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Vie .Ottendorfer Zeitung" erscheint vienrtag, Donners tag und Sonnabend abend». Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen t,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahm« von Inseraten bi, »ormtttag w Uhr.j Inserate werden mit w ps für die Spaltzetle berechne LabellarischeHSatz nach besonderem Tarif Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Lür dis Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla Nr. 81. Freitag, den 6. Juli 1906. 5. Jahrgang. Vrrtliches und Sächsisches. Ottendorf-Okrilla, den L. Juli cyoe — Auf Grund des am 1. Juli in Kraft getretenen Gesetze», betreff« die Erhöhung der Steuer auf Zigaretten rc. werden jetzt von der Steuerbehörde an alle Stellen, welche Zigaretten verkaufen, Anmelde-Formulare au-gegeben. Diese Anmeldeformulare sind ausgefüllt bis zum 7. Juli an do» Untersteueramt wieder einzureichen. — Zur Einführung der Fahrkartensteuer hat der preußische Gisenbahnminister jetzt die Au-führungSbestimmungen des Bundesrates er- gänzt. Neu und von besonderem Interesse sind die Bestimmungen über den Verkehr mit dem Ausland. Bei den im Inland ausgegebencn Karten des AuSlandkverkehr» wird die Steuer vom 1. Oktober an erhoben. Zur Einrechnung der Steuersätze in die Fahrpreise der einzelnen Tarifverbände sind besondere Verhandlungen notwendig, die zum Teil eingeleitet sind. Die Eisenbahndirektionen werden angewiesen, dafür jU sorgen, daß die auf die deutschen Strecken fallenden Anteile den mit der Ausgabe beauf tragten Dienststellen so rechtzeitig bekannt Werden, daß für die im Jnlande verkauften Fahrkarten der l. Oktober unter allen Um ständen eingehalten wird. Die Feststellung des Zeitpunkte» des Inkrafttreten« der Steuer sür die im Ausland verkauften Fahrkarten nach deutschen Bestimmungsstationen hängt von dem Abschluß der Verhandlungen in den Tarif verbänden ab. Die geschäftsführenden oder berichterstattenden Direktionen haben hierüber nach längstens drei Monaten zu berichten. Die Scheine von Reiseunternehmern, auch solch« die im Ausland verkauft werden, sind wir inländische Fahrkarten stempelpflichtig. Die Reisebureau» werden dt»halb veranlaßt, ihre Scheine neu zu drucken. Die den Reisebureaus vertragsmäßig zustehenden Vergütungen werden nach der Höhe de» reinen PersonenfahrgeldeS der Scheine berechnet. — Von der Elbe. Da» größte Elbfahrzeug welches bi» jetzt gebaut wurde, ist der große «iserne Tankkahn „Aken". Er ist 75 Meter lang und 18 Meter breit und hat eine Trag fähigkeit von 75000 Zentnern. Da« gewaltige Fahrzeug ist erst neuerdings auf der Schiffs werft in Rotterdam erbaut worden. Ein zweiter eiserner Tankkahn von annähernd gleicher Größe, die „Berolina", ist auf der Sachsen- bergschen Schiffswerft in Roßlau a. E. erbaut. Kürzlich fand auf dem in Hornhafen zu Aken vor Anker liegenden Tunkkahn „Aken" die feierliche Ueberreichung einer von der Stadt gestifteten Flagge durch die städtischen Körper schaften statt. Dresden. Zur Erweiterung des Tolke- witzrr Friedhöfe« hat der Rat ein an denselben anstoßendes großes Waldareal angekauft. Auf demselben wird voraussichtlich auch das seitens der Stadtgemcinde geplante Krematorium, das mit einem Urnenhain umgeben werden soll, er richtet werden. — Zur Erhöhung der Bierpreise. In einer vor einiger Zeit stattgefundene Sitzung der Gesamtvorstände sämtlicher GastwirtSvereine so wie einiger auswärtiger wurde eine Sieben- erkommiffion gewählt, welche sich mit der hie- stgen Brauereigenoffenschaft bezüglich der Er höhungen der Bierpreise ins Einvernehmen setzen sollte. Die Kommission schrieb auch an die Braucreigenoffenschaft und ersuchle um