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L' waren es keineswegs, welche den Frieden der alten Ritter feste störten! Fegend und scheuernd, seufzend und scheltend sauste viel mehr die alte Christiane in dem runden Thurmgemach umher. Spinnen mordend, Mäuslein jagend machte sie vor allem dem fetldalen, altehrwürdigen Staub, der dort ungestört seit vielen Menschenaltern lagerte, gar gründlich den Prozeß. Eine ganze kleine Sündfluth hatte sie zu solchem Zweck aus heißer Seifenlake in Scene gesetzt, und die seifenschaum gekrönten Weilchen hüpften und tanzten auf dem bunten Marmor-Estrich, daß es reinlichen Gemüthcrn eine Lust sein mußte zuzuschauen! Dies war freilich nicht gerade pietätvoll, doch höchst rationell, und daraus kam es in diesem Falle vor allem an. Sauer genug war es ohnehin der guten Christiane geworden, m dem alten Eulenneste menschliche Ordnung herzustcllen, und sie mochte auch zuerst nichts davon hören. Doch ihr Herz blatt, ihr Komteßchen, wußte eben gar so lieb zu schmeicheln und zu bereden, und am Ende sah Christiane ein, daß die Sache eigentlich ganz in Ordnung sei. Das winzige Stübchen in dem armseligen Häuschen, welches die Herrschaften zu Christianeus bitterem Kummer bewohnten, war ganz gewiß nicht würdig, hohe Gäste, sinte malen die Frau Herzogin selber, zu empfangen! Der neue Rasenteppich, den Komteß Maria gestickt, mußte sich auch in dem geräumigen Thurmgemach bei weitem schöner aus nehmen! Schließlich würde die Geburtstagstorte auf dem reich geschnitzten Eichentisch, den der Herzog gesandt und der in dem kleinen Neste drüben gar keinen Platz gefunden hätte, gleichfalls erst recht zur Geltung kommen! Kurz, Christiane mußte es zugeben, daß eine Geburtstagsfeier hier in dem weiten Thurmgemach ganz gewiß würdiger als drüben in jener dürftigen Behausung zu gestalten war. Soweit war sie also mit dem viel geschmähten Räuber- ncste ausgesöhnt. Niemand aber hätte es für möglich ge halten, daß sich dies alte, scheinbar verfallene Thurmzimmer so köstlich wandeln könne! Selbst Maria, deren Köpfchen alles ausgedacht hatte, staunse jetzt über das kleine Wunder. Ohne des Herzogs Beistand wäre es freilich nicht so wohl gelungen. Komtesse Maria hatte gleich zu Anfang ihren Plan dem hohen Herrn vertraut, und da diesem der Z muntere Einfall gefiel, gingen bald die fürstlichen Boten A. geschäftig hin und her. Sie brachten alte köstliche Gobelins zum Wandbehange, W und geschickte Dekorateure hatten bald den kahlen Stein mit all den prächtigen Stoffen kunstgerecht bekleidet. Mächtige O Humpen und bauchige Krüge, wie solche in alten Ritterburgen auf geschnitzten Simsen zu prangen pflegten, und auch die Simse sandte der Herzog. Dann wurden Sessel mit steifen Lehnen und herrlichen, weichen Polstern herbeigeschafft. Silber beschlagene, alterthümliche Truhen, blitzendes Rüstzeug, wie es dereinst die Ritter trugen, und dergleichen mehr! Und alles war mit feinem Zartsinn von Maria geordnet und an den rechten Ort gestellt worden. Endlich kam auch der alte Glasermeister mit dem hölzernen Een' Scheibenkasten und der Brille auf der Nase hcrangehumpelt. P-mne. Er klimperte und hantirte eine gute Weile an dem mächtigen »srosa Bogenfenster in der Nische, und nun war das vermaledeite Guckloch, wie es Frau Christiane immer noch schimpfirte, fein nraujj- säuberlich verglast. Die rothen Scheiben glitzerten im Sonnen- licht, wie der herrlichste Rubinstein. Ganz zuletzt ward dann Marias Geschenk, der prächtige Teppich, vor ein doppelsitziges Polster gebreitet. Die gestickten Rosensträuße hoben sich leuchtend von dem dunkeln Untergründe, und die Frau Herzogin, welche auf dem Ehrensitze neben dem Geburtstags kinde Platz nehmen sollte, mußte solchermaßen Komteßchens Kunstwerk gebührlich bewundern können. Christiane hatte dies fürsorglich bedacht, und die gute Seele konnte über dergleichen wichtigen Erwägungen gar nicht zur Ruhe kommen. Ja, als sie abends längst in ihren Kissen ruhte, scheuchten noch allerlei Sorgen