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Aurze Lhrsnik. Der Kaiser und sei« jugendlicher Kollege. NlS der Keiser am WeihnachtSmorgen mit einem seiner Adjutanten seinen gewohnten Morgenspaziergang unternahm, der ihn bis nach Potsdam führte, traf er am Branden burger Tor einige Kinder, die .Kaiser" spielten. Einer von den Knirpsen trug die Husarenuniform, die er zu Weihnachten geschenkt erhalten hatte, und nahm sehr würdevoll auf seinem Steckenpferd reitend, die Parade seiner Spielgenossen ab, von denen der eine einen Helm und einen Säbel, der andere ein Gewehr, der dritte eine Trommel trug, während die anderen mit Papierhelmen und Holzschwertern ausgerüstet waren. Der Kaiser amüsierte sich außerordentlich über die kleinen Burschen, die ihn nicht erkannten und die ihr Spiel nur desto eifriger fortsetzten, als sie die beiden Offiziere kommen sahen. Der Kaiser und sein Adjutant blieben stehen und fragten die Kinder, waS sie da spielten. „Wir spielen Parade", antwortete der Knirps auf dem Stecken pferde, „und ich bin der Kaiser". Der Kaiser lachte außerordentlich über diese Antwort und gab jeden von den Jungen ein blankes Zweimarkstück als Weihnachts geschenk. Uuwetteruachrichte«. Bei der Sturmkatästrophe in Oporto ist auch der der Deutschen Dampfschiffahrts- gesellschaft Nordsee gehörige Dampfer „Sachsen" gestrandet und als verloren zu betrachten, während sich die Mannschaft retten konnte. Der als gestrandet gemeldete deutsche Dampfer „Nestor" gilt auch als verloren, da er auf steinigem Grunde liegt. — Nach Telegrammen der Berliner Blätter aus Madrid und Paris haben die Utberschwemmungen furchtbaren Schaden angerichtet. Am meisten heimgesucht sind die Provinzen Galicia, San tander, Asturia und Zamora, I« Galicia find 21 Dörfer zerstört, in Zamora 100 Fischerboote untergegangen. In Caldela wurden 38 Häuser fortgespült; 700 Boote, die Wein und andere Landesprodukte nach Oporto bringen sollten, sind verloren. In der Straße von Gibraltar sind 2 Dampfer und 2 unbekannte Segelschiffe sowie ein spanischer Schooner untergegangen, die Bemannung ist verloren. Das spanische Postschiff nach den kanarischen Inseln konnte nicht anlegen. Der Schaden im Gebiete von Oporto allein beträgt 80 Millionen Mark. — In New-Jork herrscht starker Schneefall Aller Verkehr stockt, der Schnee liegt stellenweise zwei Meter hoch. Die Ver luste welche die Geschäftswelt erleidet, sind ungeheuer. Auswandererlos. Der von Südamerika kommende Hamburger Dampfer „Rhaetia" traf am Weihnachtsabend mit 86 von allen Mitteln entblößten Deutschen in Hamburg ein, die sich für den Bahnbau Madeira-Mamorä hatten anwerben lassen und die im brasilianischen Sumpf und Urwald an ihrer Gesundheit gelitten haben. 42 dieser unglücklichen Auswanderer wurden nach der Landung wegen schwerer Fiebererkrankung sofort dem Tropenkrankenhause zugeführt. Von den 38 Leidensgenossen, die vor 14 Tagen mit dem Dampfer „Rio Negro" in Hamburg eintrafen, liegen noch 15 Fieberkranke im Hospital. Drei Kinder erstickt. Wie aus Dafsow (Mecklen burg) gemeldet wird, sind dort am ersten Feiertag die drei Kiuder eines Steinschlägers, die von den Eltern allein in der Wohnung zurückgelassen worden, in ihren Betten erstickt, da die Ofenklappen zu früh geschlossen worden waren. Ein schwerer Junge. Aus München wird ge meldet: Am 24. Dezember wurde in einer hiesigen Wirt schaft ein Mann verhaftet, der dabet einen Kriminalwacht meister durch Revolverschüsse schwer verletzte. Nunmehr hat sich herausgestellt, daß der Verhaftete der 22jährige Arbeiter Hermstedt aus Gotha ist, welcher vielfach wegen Diebstahls vorbestraft ist, in Gotha zu 15 Jahren Ge fängnis verurteilt wurde, am 28. Oktober aus dem Ge fängnis zu Gotha in Sträflingskleidern entsprang und seitdem in Gotha, Kassel und Frankfurt und München eine Reihe schwerer Einbrüche verübte. H 7 j13s14s 1 10, 14 5 8 15 19 aX. sO. Musikstück Empfindung weiche Masse Werkzeug Nahrungsmittel Vorname biblischer Prophet Fluß in Deutschland Teil de« Beines Ruhestätte Pflanze Rätsel-Ecke Zahlenrätsel. 