Volltext Seite (XML)
No. 66. Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme, Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Eingesandte Werke finden Besprechung. Drahtheftung. Beim Heften mit Draht können mancherlei Uebelstände zu Tage treten, welche den Werth dieser Technik bedeutend verringern, wenn nicht dagegen gehörige Vorsorge getroffen wird. Vor allem ist die Ver wendung zu dünnen und schwachen Drahtes bedenklich, besonders wenn es sich bloss um das Heften von Zeitungsblättern handelt. Die Folge davon ist, dass sich die hergestellten Drahtklammern beim Gebrauch der damit gehefteten Zeitung sein’ leicht aufbiegen und so ihren eigentlichen Zweck nicht erfüllen. Dass man sich daran sogar verwunden oder die Zeitung damit zerreissen kann, ist bekannt. Die Verwendung einigermaassen genügender Drahtstärke liesse diesen vielfach zu Tage tretenden Uebelstand vermeiden, aber selbstver ständlich ist der stärkere Draht auch etwas theurer, und dessen Ver arbeitung mit der Drahtheftmaschine erfordert mehr Kraftaufwand. Deshalb sehen wir die Verwendung schwachen Drahtes zum Heften immer mehr überhand nehmen, und damit wird auch leider das An sehen dieses an sieh vorzüglichen und einfachen Heftverfahrens ge mindert. Gerade beim Heften von Zeitungen und kleineren Druckschriften tritt der Uebelstand des zu dünnen Heftdrahtes besonders hervor, weil hierbei die Drahtklammern auch mehr zugänglich sind, während sie bei eigentlichen Büchern im Rücken versenkt liegen. Bei letzteren kann sogar unter Umständen die Verwendung dünneren Heftdrahtes angezeigt erscheinen, insoweit dadurch die Haltbarkeit nicht ver mindert und ausserdem der Blattrücken dann weniger drahtsteif wird. Im allgemeinen treten aber die nachtheiligen Eigenthümlichkeiten der Drahtheftklammer um so mehr hervor, je dünner und schwächer der dazu verwendete Draht ist. Bei stärkerem Heftdrahte ist. es ziemlich gleichgiltig, ob der Rücken der Heftklammern und ebenso ob die beiden umgebogenen Enden derselben kürzer oder länger er scheinen, und ob die letzteren einander berühren oder nicht, aber bei Verwendung sehr dünnen und biegsamen Heftdrahtes ist dies keines wegs gleichgiltig, sondern hier kann unter Umständen die Form des Drahtes und seine zweckentsprechende Biegung manches verbessern oder verschlechtern. Bei sehr dünnem Draht sind beispielsweise ein längerer Rücken der Heftklammer, sowie längere innere Enden der selben keineswegs vortheilhaft, da grössere Länge der Drahttheile deren Auf- und Verbiegen fördert. Hier muss man vielmehr durch knappe Kürze der Klammer eine gewisse Steifheit zu erzielen suchen. Die inneren umgebogenen Heftdraht-Enden dürfen aber auch nicht gar zu kurz sein, weil sie bei dünnerem Draht sonst leicht zurück sehlüpfen. Bei zu grosser Länge biegen sie sich leicht auf. Es wäre am besten, wenn man stets die umgebogenen innern Enden der Klammer genau bis dicht aneinander reichen liesse, so dass hierdurch eine Art Schluss erzielt würde. Bei dünnerem Drahte kommt es leicht vor, dass beim Abkneifen der Klammerstücke die Drahtenden selbst etwas umgebogen oder ab geschrägt werden, was dann das richtige Heften erschwert und beim Gebrauch Hängenbleiben und Aufreissen befördert. Man ersieht aber aus dem eben Angeführten zur Genüge, dass sich bei Verwendung zu dünnen und schwachen Drahtes manche Uebelstände ergeben, die bei Anwendung genügend starken Heftdrahtes von vornherein gar- nicht zur Erscheinung kommen. Was die Drahtheftmaschinen selbst betrifft, so sollten sie stets derart gebaut sein, dass man imstande ist, ebensowohl die Draht klammern selbst, als auch deren umgebogene Enden beliebig lang, sowie auch beliebig nahe aneinanderstossend zu machen, wodurch die beste Wirkung erreicht wird. R. Fach winkel Im Ersinnen von Vorrichtungen zur Erhaltung guter Ordnung in Titelschriftkästen überbieten sich gegenwärtig die typographischen Erfinder. Albert Stolzenwald, der im Jahre 1889 seine »Stachel spatien« auf den Markt brachte, (Jahrg. 