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Und sein Auge traf ihre lichte, duftige Erscheinung. „Oh —!" Sie lachte auf. „Das soll nun wohl gar etwas wie ein Kompliment sein?" „Kein Kompliment — die Wahrheit." > Ihre Augen streiften ihn, noch immer lachend; aber es stand darin ein eigenes Flimmern. Leichthin erwiderte sie, wie scherzend, doch mit einem leisen Unterton: „Und wenn Sie wirtlich den Frühling entdeckt haben — was nutzt es Ihnen?" „Sie denken, ich wüßte doch nichts mit ihm anzu- fangen?" Ein Nicken und ein spöttisches Zucken um ihre Mundwinkel. „Sie haben vielleicht den Wunsch danach — so ge legentlich einmal — aber Ihre Arbeit läßt Sie ja doch nicht." „Meinen Sie?" Ihre Abwehr, ihr feines, überlegenes Wesen und dazu ihre Weiche Grazie — noch nie hatte sie so stark auf ihn gewirkt, Da sagte er und senkte den Blick in den ihren: „Vielleicht gäbe es doch einen Kom promiß zwischen Arbeit und — Frühling." Sie zuckte die Schullern, immer in derselben leichten „Das müssen Sie freilich am besten wissen." Und sie wandte die Augen zum Wagen hinaus. Vol ler Interesse betrachtete sie anscheinend die Umgebung. Auch Bertsch verstummte und zog sein Zigaretten etui. — Ein Schweigen herrschte so im Wagen. Doch nicht lange. Fetzt außerhalb des Ortes brauchte Steinsiefen nicht mehr so gespannt auf Weg und Steuer zu achten. Halb zurückgewandt nach dem Hinterwagen, begann er nun eme Unterhaltung mit Marga Reusch. Sie ging darauf ein, mit einer gewissen Liebenswürdigkeit, die Steinsiefen offenbar beseligte. Sein Antlitz strahlte geradezu. 'Bertschs Mund umspielte es sarkastisch. Weibermanö ver! Und er stieß den Zigarettenrauch nachlässig vor sich. Aber sonderbar — diese Freundlichkeit gegen den andern reizte ihn auf die Dauer. Etwa Eifersucht? Lächerlich, auf den Steinsiefen! Und überhaupt — so tief ging das denn doch nicht, was er da heute ihr gegenüber empfand. Wie, um es zu beweisen, sah er auf seiner Seite zum Wagen hinaus und überließ dis beiden ganz sich selber. Aber dennoch fühlte er unausgesetzt Margas Nähe: Den feinen Hauch eines Parfüms, das leise Rauschen ihrer Gewänder. Es hatte das eine seltsame Gewalt über ihn. Er mußte sich ordentlich zwingen, daß sein Blick nicht ihren schmiegsamen, weichen Bewegungen folgte. Noch schärfer wandte er sich nach links. Was sollte denn der Unsinn! Und er rauchte stärker, begann an etwas Geschäftliches zu denken. Doch da streifte ihn durch Zufall eine Falte ihres Rocks am Knie, nur wie ein Hauch, aber es durchzuckte ihn gleich einem überspringenden elektrischen Funken. Sofort waren die Gedanken wieder bei ihr. Die erst halb aufgerauchte Zigarette flog zum Wa gen hinaus, doch im nächsten Moment griffen seine Finger voller Unrast von neuem nach dem Etui. Lag das etwa heut' in der Luft — an diesem Früh- lingsahnen, bei aller Weichheit so seltsam schwer, fast drückend — oder waren es seine Nerven? Wohl etwas überreizt von forcierter Arbeit. Denn so hatte er sich selber noch niemals gesehen. Freilich — es war auch schon etwas Besonderes um sie. Unwillkürlich glitt sein Blick nun zu ihr hin über, deren Antlitz ihm abgewandt war. So sah er nur ihre Gestalt, graziös und schlank in ihre Ecke geschmiegt. Durchaus Dame in ihrem sicheren Sich- geben, -und doch über