Gelegenheit zu einer gemeinschaftlichen Aus sprache. Die Brauereigenosscnschaft hat aber d>escL Schreiben unbeachtet gelaffen und jetzt di« Erhöhung ohne weiteres eintreten lassen. Da das Gastwirtsgewerbe durch schlechte Ge schäftslage, übermäßige Konkurrenz, durch be deutende Mehrausgaben infolge behördlicher Vorschriften (Revision der Bierapparate, Ruhe- reiten usw.) durch das Steigen aller Leben»- mitlelpretsr, die immer mehr wachsenden An sprüche de» Publikum« an Komfort usw. ohne hin nicht mehr prosperiert, so sehen sich die Gastwirte außer stände, die von dem Brauereien auf sie abgcwälzte Bierpreiserhöhung allein zu tragen, durch die so mancher kleine und mitlere Geschäftsbetrieb seinem Ruin entgegen- geführt werden dürfte. Sie Haden deshalb einstimmig beschlossen, auch ihrerseits eine Er höhung der Bierpreise eintreten zu lassen, in der Ueberzeugung, daß diese für ihre Existenz notwendige Maßregel seitens des Publikums Verständnis und wohlwollende Beurteilung finden möge. — Vier Russen ein Ehepaar und zwei Schwestern der Frau, wurden van der hiesigen Kriminalpolizei wegen Ausgabe falschen Gelde verhaftet. Die aus Amerika gekommenen Ruffen die sich bei Verwandten hier aushielten, besaßen 2000 Rubel. Radebeul. Der Ausstand der Former und Gießereiarbeiter bei der hiesigen Firma Gebr. Gebler ist beendet und die Arbeit wieder aus genommen worden. Kötzschenbroda. Der Versand von Erd beeren vom hiesigen Bahnhof hat mit dem 1. Juli im allgemeinen sein Ende erreicht; wenn auch noch geringere Quantitäten der Bahn zur Beförderung übergeben werden, so hat dies doch keinen Einfluß mehr auf das Gesamt resultat. Eö wurden seit dem Beginn des Versandes am 20. Mai 51 006 kg. in 1430 Körben versendet. Es ist dies das größte Quantum, das seit dem Jahre 1891 versendet worden ist. Meißen. Ein junger Leipziger Handwerker brachte in voriger Woche eine Wette zum Aus trage, welcher die Ausdauer erfordernde Leistung zugrunde lag, die über 100 Kilometer lange Wegstrecke von Leipzig nach Dresden in 24 Stunden zu laufen. Ein Radfahrer begleitete den Dauerläufer. Die Wandertour wurde am Montag vormittags einviertel neun Uhr in Leipzig von der Wurzener Straße aus begonnen Unter strömendem Regen traf der Läufer nach mittags 2 Uhr in Kühren vor Wendisch-Luppa ein, wo kurze Mittagürast gehalten wurde. Einhalb sieben Uhr abends war Oschatz erreicht, welche« zu einer zweistündigen Rast ausversehen war. Einhalb neun Uhr wurde die Wanderung fortgesetzt und Meißen in stiller Nacht durch wandert. In Spaar wurde einviertel drei Uhr noch ein Weinrestaurant offen gefunden, woselbst sich der Läufer und sein fahrender Begleiter an einem Glase Apfelwein erquickten. Früh dreiviertel sieben Uhr war der Neustädter Bahnhof in Dresden erreicht und die Wette gewonnen. Der Weg war in 22«/« Stunden zurückgelegt. Um 8 Uhr 21 Min. fuhren Läufer und Fahrer bereits nach Leipzig zurück. Nummehr hat sich der Dauerläufer erboten, denselben Weg in 20 Stunden zurückzulegen. — In eine eigentümliche ErbschaftSangelegen- heit ist die Stadt Meißen verwickelt. Ihr ist ein Erbteil von nahezu 200000 Mk. zugefallen, sie muß davon aber den größten Teil heraus zahlen, wenn eine gewisse Person am 8. Februar 1903 noch gelebt hat. Es handelt sich um den am 16. November 1828 in Halle a. S. (Magdeburg?) geborenen Kupferschmied Friedrich Ernst Hermann Löbel, der vielfach auf Wander schaft gewesen, wiederholt nach Magdeburg, seinem früheren Wohnorte, zurückgekehrt, zu- seit 1895, vielleicht auch noch 1866 oder 1897 dort gesehen worden und 1898 durch Düsseldorf. Dortmund und Barmen gereist sein soll. Löbel galt seit Jahren als verschollen und es darf angenommen