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Beitrage 272 einen kassettirten Rahmen mit 2 Cicero breiter mau rischer Bordüre, Schwarz auf Gold gedruckt; das Ganze wirkt sehr dekorativ, der ornamentirte Bau soll lediglich als solcher gezeigt werden, weshalb die drei eingedruckten Titelzeilen schmutztitelartig zurücktreten. Bei der so entstehenden Leere des Innenraumes sorgt der senkrecht schraffirte Ton des Fonds dafür, dass dem Auge keine öde Fläche begegnet. Ein glatter Ton würde diese Aufgabe nie erfüllen können; dieser Umstand bleibe für ähnliche Fälle im guten Gedächtniss bei all den Druckern, welche mit ihrem »Ton bleibt Ton« solche feinen Wirkungen zumeist übersehen. — Ein vierseitiges Blatt aus dem »Festblatte zum Carroussel in Wien, April 1894« bringt die Kunstanstalt y>Steyrermühl« in Wien (295). Das Titelblatt besteht in einer Architektur-Zeichnung in Feder, zum Stil der Architektur passt die eingezeichnete Schrift: »Carroussel zu Wien« streng genommen nicht, dagegen eher zu der Kupferstich-Leiste der zweiten Seite. Die übrigen Seiten enthalten autotypische Reproduktionen von Gruppen und Porträts aus jener festlichen Veranstaltung, begleitet von Text. Das Ganze ist eine vornehme und sorgfältig durch geführte Arbeit. — Zwei geschlossene Rahmenarbeiten in gutem Farbendruck zeigen die Blätter 292 von Hudolf M. Rohrer in Brünn und 294 von R. Spies & Go. in Wien. Eine elegante stilvolle Satz- und Druckleistung ist der Schriftprobentitel von Gottlieb Gistel & Co. in Wien (269). — Carl Louis Posner &Sohn in Budapest (289) verbinden Buch- und Steindruck mit grossem Vortheil. Die obere Partie des Titels zu einem »Betümintäk« (Schriftprobenbuch) ist reizend; in dem rechts aufgelegten Rokoko-Schilde kann wiederum die schöne Wirkung eines schraffirten Fonds studirt werden, zumal auf diesem Blatte dicht daneben ein gelber glatter Ton ein besonders schlechtes Pendant bildet. Der Beitrag 301 von J. Wimmer in Linz a. D. bewegt sich in mässiger Freimanier und ist gelungen bis auf den unwahren grünen Baumschlag der Vignette. Die Pester Buchdruckerei-Aktien-Gesellschaft bringt in Beitrag 286 den Versuch eines sozusagen imitirten Iris - Tondrucks, in Blatt 287 aber den Umschlag einer »Amerikafahrt«, welcher durch eine mattgedruckte Schiffsvignette wirkt. Wir sahen den selben Titel bei anderer Gelegenheit auf Kalblederpapier gedruckt und würden ihn auch für den Muster-Austausch so geliefert haben. — Gute Blätter sind weiter die Nummern 267, 270, 279 a und 288; letzteres speziell durch eine kleine Adresskarte in Chromolithographie. Ein Uebermaass von Arbeit findet sich auf den Blättern 261, 263 und 279. Theodor Böhm in Neustadt a. d. Mett, zeigt grosses typographisches Können. Das Blatt (261) enthält aber des Guten zuviel. Die grün-goldene Leiste links sollte ganz fortfallen und der Titel etwas weniger Schmuck zeigen. Der Druck ist gut. — Blatt 263 von W. Burkart in Brünn enthält einen gut durchgeführten Rechnungskopf — aber zu viel Ornamente! Carl Laubner in Essegg arbeitet vorsichtigerweise in Linienmanier, sein Beitrag (279) leidet aber an zu vielen Käste lungen. — Zwei zarte Rokokoblätter, welche zu den vorstehend genannten vier massiven Arbeiten in stärkstem Gegensatz stehen, bringt die Firma Jos. Feichtingers Erben in Linz a. D. (266, 266 a); Druck und Satztechnik ist gut. Die Entwürfe selbst aber erscheinen etwas zerrissen, was allerdings durch gelungene Einzelwirkungen gemildert wird. Gute Durchschnittsleistungen liegen in den Blättern 280 und 291 vor. Was über Oesterreichs graphische Reproduktionen zu sagen ist, wird am Schlüsse unserer Besprechung gemeinschaftlich mit denjenigen aller anderen bei tragenden Länder Platz finden. Die typographischen Beiträge der Schweiz, neun an der Zahl, sind durchgängig schöne Leistungen in moderner Technik, mit starker Verwendung der Linie und vorsichtiger Benutzung von Vignetten. Daher der solide Charakter dieser Beiträge. Aus Basel bringt die Buchdruckerei Kreis (319) ein elegantes Zirkular; die Schweizerische Verlags-Bruckerei ebendaselbst zeigt ein Diplom (318) und einen Umschlag (326). Wagner, Goessler & Cie. und D. Bürkli in Zürich (325 und 316) vertreten diese Stadt eben falls auf das beste, wenn auch der Beitrag 316 in den Farben etwas verunglückt ist; der gelbe Innenton passt nicht zum violetten Rahmen. Zollikofer in St. Gallen (327) und G. Binkert in Winterthur (317) sind nach ihren guten Leistungen im besten Rufe, Neukomm & Zimmermann in Bern (323) und Simon Tanner in Samaden (324a) streben ihnen mit Erfolg nach. Von Belgien und den Niederlanden, sowie von unseren nor dischen Nachbarn Dänemark und Skandinavien geben zusammen 23 typographische Beiträge Kunde. Der einzige Beitrag aus Belgien von Beyaert Sioen in