreter, die II. Klaffe der Ansässigen drei AuSschußpersonen und einen Stellvertreter und die Klaffe der Unansässigen einen Stellvertreter zu wählen. Die Wahl findet für die I. Klafft dkl AllsWgtU Sonnabend, den t5. Dezember d. I., nachm. von 3—6 Uhr für die II. Klafft Ler Ansässigen Sonntag, den i6- Dezember d. mittags von U—2 Uhr und für die Klaffe Ler Knansiiffigen ebenfalls Sonntag, den 16. Dezember d. I., nachm. von 3—6 Uhr im Gemeindeamt hier, SihnngSjimmer statt und werden alle stimmberechtigten Gemeindemitglieder geladen, sich zur Vornahme dieser Wahl einzufinden. Die zu Wählenden sind auf dem im Termin abzugebenden Stimmzettel so genau an zugeben, daß über deren Personen kein Zweifel übrig bleibt. Nach den Bestimmungen der revidierten Landgemeinde-Ordnung vom 24. April 1873 Und dem Abänderungsgcsetz vom 24. April 1886 sind im Allgemeinen stimmberechtigt alle Gemeindemitglieder, w-lche die sächsische Staatsangehörigkeit besitzen, das 25. Lebensjahr er füllt haben und im Gemeindebezirk ansässig sind oder daselbst seit wenigstens 2 Jahren ihren wesentlichen Wohnsitz haben. Unansässigen Frauenspersonen, sowie juristischen Personen steht ein Stimmrecht nicht zu. Wählbar ist jedes stimmberechtigte männliche Gemeindemitglied, welches im Gemeinde bezirk seinen wesentlichen Wohnsitz hat. Die Fälle der dauernden oder vorübergehenden Ausschließung vom Stimmrecht sind in Z 35, die Gründe der Ablehnung der Wahl in § 38 der revidirten Landgemeinde-Ordnung bezeichnet. Einsprüche gegen die ausgestellte Wahlliste, welche von heute an 14 Tage lang bei Unterzeichnetem zur Einsicht ausliegt, sind innerhalb der in Z 42 der revidirten Landgemeinde- Ordnung festgesetzten siebentägigen Frist und zwar bis den 7. Dezember d. I., abends 5 Uhr hier zu erheben, Einwendungen gegen das Wahlverfahrens aber nach § 51 der revidirten Landgemeinde-Ordnung binnen 14 Tagen nach der Stimmenauszählung und zwar bis den 30. Dezember d. I., abends 5 Uhr bei der Königlichen Amtshauptmannschaft anzubringen. Ottknäork-UoritLäork, am 1. Dezember 1906. Der GemeindevorstanL. Orrtliches und Sächsisches. Gttendorf-Dkrilla, den i5> Dezember zyos —* In allen Häusern, wo Kinder sind, spielt in den jetzigen Tagen vor Weihnachten der Wunschzettel eine große Rolle. Die Er laubnis der Eltern, nunmehr all die Wünsche, die der kleinen Welt anläßlich des bevorstehenden Christfestes am Herzen liegen, zu Papier bringen zu dürfen, lassen sich die von der Vor freude ergriffenen Kinderchen nicht zweimal geben. Wer nur irgendwie imstande ist, die Feder zu regieren, sitzt jetzt mit hochrotem Kopse eifrig schreibend über einen mächtigen weißen Bogen gebeugt, und nur zu oft wird hier das Unzulängliche des Raumes Ereignis, denn all die zahllosen Dinge, von deren Besitz das Kinderherz sehnend träumt, müssen hier aufgesührt werden, und dazu langt bei den riesigen Buchstaben, die die kleinen Hände Malen, der geringe Flächeninhalt des BogenS oft nicht au», so daß Nachträge gemacht werden müssen, die dann der Papa mit äußerlichen Staunen und innerlichen Schmunzeln in Empfang nimmt. Für die kleineren Geschwister muffen die größeren zumeist die Aufstellung d.S Wunschzettels übernehmen, was auch gern geschieht. Fühlen sich doch die damit Beauftragten im Bewußtsein ihres Könnens hierdurch außerordentlich geschmeichelt. Das