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N2 33 PAPIER-ZEITUNG. 695 aus Wiedergewinnung von Indigo blauen Lumpen. 90 000 000, vergangenes Jahr 231 797 000 ge liefert. In den Satinirsälen unserer Papierfabriken wird jetzt eine neu erfundene Maschine einge- führt, welche die zu glättenden Bogen, nach dem sie von einem zu ebener Erde sitzenden Mädchen vorgeschoben sind, in die Höhe führt, und zwischen die Walzen der Bogen-Calander abgiebt. Die Maschine soll sehr einfach con- struirt sein und hauptsächlich aus Rollen und Bändern bestehen. Seither mussten die Mäd chen in gleicher Höhe mit der obersten Calan- der-Walze sitzen und ihnen das Papier auf einen seitlich angebrachten Tisch gehoben wer den, was jetzt vermieden werden kann. Das schon 1878 in Berlin mit dem Ehren preis ausgezeichnete Verfahren ist von dem Erfinder Ferd. Viet. Kailab in Wiese bei Jägern- dorf österr. Schlesien neuerdings noch vervoll kommnet worden. Er selbst schreibt uns darüber; Mit einigen Metercentnern blauer Hadern ange stellte Versuche ergaben, dass der durchschnitt liche Gehalt der in der Papier-Industrie zur Ver arbeitung kommenden blauen Lumpen ca. I pCt. ausmacht. Der resultirende Indigo ist aber reiner als der 1878 ausgestellte und nähert sich mehr den im Handel unter der Bezeichnung „raffinirter" Indigo auftretenden Sorten, deren Preis bis zu 38 und 40 Mark pr. Kilo hinaufreicht. Das Verfahren, rationell durchgeführt, darf selbst bei einem Gehalte von nur 1/2 pCt. Indigo in dem zu behandelnden Materiale als lohnend bezeichnet werden, wobei aber continuirlicher Betrieb und Verarbeitung grösserer Massen Vorbedingungen sind. Obwohl die Frage der Darstellung der künst lichen Indigo seit neuester Zeit durch den genialen Chemiker Prof. Bayer in München als glücklich gelöst erscheint, so dürfte dennoch mein Verfahren alsrationelleAbfallverwerthungvollkommen existenz berechtigt bleiben. Die uns eingesandten Muster von Stoffen, welche mit wiedergewonnenem Indigo gefärbt sind, scheinen solchen, die mit frischem Indigo gefärbt sind, nicht nachzustehen. • Kohlenstoff nur 8086 W. E. bei ihrer respec- tiven Verbrennung. Eür die verschiedenen , kohlenstoffhaltigen Körper (Holz und Kohlen) ist die Anzahl Wärme-Einheiten, welche dieselben beim Verbrennen entwickeln, natürlich noch ge ringer im Durchschnitt. Die Versuche, den Wasserstoff als Heizmaterial zu verwerthen, : scheiterten jedoch bisher an folgender Schwierig keit: Wie bekannt, kommt Wasserstoff in der ; Natur nur in Verbindung mit anderen Elementen vor. Die einfachste und verbreitetste derselben, das Wasser, muss deshalb in seine Bestand- theile (Wasserstoff und Sauerstoff) zerlegt werden, will man den ersteren in freiem Zustande er- ! halten. Aber die Arbeit und die Kosten, welche j zur Zersetzung des Wassers aufzuwenden sind, I wurden bei allen Versuchen für zu hoch be funden, um das Verfahren praktisch anwendbar ■ zu machen. Dieses Hinderniss nun, welches für unüberwindlich galt so dass alle Versuche, es zu beseitigen, völlig aufgegeben worden waren, weil Keiner, weder Chemiker noch Physiker, weder Theoretiker noch Praktiker an ihr Ge lingen glaubte — dieses Hinderniss ist vonDr. । Charles Holland beseitigt worden, und zwar ist | das Problem von ihm in überaus einfacher Weise [ gelöst worden. Die von ihm erfundene Methode I beruht auf einer Eigenschaft überhitzten Wasser- [ dampfes; dieselbe ist: die grosse Neigung zur I Dissoeiation, d. h. zur Zersetzung in seine Grund- ! bestandtheile unter der Einwirkung grosser Hitze. Dr. Holland lässt nun solchen überhitzten Wasser- : dampf in