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Erscheint wöchentlich dreimal u. zwar DienZ-' tags, Donnerstag und Sonnabends. Bezugspreis viertel), s Mk. 30 Pff., durch die Post bezogen f Mk. 55 Pf. Einzelne Nummern (0 Pf. ThmM. Wil, Sikbtlilkhki nnd die Umsegkndtil. Imlsblull Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittag- (2 Uhr angenommen, ^nsertionspreis f 0 Pf. pro dreige spaltene Eorpuszeile. für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. Druck und Verlag von Martin Berger in Firma H A. Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion H. A Berger daselbst. No. S». Sonnabend, den 27. April 18SS. Die Aktion -er Mächte in -er ostasiatischen Frage. Der Friedensvertrag von Schimonoseki hat in Ostasten eine wesentlich veränderte Lage geschaffen, und es gilt nunmehr für das Ausland — soweit es an den ostasiatischen Fragen eben interessirt ist — zu diesen neuen Verhältnissen Stellung zu nehmen. Die erheblichen territorialen und merkantilen Northeile, welche dem siegreichen Japan seitens Chinas bei dem erfolgten Friedensschlüsse zugestanden worden sind, würden dem Reiche des Mikado eine so hervorragende politische, strategisch militärische wie kommerzielle Machtstellung im östlichen Asien verleihen, daß hierunter die berechtigten Interessen anderer Staaten in jenen Gebieten mehr oder weniger zu leiden hätten. Es haben sich darum Deutschland, Rußland und Frankreich zusammengethan, um zunächst auf diplomatischem Wege eine Revision der den europäischen Interessen in Ostasien nach theiligen Bestimmungen des Vertrages von Schimonoseki zu ver anlassen und sollen die in Tokio beglaubigten Gesandten der drei Mächte bereits nachdrückliche Vorstellungen bei der japanischen Regierung erhoben haben. Ueber den Eindruck dieser diplo matischen Reklamation in den Regierungskreisen von Tokio liegen noch keine authentischen Mittheilungen vor, nur wäre vielleicht zu erwähnen, daß die Proklamation, welche der Mikado infolge des Friedensschlusses mit China an sein Volk erlassen hat, betheuert, Japan denke nicht daran, im Bewußtsein seiner Siege andere Staaten etwa zu beleidigen und seine Beziehungen zu befreundeten Mächten zu schädigen. Sollten in den japa nischen Regierungskrisen wirklich solche friedlichen Anschauungen vorherrschen, dann wäre ja allerdings eine Grundlage für die wünschenSwerthe gütliche Verständigung zwischen Japan und den gegen die Friedensabmachungen mit China protestirenden euro päischen Mächte gegeben. Weit wirksamer würde nun freilich das eingcleitete diplo matische Vorgehen des Auslandes in Sachen des japanisch-chi nesischen Vertrages gleich von Anfang sein, wenn sich Japan hier bei einer einheitlichen Aktion der europäischen Mächte gegenübcl- sähc. Aber es scheint beinahe, als ob gerade diejenige fremde Macht, welche die ostasiatischen Vorgänge zweifellos am meisten berührt wird, England, gesonnen sei, sich dem von Deutschland, Rußland und Frankreich unternommenen gemeinsamen Schritte fern zu hatten. Es heißt bestimmt, daß das Londoner Aus wärtige Amt das ihm von russischer Seite zugegangene Er suchen, England möge sich der diplomatischen Aktion der ge nannten drei Mächte gegenüber Japan anjchlußen, ablehnend beantwortet habe, wie denn auch die leitenden Londoner Blätter sich übereinstimmend gegen eine Betheiligung Großbritaniens an einer solchen Intervention aussprechen. Sollte demnach England in der That bei dem diplomatischen Vorgehen der beiden Kaisermächte und Frankreichs in Ostasien passiv bleiben, so müßte diese Haltung den Verdacht nahe legen, daß England nach seiner beliebten Manier bei den ostastatiichen Händeln im Trüben fischen und vielleicht durch geheime Arrangements mit Japan den anderen Mächten zuvorkommen will, der englischen Krämerpolitik wäre ein solcher Streich schon zuzutrauen. Vorerst bleibt indessen erst abzuwarten, wie das gemein same Auftreten der drei hervorragendsten Staaten d-s europä ischen Contincnts auf Japan zurückwirken wird. Das die chau vinistische japanische KriegSpartei, berauscht von den glänzenden Erfolgen der javanischen Waffen, dem intervenirenden Ausland- nicht die geringsten Zugeständnisse machen möchte, das kann allerdings als sicher angenommen werden, aber d e maßgebenden japanischen Staatsmänner werden sich gew.