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IM Ne MfEN MMW?rkM SMewäMn zu können, hatte man einen mit Marmorwänden ausgebauten Aigarrenschrank angefertigt. In dem Dienstzimmer Lehmanns sind Ge heimfächer vorgefunden worden. Der Geschäfts führer Bollmann, der noch im Amte ist, hatte seit Jahren vor dem Eingang zum Hauptverband der Kranken kassen einen Zeitungsträger vom Vorwärts Posto fassen lassen. Er ließ strenge Aufsicht darüber Mren, daß jeder Angestellte früh «^gens bei seinem Kommen den Vor wärts kaufte; wer kas nicht tat, wurde entlassen. In dem Schreibtisch Lehmanns wurden u. a. Blanko Verträge für Arzte gefunden, die auf lebenslängliche Anstellung lauten, und die bereits von den Bevollmächtigten des Krankenkassen verbandes unterzeichnet waren, ohne daß man wußte, welcher Arzt lebenslänglich angestellt werden sollte. Gleichschaltung auch im Lugen-her-ergswerk. Linkseinfluß beseitigt. — Hitler-Jugend greift durch. In der Geschäftsstelle des Reichsverbandes für deutsche Jugendherbergen in Hilchenbach (Westfalen) traf eine Abordnung der Reichsjugendführung der NSDAP, ein, die im Auftrage des Reichsjugend führers von Schirach dem Vorstand des Rcichsver- bandes mitteilte, daß auf Grund der politischen Ent wicklung in Deutschland die Hitler-Jugend sich in die Führung des Jugendherbergswcrks entscheidend cinschalte. Eine im Zusammenhang mit dieser Aktion not wendig gewordene Haussuchung bei dem als Werbe leiter tätigen Herrn Forschepiepe förderte, so wird von der Pressestelle der Reichsjugendführung der NSDAP, mitgeteilt, stark belastendes Material über dessen Ver bindungen mit staatsfeindlichen Elementen zutage. Das vorgefundene Material machte die Entfernung Forschepiepes aus der Leitung des Jugendherbergsver bandes notwendig. An seine Stelle wurde sofort ein Vertreter der Hitler-Jugend in die Leitung des Reichs verbandes entsandt. Der nationalsozialistische entscheidende Einfluß im Jugendherbergswesen wurde sichergestellt. Zum Zeichen der Gleichschaltung des Jugendherbergswerkes mit der neuen politischen Gesamtlage in Deutschland wurde auf dem Gebäude des Reichsverbandes die Hitler- Jugend-Fahne gehißt. MMgllng-rechlmdSeruWeamlengeseh Im Reichsgesetzblatt wird ein Gesetz über das Kün digungsrecht der durch das Gesetz zur Wieder herstellung des Berufsbeamtentums be troffenen Personen veröffentlicht. Es wird u. a. bestimmt, daß derjenige, der nach den Vorschriften dieses Gesetzes seine Bezüge ganz oder teilweise verliert, ein Mietver hältnis über Räume, die er für sich oder für seine Familie gemietet hat, unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen kann. Die Kündigung kann nur für den ersten zulässigen Termin erfolgen. Der Vermieter hat ein Wioer- spruchsrecht. Gemeinnutz geht vor Eigennutz! Mahnung an Bittsteller. In den Ministerien haben in letzter Zeit Besuche aus personellen Gründen so stark überhand genommen, daß seit einigen Tagen im Besuchszimmer des preußi schen Justizministeriums ein Schild folgenden Inhalts ungeschlagen ist: „Man kommt nicht in eigener Sache dorthin, wo ein neuer Staat ausgebaut wird." Auch im preußischen Kultusministerium beabsichtigt man, ein ähnliches Schild im Vorzimmer des Ministers anzubringen. Mdemng derSteuerguWeinverordnmg Im Reichsgesetzblatt wird ein Gesetz zur Änderung der Steuergutscheinverordnung veröffentlicht. Das Gesetz bestimmt, daß für eine Mehrbeschäftigung nach dem 31. März grundsätzlich keine Steuergutscheine mehr ge währt werden. Lediglich derjenige, der einen Anspruch auf Steuergutscheine für eine Mehrbeschäftigung von Arbeitnehmern im ersten Kalendervierteljahr 1933 hatte, kann auch für das zweite Kalendervierteljahr Steuergut scheine beanspruchen, aber höchstens in dem Betrage, der ihm für die Mehrbeschäftigung im ersten Kalenderviertel jahr zustand. Für eine Mehrbeschäftigung nach dem 3 0. Juni werden keinesfalls mehr Steuergutscheine gewährt. Verstellte Setze gegen die Zustiz. Gegen Mißbrauch amtlicher