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No. 59. PAPIER-ZEITUNG. 1533 II. Grundsätze für die Prüfung. Aus vorstehender Uebersicht über die bisher vorgeschlagenen Methoden ergiebt sich zunächst, dass keine derselben Willkürlichkeiten seitens des Prüfenden ausschliesst. Bei allen kann es vorkommen, dass zwei verschiedene Beurtheiler zu verschiedenen Ergebnissen ge langen. Diese Möglichkeit stellt aber ihre Brauchbarkeit für die Praxis von vornherein in Frage. Die mit ausserordentlicher Sorgfalt ausge führten Versuche Schubert’s führen uns aber nicht allein diese Mängel vor Augen, sondern lehren zugleich, dass auch alle Bemühungen, bei der Prüfung der Leimfestigkeit auch die Stärke des Papiers in ein wandfreier Weise zu berücksichtigen, vergeblich waren. Denn erstens weist Schubert nach, dass der Post’sche Vorschlag hinsichtlich der Beziehung zwischen Zeitdauer der Einwirkung und Stärke des Papiers auf falschen Voraussetzungen beruht, wodurch auch Lamer's Annahme bezüglich der verschiedenen Breite der Striche hinfällig wird, und zweitens geht aus seinen Ausführungen, wie auch aus der Nicht veröffentlichung der Tabelle hervor, dass es ihm selbst nicht gelungen sein kann, der Methode eine so einfache und einwandfreie Form zu geben, dass sie bei genügender Schärfe für die Praxis brauchbar ist. Je grösser die Anzahl der Faktoren ist, von deren Berücksichti gung die Richtigkeit der Resultate eines Prüfungsverfahrens abhängt, um so gekünstelter und gezwungener wird sein Aufbau und um so un sicherer sein Ergebniss. Dass man die Prüfungsbedingungen je nach der verschiedenen Stärke der Papiere, gemessen durch das Gewicht der Flächeneinheit, abändert, dass man damit also verschieden hohe Anforderungen an sie stellt, halten wir aus mehreren Gründen nicht für richtig. Wir nennen ein Papier leimfest, wenn gute Tinte auf ihm weder breitläuft noch durchschlägt. Wie man prüfen kann, ob eine Tinte »gut» ist, haben wir an anderer Stelle ausführlich beschrieben Wovon hängt nun die Leimfestigkeit des Papiers — abgesehen von der Be schaffenheit der jeweilig benutzten Tinte — ab? Eine kurze Ueber- legung lehrt, dass hierauf von Einfluss sind: 1) die Beschaffenheit der Papierfasern, 2) die Art und Stärke der Leimung, 3) die Menge und Natur der Füllstoffe, 4) die Dichtigkeit der Fasern; 5) die Dicke, 6) die Feuchtigkeit, 7) die Temperatur des Papiers. Vielleicht könnte man auch noch mehr Faktoren nam haft machen. Der bisher allgemein unter »Leimfestigkeit« verstandene Begriff ist demnach in diesem Sinne zu erweitern. Die genannten Faktoren sind aber bei den mannigfaltigen Papieren so verschieden, dass es unmöglich ist, für. jeden derselben Tabellen auszuarbeiten, wie Schubert es für das Gewicht und die Temperatur gethan hat. Wenn man aber diese beiden berücksichtigte, so musste man naturgemäss auch die anderen mit in Rechnung ziehen! Das erforderte für jeden einzelnen Fall eine vollständige Untersuchung des betreffenden Papiers; — eine grössere Umständlichkeit könnte man sich wohl nicht denken! Im täglichen Leben interessirt den Schreiber doch lediglich die Beantwortung der Frage: schlägt gute Tinte auf vorliegendem Papiere stark durch, schwach oder garnicht? Er fragt einzig und allein da nach, welche Gesammtwirkung hinsichtlich der Durchlässigkeit die oben genannten sieben Faktoren hervorbringen, und beurtheilt ver schiedene Papiere durch die von ihm vorgenommene Schreibprobe nach dieser an ihnen bemerkbaren Gesammtwirkung. Und hat er die Wahl zwischen zwei Papieren und findet beispielsweise, dass seine Schriftzüge auf der Rückseite des ersten Papiers weniger sichtbar sind als auf der zweiten, so wird er sich für das erste entscheiden, ohne sich darum zu kümmern, welches von den beiden schwerer ist. Ein technisches Prüfungsverfahren soll die Antwort auf jene Frage klar, scharf und unter Ausschluss jeder Willkürlichkeit ertheilen, ohne besondere, in der Wirklichkeit garnicht in Frage kommende Beschrän kungen (und Hinterthürchen) hereinzuziehen. Letzteres ist aber der Fall, wenn man an ein stärkeres Papier höhere Anforderungen stellt, als an ein schwächeres, was, streng genommen, ersterem gegenüber eine Ungerechtigkeit ist. Die Prüfungsweise muss im Gegentheil für alle Papiere unter allen Umständen ganz gleich sein, dafür aber derart, dass ihr Ergeb niss die Ueberiegenheit der besseren Papiersorte über die geringere getreu und scharf zum Ausdruck bringt. Das ist aber bei den bisher vorgeschlagenen Methoden nicht der Fall. Sie gestatten nur zu unterscheiden zwischen leimfest und nicht leimfest, nicht aber auch unter den leimfesten Papieren zwischen den