werden, daß er am 8. Februar 1903 tot- war. Dies muß aber erwiesen sein. Wer den Nachwei» zuerst führt erhält von der Stadt Meißen 3000 Mk. Be lohnung. Hier ist vor allem für Polizei- und Standesbeamte, sowie für Kirchenbuchführer günstige Gelegenheiten geboten, in kurzer Zeit auf leichte Art und Weise die annehmbare Summe von 3000 Mk. zu erwerben. Kamenz. Zu dem aus Rathen berichteten Absturze eines jungen Mannes vom Bastei felsen in der sächsischen Schweiz wird ge schrieben: Der Abgestürzte ist der 20jährige Tuchmachergeselle Richard Krause von hier. Er hatte, nachdem er in der Nacht zum Sonn tag an einer Ballfestlichkeit hierselbst teilge nommen, morgens mit mehreren Freunden einen Ausflug in die sächsische Schweiz unter nommen, wo er auf der Bastei von diesen vermißt wurde. Als er nach läugerem Warten nicht kam, sahen sich diese gezwungen, die Heimreise allein anzutreten, ohne eine Ahnung von dem schrecklichen Unglück zu haben. Die Person des Toten wurde durch ein bei ihm Vorgefundenes LotterieloS festgestellt. Dieses trug den Namen eines hiesigen Kollekteurs, ein: Anfrage bei dem letzteren ergab den Käufer in der Person Krauses. Das Unglück dürfte auf Uebernächtigung des Toten und auf Außerachtlassung der Schutzvorschriften zurückzuführen sein. Allgemeine Teilnahme wendet sich den schwergeprüften Eltern zu, die bereits vor einigen Jahren einen im selben Alter stehenden Sohn durch tödlichen Unglück fall verloren. — Das Oschatzer-Ulanen-Regiment Nr. 17 wird vom 7. bis 9. August in Kamenz, Wiesa, Zschornau, Deutschbaselitz, Jesau, Nebelschütz, Lückersdorf, Gelenau, Bernbruch, Liebenau und Brauna untergebracht werden. Am Dienstag Abend wurde das 178. Regiment zu einer Feuerlöschprode an der Kaserne des 2. Bataillons alarmiert. Gleichzeitig erfolgte die Alarmierung der Freiwilligen Feuerwehr dazu- Die gemein same Uebung fand in Gegenwart de» Regiments kommandeurs und des dazu erschienenen Militär-Bauinspektors aus Bautzen statt. Por schütz. Die hier beim Gutsbesitzer Kirst in Dienst befindliche, 24 Jahre alte Magd Emma Rübesamen aus Frauendorf bei Ortrand wurde gestern Miltvg von einem 2 Jahre alten bösartigen Bullen tödlich verletzt. Die Mägde hatten den Bullen zum Belegen einer fremden Kuh in den Hof geführt. Als sie ihn dann nach dem Stall bringen wollten hat er sich losgeriffen und bei den Einfang versuche» die R. angerannt und ihr so schwere innere Verletzungen zugefügt, daß der Tod als bald eintrat. Der Bulle war ohne Nasenring, eine Nachlässigkeit, die nicht genug gerügt werden kann. Borna Behufs Auffindung neuer Braun kohlenlager werden jetzt auf den Fluren von Blumroda, unweit des genannten Ortes, rechts von der von Borna nach Altenburg führenden Straße, Bohrungen vorgenommen, deren Erfolg noch nicht feststeht. Leipzig. Ein Handelsmann bestellte für 300 Mk. Magnesia-Pillen, da diese vielfach verlangt wurden. Als er die Pillen erhalten und bezahlt hatte, blieben plötzlich alle Bestellungen auf solche aus; er war Schwindlern in die Hände gefallen, welche auch noch weitere gleich artige Betrügereien — bis zu 1500 Mark - ausgeführt haben. — Ein Geldbetrag von 6000 Mark ist vor kurzem in einem Kontor der Ferdinand-Rhode- Straße unter erschwerenden Umständen gestohlen worden. Den Diebstahl verübte ein angeblicher Georg Werber aus Landeshut der auch unter den Namen Werner, Köhler und Scherf auf trat. Jetzt konnte ermittelt werden, daß der gefährliche Spitzbube identisch ist mit dem fahnenflüchtigen Schreiber Christian Ulbrich, geboren am 13. Juli 1883 in Neudorf, Kreis Gelnhausen. Derselbe konnte bisher nicht ding fest gemacht werden. — Ein bedauerlicher Bauunfall mit tödlichem Ausgange hat sich Mittwoch nach mittag in der dritten Stunde Ecke der Dresdner Md Gemeinde - Straße zugetragen. An dem Grundstück Dresdner Straße 39 wurden seit einigen Tagen Reparaturbauten ausgeführt, wozu ein 4 bis 5 Stock hohes Leitergerüst aufgeführt war. Dieses sollte nunmehr niedergelegt werden, wobei auch der in L.