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No. 76. PAPIER-ZEITUNG. 1995 gleichenden Lincrusta-Tapeten, die, ursprünglich englisches Patent, seit langer Zeit von dem Erfinder auf deutschem Boden hergestellt werden und sich von Jahr zu Jahr mehr Eingang verschafft haben. Dieselben sind auch »Relief«-Tapeten und haben gleich den japa nischen Tapeten den Vortheil, dass das Relief nicht verschwindet. Der Grundstoff und das eigentliche Muster sind auf maschinellem Wege hergestellt, während das Kolorit ausschliesslich mit dem Pinsel, und zwar durch Frauenhand gefertigt wird. Wir versprechen uns von diesem Artikel nur etwas in seiner Verwendung als Paneel, in der Behandlung mit massiven Holzleisten; als Tapete für grosse Wand flächen ist die Lincrusta zu schwer. Weitere Konkurrenz-Artikel sind die Anaclypta-Tapeten englischen Fabrikats und die Skytogen-Leder-Tapeten österreichischen Ursprungs. Eine andere Art von Tapete erregte in allemeuester Zeit unser Interesse, und zwar eine in Frankreich fabrizirte Seidenstoff-Imitation. Dieselbe ist in ihrer stoffartigen Wirkung in der einzelnen Rolle das Beste, was wir auf diesem Gebiet gesehen haben; der Artikel ist je doch noch zu neu, um ein Urtheil auf Grund praktischer Erfahrungen fällen zu können. Im vergangenen Jahre sind die deutschen Tapetenfabrikanten zu einem Verein zusammengetreten, um geschlossen gegen Händler vor zugehen, die den Artikel auf Schleuderwegen in den Staub zu ziehen drohen, sowie um Uebergriffen durch einiges Vorgehen zu steuern. Auch bahnt sich eine Vereinigung der Händler an, deren Ziel bisher noch nicht bekannt ist. Briefrecht. Das Urheberrecht an Briefen ist in den Gesetzen der Länder deutscher Zungen nirgends unmittelbar anerkannt. Nur wenn man Briefe als Manuskripte betrachtet, so findet man den Schutz des Urheber rechtes ausgesprochen. Dann entsteht aber die Frage, ob der Brief- Schreiber oder der Empfänger des Briefes diesen Rechtsschutz für sich in Anspruch nehmen kann. Da jedoch nur der individuelle Urheber, der geistige Schöpfer eines Werkes der Literatur und Kunst das Recht besitzt, seine Arbeit zu vervielfältigen resp. vervielfältigen zu lassen, so geht daraus hervor, dass dem Briefschreiber das Urheber recht zusteht. Dieser allgemeine Grundsatz erleidet jedoch sehr oft eine Einschränkung. Die Natur der Briefe ist so vielseitig, der Zweck so verschiedenartig, dass man in vielen Fällen dem Empfänger wird das Recht der Veröffentlichung zusprechen müssen. Sehr oft sind wieder Briefe in einem grösseren biographischen Werke eingereiht, mit zahlreichen Anmerkungen, Erläuterungen usw. versehen, so dass die Veröffentlichung des Briefwechsels gestattet sein muss, weil das Werk in seiner Gesammtheit als eigene geistige Thätigkeit des Heraus gebers anzusehen ist, während die Briefe nur als gesetzlich erlaubte Zitate erscheinen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass an Briefen, welche geeignet sind, Gegenstand des literarischen Verkehrs zu werden, der Schreiber derselben das Urheberrecht besitzt. Es ist dabei gleichgiltig, ob beim Briefschreiben die Absicht der Veröffentlichung vorgelegen hat oder nicht. Ob Briefe als Schriftwerk bezw. als literarisches Erzeugniss angesehen werden können, muss in jedem einzelnen Falle speciell entschieden werden, denn oft enthalten Briefe nur Mittheilungen rein persönlichen Charakters, welche durch