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Die „Vttendoifer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners, tag und Sonnabend abends. B ezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezöge« y2v Mark. Annahme von Inseraten bi, »»»mittag i« llhr.fi Inserate werden mtt Pf 'fir di» Spaltzeil« berechn» LabellarischrrjSatz nach besonderem Laris Lokalzeitung für dis Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erschemenden Beilagen „Handel und Mandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Druck und Verlag vor: Hermann Rühle :v Srsß-Gkriüa. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla Nr. 101. Mittwoch, den 22. August 1906. 5. Jahrgang. Holzversteigerung auf Laußnitzer Staatsforstrevier. Im Gasthofe „Ium Erdgericht" m Zaußnih sollen Montag, den 27. August ^06> von nochm. t Uhr an 4 w. MlUMtN 14/22 vm Mittenst, 6921 w. Klötzer 11/39 om Obers!., und Dienstag, den 28. August M6, von vorni. 9 Uhr an 7 rm birk. u. 18 rin w. Kreuuslheite, 10 rw h u. 1252 rm w. KmmknÜMl, 1 rm h. u. 237 rm w. Aeste, auf dem Schlage in Abt. 6, in den Läuterungen der Abt. 2, 8, 16, 20, 25, 57. 73, 74, 81, u. 83, u. einzeln in den Abt. 1 bis 9 12 bis 22, 24, 25, 29 bis 41, 43, 48 50 bis 54, 56, 57, 62 u. 63 gegen sofortige Ktskhulng versteigert werden. santzuitz und Moritzburg, am 8. August l906. Kgl. Fsrstrmerverwaltung. Kgl. Forstrentamt. Oertliches und Sächsisches. Gttendorf-Vkrilla, den 2;. August — Dienstag, den 21. August 1906 von vormittags ^«6 Uhr bis nachmittags 1 Uhr und Donnerstag, den 23 August 1906 von vormittags */,7 Uhr bis H,12 Uhr wird auf dem zwisches Langebrück, Grünberg, Diensdorf Ottendorf, Lomnitz, Seifersdorf und Schönborn gelegenen Gelände das Feldartillerie-Regiment Nr. 12 mit scharfer Munition schießen. Die während des Scharfschießens gefährdeten Wege- strecken werden durch Warnungstafeln kenntlich gemacht, das innerhalb des Gefahrenbereiches gelegene Gelände außerdem durch Gendarmerie Militärposten und Patrouillen abgesperrt sein Das Betreten dieses Geländes wird für die Dauer des Schießens hiermit ausdrücklich ver boten. Den Anordnungen der Gendarmerie und Sicherhcitsposten ist unweigerlich Folge zu leisten. — DaS Stoppelfeld ist die gegenwärtige Signatur in der Natur. Es ist der Vorbote der melancholischen Jahreszeit und hat an und für sich schon ein melancholisches Aussehen. Ein abgeerntes Feld ist ein deutliches Zeichen vergangener Herrlichkeit und Fülle. Die erste Leere storrt uns jetzt in der Natur entgegen Dazu gesellt sich die beginnende Färbung und das Abfallen der vereinzelten Blätter. Man Merkt, der Herbst ist nicht mehr weit. Nicht der versteht die Natur, der nur die Vorgänge beachtet, sondern der, welcher den ganzen Charakter, der sich in ihr ausprägt, empfindet und der sich ganz allmählich verändert. Das sanguinische Temperament des Frühlings, das cholerische des Sommers ist bereits dem Melancholischen des ruhigen Herbstes gewichen. Besonders in der stets zeitigen Vogelwelt zeigt sich Herbstahnung. Die Zugvögel sammeln sich zu großen Schwärmen und machen ihre Flug- Übungen im großen Stile, um sich und besonders die Jungen zur großen Reise vorzubereiten. Auch der Mensch ist klug, der sich die ersten Mahnungen des Herbstes schon zu ernsten Vorbereitungen auf den strengen Winter dienen läßt. — Alle Pilzliebhaber, und deren gibt es bekanntlich sehr viel, sind dieses Jahr sehr enttäuscht über den schlechten Ausfall der Pilz ernte, So wenig Pilze, wie in diesem Jahre hat eS selten gegeben. Besonders selten sind die Steinpilze; selbst die bayrischen Wälder, die Hauptfundstellc für Steinpilze, versagen diesmal fast ganz. Wenn man jetzt zur Hauptsaison der Pilze durch die