-Volkmarksdorf, Hildegardstryße 41, wohn hafte 36 Jahre alte Arbeiter Woldemar Berg beschäftigt war. Beim Losmachen einer solchen Leiter, die zwischen der 4. und 5. Etage zum Teil auf einem Balkon stand, stürzte Berg aus dieser Höhe auf die Straße ab. Er blieb auf der Stelle tot- Nach den Feststellungen ist die gedachte oberste Leiter an ihrem obersten Ende mittels eines Drahtes am Grundstück selbst befestigt gewesen. Um diesen Draht von der Leiter zu entfernen, hat Berg, wie ver lautet, letztere hin und her bewegt. Hierbei dürfte die Leiter das Uebergewicht nach außen bekommen haben. Sie ist abgefallen und hat den Bedauernswerten mit heruntergeriffen. Dem ^Verunglückten war der Schädel zer trümmert und mehrere Gliedmaßen waren ge brochen. Freiberg. Der Streik der hiesigen Maler- Lackierer- und Anstreichergehilfen ist nunmehr nach etwa 8 wöchentlicher Dauer beigelegt, und zwar durch Vermittelung des Gewerbegerichtes als Einigungsamt. Die Hauptbedingungen sind folgende: 10 Hi stündige Arbeitszeit, ein Zuschlag von 10 bis 15 Prozent auf den Lohn der Maler und 10 bis 15 Prozent Lohnzuschlag bei den Anstreichern, Ucberstunden sind abends mit 5 Pfg., Nachts-, Sonn- und Feiertagsstundcn mit 10 Pfg. Zuschlag pro Stunde zu vergüten. Auswärts wird täglich 1 Mark Auslösung gezahlt. Der Tarif ist frühestens für 1. April 1908 kündbar. Maß regelungen wegen des jetzt beendeten Streike» sollen nicht erfolgen. Penig. In der hiesigen Maschinenfabrik und Eisengießerei haben die Former, Kern macher und Hilfsarbeiter wegen Lohndifferenzen die Arbeit niedergelegt. Niederschlema im Erzgebirge. Ein schwerer Unglücksfall mit tödlichem Aus gange trug sich hier zu. Der 24 Jahre alte GutSbesitzerösohn Wendler war mit Heu einfahren beschäftigt- Plötzlich gingen die vor den Wagen gespannten Pferde auf der steilen Schulstraße durch. Wendler, welcher noch die Schleife andrehen wollte, kam zum Sturz, und der schwere Wagen ging dem Unglücklichen über Brust und Kopf. Der junge hoffnungs volle Mann erlitt dabei so schwere Verletzungen daß er nach kurzer Zeit seit der Wohnung seiner Eltern verschied. Glauchau. Auf einer Fahrt, die Graf Joachim von Schönburg-Glauchau mit seinen Kindern und dem als Gast bei ihm weilenden belgischen Gesandten in Dresden Grafen von Montgelos nach dem Rümpswalve unternahm, scheuten die Pferde und gingen mit dem Wagen durch. Hierbei wurde der 7 Jahre alte Erbgraf Karl von dem Wagen geschleudert. Er fiel aber so glücklich, daß er mit einer Hautabschürfung davonkam. Zwickau. In der Nacht zum Montag wurde auf den vom Thürmer Vogelschießen heimkehrendcn Radfahrer Philipp aus Crossen im sog. Tännicht ein Schuß abgegeben. Das Geschoß traf die Radlaterne, die sofort verlosch. Philipp, der auch einen Revolver bei sich führte, sprang ab und feuerte einen Schuß in der Angriffsrichtung, worauf der Angreifer im Dickicht verschwand. Philipp kehrte nach Thurm zurück und erstattete Anzeige. Vermutlich handelt es sich um einen räuberischen Ueberfall. — Einen schrecklichen Tod fand die 'neun Jahre alte Tochter des Bergarbeiters Strobel im Vorort Reinsdorf. Sie wollte sich an einer Petroleumlampe die Haare kräuseln, da bei fingen die Kleider des Mädchens Feuer und standen ibald in Flammen. Das be dauernswerte Mädchen erlitt so schwere Brand wunden, daß es unter fürchterlichen Schmerzen sein Leben aushauckte.