2. Dem Gesuche des Vereins für Krüppelnot und Krüppelhilfe will man gegen einen jährlichen Beitrag von 10 Mark al« korporatives Mitglied von 1910 an beitreten. 3. Von dem Angebot des Herrn MöbelhändlerS Johann Hildebrand über den Ankauf des früher Heiuri- Vogelschen Grundstück» nimmt man Kenntnis, setzt aber für heute Beschlußfassung hierüber aus und überweist die Angelegenheit der Hochbaudeputation zur Vorberatung und Berichterstattung. 4. Der Vorschlag der Elcktrizitätswerksdeputation, dem Gemeindeverbande für die elektrische Ueberlandzentrale in den Amtshauptmannschaften Großenhain, Meißen und Oschatz nicht betzutreten, wird zum Beschluß erhoben. 5. Die Haushaltpläne für Parochtalkaffe, Elek- trizitätSwerkSkaffe, Armenkaffe, Wafserwerkskasse und Spar kaffe werden vorgetragen und genehmigt. Ter Bürgermeister Kahlenberger. 7 1 1411 ?I14 5 8 Amtlicher Verseht über die am 22. Dezember 1909, nachmittag« 6 Uhr, stattgefundene öffentliche Stadtgemeiuderatsfitzuug zu WilSdruff. Entschuldigt fehlen Herr Stadtrat Goerne, Herren Stadtverordnete Wehner und Friedrich und Stadt- verordneten-Ersatzmann Trepte. Vorsitzender: Der unterzeichnete Bürgermeister. 1. Mitgeteilt wird, daß der erste Nachtrag zum Hundesteuerregulativ von der Königlichen Amishauptmann- schast bestätigt worden ist und demzufolge am 1. Januar 2. n. c9, cä, cX (-j- 15). 4. Al. bX, d10, bä (-j-25). 6. AI. 69, 68, 62. Die durch fette Ziffern angedeutete Zickzacklinie be» zeichnet etwas Zeitgemäßes. Geheimschrift. OinrOsckb6rt6i-mn8ckOsdr 28umkkn2l dtrnckmx-NLNwrlrtr Vltrplnxburotäsmi' VIw88r1rbt6mkl Vorstehende Buchstabenreihen sind in Gruppen zu zerlegen, die durch Einfügung paffender Vokale zu sinn- gemäßen Wörtern sich bilden lasten. Das Ganze ergibt ein Zitat aus Schiller. Lösungen in nächster Nummer. Skat: 6ä, 10. Spiel: 1. V. a9, a10, 3. V. a8, c8, 5. V. s7, d8, Der Spieler erhält keinen Stich mehr, hat aber mit dem Skat 61. Setzt 8l. im 2. Stich Augen vor (cO), erhält der Spieler noch mehr. Bilderrätsel: Kinderernährung. 1316 1«si3 1 1117^15 I3s4"5 14 -9112'8 5 Unglücklicher Schütze. Als in Bonn (Rheinprov.) ein Büchsenmacher ein Gewehr ausgebessert hatte, wollte er es in einem Nebenraume erproben und lud es. Auf dem Wege dorthin entlud sich die Waffe und die Ladung drang dem Büchsenmacher in den Leib. Der Unglückliche ist den Verletzungen erlegen. Vier Menschenleben gerettet. In Spalt in Mittelfranken hat der Distriktsstraßenwärter Beckenbauer drei Fabrikarbeiterinnen und einen Arbeiter, die an einer breiten, tiefen Stelle der Rezat eingebrochen waren, unter eigener Lebensgefahr nach einander gerettet. Eine Uhr ans Glas. In der Poschingeischcn Glasfabrik Therestenthal im Bayerischen Wald hat der Glasschleifer Josef Bayer in 7 Jahren eine Standuhr verfertigt, die bis auf die Feder ganz aus Glas gemacht ist und tadellos geht. Eine Millian Passagiere am Weihnachtsabend auf der Pariser Untergrundbahn befördert. Bekanntlich ist der in ganz Deutschland so still und ruhig gefeierte Weihnachtsabend in Paris der lärmendste Abend des Jahres, der an Lustigkeit selbst den berühmten Berliner Sylvesterabend noch übertrifft. An diesem Abend, von acht Uhr an gerechnet, bis zum nächsten Morgen um acht Uhr, also