Volltext Seite (XML)
Die „Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahm» von Inseraten bi, vormittag w Uh«. Inserate werden mit >o Pf für di» Spaltztil« brr»chn»t Tabellarisch« Satz nach besonderem Tarif Druck und Verlag von Hermann Rühle in Kroß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkilla Nr. 25. Sonntag, den 25. Februar 1906 5 Jahrgang. OertUches und Sächsisches. Ottendorf-Okrilla, den 24. Februar M6 — Donnerstag, den 1. März, nachmittags 4 Uhr ist in der „Tanne" zu Radebrig die Jahreshauptversammlung des Gustav-Adolf- Frauen- und Jungfrauenvereins. Die Tages ordnung umfaßt Jahresbericht, Richligiprechung der Jahresrechnung, Ergänzungswahlen und Sonstiges. Danach ist Vortrag des Herrn k. Mensing-Dresden über „Unseres HergottS Kanzlei" d. i. die Stadt Magdeburg, ine in der Geschichte der evangelischen Kirche eine ganz besondere Rolle gespielt hat. Herr ?. Mensing ist als Erzähler aus der Vater ländischen Geschichte rühmlichst bekannt. Möge die Versammlung auch von hiesigen Einwohnern zahlreich besucht werden. — Frühlingslüste machten sich in den letzten Tagen schon öfter bemerkbar. Es mutet selt sam genug an, daß der Winter nun schon zu Ende sein soll, der doch eigentlich bisher noch gar nicht recht begonnen hat. Zwar sind wir erst im Februar, und in normalen Jahren kann um diese Jahreszeit noch manch böser Streich des Winters bevorstehen. Aber in diesem Winter des Mißvergnügens, wo die Bekanntschaft mit Schnee nur hin und wieder einmal, mit Frost und Kälte aber überhaupt kaum gemacht haben, wird doch wohl etwas Derartiges nicht mehr drohen. Wenn der seit Wochen saft ununterbrochen aus südlichen Richtungen wehende Wind noch einige Zeit seine Herrschaft behauptet was bei der merk würdigen Dauer der gegenwärtigen Wetterlage (Minimum im Nordwesten) durchaus wahr scheinlich ist. so wird der sanfte Hauch des Frühlings sich n ohl bald genug eindringlich fühlbar machen. — Fastnacht und Aschermittwoch stehen für kommende Woche in Aussicht. Die heitere übermütige Laune des Karnevals, die dieses Jahr fast zwei Monate dauerte, neigt ihrem Ende entgegen. Dem Fasching folgt die Fastenzeit, eine ernste und zur Sammlung be- rufene Periode für Alt und Jung. Am Buß tag (14. März), am Karfreitag (13. April) und am 1. Osterfeiertag (15. April) ist nach § 8 des Gesetzes vom 10. September 1870 über die Sonn-, Fest- und Bußtagsfeier die Abhaltung öffentlicher Versammlungen aller Art gänzlich verboten. Hierunter zählen auch di« Versammlungen der Innungen und anderer Genoffenschaften, wie auch solche der Ge- meindevertreter, ferner Versammlungen der Krankenkassen, die Versammlungen geselliger Vereinigungen, sowie religiöse Versammlungen, sobald diese einen öffentlichen Charakter tragen, An den Vorabenden der genannten Festtage sind jedoch Versammlungen bis nachts 12 Uhr gestattet. Mit dem Montag nach Lätare, in diesem Jahre also mit dem 26. März, beginnt die sogenannte geschloffene Zeit- Vom 26. März ab, einschließlich desselben, bis zu und mit dem ersten Osterfeiertage ist sowohl die Abhaltung öffentlicher Tanzmusiken, sowie die Veran staltung von Privatbällen, auch wenn diese in Privathäusern oder in Lokalen geschloffener Gesellschaften abgehalten werden, verboten. Dagegen ist die Abhaltung von Konzertmustken und anderen geräuschvollen Vergnügungen an öffentlichen Orten, insbesondere auch von Theatervorstellungen, jedoch mit Ausnahme der Zeit vom Gründonnerstag, einschließlich des selben, bis mit Sonnabend vor Ostern, gestatte — Nach dein statistischen Jahrbuch für das Königreich Sachsen weisen die Erkrankungen an bösartigen Neubildungen (Krebs, Sarkom rc.) in den Jahren 1888 bis 1904 eine deutliche