Markthalle geht, sieht man nur hier und da einige dieser wohlschmeckenden Waldfrüchte zum Verkaufe ausliegen, die aber natürlich sehr teuer sind. Vielen armen Leuten entgeht durch das völlige Mißraten der Pilzernte ein ganz erheblicher Verdienst gibt cs doch Gegenden, wo sonst zur Pilzzeit ganze Familien durch das Suchen der Pilze wochenlang aus reichenden Verdienst gefunden haben. Dresden. Der cgyptische Punz Ibrahim Mohamed, der laut telegraphischen Mitteilungen aus Bernay am Sonnabend mit seinem Automobil von der Lokomotive eines Eisenbahn- juges der Strecke Paris-Cherburg erfaßte und hoffnungslos verletzt wurde, wohnte bis vor wenigen Monaten im benachbarten Loschwitz. Da ihm wegen seiner geradezu wahnsinnigen Automobilfahrtm, die ihm, bez. seinem Chauffeur schwere Strafen, letzterem auch eine Freiheits strafe eintrug, der Boden hier nachgerade zu heiß geworden war, verließ er unsere Gegend. — Für den hier geplanten Krematoriumbau soll ein Wettbewerb zur Beschaffung von Plänen und Entwürfen unter den in Dresden wohnenden Baukünstlern veranstaltet werden. Königsbrück. Aus Anlaß des schweren Brandunglücks in Schmorkau, bei welchem die hiesige Freiwillige Krankenträger-Kolonne den Transport der Verunglückten nach dem Kranken haus ausgesührt hatte, stiftete der Standesherr von Königsbrück, Herr Doktor Nauman, der Kolonne als Anerkennung für ihre Dienste eine allen hygienischen Anforderungen entsprechende fahrbare Trage. Schwepnitz. Am Sonnabend vormittag in der zehnten Stunde wurde der Glasschleifer meister Robert Zschepel in seiner Veranda bewußtlos mit vielen Wunden bedeckt durch seine Ehefrau aufgefunden. Zschepel war mit einem Freunde am Freitag abend in der eisten Stunde vom Anstand nach Hause gekommen und beide trennten sich gesund erst kurz vor ihren Wohnungen. Da Zschepel oft ganze Nächte auf Anstand zubrochte, wurde er von seiner Ehefrau nicht vermißt, bis er dann in oben beschriebenen Zustand aufgesunden wurde Merkwürdiger Weise war niemand von dem Geschehenen in Kenntnis gesetzt worden; auch der Arzt wurde erst nach dem eingetretenen Tod in der siebenten Stunde abends herzugeholt. Schandau. Am Sonntag abend erschienen in der hiesigen Pfarre die beiden ungarischen Gymnasiasten Julius Benko und Eugen Arcoffy aus Maros Vasarhely, um den Herrn Pfarrer Hesselbarth zu sprechen, den sie höflichst ersuchten, ihnen ihr Eintreffen in Schandau zu bestätigen. Diesem Wunsche wurde nach Durch sicht der vorliegenden Bescheinigungen gern willfahrtet. Die beiden jugendlichen Fuß wanderer .haben am 30. Juni Budapest ver lassen, um die 1000 Kilometer lange Weg strecke bis Berlin zu Fuß zurückzulegen. Sie sind dort in guter Verfassung angekommen und haben in der Richtung Magdeburg, Leipzig. Ticsden die Rückwanderung in gleicher Weise angctreten. Sie sind der deutschen Sprache nicht sehr mächtig, auch ihre finanziellen Ver hältnisse waren nicht die besten. Sie erhielten daher im Hotel Zum goldenen Anker freie Bewirtung und Uebernachtung. Am 1. September müssen diese jugendlichen Fußwanderer Budapest wieder erreicht haben. Chemnitz. Eine schwere Gasexplosion er eignete sich am Sonnabend abend in der Luther straße. Einem dort aufgegrabencn Gasrohr entströmte GaS, das sich an einer in der Nähe befindlichen Flamme entzündete und mit einer Detonation explodierte, die in einem großen Teile der Stadt gehört wurde. Das Gasrohr wurde vollständig zertrümmert: in der Umgebung wurden durch den gewaltigen Luftdruck zahlreiche Fensterscheiben zerschlagen. Erst nach längerer Albeit gelang es der Feuerwehr, mit Sicherheits lampen den gefährlichen Brand zu löschen. Menschen wurden glücklicherweise nicht verletzt. — Die vereinigten Ringbrauereien haben