Studium der Wunschzettel gewährt den Eltern stets ein großes Vergnügen, denn das jugend liche. kindliche Denken und Fühlen kommt in dies n häufig recht unorihographifchcn Schrift stücken deutlich zum Ausdruck Puppenstuben und Kaufmannsläden, Badepüppchen nnd Blei soldaten, Schäfereien, Schaukelpferde und tausend andere Dinge werden da heiß ersehnt und durch dickes Unterstreichen als besonders begehrt hervor- gehoben. Freilich kann das ChnstkiMchen nicht immer alle Wünsche erfüllen, denn die schlechten Z il-n nöligen so manches Elternpaar zu er heblichen Streichungen an der Liste. Dieser oder jener Lieblingswunsch der Kleinen läßt sich aber in den meisten Fällen verwirklichen, und groß ist dann der Jubel derselben, wenn ihnen am heiligen Abend eine oder die andere der erträumten errlichkeiten unter dem kerzen schimmernden Baum von liebender Hand auf gebaut wurde. Glücklich die Eltern, die imstande sind, bescheidene kindliche Wünsche zu erfüllen. Das Leben versagt dem Menschen ohnehin in späterer Z-it so vieles! —* Reichstags-Neuwahlen stehen dem deutschen Volle, nachdem am Donnerstag, den 13. Dezember der Reichstag wegen der Ver weigerung des notwendigen Geldes für unsere Tapferen in Deutsch-Südwestafrika in Wahrung der deutschen Ehre aufgelöst worden ist, wieder einmal bevor. Die Auflösung ist natürlich nur unter Zustimmung des Bundesrates möglich gewesen. Die Neuwahlen muffen innerhalb 60 Tagen, vom Tage der Auflösung ab ge rechnet, erfolgen, also spätestens am 11. Februar des Jahres 1907. Die Einberufung hat innerhalb 90 Tagen, vom Zeitpunkte der Auf lösung an gerechnet, zu erfolgen, also spätestens am 13. März 1907. Reichstagswahlen haben stattgefunden 1871, 1874, 1877, 1878, 1881, 1884, 1887, 1890, Is93, 1898 und 1903. Die Legislaturperiode, also die normale Dauer des Reichstages, umfaßt seit dem Gesetz vom 19. März 1888 5, früher 3 Jahre. Reichs- tagSauslösungen hat eg bereits etliche gegeben, die vorletzte 1893 wegen der damaligen Militärvorlage. Die erste Auslösung geschah am 12. Juni 1877 infolge der Nobilingschen Attentate auf den alten Kaiser Wilhelm. Es handelte sich damals um das sogenannte Sozialistengesetz. Die ersten Kolonialkämpfe gab es 1884/85; damals siegte Bismarck. Hoffen wir, daß sein dritter Nachfolger, nach dem er fick auf das Bismarcksche Rezept be sonnen, ebenso erfolgreich sein wird. —* Trotz aller Warnungen in den Zeitungen vor sogenannten Darlehnsgebern finden diese immer und immer Leute, die ihnen zum Opfer fallen. Wie solche Geschäfte gemacht werden, zeigt der Fall Riedel in Leipzig, von dem wir bereits berichtet haben. Aus einem Rund schreiben der Kgl. Staatsanwaltschaft Leipzig an sämtliche Polizeibehörden Deutschlands ist folgendes zu entnehmen: Der jetzt verhaftete Bankier Erich Riedel betrieb bis zum Herbst des Jahres 1905 in Kiel, seitdem aber in Leipzig vorgeblich ein Bank- und Kommissions geschäft, in Wahrheit aber ein umfangreiches und einträgliches geradezu gemeingefährliches Darlehenöschwindelgeschäft auf die bekannte Art, daß er kleinen Leuten, die mangels anderer Sicherheiten auf ihre Haushaltgegen- stände Darlehen aufzunehmen wünschten, solche Darlehen, in Aussicht stellte, ihnen mehrere Male sogenannte Vorspesen abnahm und hinterher die Darlehensgewährung durch Aus stellung unerfüllbarer Bedingungen geflissentlich