ß nicht der Erkennt- mß verschließen, wie bedenklich ein kriegerischer Konflikt für Japan mit europäischen Mächten namentlich im Hinblick auf die theilweise Erschöpfung des Jnselreiches durch den chinesischen Feldzu- leicht werden könnte. Anderseits dürfte es sich speziell Rußland doch ernstlich überlegen, mit Japan an;ubind:n, dazu sind die militärischen Vorbereitungen der Ruffen in Wadiwo stock schwerlich schon weit genug gediehen. Deutschland jedoch wird sich erst recht nichi in kriegerische Abenteuer im fernen Osten einlassen, eine Mitbetheiligung ob einer europäischen Flottendemonstration an den ostastatischen Küsten wäre da für Deutschland das Aeußerste. Ob eine solche Demonstration über- baupt nothwendig werden sollte, darüber werden wohl die nächsten Wochen Aufschluß bringen. Die Petroleum-Theuerung. Die Fülle der Sorgen, welche der große Jnteressenkampf auf wirthschaftlichem Gebiete mit sich gebracht hat, fand erneut eine bedauerliche Vermehrung durch die jetzt eingetretene und noch immer iin Fortschreiten begriffene Petrokumpreis-Erhöhung, wllche namentlich in den Haushaltungen des sogenannten kleinen Mannes recht schmeizttch zu verspüren ist. Zum rechten Ver- ständniß der gegenwärtigen Lage dürfe es geboten sein, dem Leser in kurzen Zügen die Geschichte des „Petroleumkrieges" und die damit zusammenhängenden Vorgänge vor Augen zu führen. In den Vereinigten Staaten von Amerika ist der gesammte Petroleumhandel monopolisirt, und zwar in den Händen der „Standard Oil-Company", einer Gesellschaft von einigen un ermeßlich reichen Leuten, an deren Spitze Rockfeller steht. Seit Ifi86 hat die Gesellschaft ihre Thätigkeck auch auf Europa aus gedehnt. Auf jede mögliche Weise wurde der Kamps gegen die Concurrer.z geführt. Man baute Bassindampfer, die unver packtes Oel an Bord nehmen konnten und am Bestimmungs hafen einfach leer gepumpt wurden. Das verdrängte den Trans port in Fässern und gab den Inhabern von Pumpstationen und Tanks ein Uebergew'cht über ihre Concurrenten. Seit dem Jahre 1890 begann die Gesellschaft, die hauptsächlichsten Einfuhr geschäfte in Hamburg. Bremen, Stettin, Rotterdam, Antwerpen und London in Filialen zu verwandeln, sodaß der freie Einfuhr handel sammt der Schifffahrt für Fässerpetroleum fast ganz aufgehoben wurde. Dann kam auch das Versandtgeschäft nach dem Binnenlande an die Reihe. Man schloß mit den größeren Händlern Contrakte ab, wonach das Geschäft unter der Aufsicht und Leitung der Monopol-Gesellschaft geführt wurde und das Petroleum nur von dieser bezogen werden durfte. Die Gesellschaft garantirte dafür dem Händler seinen bisherigen Absatz und ver pflichtet sich, ihn für einen etwaigen Ausfall baar zu entschädigen. Endlich machte sich die Gesellschaft durch allerlei praktische Neu erungen auch die Kleinhändler unterthan. Diese erhielten Stand- gefäße, die bequem aus Tankwagen von der Straße aus gefüllt werden können, wogegen der Händler garantiren mußte, kein anderes Petroleum als das der Gesellschaft zu kaufen. Auf diese Weise gelang es dec G sellschaft, fast den gejammten Petroleumhandel in ihre Hände zu bekommen. In Deutschland sind es noch eine Bremer und eine Mannheimer Firma, die sich in dem verzweifelten Kampfe bisher behaupten konnten. Einen mächtigen Konkurrent.» aber hatte die Oil-Com pany