Verminderung der tödlichen Ausgänge auf, was wohl auf die Fortschritte in der operativen Behandlung derartiger, namentlich an Magen und Darm und bei Frauen auftretender Ge schwüre zurückzusühren sein dürste. Ein noc weit auffallenderer Rückgang der Todesfälle be Tuberkulose von 45,7 auf 24,9 Fälle vom Hundert ist sicher durch die immer allgemeiner werdende Kenntnis von der Notwendigkeit längerer Anstallsbehandlung bei dieser Krankheit mit verursacht. Der so besonders gefürchtete Unterleibtyphus führte nur in 13,6 Fällen von Hundert zum Tode. — Im Bezirke Chemnitz haben sich die Fleischerinnungen dahin ausgesprochen, daß der Bratwurst Semmel resp. Mehl beigemcngt werden dürfe. Dadurch würde die Wurst bindig, und man bekomme ein nach Geschmack und Aussehen den Wünschen und Gewohnheiten des Publikums entsprechendes Fabrikat. Direkt entgegengesetzter Ansicht ist die Dresdner Fleischerinnung. Sie erklärt eine derartige Beimischung als Verfälschung. Einmal sei Semmel billiger als Fleisch, folglich würde der Geldwert der Wurst verringert, zweitens be- äße eine derartige Wurst einen geringeren Nährwert, und drittens ginge die eingeweichte Semmel und der aus Mehl bestehende Kleister eicht in Säuerung über und trüge zum schnelleren Verderben der Wurst bei. — Die erdrückende Menge der Konsumenten dürfte wohl den Standpunkt der Dresdner Innung vorziehen, — Das sächsische Zentralkomitee der sozial demokratischen Partei weist die Vertrauensleute der Partei an, am 3., 4. und 5. März aus Anlaß des zehnjährigen Bestehens des Drei- laffenwahlsystems zum sächsischen Landtage Protestversammlungen abzuhalten mit dem Thema: Zehn Jahre Dreiklaffenwahlrecht in Sachsen. — Der für Se. Majestät den König be- timmte Mercedes-Wagen, das weltberühmte Fabrikat der Daimler-Motoren-Gesellschaft, ist seit einigen Tagen im Ausstellungslokale der bekannten Firma Auto-Palast Vieweg, hier, Ecke Christian- und Sidonienstraße, ausgestellt. Der Wagen ist ein 45pferdiger Mercedes mit einer hocheleganten Karosserie für 8 Personen in der Form eines Triple-Phaetons mit amerikanischem Verdeck. Reiche Armaturen, die vergoldet sind, verzieren den Wagen, der in dem bekannten Grün des Königlichen Hofes (mit breiten Goldstreifen) lackiert ist. Das sächsische Wappen ziert die Türen und Kronen sind auf den Laternen, sowie am Rücken des Wagens angebracht. Die Polsterung ist be sonders bequem in hellgrauem Velvet aus geführt. Der Wagen wird ein Prunkstück des Königlichen MarstalleS bilden. Dresden. Die Saalwirte der beiden Dresdner Amtshauptmannschaften beschlösse, im „Eldorado", ihre Säle Sonntags zu politischen Versammlungen nicht herzugeben, also die sozialdemokratischen Forderungen abzulehnen. — Vor einiger Zeit ist in Dresdner Tages blättern ein Inserat erschienen, wonach eine Dame höheren Standes (Ausländerin) für ihr einjähriges Kind paffende Pflege gegen ein malige Abfindung sucht. Reflektanten haben auf ihre Anfrage ein Schreiben der Firma Charly Parker, Kommissionsagent in London erhalten, worin unter Darlegung der näheren Bedingungen, unter denen das Kind in Pflege gegeben werden soll, insbesondere unter Angabe der beträchtlichen Abfindungssumme, zunächst die Einsendung des Betrages von 10 M. für bare Auslagen gefordert wird. Nach einer Auskunft der Kriminalpolizei in London ver bergen sich hinter der vorerwähnten Firma ihr ungünstig bekannte Personen. Die engliche Polizei warnt dringend vor Geschäftsverbindung mit ihnen. Diese Warnung sei hier wiederhol — Bei lebendigem Leibe verbrannt ist in der vergangenen Nacht das 4^/, Jahre alte Töchterchen des Buchbindermeisters Protze in der StiftSstraße. Die Eltern des Kindes waren am Abend auSgegangen, nachdem sie