hinauszog, so daß die Darlehnssucher schließlich davon absehen mußten, ohne die Vorspesen zurückzuerhalten. Als Zutreiber gewann er in den meisten deutschen Städten durch verlockende Zeitungsannoncen beschäftigungslose Leute, denen er mühelosen Verdienst und sofortige Ein nahmen zusicherte. Diese Vertreter hatten auf ihre Kosten regelmäßig zu annoncieren, daß rechtschaffenen Leuten gegen Verpfändung ihres Haushalts direkt vom Bankgeschäft Darlehen gewährt würden. Daraufhin meldeten sich Darlehnsucher in großer Menge. Sie hatten zunächst Vorspesen von 1,50 M. aufwärts zu entrichten, von denen zwei Drittel in den Händen der Vertreter verblieben, während Riedel noch von 3 M. aufwärts als Aus kunftsgebühren einzog. Daraufhin ließ Niedel entweder nichts mehr von sich hören, oder aber er zog für billiges Geld von ihm nahe stehenden Auskunfteien regelmäßig schlechte Auskünfte ein, an deren Schluffe verabredeter- maßen stets Bürgschaftsleistung als notwendig bezeichnet wurde. Nun verlangte er von dem DarlehnSsuchevden einen Bürgen und zur AuS- kunstseinholung über diesen wieder eine Gebühr in entsprechender Hohe. Wer diese dritten Vorspesen nicht bezahlte, und das war die Mehrzahl, büßte ohne weiteres alle vorher gehenden ein. Die wenigen immer noch Gläubigen bekamen auch über ihre Bürgen schlechte Auskünfte, und Riedel stellte nun allerlei unerfüllbare Forderungen: zum Beispiel Einräumung von Sicherungshypothek seitens grundbesitzender Bürgen, regelmäßige Ver pflichtung mit so kurzen Fälligkeitsfristen, daß dadurch das ganze Dahrlehnsgeschäft zwecklos wurde, schriftliche Erklärung des Hauswirts über Pfandfreiheit der Möbel und dergleichen geflissentliche Erschwerungen. Um das Treiben Riedels im vollen Umfange übersehen zu können, werden die Geschädigten ersucht, sich bei der nächsten Polizeibehörde zu melden. Dresden. Das massive ZirkuSgebäude, das auf dem Sternplatz an der Stelle des alten Friedhofes errichtet werden soll, wird im Zuschauerraum 3500 Plätze und im Stall Platz für 140 Pferde haben. Es wird ferner ein großes Bühnenhaus, große Garderoben, ein Tagesrestaurant, Konditorei und zwei Läden enthalten. Die Vergebung an Pächter ist be reits von Architekt Schümischen im „Artisten" ausgeschrieben. Das Eigenartige an der Sache ist, daß die Errichtung des Zirkusgebäudes von der Stadtverordnetenfitzung noch garnicht endgültig beschloßen ist. B.erbßsdorf. Bei der am Donnerstag stattgesundenen Jagd erhielt der Treiber Edwin Stiehler aus Bernsdorf einen Streifschuß an die Stirn. Nur einige Linien tiefer und das Augenlicht wäre gefährdet gewesen. Meißen. Drei Pfennige für den Zenter- Kartoffeln! Das dürste wohl doch der niedrigste Preis sein, der seit mehreren Jahren für diese Frucht erzielt worden ist. Ein aus wärtiger Großkartoffelhändler lieferte vor einiger Zeit nach Bahnhof Meißen eine Lori Kartoffeln von so minderwertiger Beschaffenheit, daß deren Annahme vom Empfänger verweigert werden mußte Um die Fracht für den Wagen nicht noch einmal tragen zu müffen, schlug der Eigentümer nach einigen Verhandlungen die Kartoffeln den Zentner für 50 Pfg. los. Nach Abzug von 47 Pfg, Fracht für den Zentner verblieben dem Verkäufer noch bare 3 Pfg. für hundert Pfund Kartoffeln. Ver mutlich glaubte der Absender, daß in der Um gegend von Meißen infolge der diesjährigen mäßigen