gegen die Redaktion, die Druckereileitung und gegen die Verlagöfirma der hiesigen sozial demokratischen Volksstimme, die Firma Land- araf und Ko., die Beleidigungsklage angestrengt Diese Affäre ist eine weitere Folge des mit besonderer Heftigkeit geführten Chemnitzer Bier krieges und Boykotts der Ringbrauereien. Außer dem verantwortlichen Redakteur haben alle fünf Teilnehmer der Handelsfirma Land graf und Ko. und der Geschäftsführer der Druckerei die Klageschrift erhalten. Penig. Ein „siamesisches" Zwillingspaar aus der gefiederten Welt hat hier das Licht der Welt erblickt. Es ist ein Sperlingspaar, welches, die Köpfe entgsgenstehend, etwa in der Mitte des Körpers zusammengewachsen ist. Die Unzertrennlichen sind dem Neste entnommen und in einem Käfig untergebracht worden, wo sie von dem Eltsrnpaar ebenso reichlich ge füttert werden wie vorher im Neste. Pegau. Zwei dumme Spitzbuben sind die Arbeiter Bursian und Findeis von hier. Sie brachen in eine dortige Ziegelei ein und stahlen eine große Menge von Kleidungsstücken und Gegenständen, ließen aber ihre Arbeitsbücher an dem Orte ihrer bösen Tat liegen. Nun wird es der Polizei nicht schwer werden, die Burschen, die fürs erste verschwunden sind, am Kragen zu packen. Netzschkau. Spurlos verschwunden ist der Weber Karl Blei von hier, der, wie wir jüngst berichteten, anonyme Briefe an hiesige Ein wohner richtete. Ausgeschlossen ist nicht, daß er sich ein Leid angetan hat. Die Sache selbst, die für Blei nicht leicht ausfallen dürste, ist an die Königliche Staatsanwaltschaft Plauen abgegeben worden. — Der hiesigen Polizei ist es gelungen, zwei Gaunern auf die Spur zu kommen, die mit großer Raffiniertheit zu Werke gegangen sind. Sie hatten, ohne daß es auffiel, un zählige Garndiebstähle in einer mechanischen Weberei verübt. Als dieser Tage einer von beiden, nämlich der Althändler Weißmann aus Kirchberg, im Begriff war, mtt einem Sack voll Garnabfällen im Wert von 70 M. die der andere gestohlen hatte, mit dem Hu 10 Uhr abends hier abfahrenden Zuge davonzudampfen, nahm man ihn fest. Das Garn wurde be schlagnahmt und der Dieb hinter Schloß ge bracht Reichenbalch. In Sachen der Beilegung des Maurer- und- Zimmererstreiks im Bezirke Reichenbach, Mylau und Netzschkau fanden am Montag wiederum Verhandlungen zwischen der Kommission der Arbeitgeber und den Gau leitern der streikenden Maurer und Zimmerer statt. Man vereinbarte folgenden Vorschlag: Die zehnstündige Arbeitszeit und 39 Pfg. Stundenlohn soll sofort bei Wiederaufnahme der Arbeit zur Einführung gelangen. Vom 1. Januar 1907 ab soll dann der Lohn auf 40 Pfg. erhöht werden. Der Unternehmer verband tritt nunmehr zu einer Sitzung zu sammen, so daß das endgültige Resultat über die Beendigung /des Streiks in den nächsten Tagen zu erwarten ist. Plauen. Wie der „Vogtl. Anz." aus Zeulenroda meldet, sind dort innerhalb dreier Tage drei Mitglieder der Familie des Hut machers Hermann Dobernez an Vergiftung gestorben, am Freitag die 38 Jahre alte Tochter, am Sonntag deren Vater und am Montag früh dessen Mattin. Die Familie hatte in einem kupfernen Kessel Gurkensalat eingemacht und davon genoffen. Aus der Woche. Wenn man die abgelaufene Woche überblickt, fällt als wichtigstes Ereignis unbedingt die Monarchenzusammenkunft zuerst ins Auge. Englische und deutsche Blätter haben sich um die Weite bemüht, die Monarchenzusammenkunft als ein weltgeschichtliches Ereignis hinzustellen, Nun Kaiser Wilheim und sein Onkel aus Eng land haben sich in Cconberg herzlich begrüßt, wie dies bei Zusammenkünften regierender Staatsoberhäupter von jeher üblich, und wenn die Mitteilungen der berufsmäßigen Berichter ¬ statter auf Wahrheit beruhen, so sind wiederholt Sachen