Volltext Seite (XML)
Prüfung der Leimfestigkeit des Papiers. Von Osw. Schluttig und Dr. G. S. Neumann, (Schluss zu Nr. 60.) IV. Prüfungsmethode. Das zu untersuchende Papier wird in Blätter von etwa Viertel bogengrösse, also ungefähr 165 zu 210 mm Seitenlange, geschnitten. Es ist nicht nöthig, dass alle Blätter genau gleich gross sind, es empfiehlt sich aber sehr, besonders wenn viele Prüfungen vorzunehmen sind, eine bestimmte Grösse für alle Proben innezuhalten. Von Brüchen u. dergl. muss das Papier selbstverständlich frei sein. Das rechtwinklig geschnittene Papierblatt wird nun auf einer unter 60° geneigten glatten und harten Unterlage derart befestigt, dass die kürzere Seite waagerecht zu liegen kommt. Als Unterlage dienten uns anfangs Glasplatten, welche auf einem passenden Gestell ruhten. Das Papier wurde darauf durch eiserne, unten belederte flache Backen, die um ein Charnier drehbar waren, längs der Seiten festgeklemmt. Später aber wählten wir folgende einfachere Vorrichtung, die sich auch besser bewährt hat. Zwei glatt gehobelte Bretter aus weichem Holz stossen mit den Längsseiten derart aneinander, dass sie ein Dach bilden, welches auf einer horizontalen Unterlage, einem Tisch z. B., unter Winkeln von 60° aufliegt. Auf dem Brette befestigt man das Papierblatt mit Hilfe von Beisszwecken, die völlig in das Holz eingedrückt werden müssen, an allen vier Ecken, ohne es dabei zu spannen, aber so, dass es voll kommen glatt liegt. Die kürzere Seite des Blattes ist parallel zur oberen Kante des Daches und 20 mm von ihr entfernt. Längs der letzteren befindet sich auf dem Holze eine Centimeter-Eintheilung. Nun legt man auf das Dach ein Gestell aus starkem Metallblech auf, das in Figg. 1 und 2 abgebildet ist. Dasselbe hat den Zweck, dem später zu beschreibenden Glasröhrchen als sichere Führung zu dienen. Fig. 1. Fig. 2. Es besteht aus einem Metallblech das um die Kante l c soweit um gebogen ist, dass die vordere Fläche mit der hinteren einen Winkel von 60° bildet. Auf ihm ist mittels der Streben d und e die Rinne f befestigt, welche gegen die vordere Fläche a um 45° geneigt ist. Dieses ganze Gestell lässt sich auf dem Dache bequem und sicher hin- und herschieben und an den Enden b und c auf die Centimeter-Eintheilung einstellen. Das Abmessen der Eisen- und Tanninlösung geschieht mit Hilfe eines Glasröhrchens von 3,5 mm lichter Weite und etwa 250 mm Länge. Das eine Ende ist an den Rändern rund geschmolzen, das andere bleibt scharfkantig; 62 mm von letzterem, dem unteren Ende, entfernt befindet sich eine Marke. Sehr wichtig ist, dass die Glasröhre voll kommen gerade und am unteren Ende glatt rechtwinklig abge schnitten ist. Nun saugt man das Röhrchen bis zur Marke mit der Eisen lösung voll, legt es in die Rinne des Gestells, so dass es mit dem unteren Ende das Papierblatt drei Centimeter vom linken Rande berührt, und lässt die Lösung auf dem Papier herunterfliessen. Hierdurch bildet sich der Strei fen 1 (Fig. 3). Darauf verschiebt man das Gestell 3 cm nach rechts, lässt die gleiche Menge Eisenlösung wieder herunterfliessen, so dass der Streifen 2 entsteht, und wiederholt diese Prozedur Fig. 3. noch einmal, um 3 cm weiter rechts einen dritten Streifen hervor zubringen. Beim Herauspipettiren der Eisenlösung muss man darauf sehen, dass keine Luftblase in das Glasröhrchen gelangt. Diese würde auf dem Streifen hängen bleiben und veranlassen, dass sich das Eisen chlorid an dieser Stelle ungleichmässig ablagert. Hat man sie aber etwa übersehen, so kann man sie auf dem Streifen noch dadurch unschädlich machen, dass man sie sofort nach dem Herabfliessen der Lösung mit einem reinen und trockenen, spitzigen eisernen Gegenstand (Nagel, Messer oder dergl.) berührt. Hierbei zerplatzt sie augenblicklich und lässt die Flüssigkeit ungehindert