brennendes Naphtha-Gas einströmen, I und die Zersetzung in Wasserstoff und Sauer stoff findet darin augenblicklich statt. Beide Gase sind nun im freien Zustande in der Flamme enthalten und verbinden sich sofort mit den jenigen Stoffen, zu denen ein jedes die grösste I Verwandschaft hat. Der Sauerstoff verbindet sich mit den Kohlenwasserstoffen, aus welchen das I Naphtha-Gas grösstentheils besteht, und dient also zu deren Verbrennung, während der Wasserstoff sich mit dem zugeführten atmosphärischen Sauer stoff verbindet, also ebenfalls verbrennt. Da nun nach Favre und Silbermann ein Gewichtstheil Wasserstoff viermal so viel Wärme entwickelt, als ein gleich grosser Gewichtstheil Kohlenstoff, so ergiebt sich daraus, dass bei der Heizmethode Dr. llolland’s ungefähr fünfmal so viel Wärme entwickelt wird, als wenn einfach nur Naphtha gebrannt worden wäre. Dass sich dies thatsächlich so verhält, ist durch folgenden, oft wiederholten Versuch zur Genüge festgestellt worden: Dr. Holland liess eine Gallone (4,54 Ltr.) kalten Wassers in einem eisernen Kessel auf einem sehr guten, mit bester Kohle geheizten Küchen ofen bis zum Sieden erhitzt werden und fand, dass dies nach 21 Minuten der Fall war. Wurde jedoch seine Naphtha-Wasserheizung an- gewendet, so trat das Kochen schon nach 41/2 Minuten ein. Es wurden also im letzteren Falle die 454 Wärme-Einheiten, die nothwendig sind, um 4,54 Liter Wasser zum Sieden zu. bringen, in dem fünften Theile der Zeit disponibel, welche die Kohlenfeuerung dazu gebrauchte. Um noch ein Beispiel des ungeheuren Kraft- vorrathes, der bis jetzt völlig unbenutzt im Wasser geschlummert und erst durch Dr. Hol- land's Verfahren anwendbar gemacht worden ist, zu geben, sei kurz Folgendes erwähnt: Die Verwaltung der Flushing-Eisenbahn-Gesellschaft auf Long-Island stellte diesem Herrn eine ihrer Locomotiven zur Verfügung, in welcher er seine Vorrichtung anbringen durfte. Auf einer Probefahrt nun wurde zuerst nur mit Naphtha gefeuert, und es gelang damit nur, eine Dampf spannung von 60 Pfund per 0" zu erzeugen; so wie jedoch der überhitzte Wasserdampf aus Dr. llolland’s Retorte in die Naphthaflamme eingeführt wurde, stieg der Druck in wenigen Minuten und erreichte sehr bald die Maximal grösse von 125 Pfund per so dass der Dampf durch das Sicherheitsventil zu entweichen be gann. Billige Heizung. Das neue Heizverfahren des Dr. Charles Holland, nach welchem ein ganzes Wohnhaus für 3 Dollars G0 Cts. monatlich erwärmt werden kann, wird gegenwärtig in den Blättern viel besprochen. Wir geben das Wesentliche der Sache, ihrer grossen Bedeutung wegen, hier wieder, ohne jedoch für die aus anderen Blättern entnommene Mittheilung irgend welche Bürgschaft zu über nehmen. Die Eigenthümlichkeit dieser Heizmethode be steht darin, dass weder Holz noch Kohlen, son dern nur Wasser und Naphtha (rohes Petroleum) als Brennmaterial dienen Die allgemeine Ein führung derselben, welche nur noch eine Frage der Zeit ist, bezeichnet, wie. Fachblätter be haupten, einen Fortschritt auf diesem Gebiete, der einer Revolution gleichkommt; jedenfalls wird mit der Abschaffung der jetzt gebräuch lichen Methode und Anwendung der Holland- sehen eine ebenso grosse Umwälzung inaugurirt, wie die Einführung der Steinkohlen- und Coaks- heizung seinerzeit hervorbrachte. Bekanntlich ist Wasserstoff derjenige Körper, der beim Ver brennen die grösste Hitze entwickelt. Nach den bekannten Versuchen von Favre und Silber mann zur Bestimmung der Verbrennungswärme verschiedener Körper entwickelt: 1 Gramm Wasserstoff 34 462 W. E., dagegen 1 Gramm Die Dinte der Alten. Haben