von höchster politischer Wichtigkeit ver handelt worden. Ein abschließendes Urteil über den Wert oder die Bedeutungslosigkeit dieser vorläufig als denkwürdig geltenden Begegnung wird man freilich bis auf weiteres hintan halten müssen; denn man darf nicht vergessen, in den langen Jahren der Entfremdung ist mancherlei geschehen, vieles gesagt und geschrieben worden, was sich nicht über Nacht aus der Welt schaffen läßt. Mit allen ehrlichen Eng ländern aber wünschen wir. daß die Monarchen zusammenkunft den Weg geebnet haben möge für ein besseres Verständnis, für bessere Be ziehungen der beiden Nachbarländer. — Wie vorauszusehen war, hat diese plötzliche und un erwartete Monarchenzusammenkunft auch in Frankreich sowie in Rußland einiges Aufsehen erregt. Besonders die französische Regierung war einigermaßen in Sorge, daß durch das Zusammentreffen der beiden so lange getrennten Monarchen die französisch-englischen Beziehungen sich trüben können. Aber das Ministerium er hielt jedoch aus England die beruhigende Zu sicherung, es werde nichts geschehen, was gegen das Einvernehmen der neugebackenen Freunde irgendwie verstoßen könne. — Die langerwartete Erklärung des Papstes zum französischen Trennungsgesetz ist nunmehr in Rom erfolgt- Der Heilige Vater erklärt in seinem Schreiben jenes Gesetz für einen Gewaltakt der Unter drückung und überläßt im übrigen den Bischöfen die Stellungnahme zu dem Gesetz. — Im Lande Väterchens ist, wenn man amtlichen Nachrichten Glauben schenken will, endlich Ruhe eingetreten. Man weiß allerdigns, welche Bewandtnis es mit der amtlichen russischen Berichterstattung hat. Die Sachlage klar über schauen kann wohl nur, wer im politischen Getriebe an der Newa steht. Soviel aber ist sicher: die Kraft, die Wucht und die Begeisterung der Revolutionäre sind gebrochen, Väterchen aber kann von sich sagen, er habe gesiegt. Das neue Ministerium Stolypin wird nun zeigen müssen, ob ihm Kräfte inne wohnen, die geeignet sind, den Genesungsprozeß im russischen Reiche zu fördern. Der Wille ist offenbar da, hoffentlich findet sich auch ein Weg. — In den Balkanländern wird die Lage von Tag zu Tag ernster. Griechen und Bulkaren fechten einen verzweifelten Nationalitäten kampf. Sultan Abdul Hamid wurde in vielen ungarischen Zeitungen für tot ausgegeben. Es scheint aber, als sei seine Erkrankung nicht so ernster Natur gewesen, denn die türkische Regierung hat in einer Zirkularnote bereit» allen Interessenten mitgeteilt, „der Beherrscher aller Gläubigen" sei von seinem leichten Un wohlsein vollständig wieder hergestellt. Wie in Rußland, lasten sich auch in der Türkei die Nachrichten leider nicht kontrollieren. Es ist möglich, daß Abdul Hamid noch lebt, daß er in wenigen Tagen wieder in gewohnter Frische Regierungsgeschäfte erledigt, aber eS ist auch nicht ausgeschlossen, daß die englichen Blätter recht haben, die behaupten, der Mann am Bosporus sei tot. — In Amerika, d. h. in den Ver. Staaten, bereitet man sich langsam auf die kommende Präsidentenwahl vor. Wenn man den amerikanischen Zeitungen Glauben schenken will, so wird der jetzige Präsident Roosevelt sich nicht gegen den andern Präsident« schastskandidaten Bryan in seiner Stellung behaupten können. — Immer aufs neue ziehen die Japaner die Augen der gesamten Welt auf die Lage in der Mandschurei. Entgegen ihrem im Friedensschluß von Portsmouth gegebenen Versprechen belegen sie den gesamten Handel mit Beschlag. Da nützen keine Vorstellungen da helfen keine Drohungen, die kleinen Japaner sind geschickte Diplomaten. Sie tun schließlich nur, wos jeder andre an ihrer Stelle ebenfalls täte: Sie handeln nach dem alten Goethewort: „Wer am Zoll sitzt, ohne reich zu werden, ist ein Pinsel."