ablaufen. Vorsichtshalber wird man sieh jeden Streifen sofort nach seiner Bildung genau ansehen, um noch rechtzeitig ein etwa vorhandenes Bläschen entfernen zu können. Bei diesem Verfahren gleitet über das Papier bedeutend mehr Flüssigkeit hinweg, als darauf haften bleiben kann. Man sieht, dass sie auf dem eben gebildeten, noch feuchten Streifen beständig herunter rinnt, bis ein Gleichgewichtszustand zwischen der Neigung der Lösung, die schiefe Ebene herunterzufliessen, und ihrer Adhäsion am Papier eingetreten ist. Das Ganze vollzieht sich allerdings innerhalb weniger Sekunden. Die auf dem Streifen haften bleibende Menge Eisenchlorid ist indessen längs desselben nicht konstant. Sie ist oben (am Anfang) am geringsten und nimmt nach unten zu, in demselben Sinne, wie früher beim Typus für Eisengallustinten beschrieben. Da sich aber alle Streifen unter genau den gleichen Bedingungen bilden, so ist diese Zunahme in allen Fällen nach derselben Richtung hin gleich gross. Der Kopf des Streifens ist nach Verlauf von etwa einer halben Minute trocken, das Eintrocknen schreitet dann von oben nach unten weiter und ist nach 4—5 Minuten vollendet, abgesehen von einem Tropfen, der zuweilen am unteren Rande des Blattes hängen bleibt. Dieser wird einfach mit Fliesspapier aufgesaugt, denn bei der Prüfung kommt der untere Theil des Streifens garnicht in Betracht. Da längs des Streifens die Eisenchloridmenge nach unten zu nimmt und gleichzeitig um so später trocken wird, je weiter sie vom Anfang entfernt ist, so wird sie in demselben Sinne auch immer stärker in das Papier eindringen: am Kopfe nur wenig, am Ende aber sehr kräftig. Man kann daher an einem einzigen Streifen das Ver halten einer ganzen Reihe verschieden scharfer Tinten beobachten, deren Neigung zum Durchschlagen ganz allmälig von sehr gering bis sehr bedeutend zunimmt. Die mittleren Theile des Streifens, welche etwa 7 cm vom Kopfe entfernt sind, entsprechen der durch schnittlichen Schärfe unserer besseren Tintensorten, die den Kopf bildenden aber repräsentiren • diejenigen Tinten, welche selbst auf dünnen Papieren nur ganz wenig durchschlagen. Ist das Papier ungeleimt oder nicht leimfest, so dringt das Eisen chlorid längs des ganzen Streifens, vom Kopfe an, völlig durch, ist es leimfest, so findet ein Durchschlagen entweder garnicht oder erst am unteren Ende statt. Wie weit das Eindringen der Eisenlösung in das Papier an den verschiedenen Stellen des Streifens nach Ablauf einer bestimmten Zeit vorgeschritten ist, wird nun mit Hilfe der Tanninlösung sichtbar ge macht. Das geschieht in allen Fällen genau 15 Minuten nach Bildung des dritten Eisenchloridstreifens. Das Papierblatt wird kurz vorher abgenommen, umgewendet und derart wieder aufgezweckt, dass die Eisenchloridstreifen waagerecht Entfernung des Blattes vom oberen Rande des Daches ist so zu wählen, dass das Glas röhrchen mit der Tannin lösung wenige Millimeter über dem oberen Rande des dritten Eisenchloridstreifens auftrifft, so dass die Tannin streifen die Eisenstreifen kreuzen, wie Fig. 4 zeigt. Ist das Papier so wenig durch lässig, dass man die Eisen chloridstreifen nicht einmal durchschneiden sieht, so sticht man, um die Lage des dritten derselben anzugeben, mit einer Stecknadel 2—3 mm oberhalb seines Kopfes ein Loch: Befindet sich das umgewendete Blatt in der richtigen Lage, so lässt man die Tanninlösung, die mittels eines zweiten, gleich grossen Glasröhrchens herauspipettirt wurde, so herabfliessen, dass Streifen 4 entsteht, welcher die Köpfe der Eisenchloridstreifen kreuzt. Ist das Papier nicht leimfest, so findet das Tannin das Eisenchlorid bereits auf der Rückseite vor und bildet mit ihm innerhalb weniger Augenblicke (5—15 Sekunden) an allen drei Kreuzungsstellen die von rechts nach links verlaufen. Die Fig- 4.