1889, Seite 721) und damit guten Erfolg erzielte, ersetzte dieselben bald darauf durch die aus Blechstreifen gebogenen »Schriftordner« (Jahrg. 1890, Seite 1720). Reinhardt & Bohnert in Leipzig und die Aktiengesellschaft für Schrift giesserei und Maschinenbau in Offenbach boten eine Klemmvorrichtung, den »Zeilenhalter«, bestimmt, die nach links geschobene Zeile fest zuhalten, (Jahrg. 1891, Seite 839), und Ignaz Fuchs in Prag, brachte erst kürzlich den »Fächerbildner« (Jahrg, 1891, Seite 1563) auf den Markt. Jetzt tritt Albert Stolzenwald wieder auf, erklärt seine beiden ersten Vorrichtungen für mangelhaft und bietet unter dem Namen »Fachwinkel eine dritte, welche nunmehr allen Anforderungen entsprechen soll. Der Fachwinkel Fig. 1 ist ein rechtwinklig gebogenes Stück verzinntes Stahlblech von Reglettenhöhe, dessen einer Schenkel der Kegelstärke der betreffenden Schrift entspricht und mit zwei Stacheln besetzt ist, während der andere etwa 27 mm lang ist. Die Winkel stücke Fig. 1 werden beim Einsetzen der Titelschriften so eingefügt, wie Fig. 2 zeigt Der kurze Schenkel wird links gegen die Seiten- leiste des flachen Titelschriftkastens gedrückt, dann werden auf den längeren Schenkel soviel Buchstaben gestellt, dass noch ein Stück von 3 bis 6 mm freibleibt, und auf dieses freibleibende Stück setzt sich der nächste Winkel auf. Alle Winkel stehen somit ein wenig schief, und ihre grösseren Schenkel ruhen, wie Fig. 3 zeigt, dachziegel- förmig über einander. Ein Doppelwinkel schliesst die Zeile ab. Der Vortheil dieser Anordnung besteht darin, dass man die Grösse der Fächer genau der Buchstabenbreite anpassen kann, also nicht ge- nöthigt ist, wie dies bei den »Schriftordnern« unvermeidlich war, einen Theil der feststehenden Gefachungen, in welche der letzte Buchstabe nicht mehr ganz hineingehen wollte, freizulassen. Die Fachwinkel gestatten demnach dieselbe Raum-Ausnutzung wie die Stachelspatien, während bei den systematisch eingetheilten Fächerbildnern« und »Schrift- Ordnern« gelegentlich Raum verloren geht. Allzuhoch wird man freilich diesen Vortheil nicht anschlagen dürfen, denn wenn der Kasten erst einmal tüchtig ausgefuchst wurde, muss sich die Stellung der Buch staben beim Ablegen sofort verändern, und der alte Uebelstand ist wieder da. Für die Entfernung der einzelnen Fachwinkel von einander ist beim Einstellen derselben Folgendes zu berücksichtigen: 1) Ein frei stehender Buchstabe darf sich wohl schräg zur Seite neigen, jedoch nicht Umfallen; 2) ein schräg liegender Buchstabe darf nicht mit der scharfen Umrisskante seiner zarten Bildfläche die Fachscheidewand be rühren ; 3) der betreffende Buchstabe muss selbst in gesenktester Stellung noch dem Auge des Setzers erkennbar sein; 4) der Buchstabe muss stets bequem mit den Fingern zu erfassen sein. Der erforder'iche Spielraum im Fach wird am besten dadurch erzielt, dass man beim Einstellen zwischen die Buchstaben jedes Fachs ein überschrifthohes Pappspatium steckt, das wieder heraus gezogen wird, wenn die Zeile voll ist. Bücherabsatz iu Frankreich. Gegenüber der weit verbreiteten Auffassung, dass in Frankreich erheblich mehr Bücher verkauft werden als in Deutschland, erzählt ein Berichterstatter der Voss. Ztg. eine Reihe von Fällen, welche gerade das Gegentheil zu erweisen scheinen. Es giebt, so heisst es dort, zehn odeor zwölf Schriftsteller, deren Werke gut gehen, das heisst, in mehr als 15 000 Exemplaren abgesetzt werden. Von allen anderen werden höchstens 150 oder 200, oft nicht einmal 50 Exemplare an den Mann gebracht. Ein Prachtwerk, das vor einem Jahr erschien, kam von den Buchhändlern vollzählig, bis auf ein einziges Exemplar, zum Verleger zurück, und es ist nicht sicher, ob das eine fehlende Exemplar verkauft wurde oder verloren ging. Von einem Buche, das einen hervorragenden Kunstgeschichts schreiber zum Verfasser hat und mit ausgezeichneten Bildern ge schmückt ist, wurden in sechs Monaten 20 Exemplare abgesetzt. Wissenschaftliche Bücher gehen noch, allerdings sehr viel mehr dank der ausländischen als der inländischen Kundschaft: aber von schön-