doch, d. i. die russische Petroleum-Produktion. Wiederholt wurden nun Versuche gemacht, eine Einigung und ein Zusammen gehen der beiden Gegner herbeizuführen. Aber alle Verhand lungen waren bisher daran gescheitert, daß die Russen erst die Vernichtung der beiden deutschen Konkurrenten verlangten. Die Amerikaner versuchten jetzt, die Russen und die übrigen Kon kurrenten durch Drücken der Preise tobt oder doch unschädlich zu machen. Bei diesem Kampfe hat der Dritte, der Verbraucher, den Vortheil, denn die Preise des Petroleums sanken beständig und zwar auf eine Tiefe, die sie früher nicht erreicht hatten. Wenn das jetzt aber aufhört und die Preise plötzlich steigen, so liegen eben nur zwei Möglichkeiten vor. Entweder — das wäre der günstige Fall — die Standard-Oil-Company hat den Kampf aufgegeben und sie will sich von dem jahrelangen Preis drücken erholen; oder aber — das wäre der ungünstige und sehr bedenkliche Fall — die angestrebte Einigung der Amerikaner mit den Ruffen ist doch nun zu Stande gekommen, vielleicht gar auch mit den beiden deutschen Firmen. Welche der beiden Annahmen zutrifft, wird sich in Kurzem ausweisen müssen. Im ersteren wird die Preissteigerung keine bedenkliche sein und bleiben, im zweiten Falle aber werden die Preise noch ganz erheblich in die Höhe gehen. Es gilt also, die Vorgänge auf dem Petroleummarkt mit äußerster Aufmerksamkeit zu verfolgen, damit jenen Mouopolbestrebungen nöthigenfalls in geeigneter Weise gegenüber geschehen werde. Tagesgeschichte. Der Reichstag nahm am Dienstag seine Arbeiten nach Ablauf der Osterferien mit der Spezialberathung der Zolltarif- Novelle wieder auf, bei leider sehr schwach besetztem Hause. Die Sitzung wurde durch eine längere Geschäftsvrdnungsdebatte über die Zulä.sigkeit d s Antrages Stumm-Möller, betr. die Abänderung des § 6 ves Zolltarifgesetzes, eingeleitet, welche mit dem Beschlusse endete, eben zunächst diesen Antrag zu berathen. Derselbe will, entgegen der von der Kommission beantragten Resolution, wonach die Negierung ein besonderes Gesetz, betr. die Belegung selbst zollfreier Waare mit Zöllen, vorlegen soll, daß eine bezügliche Bestimmung direkt in die vorliegende No velle ausgenommen werden soll. In letzterem Sinne äußerten sich die Abgeordneten Möller (nat.-lib.), von Salisch (kons.) und Gamp (freikons.), auch Reichsschatzsekrctär Graf Posadowsky nahm eine wohlwollende Stellung zu dem Anträge ein, während die Abgeordneten Dr. Hammacher (nat.-lib.), Dr. Barth (fr. Volkes).), Dr. Meyer (fr. Vgg.) und Richter (fr. Polksp.) für die Vorschläge der Kommission eintraten. Abg. v. Bennigsen wünschte bis zur dritten Lesung noch bestimmtere Erklärungen der Regierung in der Frage zu hören. Schließlich fand der Antrag Stumm-Möller mit erheblicher Mehrheit Genehmigung. Im weiteren Fortgange der Sitzung gelangten die Positionen „Aether" und „Bau- und Nutzholz" der Zolltarif-Novelle nach den Kommissionsbeschlüssen zur Annahme, einen vom freisinnigen Abgeordneten Buddeberg gestellten Antrag auf Ausdehnung der zollfreien Übergangsperiode für Bau- und Nutzholz im Grenz verkehr bis zum Jahre 1903 lehnte das Haus ab. In der Mittwochssitzung wurden die übrigen Bestimmungen der Novelle, sowie die mit letzterer zusammenhängende kaiserliche Verordnung, betr. die Erhebung eine« Zollzuschlages für Waaren aus Spanien und den spanischen Kolonien, erledigt. Die Reichstagskommisson zur Vorberatbung de« Antrages Kanitz hat sich konstituirt und den nationallibcralen Abgeordneten Dr. Paasche einem Gegner des Antrages, zum Vorsitzenden gewählt. Die Kommission für die „Umsturz- Vorlage" hielt am Mittwoch eine letzte Sitzung zur Feststellung des Berichts ab; die Vorlage dürste in der ersten Maihälftc zur weiteren Berathung im Plenum kommen. Die Kommission füc die Tabaksteuer-Vorlage