Nachrichten. Der Neichskommissar für das Preußische Justizministerium hat folgende Verfügung er lassen: „Es ist mir aufgefallen, daß in der Presse häufig Nachrichten über Angelegenheiten der Justiz erschienen sind, welche geeignet waren, das Ansehen der Justiz verwaltung oder der Gerichte herabzusetzen. Verschiedene Informationsbüros und Zeitungen treiben offensichtlich mit Hilfe amtlich erlangter Nachrichten eine versteckte Hetzpropaganda gegen die Justiz behörden. Ich ersuche die Justizpressestellen und, soweit solche nicht bestehen, die Behördenvorstände, geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Verbreitung unsach gemäßer, das Ansehen der Justiz schädigenden Nachrichten zu verhindern. - Der Neichskommissar für das Preußische Justiz ministerium hat zwecks Herbeiführung einer erhöhten Sicherheit der Stellung der Justizange stellten bestimmt, daß künftighin vor der Kündigung von Angestellten, die länger als fünf Jahre ununterbrochen oder nur mit unwesentlichen Unterbrechungen im Justiz dienst beschäftigt worden sind, über den Sachverhalt und etwaige Äustauschmöglichkeiten an ihn zu berichten ist. Damit hat der Justizminister den gesetzlich oder tarifvertraglich vorgeschriebenen Schutz der An gestellten noch erheblich erweitert. Christliche Gewerkschastssührer bei Reichsminister Goebbels. Dr. Goebbels, der Reichsminister für Volks aufklärung und Propaganda, empfing die Führer der Christlichen Gewerkschaften, Jmbusch, Otte und Eudenbach. Es handelte sich bei der hierbei statt gefundenen Besprechung vor allem um die Frage der Teilnahme der Christlichen Gewerkschaften an den Kundgebungen aus Anlaß des Feiertages der nationalen Arbeit am 1. Mai. Der Minister betonte, daß die Re gierung bereit sei, mit allen aufbauwilligen Kräften des Volkes zusammenzuarbeiten, daß sie aber ein Wiederaufleben der marxistischen Gefahr in keinerlei Form irgendwie dulden werde. Die Unter haltungen sollen in der Woche nach Ostern fortgesetzt werden. Künftig „deutsche Reichsangehörtgkeit". In den Pässen deutscher Staatsbürger wird bekannt lich nicht die Reichsangehörigkeit, sondern die Staatsangehörigkeit des Paßinhabers ver zeichnet. Dieser Zustand wird, wie der Preußische Presse dienst der NSDAP, mitteilt, voraussichtlich demnächst ge ändert werden. Im Reichsministerium des Innern werde die Regelung der Angelegenheit im Zusammenhang mit der Reichsreform in Angriff genommen werden. Künftig werde es also dem Ausland gegenüber nur noch eine deutsche Reichsangehörigkeit und nicht eine Staatsangehörigkeit geben. Das SWWWVesen der Zukunft. Der bayrische Kultusminister auf der Reichstagmrg - des nationalsozialistischen Lehrerbundes. Nachdem die Zusammenfassung aller deutschen Er* zieherorganisationen beschlossen worden war, sand' in Leipzig die Reichstagung des nationalsozialistischen Lehrerbundes mit einer Riesenkundgebung ihren Abschluß. Der Reichsführer des Bundes und bayrische Kultus minister Schemm sprach dabei über das Erziehungs wesen der Zukunft. Er führte unter anderem aus: Tis große Staatsparole und damit auch Erziehungsparole unserer Zeit heißt: „Zum Ganzen hin". Auf dem Begriff Nasse, Wehr, Persönlichkeit, Religiosität ist die Totalität der neuen deutschen Erziehung begründet. Rasse bedeutet die Hinkehr zu der Blutsgemeinschaft und das Unter streichen der deutschen Grundzüge. Die Ganzheit des Be griffes Wehr ist uns in den letzten 14 Jahren mit tragischer Deutlichkeit bewußt geworden. Das Aufgeben der deutschen Wehr bedeutete den Verfall des Volkskörpers. Im Grund satz der Persönlichkeit ist das Bekenntnis zum Führertum verankert, das in bewußter Abkehr von der Demokratie sich hinwendet zum großen Führer, der das Volk zusam menschmiedet zu einem einheitlichen Ganzen und damit die Voraussetzung schafft zum Aufstieg. Alle diese Begriffe aber werden sekrönt von der Religiosität. Jede Schule, die nicht wahrhaft Volksschule ist, muß als eine Pestbeule am deutschen Volkskörper betrachtet und