Courtrai eröffnet als Nr. 1 den Band. Ein breiter Rahmen enthält auf goldenem Grunde rothe und grüne, weisse und blaue Ranken in vlämischem Stil. Das Innen feld führt die Firma in gothischer Schrift mit Initialen. Eine ähnlich stilvoll ausgeführte Arbeit ist der Beitrag 9 von Martius Truelsen in Kopenhagen, der in ernster Farbenstimmung unter reicher Verwendung von Gold wuchtige nordische Ornamente und entsprechende Schriftzeilen führt. Beide Blätter sind sehr gelun gene Arbeiten aus dem Gebiete der ornamentalen Chromo-Zinko graphie. Um aber zu zeigen, dass sie nicht bloss schöne Kunst drucke zu erzeugen in der Lage ist, sondern dass sie auch dem Tagesbedarf an vorkommenden Accidenzen Genüge leisten kann, druckt diese Kopenhagener Firma als Blatt 10 einen wirklichen Schnellschuss, zu welchem einschliesslich Satz und 3000 zwei farbigem Druck nur 13 Stunden gebraucht wurden, der in Anbetracht dessen dennoch gut ausgeführt ist. — Eine saubere Stilarbeit in Satzmaterial bietet C. C. Callenbach in Nijkerk (240), einige moderne Sätze aber B. ten Brink in Meppel (239). Von den übrigen Niederländern verdienen noch Erwähnung die Blätter 243 und 244 a, während 244 in der Farbenwahl gänzlich verdorben ist. — Aus Christiania liegen in den Blättern 251, 252 und 254 gute Durchschnittsleistungen vor; 252 hat durch zu vielen Schmuck gelitten. Ein ähnliches Trio vertritt die Buchdrucker Stockholms mit den Beiträgen 313 bis 315. Schluss folgt. Druckgewerbe in Dänemark, Schweden und Norwegen. Eine interessante Beschreibung der Entwickelung des Druck gewerbes in den nordischen Reichen bietet die »Nordisk Trykkeri- Tidende«. Wir entnehmen daraus das Nachstehende: Der Druckereibetrieb in Skandinavien hat sich in den letzten 12 bis 15 Jahren beinahe um das Doppelte vergrössert, und wenn es so weiter geht, werden die drei nordischen Länder unstreitig ein empfängliches Feld bieten für die sich immer weiter ent wickelnde Maschinen-Industrie und die Schriftgiesserei. Nicht bloss, dass die Zeitungsliteratur sich in stetem Wachsthum be findet, in Anzahl wie an Auflagen; es vermehren sich auch alle übrigen Drucksachen, literarische wie geschäftliche, sodass die Arbeit für die Druckereien sich immer vergrössert, und neue Geschäfte gegründet werden. Und es scheint, als ob die An fänger das meiste Glück haben. Es befinden sich zur Zeit in Norwegen ungefähr 120 Buch druckereien, von welchen die Hauptstadt 38 besitzt. Es sind durchgängig kleine und mittlere Geschäfte mit bis sechs Maschinen, nur ein Geschäft hat zehn Maschinen. Keine Druckerei hier beschäftigt über 40 Gehilfen, oder — alle Arbeiter und Angestellte zusammen gerechnet — 100 Personen. Dieser verhältnissmässig geringen Arbeitskraft gegenüber muss der Gewinn noch immerhin als befriedigend bezeichnet werden. Äusser den Zeitungs -Verlegern können noch sechs oder sieben Geschäfte einen Umsatz von 80000 bis 140000 Kronen und einen Reingewinn von 15000 bis 30000 Kronen aufweisen; in einzelnen Fällen wird wohl auch ein Umsatz von 180000 bis 200000 Kronen erzielt. In den Hauptstädten der beiden andern nordischen Schwester länder sind die Verhältnisse natürlich grösser. So kann Stock holm vier Druckereien mit 15 bis 20 Schnellpressen verzeichnen. Schweden ist überhaupt mit Bezug auf die Grösse der Geschäfte den beiden andern Ländern weit überlegen. Mehrere Betriebe beschäftigen 150 bis 200 Personen und erübrigen ihren Direktoren Jahresgehalte von 20000 Kronen. Im Ganzen hat Schweden ungefähr 400 Buch- und Steindruckereien, davon 80 in Stockholm und 28 in Gothenburg. Ein mit der Druckindustrie gesegnetes Land ist Dänemark. In jedem kleinen Fleckchen, in jedem Neste befindet sich eine oder mehrere Druckereien. Dänemark hat im Verhältniss zu seiner Grösse und Einwohnerzahl bei weitem die meisten Druckereien von den nordischen Ländern; in Kopenhagen allein befinden sich gegen 120. Der grössere Theil von diesen besteht indess aus ganz kleinen Geschäften. Äusser den Zeitungs druckereien beschäftigen nur acht oder neun Druckereien über 20 Gehilfen, jedoch keine mehr als vierzig. Die gesammte Gehilfenzahl in den drei Ländern, die am sichersten maassgebend ist für den ganzen Umfang des Gewerbes, dürfte sich wohl auf ungefähr 3700 belaufen und zwar so, dass 700 auf Norwegen kommen und je 1500 auf die beiden andern Länder. Die Setzmaschine hat hier wie in Deutschland noch wenig Eingang gefunden. Nur in Kopenhagen sind acht bis zehn Maschinen von Kastenbein in Verwendung. Neuerdings machte der Rogersche »Typograph« aus Amerika eine Rundreise durch Skandinavien und wurde mit nicht geringer Aufmerksamkeit seitens der Buchdrucker und Journalisten verfolgt. Ob diese Matern-Setz- und Giess-Maschine praktische Erfolge erzielt hat, ist noch nicht bekannt geworden.