ihrem ganzen Wesen eben jener eignens Hauch, der ihm die Nerven aufreizte. Der Kronprinz als Gast des Stahlhelm in Wittenberge. Anläßlich des zehnjährigen Be stehens der Stahlhelmorts gruppe Wittenberge fand ein großer Aufmarsch statt, dem auch der deutsche K r onprinz und Bundesführer Arbeits minister Seldte sowie eine Abordnung Nationalso zialisten beiwohnten. Der gerechte Zins. Eine Streitfrage seit Jahrtausenden. Die Frage: „Was ist gerechter Zins?» ym schon seit Jahrhunderten, ja sogar seit Jahrtausenden nich nur die Wissenschaft, sondern so ziemlich jeden bewegt. Di« einen wollten sich die Beantwortung der Frage recht leichi machen, indem sie einfach sagten: „Der gerechte Zins, be- ziehungsweise Zinssatz, entwickelt sich unter dem Einflus von Angebot und Nachfrage am Geldmarkt.' Die Entwicklung der Nachkriegsverhältnisse sollte zur Ge nüge bewiesen haben, daß diese Auffassung irrig ist Man hat bekanntlich lange Zeit die Entwicklung des Zins satzes tatsächlich dem Einfluß von Angebot und Nachfrage überlassen, mit dem Ergebnis, daß sich Zinssätze heraus- bildeten, die eine Art von Wucher für ein ganzes Voll Larstellten. Die Zinsen waren derart hoch geworden, daß Me Bsrechnungsgrundlagen für die Wirtschaft über den Haufen geworfen wurden, überall drängte sich als stören der Faktor, als ein? unüberwindliche Größe, der hohe Zins dazwischen. Wir wissen jetzt alle, daß zu hohe Zinsen eine Wirtschaft nicht nur lähmen, sondern überhaupt zum Erliegen bringen. Diese Entwicklung hatte dazu geführt, daß in der Gegnerschaft der hohen Zinsen einige Gruppen den Zins überhaupt verneinten. Die Berechtigung zum Zinsnehmen wurde von diesen be stritten. Man fiel also gewissermaßen von einem Extrem ins andere. Wenn man von einem Extrem ins andere fällt, ist aber meistens das richtig, was etwa in der Mitte liegt. Heute ist man sich darin einig, daß so wohl die übertrieben hohen Zinsen wie auch eine Ab lehnung der Zinsen überhaupt nicht in Frage kommen. Der Zins als solcher ist und bleibt ein wichtiger Fakto, der Volkswirtschaft, insbesondere auch der deutschen Volks- Wirtschaft, über die Notwendigkeit eines AbbanS der Zinsen Pst man sich im deutschen Volk vollkommen ermg, um stritten ist nur das Ausmaß der Zinssenknng. Schon zu, Zeit Dr. Brünings ist einmal eine Zinssenkungsaktion durchgeführt worden, die aber im großen und ganzen der art war, daß in den meisten Fällen ein Zins von etwa « Prozent verblieb. Auch dieser Satz ist ganz entschieden zu hoch, und es ist der deutschen Wirtschaft unmöglich mit einem Zinssatz von 6 Prozent normal zu arbeiten Die Frage der Zinssenkung im Rahmen des Programms zum Aufbau der deutschen Wirtschaft steht zur Zeit im Vordergrund des Interesses. Um die Frage des gerechten Zinses klar beurteilen zu können, ist es vor allem not wendig, daß man sich einmal darüber klar wird, inwie weit durch Zinsen Interessen der deutschen Volkswirtschaft berührt werden. Wer leidet in erster Linie unter den hohen Zinsen? Alle diejenigen, die in hohem Maße verschuldet sind, voi Mem also die deutsche Landwirtschaft, der Haus- And Grundbesitz und, wenn auch nicht gleichmäßig Teils der deutschen Industrie. Außerdem werden alle die jenigen gehemmt, die eine wirtschaftliche Initiative, di« We mit eigenem