tritt am 1. Mai zur zweiten Lesung zusammen. — B erlin. Zu den Eröffnungsfeierlichkeiten des Nordost seekanals wird der gesammte Reichstag eingeladen werden. Das Mai fest steht hart vor der Thür, in den Arbeiter blättern ist aber von besonderer Feststimmung noch wenig zu verspüren. Selbst der „Vorwärts" mahnt, daß die Arbeiter, die bei der Feier am 1. Mai mit Arbeitsentlaffung zu rechnen hätten, sich nicht unnütz in Gefahr begeben sollen. Und soweit sich erkennen läßt, ist auch nirgends die Lust vorhanden, eine neue Kraftprobe in Szene zu setzen. Nur in den großen Städten werden die üblichen Festversammlungen an diesem Abend abge- halten werden. Kaum ist der Friedensvertrag zwischen Japan und China ratifizirt, und schon wissen Berliner Börsenblätter von Verhand lungen zu berichten, welche über eine An leihe von 50 Millionen Mark der chinesischen Regierung und der deutschen Bankgruppe schweben sollen. Zinsfuß und UebernahmcourS sollen bereits vereinbart worden jein. Das Geschäft mag für die betreffende Bankgruppe sehr gewinnverheißend sein, zumal China durch seine Zvlleinnahmen noch ein hinlängliches Unterpfand geben kann. Indessen müssen doch gegen die neue Anleihe ernste Bedenken erhoben werden. Nach dem Börsenreform-Gesetzentwurf ist vor der Zulassung fremder Werthpapiere ein Prospekt mit solchen Angaben zu veröffentlichen, die für die Beurtheilung der Werthes der einzuführenden Papiere wesentlich sind. China hat kein Budget im europäischem Sinne, und so würde voraussichtlich dieser Bedingung nicht entsprochen werden können. Immerhin "äff d'^em Falle, zumal diese Bestimmung noch nicht in- kraft steht, eine Ausnahme zu machen, wenn die betreffende Bankgruppe nachweisen könnte, daß sie bei dem Abschluß der Anleihe die Interessen von Deutschlands Ausfuhrindustrie und Ausfuhrhandel ausreichend gewahrt habe und daß bei der Ver wendung des von Deutschland stammenden Anleihekapitals deutsche ^ntressen berücksichtigt werden würden. Wenn China mit dem Erlöse dieser Anleihe neue Kriegsschiffe oder sonstigen Kriegs bedarf oder Eisenbahnschienen oder sonstige Erzeugnisse etwa auS England oder Nordamerika beziehen sollte, dann müßte von maßgebender Stelle dieser Anleihe entgegengetreten werden, was durch offiziöse Kundgebungen wirksam genug geschehen kann. Der Streik der Pariser Omnibusbediensteten behält noch immer sein bedrohliches Aussehen. Die Streikenden begehen fortgesetzt Ausschreitungen und haben täglich Zusammen stöße mit der Polizei und Gendarmerie. Auch wird bereits die Frage eines Generalstreikes aller im Personentransportwesen in Paris Angestellten aufgeworfen. — Die Operationen der Franzosen auf Madagaskar nehmen ihren siegreichen Fort gang. Die französischen Truppen eroberten das Fort Ambo- himarina, die kleine Batterie Mahabo und das verschanzte, von 3000 Howas vertheidigte Lager von Miadane; die Howas er litten in diesen Kämpfen starke Verluste. Nach einem Berichte de« bekannten deutschen Forschungsreisenden Eugen Wolff aus Madagaskar ist der Stamm der Lakalaven zu den Franzosen übergegangen. Auf der Insel Cypern macht sich eine Bewegung be merklich, welche auf Lostrennung Cypernö von England und Uebergang der Insel an Griechenland zielt. Die Angelegenheit verursacht erhebliche Erregung unter den Cyprioten, es werden Zusammenstöße zwischen Türken und Griechen befürchtet. — Die tonangebenden Londoner Blätter sprechen sich sämmtlich gegen eine Theilnahme Englands an der eingeleiteten diplomatischen Aktion Rußlands, Deutschlands und Frankreichs zur Revision des Vertrages von Shimonoseki aus. Es erscheint, daß diese Auslassungen der Londoner Presse die Anschauungen der Londoner Regierungskreise in der ostasiatischen Jnterventionsfrage wiedcr- geben. Vom Kaiser von Japan ist infolge des Friedensschlusses