die später erlangte soziale Position des Briefschreibers oder durch andere öffentliche Vorgänge erst literarisch werthvoll werden. Würden also Briefe als Manu skripte angesehen, welche durch die Thatsache der Veröffentlichung zum Gegenstand des literarischen Verkehrs gemacht worden sind, so ergiebt sich daraus, dass das Recht der Veröffentlichung innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist vom Briefschreiber oder dessen Erben erworben werden muss, nicht aber der Empfänger der Briefe oder dessen Erben die Veröffentlichung autorisiren kann. Das Eigenthums recht an Manuskripten schliesst noch nicht das Recht der Veröffent lichung in sich. (Vergl. Nr. 61, Seite 1587.) Der rechtmässige Eigen thümer eines Manuskriptes (bei Briefen also der Empfänger derselben) kann aber nicht gezwungen werden, dasselbe behufs Veröffentlichung herzuleihen. Der Empfänger bezw. Adressat von Briefen ist recht mässiger Eigenthümer derselben. Es steht deshalb in seiner Macht, die Veröffentlichung zu verhindern, wenn der Briefschreiber sich keine Kopieen der Briefe zurückbehalten hat; besitzt er aber solche Kopieen, 1 so kann der rechtmässige Besitzer der Briefe — der Adressat — gegen . die vom Briefschreiber veranstaltete Veröffentlichung nichts einwenden. ; Indem das Eigenthumsrecht an Briefen durch das Urheberrecht < beschränkt ist, kann das Verfügungsrecht des Eigenthümers auch 1 noch weitere Beschränkungen erleiden. Der Kaufmann z. B. ist ver- . pflichtet, die erhaltenen Handelsbriefe, der Advokat die von der Partei s an ihn gerichteten Briefe eine gewisse Zeit aufzubewahren. Die amt- 1 liehe Korrespondenz der Staatsbehörden mit den einzelnen Beamten t ist und bleibt Eigenthum des Staates; die geschäftlichen Briefe eines { Handlungshauses an seinen Bevollmächtigten bleiben Eigenthum des ( , Handlungshauses und müssen auf Verlangen zurückgestellt werden, t Die Korrespondenz eines Notars, der seiner Stelle verlustig erklärt . worden ist, ist ein integrierendes und von dem Notar nicht zu bean- - spruchendes Zubehör des Notariatsbureaus. Obwohl die Mehrzahl der vorstehenden Beschränkungen des i Eigenthumsrechtes an Briefen nur durch österreichische und franzö- , sische Gerichtsentscheidungen ausgesprochen worden sind, so ist doch s nicht daran zu zweifeln, dass vorkommenden Falles auch die deutsche i Gerichtspraxis in demselben Sinne entscheiden würde. j Erst wenn dem Adressaten oder dessen Bevollmächtigten der Brief ausgefolgt worden ist, verliert der Absender sein Eigenthums- i recht daran. Dies spricht auch der Weltpostvertrag aus. Ueber einen . der- Post übergebener: Brief kann der Absender auf seine Kosten so ■ lange verfügen, als derselbe nicht an den Adressaten ausgefolgt ist. . Nur der Absender, nicht aber der Adressat, erhält die Entschädigung i für den Verlust eines eingeschriebenen Briefes. Die Wahrung des Briefgeheimnisses ist nirgends unbe dingt ausgesprochen; §§ 299, 354 und 358 des Str.-G-B. setzen zwar Strafen gegen unbefugtes Oeffnen von Briefen fest, die Straf gesetzgebung aller Länder lässt aber in gewissen Fällen die Beschlag nahme von Briefen zu. Im Zivilprozesse ist es jeder Partei gestattet von empfangenen Briefen zur Wahrung ihrer Interessen Gebrauch zu machen. Schwieriger wird die Entscheidung, wenn es sich um Briefe handelt, welche an dritte Personen, die am Prozesse nicht be- theiligt sind, gerichtet worden sind. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass, wenn der Inhalt der Briefe im schriftlichen Verfahren dem Gerichte bekannt gegeben wird, dies nicht als Veröffentlichung ange sehen werden kann. Im mündlichen Verfahren ist die Möglichkeit vorhanden, durch Ausschluss der Oeffentlichkeit das Bekanntwerden der Briefe zu verhindern. Die französische Gerichtspraxis achtet sehr darauf, dass vertrauliche Briefe nicht der Oeffentlichkeit preis- gegeben werden, und es ist wahrscheinlich, dass dieser Rechtsbrauch vorkommenden Falles auch anderswo Nachahmung findet. (v. Biedermann, Recht für Urheber usw.) Neuheiten. Unter dieser Ueberschrift werden alle von Beziehern der Papier-Zeitung eingesandten Muster und Erzeugnisse der Papier- und Schreib waaren-Industrie, welche Neues oder Bemerkens- werthes bieten, kostenfrei besprochen. Papier-Ausstattung. Von der Firma Brettschneider & Gräser in Berlin S. W., Beuthstrasse 1, empfingen wir eine reich haltige Zusammenstellung von Proben ihrer diesjährigen Papieraus stattungs-Neuheiten, welche vermöge der geschickten Art, wie sie den verschiedensten Ansprüchen gerecht zu werden suchen, einen günstigen Eindruck machen und freundliche Aufnahme im Papier- waarenhandel erwarten lassen. Die einfachsten Ausstattungen sind diejenigen von 5 Briefbogen und 5 Umschlägen in einer mit Farben oder Farben- und Golddruck verzierten Hülle. Solche Zusammen stellungen, deren Verkaufspreis 10 bis 20 Pfennige beträgt, werden von Dienstmädchen, »kleinen Leuten« und Kindern viel gekauft; bei ihnen muss es »die Masse« bringen. Eine andre, bereits reicher ausgestattete Gruppe besteht aus Schachteln mit Ueberzügen in Farben steindruck, mit je 25 Briefbogen und Umschlägen, die nach Wahl mit kleinen Blumenvignetten oder mit Monogrammen verziert bezogen werden können. Die Prägverzierungen sind hübsch gezeichnet und sauber ausgeführt. Eine dritte Gruppe umfasst die Briefausstattungen feinerer Art. Hier finden sich Briefpapiere von feinstem Stoff mit geschmackvollen, reich ausgeführten Verzierungen. Die Schachteln sind mit vorstehenden Boden- und Deckelplatten versehen, haben komplizirtere Einrichtungen und sind mit zarten, modefarbigen Phantasiepapieren überzogen. Hierher gehören u. a. die nachstehend beschriebenen Schachteln: »Frohe Botschaft«; sahnfarbiges Papier mit gemalten Schwalben bildern, Umschläge mit breiten bogigen Klappen, Schachtel mit zart- bläulichem, fein gauffrirtem Papier überzogen. Vergissmeinnicht ; zartgrünes, stark geglättetes Papier mit zarten, durch Prägung er zielten Vergissmeinnichtblüthen; Briefumschläge mit breiten, stumpf winkligen Klappen, Schachtel mit Vergissmeinnicht-gemustertem Chromopapier überzogen; auf dem Deckel ein Doppelkärtchen mit Inschrift »Vergiss mein nicht« Eine ähnlich geformte, aber mit blass gelbem Papier überzogene und mit Atlasbändern verzierte Schachtel enthält feine gelbliche Briefbogen nebst Umschlägen, hübsch verziert mit gut wiedergegebenen Marschall Niel-Rosen. Eine Schachtel mit Hochgebirgslandschaft auf dem Deckel enthält Briefbogen und Um schläge mit Alpenlandschaften und Alpenblumen, insbesondere Edel weiss, Almenrausch und Alpenveilchen. In der Schachtel »Rosen aus dem Süden« sind die Briefbestandtheile mit Rosengewinden geschmückt, welche bei den Briefbogen in etwa 2 cm Entfernung vom oberen Rande, gewissermaassen als Kopfleiste, querüber laufen,