Kapital nicht bewältigen können, entfalten möchten. Im Grunde genommen leidet die ganze An- kurbelung der Wirtschaft unter dem zu hohen ZinLniveau, weil niemand bei seinen arbeitsschaffenden Plänen eine Rente herauswirtschasten kann, da der Ains für das aufgenommene Kapital einen zu hohen Unkosten anteil ausmacht. Wer zieht aus hohen Zinsen Vorteil? In erster Linie der Sparer, dessen Spartrieb da durch sogar einen kräftigen Antrieb erhält, Vorteile hm ferner eine andere Gruppe von Sparern, dieVersicher< ten, die in Form höherer Bersicherungsdividenden ein« entsprechende Rückvergütung bekommen, ferner ziehen Vorteile daraus die Banken, weil sie bei einem ent sprechend hohen Zinsniveau natürlich eine höhere Zins- spanne bestehen lassen können als bei kleinen Zinssätzen Als gerechter Zins ist zweifellos derjenige anzusehen der zwischen den beiden vorgenannten Gruppen einer gerechten Ausgleich schafft. Dieser gerechte Ausgleich kann nur dann gefunden werden, wenn er unter Würdigung der Interessen aller Schichten der deutschen Volkswirtschaft getroffen wird. Zu niedrige Zinsen hemmen den Spartrieb, der gerade beim Neuaufbau der Wirtschaft, aber auch bei der moralischen Hebung des deutschen Volkes ein außer ordentlich wichtiger Faktor ist. Zinsen, die erheblich unter dem sogenannten normalen Vorkriegsniveau liegen, müßten außerdem das ganze Gebäude der deutschen Ver sicherungen über den Haufen werfen, denn das ganze Tabellenwerk ist auf Grund gewisser Zinssätze aufgebaut worden. Auf der anderen Seite steht fest, daß die Lan d- wirtschaft eine nachdrückliche Entlastung braucht. Darauf gehen ja die ganzen Bestrebungen und Verord nungen Dr. Hugenbergs von jeher hinaus. Auch eine Ankurbelung der Wirtschaft ist bei hohen Zinsen zum Scheitern verurteilt. Man darf aber auch nicht vergessen» daß der Sparer schon einmal, nämlich in der Inflationszeit, ein ungeheures Opfer gebracht hat. Eine Beseitigung oder eine scharfe Zusammenschneidung seines Zinses wäre ein schwerer moralischer Schaden für die gesamte Wirt schaft. Darüber hinaus würde aber eine anormale Zins senkung den organischen Aufbau der Wirtschaft zum mindesten außerordentlich stören. Die Hemmung des Spartrtebs würde sich in einem erschwerten Absatz von Pfandbriefen und in einer erschwerten Beschaffung von Hypotheken auswirken. Gerade aber in einem Augenblick, wo sich die deutsche Wirtschaft anschickt, ein Arbeitsbeschaffungspro gramm von gigantischem Ausmaß im Wege einer großen Anleihe in die Wege zu leiten, ist eine allzu scharfe Be schneidung des Zinses sehr unglücklich. Gewiß, man kann Maßnahmen gegen übersteigerte Einkommen aus Zinsen finden, wenn das aus volkswirtschaftlichen Gründen gerechtfertigt ist, aber solche Maßnahmen könnte man sich auch auf dem Wege der Besteuerung vor stellen, ein Weg, der ja überhaupt manche Ungerechtigkeit beseitigen kann, ohne gleichzeitig wirtschaftliche Schädi gungen zur Folge zu haben. Der unverschuldet in Schuldenverstrickung geratene Deutsche braucht und verdient die Hilfe der anderen, aber der fleißige, vielleicht vieles entbehrende Sparer hat in gleicher Weise ein Recht auf Schutz seiner Spargroschen. Daraus kann man auch logisch ableiten, daß derjenige, der leichtfertig Schulden macht, genau sowenig Milde