den Schlaf von ihren Augen, bis endlich die Geburtstagstorte sammt dem ! Rasenteppich wie in dichtem Nebel verschwommen und der Traumgott die gute Alte überwunden hatte. — Doch auch Gräfin Fersen und Komtesse Maria konnten heute lange keinen Schlummer finden. Mitternacht fand beide noch wachend auf ihrem Lager. Der Mutter trauriges Sinnen gehörte der schweren Ver gangenheit und Gegenwart, und ungesehen quoll Thräne um Thräne aus den brennenden Augen. Ihrem Kinde malte die Zukunft tausend lichtvolle Bilder vor die hoffnungsfrohe Seele, und diesen allein galt heute des Mädchens waches Träumen. Ein süßes unverstandenes Ahnen zog durch die junge Brust und verhieß leise, daß der Mutter Wiegenfest noch etwas ganz besonders Frohes bringen werde. — Schüchtern wünschte sie, was es sein möchte und schloß dann endlich glücklich lächelnd die Augen zum Schlummer. Wenige Stunden später brach der Morgen an. Zarte Rosenwölkchen schwammen in dem köstlich klaren Aether, winzig erst, doch schnell und mächtig wachsend, und bald überfluthete purpurnes Licht den ganzen Himmelsbogen. Strahlend stieg der junge Tag auf, und strahlend, rosig wie der Morgen selber trat Maria vor ihre Mutter, um ihr den ersten Geburtstagsgruß zu bieten. Und wie schon so oft, wichen auch heute vor dem sonnigen Lichtstrahl aus Marias Augen die trüben Schatten, welche den thränen- schweren Blick der Gräfin verschleierten. Die verklärende Freude über ihr liebliches Kiud zauberte wieder einen längst entschwundenen Frühlingsschimmer in das Herz und auf die verhärmten Wangen der einsamen Frau. Lächelnd hörte die Gräfin bald darauf ChrisüancnS würdevollen Glückwunsch an und zollte alsdann ihren köst lichen Backprodukten bereitwilligst den wohlverdienten Beifall. Auch ans dem herzoglichen Schlosse brachte ein Bote in aller Frühe den Glückwunsch der fürstlichen Herrschaften, und beide, sowohl der Herzog wie seine hohe Gemahlin ließen außerdem für den Nachmittag ihr persönliches Erscheinen an- sagen, um der verehrten Freundin auch noch mündlich zu gratuliren. (Fortsetzung folgt.) Dev zunge Dovfrnusikant. (Zu dem Bilde 5. 4.) Der Line bläst den Dudelsack, Der Andre streicht die Fiedel; Und die Schalmei ist wein Geschmack Für meine Hirtcnlieüel. Juchhei, ich lob' mir die Schalmei! Das ist der beste Musikant, Der seine Instrumente Sich bauen kann mit eig'ner Hand, kvas brauch' ich fremde Hände? Juchhei, ich bau mir die Schalmei! Trieb früh die Geisen in dar Feld, Da kam ich durch die Weiden, Braucht' nur ein Messer, braucht' kein Geld Und konnte Ruthen schneiden. Juchhei, draus macht' ich die Schalmei! Jetzt spiel' ich wohl den ganzenTag, Dieweil die Ziegen grasen; Und wer mein Lied nicht hören mag, Söll sich ein schöners blasen; Juchhei, ich bleib' bei der Schalmei! Gg. Lang. Schwätrnev Kinöevmädchen. (Zu dem Bilde S. 4.) Was für Berlin die Spreewälderin, das ist für Kassel die Schwälmerin. Als Ammen und Kindermädchen verdingen sich viele dieser kräftigen und gesunden Bewohnerinnen der „Schwalm" gern in der ihrer Heimath zunächst liegenden großen Stadt Kassel, wo sie durch ihre originelle Tracht und saubere Erscheinung, die vielen kurzen Röcke, die Stöckelschuhe mit blanken Schnallen und die schöngestickten Zwickelstrümpfe, das bunte, großknöpfige Mieder und die sie als Ammen kennzeichnenden schwarzen Käppchen mit lang herabhängenden Bändern — zum Unterschied von den roihen Mützchen der Mädchen — dem Fremden sogleich als Traä ten- figuren aufsallen. Auf unserem Bild sitzt eine Schaar dieser Hüterinnen der Kleinen in eine der großen Alleen des herrlichen Aueparks, fleißig strickend und in ihrem heimischen Dialekl mit- einander schwatzend, während die ihrer Obhut anvertrauten Kinder im Sand spielen und die Sonne breite Goldstreifen durch das frische Laub der alten Bäume auf den Rasen wirst. Das kleine Volk ist dabei so vertieft in seine wichtige Beschäftigung, daß es gar nicht das Herannahen des treuen vierbeinigen Gespielen und dahinter das Elternpaar bemerkt.