jenigen, welche ausserordentlich leimfest sind, bei denen also selbst dick mit Tinte beladene Linien auf der Rückseite nicht sichtbar sind, und denjenigen, welche nur gerade genügend leimfest, demnach, , wesentlich geringwerthiger sind als erstere. Diese Unterscheidung I ist aber im Interesse der besseren Sorten, z. B. der Kanzleipapiere wünschenswerth, denn es entspricht nicht ihren Vorzügen, wenn sie •bezüglich der Leimfestigkeit in dieselbe Kategorie gestellt werden, wie z. B. die dünnen und billigen Sorten der Postpapiere. Wir möchten der Leimfestigkeit des Papiers seine Widerstands fähigkeit gegen Zerknittern und Reiben an die Seite stellen. Auch hier wird einfach der Grad dieser Widerstandsfähigkeit festgestellt, ohne dass man für verschieden starke Papiere verschiedene Prüfungs methoden hat. Einen weiteren Vergleich zwischen beiden, wie z. B. hinsichtlich der verschiedenen Faktoren, welche auf sie von Einfluss sind, können wir uns wohl als allzu nahe liegend ersparen. Natürlich muss die Stärke des Papiers auf das Ergebniss der Prüfung den ihr gebührenden Einfluss ausüben können — in dem- selben Maasse, wie es bei derBeurtheilung der Leimfestigkeit im gewöhn lichen Leben durch einfaches Beschreiben mit notorisch guter Tinte der Fall ist. Angenommen nun, man wolle bei der Prüfung die Papier stärke mit in Rechnung ziehen, ist es dann richtig, letztere in allen Fällen durch das Gewicht der Flächeneinheit auszudrücken? Für die Beurtheilung der Leimfestigkeit doch wohl nur dann, wenn die zu ver gleichenden Papiere stofflich nicht wesentlich von einander verschieden sind. Liegen aber verschiedenartig gefüllte Papiere vor, so würde die Rechnung infolge der sehr ungleichen Molekulargewichte der mannig faltigen Füllstoffe falsch sein. Während beispielsweise das spezifische Gewicht des Kaolins zwischen 1,8 und 2,6 schwankt, beträgt dasjenige des Schwerspaths etwa 4,5, also durchschnittlich das Doppelte. Die Benetz barkeit der Füllstoffe spielt natürlich bei der Durchlässigkeit der Papiere gegenüber Tinte eine gewisse Rolle. Diese Andeutungen mögen genügen, um zu zeigen, dass man zu irrtühmlichen Schluss folgerungen gelangt, wenn man sich bei der Leimfestigkeitsprobe nach dem Gewichte des Papiers allein richtet. III. Ausarbeitung des Prüfungsverfahrens. Wir haben uns bei der Ausarbeitung des Prüfungsverfahrens nach dem Verhalten einer grösseren Anzahl der verschiedenartigsten Papiere gegenüber einer anerkannt guten Tinte von bekannter Zu sammensetzung gerichtet. Diese Tinte ist der von uns in der Schrift »Die Eisengallustinten« (S. 70 ff.) beschriebene sogenannte »Typus für Eisengallustinten«, ein ans reinen Materialien bereitetes Präparat von folgender Zusammensetzung auf den Liter: 23,4 g Tannin (rein und trocken) 7,7 „ Gallussäure (kryst.) 30,0 „ Eisenvitriol 10,0 „ Gummiarabikum 2,5 „ HCl. entsprechende Salzsäure 1,0 ., Phenol 1000,0 CC., dem durch Zusatz von 2,2 g bayrisch Blau DSF (Akt.-Ges. f. Anilinfabr. in Berlin) eine blaue vorläufige Färbung verliehen worden war. Ob diese Färbung blau, grün, roth oder schwarz gewählt wird, ist des- ‘halb Nebensache, weil die endgiltige Färbung, welche diese Tinte auf ‘dem Papiere nach einiger Zeit annimmt, infolge ihres dokumentarischen Charakters in jedem Falle tiefschwarz ist Die oben angegebene Zu- sammensetzung ist das Ergebniss einer Untersuchung von 81 Tinten des Handels, deren besten sie in allen Haupteigenschaften entspricht. Wir haben damit also den Lamer'schen Vorschlag der Normaltinte« insofern theilweise angenommen, als wir uns bei Feststellung der Prüfungsbedingungen nach dem Verhalten einer Tinte von bekannter 'Zusammensetzung richteten. Indessen betonen wir, dass wir diesen 'Typus durchaus nicht als eine »Normaltinte«, also das Ideal einer Tinte ansehen, sondern dass er quasi die unterste zulässige Grenze einer Tinte der Klasse I bezeichnen soll. Nach unseren Erfahrungen entspricht seine Neigung zum Durchschlagen dem Mittel der besten Handelssorten von dokumentarischem Werthe und ausgesprochen geringer Schärfe. Wir wissen wohl, dass man Tinten herstellen kann, welche dünne Papiere noch weniger durchdringen als dieser Typus. Allein wir halten es für zweckmässiger, dass man sich nach dem Durchschnitt der jetzt thatsächlich im Gebrauch befindlichen Tinten richtet, als dem Phantom einer Normaltinte nachzujagen, dessen Ver wirklichung vorderhand noch in weitem Felde liegt. (Fortsetzung folgt.) gpagoe cgeeegeeeeeeeeeeeeemeeeeeedemeee 60600 ve Papier-Export-Firmen # wollen sieh wegen Offerte in 53939 X ! Natur-u.farbigen Scip-Papieren $ ; an Gebrüder Müller, Papier-Fabrik, Coswig /..xenden...2