verdient wie derjenige, der mühelos Millionen zusam menrafft. Vom gerechten Zins hängt viel für Deutschlands Zu kunft ab. Die deutsche Wirtschaft ist, wie die Entwicklung der festverzinslichen Werte an der Börse lange Zeit er kennen ließ, bereits auf dem Wege, sich anzupassen und das Zinsniveau organisch abzubauen. Einige vernünf tige Maßnahmen können diesen Prozeß zweifellos be schleunigen. ohne daß es eines neuen folgenschweren Zwangseingrifts bedarf. F r i e d r i ch L'e r G r o ß e hat einmal, als man eine Herabsetzung des Zinsfußes ver langte, geschrieben: „Das muß von Selber geschehen, denn wenn es befohlen wird, So fället das Vertraue« wek." Earl Sennewald Die militärische Lage in Peking. Das japanische Kriegsministerium teilt mit, daß dk< militärische Aktion auf Peking energisch fortgesührt wird. Chinesische Truppen versuchten bei Scheßja anzugreisen, wurden jedoch zurückgcworsen. Japanische Flieger Haden zahlreiche Bomben auf die chinesischen Befestigungen ab geworfen. Minister Frank ehrt die österreichischen Gefallenen. Nach seiner Ankunft in Wien legte der bayerische Justiz minister Dr. Frank am Gefallenendenkmal des Flug hafens, am „Löwen von Aspern", im Auftrage des Reichs kanzlers Adolf Hitler einen Kranz für die gefallenen österreichischen Brüder nieder. Konnte man Marga Reusch eigentlich heiraten? Ek schoß ihm mit einmal durch den Kops. Uno ganz ernst haft gab er sich Rechenschaft. Im Grunde — warum nicht? Ihre Erziehung war die beste gewesen, ihr gesellschaftliches Auftreten ein wandfrei, gegen ihren Rus nichts zu sagen. Nein — sicher nicht! In solch einem Klatschnest wäre ihm das unbedingt zu Ohren gekommen. Die Vermögensum stände waren ebenfalls gut — reiht günstig sogar. Wa rum also dennoch Bedenken? Vielleicht gerade eben wegen dieser Schönheit, we gen dieses sinnverwirrenden Hauchs, der über ihr schwebte. Es mußte etwas Wunderbares sein um solch eine Frau. Aber —! Es flirrte da bisweilen etwas in ihrem Blick, das gab zu denken. Jene Kirmes fiel ihm wieder ein. So gut, wie sie ihm damals in den Arm gesunken war, im Taumel eines unbewachten Augenblicks, so gut konnte es auch wieder einmal ge schehen — mit einem andern. Da kam es plötzlich über ihn. Eine starke Ernüch terung. Und ein energischer Druck erstickte die Zi garette im Aschbecher des Wagenfchlags. Aber es fiel — weiß Gott — nicht leicht, sich das mit kalter Ver nunft klarzumachen. So dicht neben ihr, daß jeder Atemzug den Duft ihrer Jugend und Schönheit trank. Manga hatte, trotzdem sie ihm abgewandt saß, dis Unruhe seines Wesens wahrgenommen. Und während sie nach vorn zu Steinsiesen hinsprach, mit lächeln der Gelassenheit, lauschte ihr Ohr auf jeden Laut neben ihr. Schneller ging ihr Atem. Sie fühlte die Glut aufflammen, die sie entfacht. Wie ein Rausch wollte es da über sie kommen. Endlich also! Und sie harrte mit vibrierenden Nerven auf ein Zeichen ihres Sieges. Das Auto hatte inzwischen seinen Weg durch den Talgrund genommen, bereits das Unterdors passiert und näherte sich jetzt dem Adligen Hause. Unwill kürlich richtete sich da Bertschs Blick hinüber nach dem Viereck der hochwipfligen Kastanien, deren breites Geäst noch in winterlicher Kahlheit ragte und das mas. sige Gemäuer des Herrensitzes freigab. (Forts, folgt.)