in einer Zeit von zwölf Stunden, haben die Linien der Pariser Untergrundbahn nicht weniger als 1053022 Passagiere befördert, eine Summe, die der Ge samtbeförderung der sämtlichen französischen Eisenbahnen für einen Tag entspricht. Fünfzig Jahre im Zuchthaus. Dem Aus schuß für Begnadigungen des Staates Connecticut ist ein Gesuch zugegangen, den Gattenmörder John P. Harren zu begnadigen, der seit fünfzig Jahren im Gefängnis sitzt. Harren, der jetzt über siebzig Jahre alt ist, wurde im Jahre 1859 wegen Ermordung seiner Frau zum Tode verurteilt, die Strafe wurde jedoch in lebenslängliche Zuchthausstrafe umgewandelt. Harren hat längere Zeit im Gefängnis zugebracht, als irgend ein Verbrecher in den Vereinigten Staaten oder einem Lande in Europa. 526OVO Mark uuterschlageu. In Greenwich im Staate Kentucky ist einer der bekanntesten und reichsten Verficherungsdirektoren der Vereinigten Staaten Sheldon infolge Genusses verdorbener Eßwaren gestorben. Sheldon war bisher Direktor der „Phönix-Feuerverstche- rungs-Gesellschaft" und wurde plötzlich aus seinem Amte entlassen, nachdem er, wie die „B. Z. am Mittag" meldet, über 526000 Mark den Kassen der Gesellschaft zu Börsen spekulation rechtswidrig entnommen hatte. Die Unter suchung war bereits eingeleitet. Trotz seines plötzlichen Todes heißt es, daß er von den gegen ihn eingeleiteten Schritten nichts gewußt hat. Auflösung der Rätsel aus voriger Nummer: Skataufgabe: Kartenverteilung: V. a9, 8, 7; bä, 8, 9, 8, 7; cä; 6X. AI. a b c8; a10; bX; cX; 68, 9. 8, 7. 8. 68, sä, x, 8; b10; c10, 8, 9, 8, 7. Ei« Spio»? In einem Hotel in Mainz wurde,,1910 in Kraft trete« kann. — Da« Gesuch des Schutz- dem „B. T." zufolge, unter dem Verdachte der Spionage manns Max Winkler um Entlastung auS feinem Dienste ein ehemaliger französischer Unteroffizier namens I für 12. Januar 1910 wird genehmigt. Labourdrtte verhaftet, der auS Frankreich flüchtete, in Luxemburg große Unterschlagungen verübte und in ver schiedenen Städten am Rhein auf großem Fuße lebte. In seinem Besitz fand man Frstungspläne und Notizen, aus denen hervorging, daß Labourdette mit höheren französischen Offizieren in Verbindung stand. kln Oefkängm. Originalroman von Hans Wachenhusen. 36 „Du lriltsk die Achtung der Welt für Dich und mich mit Füßen? Bist Du schamlos genug, dies nicht selbst zu erkennen? schnaubte er. Lie blickte zu ihm auf in sein von Zorn entstelltes Gesicht, und das gab ihr das Gefühl der Überlegenheit. Lie wollle ja kalt sein. „Du sprichst von Deiner Familie!" Ihr Ton ilang so ironisch. „Was sprachst Du mir von ihr? Du behaup test ja. von ihr bestohlen zu sein, behauptest das vor -er Welt, auf die Du Dich berufst. Wie flehe ich vor dieser Welt die ich — verzeih' den Ausdruck — in acht bare Familie zu heiraten geglaubt! Die Welt eben erzählte auch mir schon von Deiner gegen sie erhobenen Anklage! Du selbst verbotest mir jede Annäherung an sie. Zwinge mich nicht. Dir zu sagen, was die Welt von einem Sohne spricht, der . . Lie unterbrach sich. Klaus empfand den Stich. „Der nur seine Schuldigkeit als Leiter des ihm über lassenen Geschäftes tat, für das ich doppelt arbeiten muh, denn ich habe jetzt auch für Dich zu sorgen! — Bekenne wenigstens, daß Du Unrecht tatest!" sehle er in etwas milderem Tone hinzu; als er ihre Blässe sab. „Für mich?" Laurelle lieh sich am Tisch nieder und lehnte die Stirn in die Hand. Lie sah, daß er nach seinem ersten Zorn einzulenken bereit, wie immer, wenn er sie traurig werden sah. „Für mich, die ich bei Dei nen Geschästssorgen, von denen Du mir bis zum Überdruß sprichst, Dir nicht zu sagen wagte, daß mich Verpflich tungen, Schulden drücken, die ich mir bereitet durch die Erhaltung einer fern von mir lebenden unglücklichen Mutter, durch Aufwendungen, welche die Bühne fordete — Einem andern Mann, als Dir, hätte ich sie lange bekannt!"