ungesäumt beseitigt werden. Ganz neu mutz die Ein stellung der Schulaufsichtsorgane werden. Nicht nach dem Wissensstand, sondern nach dem Leuchten der Kinderaugen, nach dem großen Thema „Volk und Gott" mutz man sehen. Nur Offenheit und Ehrlichkeit, Liebe und reiner Charakter des Erziehers können Vertrauen und Liebe im Kinde entzünden. Lehrpläne sind nichts, wenn etn neuer Geist des Lehrers sie nicht zu formen versteht. Gleichschaliung -er Laienrichter. Neuwahl der Schöffen, Geschworenen und Handelsrichter. Ein Gesetz über die Neuwahl der Schöffen, Ge schworenen und Handelsrichter bestimmt, daß die laufende Wahlperiode der Schöffen und Geschworenen mit dem 30. Juni 1933 und die neue mit dem 31. Dezember 1934 endet. Die Neuwahl der Schöffen und Ge schworenen hat alsbald zu erfolgen. Die Landesjustiz- verwaltungen werden ermächtigt, für die Zeit bis zum Beginn der neuen Wahlperiode Übergangsbestimmungen zu treffen und hierbei von den Vorschriften des Gerichts verfassungsgesetzes abzuweichen. Ferner wird angeordnet, daß die Amtsdauer der Handelsrichter mit dem 30. Juni endet und die Ernennung neuer Handelsrichter rechtzeitig vor dem 1. Juli vorzunehmen ist. In bürger lichen Rechtsstreitigkeiten und in Strafsachen kann die Re vision und die Nichtigkeitsklage nicht darauf gestützt werden, daß ein Gericht zwischen dem 31. März und dem 1. Juli unvorschriftsmäßig besetzt gewesen sei. Wie sie Hetzen! Die Zeitung „Sozialdemokraten" in S to ckh o lm hat nach einer Mitteilung des Berliner Polizeiprä sidenten eine Veröffentlichung gebracht, wonach der Polizeipräsident in Berlin dem preußischen Minister des Innern gemeldet habe, daß vom Tage des Reichstags brandes bis zum 25. März 1933 247 Morde, darunter 14 an Juden, und 216 an kommunistischen und sozialdemo kratischen Funktionären, verübt worden seien. Der Polizei präsident vonLevetzow teilt mit, daß diese Nachrichten des „Sozialdemokraten" vonAnfangbisEndeer- logen sind. Der Polizeipräsident hat einen solchen Be richt nieverfaßt, konnte ihn auch gar nicht verfassen, da die entsprechenden Unterlagen dafür nicht vorhanden sind. Die Meldung des „Sozialdemokraten" ist als A u s - fluß übel st er Greuelhetze zu betrachten und wird hiermit vom Polizeipräsidenten in Berlin aufs schärfste zurückaewiesen. MM-erMchM v»»eseir-«ccttrsLc»urr ouacx veac^s oskk« neimen v/eno^u (49. Fortsetzung.) „Was geschah dann?" „Erich Michael wurde von seinen Freunden aufgerichtet. Er schrie Klaus an: Das werden Sie büßen, mein Herr. Ich schicke Ihnen meinen Sekundanten. Klaus Michael ant wortete kalt: Mit einem Lumpen schlage ich mich nicht." Der Vorsitzende sah in die Akten. „Ihre Darstellung, Zeuge, stimmt mit den anderen Aus- sägen im wesentlichen überein. Beantworten Sie mir jetzt eine Frage, überlegen Sie es sich ganz genau: Glauben Sie, daß von dem Augenblick des Zusammenstoßes ab Klaus Michael den Ermordeten gehaßt hat?" Kerpen überlegte. „Das weiß ich nicht, Herr Richter. Es hakte nur den Ein druck, als ob die Angelegenheit von Herrn Klaus Michael als erledigt angesehen wurde." „Klaus Michael äußerte sich nicht, daß er seinem Stief neffen Haß entgegenbringe?" „Nein, bestimmt nicht." „Klaus Michael soll sich danach doch kn Drohungen er- hangen sein." Der Richter versuchte, dem Zeugen auf den Zahn zu fühlen. „In meiner Gegenwart bestimmt nicht. Ich halte es überhaupt für ausgeschlossen." „Was halten Sie von den Angeklagten, Zeuge?" „Nur Gutes! An den Wahnwitz der Mordbeschuldkgung habe ich keine Sekunde geglaubt. Die Brüder Michael sind die besten Sportsleute und Kerle überhaupt." „Sie sind freundschaftlich mit den Brüdern verbunden?" „Ich bin so glücklich, Herr Richter." Die freien, fast stolzen Worte des aufrechten Sports mannes verfehlten ihre Wirkung auf das Publikum und Ge- richt nicht. Ein Blick Klaus Michaels dankte ihm, und das war ihm sein köstlicher Lohn. Nach der Vernehmung Kerpens wurde Hanna aufgerufen. Als das schöne Mädchen, blaß, aber gefaßt, vor dem Ge