wir in letzter Zeit mehrfach Veran lassung gehabt, die jetzt gebräuchlichen Dinten zu besprechen, so dürfte es wohl auch ange messen erscheinen, einen Rückblick auf frühere Zeiten zu thun, um zu sehen, wie und was die Dinte in früherer Zeit war. Wir brauchen dabei kaum erwähnen, welchen Dank wir der Dinte schulden, dass sie uns j alte Ueberlieferungen erhalten hat, da Jeder- I mann die Wichtigkeit dieses Schreibstoffes zu 1 würdigen weiss; wir wollen uns daher mehr an ihre eigentliche Beschaffenheit halten. Dioscorides beschreibt die Dinte der Alten als eine Mischung von drei Theilen Russ mit einem Theil einer gummiartigen Lösung. Wir haben hier also eine Schreibflüssigkeit, die im Wesentlichen der chinesischen Tusche gleich- kommt und auch ihre Beständigkeit erklärlich erscheinen lässt; eine andere Dinte würde sich nicht durch soviel Hundert Jahre auf dem Pa pier gehalten haben, um heute noch und noch viele Hundert Jahre später mit derselben Deut lichkeit die Schriftzeichen erkennen zu lassen. Plinius erzählt, dass der Dintenfisch als Dintenerzeuger dienen musste. Bekanntlich besitzt dieser Fisch eine mit schwarzer Flüssig keit gefüllte Blase, die er, wenn er verfolgt wird, entleert, um damit das Wasser zu trüben und unter diesem Schutze zu entkommen. Diese Flüssigkeit war es also, die als Dinte diente. Manuscripte aus den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung haben ausserordentlich gut erhaltene Schriftzüge. Dies rührt ebenfalls daher, dass die Dinte die Beschaffenheit und Consistenz einer Farbe hatte und auch das Papier (Baumwollenpapier) ziemlich lose war, so dass diese Dinte sich fest mit dem Papier verbinden konnte und schon durch ihre grosse Menge zu guter Erhaltung beitrug. Schriften aus späteren Jahrhunderten sind schon nicht mehr so deutlich und oft genug vollkommen unleserlich geworden. Hier wurde bereits Papier aus Leinen-Lumpen gefertigt, das Papier war dichter und die Dinte blieb mehr an der Oberfläche. Die übliche Schreib flüssigkeit hatte im Laufe der Zeit auch eine andere Beschaffenheit angenommen, mau be nutzte bereits Galläpfel und Eisensalze, und die daraus gebildeten Dinten haben durchaus nicht die Haltbarkeit der primitivsten Russ- dinten. Uebrigens muss das Schreiben seiner Zeit nicht so leicht von Statten gegangen sein, als es heut zu Tage mit unseren leichtfüssigen Dinten der Fall ist Mau versetzte die Dinten so stark mit Gummi, dass die trockne Schrift erhaben auf dem Papier oder Pergament er schien, ja in manchen Fällen trat dies so stark auf, dass es Anlass gab zu einer Behauptung, dass ein bestimmtes Dokument durch einen typographischen Prozess hergestellt, aber nicht geschrieben sei. Die schwarze Dinte wurde für allgemeine Zwecke verwendet, rothe dagegen für Anfangs buchstaben, Ueberschriften u. s w., wie es nach her auch beim Buchdruck beibehalten wurde. Uebrigens können wir hier bemerken, dass das heutige, uns sehr geläufige Wort Rubrik von dieser Gewohnheit, die Kapitel etc. mit rothen Tinten abzutheilen, abgeleitet ist. Aber auch andersfarbige Dinte wurde be nutzt, so ist z. B. in Orleans ein Gesetz Philip I. aus dem Jahre 1090 in grüner Schrift aufbewahrt. Die Fürsten unterzeichneten gewöhnlich mit Purpurdinte. Gold- und Silberdinte wurden auf farbigem Pergament benutzt, z. B. der bekannte Upsala Codex ist mit Silberdinte auf violettem Pergament geschrieben, die Anfangsbuchstaben und Stellen von grösserer Bedeutung in Gold schrift. Styl ist nur der Rahmen, in welchen wir die Gedanken fassen. Es ist damit wie mit einem Fensterrahmen — wemi er plump ist, ver dunkelt er.