^ Sie führte da° Taschentuch über die Stirn und wollte sich erheben, um ihn zu verlassen. Klaus starrte sie an, streckte den Arm nach ihr aus, sie zurückzuhallen. Schulden waren ihm. als Geschäfts mann, etwas Schmähliches. „Schulden, auch Du!" Er sah ilc bleiches Gesicht, das Zucken um ihre Mundwinkel. Tränen Hoile er in ihren Augen noch nicht gesehen. Fetzt fürchtete er diese. Er erfaßte ihren Arm. „Sie ollen bezahlt werden!" rief er, noch heftig, auch dieierhalb enirüs et. „Aber", seine Stimme wurde jetzt weicher. Gestehe vorher, daß Du gestern Unrecht, schweres Unrecht tatest! Gestehe das ein, Laurette!" Er legte den kräftigen Arm um sie. Und sie wandte sich ab. „Was glaubst Du von einer Frau erwarten zu dür fen, die sich unglücklich fühlt? Du weißt es längst!" Laurette machte sich los von ihm und verließ hastig das Zimmer. Er stand do, ihr nachschauend; dann warf er sich auf den Tisch. „Unnlücklich! — Und ich habe ihr doch noch nichts vcriagk!" rief er, vor sich hinstarrend. Nicht um ihretwillen packte ihn die e Vorstellung, nur um seiner selbst willen. Sie wor ihm unentbehrlich; er hätte nicht mehr ohne sie sein können. Was schon zwischen ihnen vorgefallen, hatte er für bedeutungslos gehalten, für Reibereien, die in jeder Ehe vorkommen; aber trieb es sie ickon zu solchen Ausschweifungen und blieb ihm bei solchen die Gewalt über sie, dergleichen Einhalt zu tun? Es brause ihm im Gehirn, seine pulse hämmerten. Seine Selbstwilligteii brach zusammen vor der eines Wei bes. Das sie ihm gesagt, empörte ihn zwar, aber es war doch nur das, was it r ge agt worden, und was kümmerte ihn die Well, obclcict er ihr von dem Urteil der Well gesagt halic. Er crhob sich, stand noch sinnend do, bis einer keiner Compliorleule einlrak und ihn auf andere- Gedanken brachte, indem er ihm Briefschaften zur Unter schrift vorleatc. „Sie wird sich beruhigen!" dachte er und folgte dem jungen Mann, um auch für sich selbst hierfür Zeit zu suchen. Lie mochte ja in Manchem Recht haben; er wollte für Zerstreuung sorgen; sie war ja ein Weib, an solche gewähnt; sie sollte ihn anders kennen lernen. Des halb sollte ihm auch heute die Gesellschaft recht sein. Er suchte sie wieder; es litt ihn nicht im Geschäfts er wollte so Manches noch mit ihr besprechen. Laurette empfing ihn nicht. Sie fühlte sich unwohk und habe sich entschlossen, sagte ihm die Jungfer, hinzu fügend, daß sie die gnädige Frau jetzt recht oft recht leidend sei. Sie habe ihr davon gesprochen, daß sie. um sich ihrer Freundin gegenüber zu revanchieren, die Teilnehmer der gestrigen Partie für einen der nächsten Abende zu sich eingeläden hätte; sie bereue dies, fühle sich deshalb in Verlegenheit. „Es soll mir ja recht sein! Sagen Sie es ihr!" Da nach ging er ins Geschäft zurück. 14. Was ihr der Vormund Betrübendes über den Leut nant von Schimmelpfennig gebracht, hatte die Tanke dem Mädchen nicht zu sagen gewagt. In seinem Mit leid hörte sie also zu, wenn dasselbe von ihm sprach, der so selten schrieb und ihr nur von ärgerlichen Vor kommnissen auf seinen Gütern mitgeleiit hatte. Traurig wac's, wenn Fränzchen wirklich so froh schon dieser Kummer bereilet werden sollte; aber sie hoffte ja mit den« Vormund, daß es so schlimm nicht sein werde. Einige Tage, nachdem Klaus so schlimme Erfahr ungen an seiner Frau gemacht hatte, erschien nun Robert in hoher Aufregung im väterlichen hau,e. Die Tante allein im Wohnzimmer, blickte erschreckt zu ihm aus.