richtshof erschien, ging ein Raunen der Svannuna durch den Saal. „Seit wann kennen Sie die Brüder Michael?" fragte der Vorsitzende nach den Personalfeststellungen freundlich „Seit dem 2s. Februar dieses Jahres." „Sie sind, wenn ich so sprechen darf, die gute Kameradin der Angeklagten gewesen." „Ich bin sie noch, Herr Richter!" sagte Hanna herzlich, und dabei blickte sie auf die Brüder. An des Geliebten Zügen blieb ihr Auge hängen. Eine Blutwelle verjagte die Blässe auf ihren Wangen. Klaus sah sie offen und voll herz licher Liebe an. Der Vorsitzende verbeugte sich leicht vor Hanna, die auch jetzt die Kameradschaft nicht verleugnete. Größte Hochachtung lag in seinem Ton, als er die Ver nehmung weiterführte. „An dem Mordtage hatten Sie die Angeklagten zu sich geladen." „Jal" „Wann verließen die Angeklagten Ihre Villa?" „Es war, soviel ich mich entsinnen kann, kurz vor neun Uhr." „Der Chauffeur hat bis nach Treptow fast eine Stunde gebraucht. Er beruft sich auf Sie, daß Sie ihm Auftrag gegeben hätten, recht langsam zu fahren. Ist das richtig?" „Ja! „Warum gaben Sie dem Chauffeur diese Order?" „Es kommen so viel Unglücksfälle vor und ich wollte nicht, daß -" „Sie waren um Ihre Freunde besorgt," fiel der Vor sitzende feinfühlig ein. „Ja, das war ich." Tief atmete sie auf und sah den Frager dankbar an. „Ist es Tatsache, daß Ihnen Klaus Michael besonders nahestand?" Da stand Klaus Michael heftig auf und schlug mit der Faust auf die Schranke. „Gehören solche taktlose Fragen zur Verhandlung?" Der Vorsitzende biß sich ärgerlich über die Zurechtweisung auf die Lippen, dann sagte er ruhig: „Angeklagte, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß der Gerichtshof klar sehen will und muß, und aus diesem Grunde halte ich diese Frage in Ihrem ureigensten Interesse für wesentlich!. Ich frage die Zeugin, ob Sie die Antwort darauf verweigert." Totenstille war im Saale. Eine Stecknadel hätte man fallen hören. Hanna hob langsam den Kopf und sah dem Frager frei und frank ins Auge. „Nein, Herr Richter. Ich will die Frage beantworten. Ja, Klaus Michael steht mir sehr nahe, wir haben uns lieb. Herr Richter." Mäuschenstill war alles im Saale, und alle sahen sich voll Erstaunen an. So ein Teufelsmädel! Die Augen des Publikums saugten sich an den Zügen des Angeklagten fest, der starr und stumm vor sich hinsah. Was ging in des Mannes Seele vor? Die weibliche Zuhörerschaft war von dem Anblick der beiden schönen Männer fasziniert. Sie lechzten förmlich da nach, daß sie aufstanden und sprachen. Ihr Stillschweigen, ihre unheimliche Ruhe, fast Gleich gültigkeit, schufen einen Zustand der Spannung, der fast un erträglich wurde. Der Vorsitzende beendete das Verhör, und Hanna trat zu ihrem Onkel zurück, der ihr stumm die Hand drückte. „Ich tat doch recht, Onkel? Ich konnte nicht anders." „Es ist alles richtig, Hanna." Dann wurde Kommerzienrat Michael als Zeuge auf gerufen. Er hatte sich außerhalb des Saales aufgehalten und trat jetzt in den Saal, gestützt von seinem Diener Heinicke. Er nahm Platz und wurde dann vereidigt. Die Brüder Michael waren aufgestanden und traten dicht an die Schranken. Jetzt sprach deutlicher Grimm aus ihren Zügen. „Klaus, wenn Vater sähe, was für ein Schurke sein Ael- tester geworden ist." Er sprach ziemlich laut, fo daß es der Kommerzienrat hörte. Jäh zuckte er zusammen, dann erhob er sich mit ge ballten Fäusten und trat vor die Angeklagten hin. „Ihr Mörder!" knirschte er laut. „Du willst's werden! Unsere Hände sind rein," schrie ihn Werner an. „Ihr habt ihn gemordet, auch Annette." Seine Stimme überschlug sich. „Das glaubst du selbst nicht, Verfluchter. Rächen willst du dich, weil wir dir unseren Hof nicht zum Verschachern überließen. Pfui, du erbärmlicher Bruder!" Werner stand aufs höchste erregt mit geballter Faust da. Der Vorsitzende klingelte heftig. „Angeklagter Werner Michael, nehmen Sie Rücksicht auf den guten Glauben, das Alter und den Zustand des Zeugen." kFortfeßung folgt.)