vorher das Kind zu Bett gebracht und in der Schlaf stube ein Nachtlicht angebrannt hatten, Wahr scheinlich ist das Kind dem Lichte zu nahe ge kommen, sodaß die Sachen, mit denen Kind bekleidet war, Feuer gefangen Huven. Zei ihrer Rückkehr fanden die Eltern daS Kind iber und über mit Brandwunden bedeckt vor. Es verstarb bald darauf. — Die vor einiger Zeit in Angriff ge nommenen Fundamentarbeiten zum König Albert-Denkmal auf dem Schloßplatze vor dem neuen Ständehaus sind ziemlich weit gediehen, adaß man den Denkmalsbau jetzt mit einem Brettergehäuse umgeben hat. Wie verlautet, oll das Denkmal am 23. April, als den Geburtstage d s verstorbenen Königs Albert in eierlicher Weise enthüllt werden. Das vom Bildhauer Baumbach in Charlottenburg zu Lebzeiten Königs Albert nach dem Leben ge- chaffene Reiterstandbild befindet sich gegen wärtig noch in der Kuppelhalle des städtischen Ausstellungspalastes, wird aber demnächst von Port, in einzelne Teile zerlegt, nach dem Postamente überführt werden. — Die Staatsanwaltschaft verhaftete einen Beamten der Deutschen Bank wegen BetrugS- verdachts. — Die dritte Strafkammer verurteilte die 23 Jahre alte, bisher unbescholtene Dienstperson Bertha Alma Großmann, gebürtig aus Medingen bei Radeburg, wegen Diebstahls, begangen als Dienstperson bei der Gasthofsbesitzerin Sternitzky m Reichenberg bei Moritzburg, zu einer sechs monatigen Gefängnisstrafe. — Herr Generaldirektor Förster hat für aus dem Krankenhause Friedrichstadt entlassene Frauen der Stadt ein Geschenk in Höhe von 2 800 Mk. gemacht. Weinböhla. Selbstmord durch Vergiften verübte am Mittwoch ein in der hiesigen Geflügelzuchtanstalt bedienstetes 22 jähriges Mädchen aus Ungarn in ihrer Wohnung auf )er Meißner Straße Nr. 37. Sie löste zu diesem Zwecke den Phoöpaor von acht Slreich- zölzchenpäckchen auf; halb bewußtlos wurde sie n das ländliche Krankenhaus zu Meißen über- ührt, wo sie aber bald darauf verstarb. Liebeskummer scheint die Ursache dieser traurigen Tat zu sein. Königsbrück. Se. Exzellenz der Herr Kriegsminister von Hausen weilte wiederum zur Besichtigung des neuen Truppenübungs platzes in Königsbrück. In seiner Begleitung pefanden sich die Herren Generalmajor Bartcky, Oberst Bierling, Hauptmann Richter und der persönliche Adjutant des Kriegsministeriums, Hauptmann v. Dambrowski. — Ein beklagenswertes Unglück hat sich am Freitag morgen in der achten Stunde in Königsbrück ereignet. Auf dem Bahnkörper nahe dem alten Chauffeehause an der Straße Königsbrück-Laußnitz hat sich der Ofenfabrik arbeiter Friedel von hier überfahren lassen und wurde auf der Stelle getötet. Der Genannte war vor dem Unfall vom Zugspersonal, das mit Rangiereu beschäftigt war, in der Nähe des Bahnkörpers bemerkt worden. In dem Augenblick, als der rangierende Zug hielt, um Wagen zurückzudrücken, ist F. unbemerkt zwischen die Wagen auf das Gleis gekrochen und überfahren worden. DaS Zugpersonal trifft keine Schuld. Die Tat scheint vorsätzlich und in einem Anfälle geistiger Depression ge schehen zu sein, denn vorher hat F. den Posten an den Baracken um Ueberlaffung einer scharfen Patrone ersucht. Unzutreffend ist die Annahme, die Tat sei wegen einer anhängigen Strafsache geschehen, da diese Sache eine andere Person gleichen NamenS betrifft. Der Un glückliche ist erst seit etwa Jahresfrist ver heiratet und hinterläßt Frau und ein Kind. Leipzig. Der Pferdehändler Glauche ward am 10. d. M. in einem Restaurant am Brühl von dem Kellner Paul Stange, mit welchem er in Differenzen geraten war, durch ein ihm an den Kopf geworfenes Bierglas schwer ver letzt und ist jetzt verstorben. Sein Gegner kam wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgange in Untersuchung. Voigtsdorf bei Sayda. Hier herrscht seit einiger Zeit ziemliche Aufregung. In der Gemsindekaffe sollen Unregelmäßigkeiten vor gekommen sein. Auch hat sich, wie verlautet, per Gemeinde-Kassierer, Herr Baugewerke Tröger, unter Mitnahme ziemlich beträgtlicher Summen und unter Zurücklassung seiner Familie im mittellosem Zustande nach der Schweiz geflüchtet. Hainichen. Die hiesige alte Stadtkirche welche abgetragen werden soll, wird, um das feste Mauerwerk niederlegen zu können, gesprengt werden. Zu diesem Zwecke trifft ein Kommando vom I. Pionier-Bataillon Nr. 12 aus Dresden hier ein. Falkenstein. Der Talsperrenbau im Geigenbachtale bei Poppengrün, der von der Stadtgemeinde Plauen ausgeführt wird, wird auch während der Wintermonate gefördert. Wenn die Anlage ffertig ist, wird der Weiher im stände sein, 3 300000 Kubikmeter Wasser aufzunehmen. Vom Bahnhof Bergen ist nach dem Geigenbachtale von der Firma Liebold und Ko in Dresden eine 3 Kilometer lange Schmalspurbahn zur Beförderung der Bau materialien erbaut worden. Das ganze Geigen bachtal wird später in einen mächtigen See umgewandelt werden, Zwickau. Hier kam ein 13 Jahre alter Schulknabe wegen Urkundenfälschung zur An zeige. Der Bursche hatte im vorigen Monat mehrere Tage die Schule geschwänzt und seinem Lehrer ohne Vorwiffen seiner Eltern einen un befugt mit dem Namen seiner Mutter von ihm unterzeichneten Entschuldigungszettel zugeschickt. Plauen i. V. Vom hiesigem Landgericht sind wegen Verbrechens gegen Z 218 des Slr.-G.-B. (Verbrechen wider das keimende Leben) verurteilt worden der 27 Jahre alte Konditor Hinkeldey in Ellefeld zu einem Jahr acht Monaten Gefängnis, die Korsettarbsiterin Rosa Spränge in Oelsnitz, der Ziegeleiarbeiter Fickert in Unterreichenau bei Pausa und der Bäckermeister Schweigert in Oelsnitz zu je einem Monat Gefängnis, das Mustermädchen Ida Schmidt in Plauen und die Fabrikbesitzersehe frau Muck in Oelsnitz zu je drei Monaten Gefängnis. Gegen den Konditor Hinkeldey, den Hauptschuldigen, schwebt noch ein weiteres Verfahren wegen mehrerer gleicher Fälle. Er hatte einen schwunghaften Handel mit dem Gehrimmittel, daß dem verbrecherischen Zwecke diente, betrieben. Die Aufdeckung des Ver brechens war einem Zufall zuzuschreiben. Die Ellefelder Gendarmerie hatte im Nachbarorte Winn eine Haussuchung wegen eines Diebstahl vorgenommen, dabei entdeckte sie bei dem Mädchen, daS früher bei Hinkeldey in Diensten stand, das fragliche Geheimmittel. Das Mädchen wurde nach der Bezugsquelle gefragt und man kam somit dem verbrecherischem Treiben auf die Spur. Im ganzen sind etwa 50 Personen, die mit Hinkeldey in Verbindung gestanden, unter Anklage gestellt. — Die beiden früheren Kassierer der organisierten Steinsetzergehilfen in Plauen haben wie sich jetzt herausstellte, sich an der Ortskasse vergriffen und Gelder in ihrem Nutzen ver wandt. Die Organisation beschloß, Strafantrag gegen die beiden unredlichen Kassierer zu stellen. Afls dem Vogtlande. Vom Verein der Lohnschiffchenmaschinenbesitzer wird jetzt mit allem Nachdruck gegen diejenigen Fabrikanten vorgegangen, die unterzählige Schablonen an die Lohnmaschinenbesitzer ausgeben. Erst in den letzten Tagen weilte ein Vertreter ider Königlichen Staatsanwaltschaft Plauen mit dem Vorsitzenden obigen Vereins in Falkenstein, um bei einem Fabrikanten die dem genannten Verein angezeigten unterzähligen Schablonen zu beschlagnahmen. Die Untersuchung wird ergeben, inwieweit den Fabrikanten eine Schuld in dieser Angelegenheit nachgewiesen werden kann. Bad Elster. Die in Leipzig verstorbene verw. Rentiere Beuth hat dem Frauen- und dem Kurverein, dem Augustusstifte und der Bad-Kapelle Vermächtnisse ausgesetzt-