Kartoffelernte eine Hungersnot auS- gebrochen und die dortige Bevölkerung ge zwungen sei, alles zu kaufen, auch wenn eS nur aussieht, wie Kartoffeln. Döbeln. Vom hiesigen Gastwirtsverein war bei den städtischen Kollegien unter Hinweis auf die gedrückte Lage des Gastwirtsstandes um Aufhebung der städtischen Biersteuer nach gesucht worden. Das Gesuch ist jedoch vom Stadtrat mit der Begründung abgelehnt worden, daß der nächste Landtag den Gemeinden owieso die Biersteuer zuweisen wird uud daß sic Aufhebung der jährlich 10000 M. ein- bringenden Biersteuer eine Erhöhung der 'tädtischen Stenern zur Folg- haben würde. Die Biersteuer sei auch insofern zu rechtfertigen, als die Gastwirte durch B-schränkung der Konzessionen vor übergroßer Konkurrenz mehr geschützt sind, als andere Gewerbe. Das Stadtverordneten-Kollegium trat dem RatS- beschluße bei. Leipzig. Unter dem Namen eines Studenten von Alpen aus Aachen hat ein junger Mann sich in einem hiesigen Hotel ein- gemietct und binnen wenigen Tagen eine ganze Anzahl von Uhren- und Juwelenhändlern um Waren betrogen, auch gestohlen. — Infolge erlittenen Schädelbruches ist im Krankenhaus St. Jakob gestern vormittag in der 10. Stunde der 15 Jahre alte Arbeits bursche Paul Richard Kautzsch aus L -Reudnitz, der in Anger-Crottendorf, Mölkauerstraße 25, bei seinen Eltern wohnhaft war, verstorben. Kautzsch war in einem Rauchwarengeschäft der Nordvorstadt mit noch einem, ebenfalls 15 Jahre alten Arbeitsburschen aus L.-Neuschönefeld, in L.-Reudnitz, in der RathauSstraße wohnhaft, beschäftigt. Beide junge Leute waren in der letzten Zeit mehrmals in Wortwechsel geraten. Am 1- Dezember gerieten die Burschen in der Kohlgartenstraße abermals in Streit. Hierbei stürzte Kautzsch infolge eine« Schlages auf die Schulter auf das Straßenpflaster. Er zog sich eine anscheinend leichte Verletzung am Kopse zu. Man beachtete damals diese Verletzung nicht weiter. Der Zustand des jungen Mann-S wurde indes von Tag zu Tag schlechter. Am 10. Dezember erst wurde Kautzsch im Kranken haus untergebracht. Es wurde festgestellt, daß er einen Schädelbruch erlitten hatte. Dieser hat nun, wie eingangs erwähnt, zum Tode ge führt. Infolge des traurigen Ausganges der Sache wurde der oben genannte andere ArbeitS- bursche von der Kriminalpolizei zur Rechenschaft gezogen. Werdau. Plötzlich Werdau den Rücken gekehrt hat ein vielbeschäftigter, verheirateter Arzt, Dr. Ullmann. Sein Verschwinden soll im Zusammenhang mit sittlichen, jedoch nicht unter die Bestimmungen des Strafgesetzes fallenden Verfehlungen stehen. Wie vermutet wird, hat Dr. U. eine Nervenheilanstalt aufgesucht. Plauen, Der ehemals im Vogtlande und anderwärts bekannte Schrittmacher des Dauer fahrers Keilwerth, der Stickmaschinenbesitzer und Schrittmacher Arno N-umrister ist in Konstanz festgenommen worden. Neumeister hatte sich wegen Sittlichkeitsvergehens zu verantworten und war nach der Schweiz geflüchtet. — Eine neue Automobilverbindung zwischen den Gemeinden Lengenfeld. Rodewisch, Auer bach, Ellefeld, Falkenstein und Plauen ist nun mehr gesichert. Am Sonnabend finden die Probefahrten statt. Es handelt sich um ein Privatuvternehmen, daß vorläufig einen Auf wand von elwa 100 000 Mark verursacht. Von den städtischen Kollegium von Falkenstein und Auerbach wird das Unternehmen finanziell unterstützt.