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Nr. 26. PAPIER-ZEITUNG. 795 solange, bis ein dem Auge deutlich sichtbares Relief entstanden ist. Hierauf wird die Platte stark erwärmt, damit alle Feuchtig keit aus derselben entfernt wird. Die gut handwarme Platte wird nun von vier Seiten mit breitem, weichem Pinsel gleichmässig mit Drachenblut angebürstet; sodass an den Seitenwänden der Kon turen eine Bank entsteht. In Amerika nennt man dieses Verfahren »banking make.« Nach jedem Anbürsten, wozu man bis dreier Pinsel bedarf, um das überschüssige Drachenblut zu entfernen, wird die Platte erwärmt, jedoch nur so stark, dass die Drachen blutbank noch röthlich erscheint. Beim Einstäuben hat man darauf zu achten, dass die Platte weder zu kalt noch zu warm in das Drachenblutpulver kommt, da im ersteren Fall sich keine Bank bildet, im letzteren aber das Drachenblut auf der Platte hängen bleibt. Sehr wichtig ist auch die richtige Pinselhaltung bez. Führung, die stets eine schiefgeneigte, vielleicht im Winkel von 25°, sein muss, weil ein vertikaleres Bürsten mit dem Pinsel ebenfalls das Bankmachen verhindert. Ist die Platte gleichmässig angebürstet, so kommt dieselbe in das vorige Bad, welches um etwa das Doppelte mit Säure verstärkt wird. Es ist schwer, diese Verstärkung genau anzugeben, da der Amerikaner die Säure nicht lange mit Mensuren abschätzt. Das Aetzen ist also Gefühls sache und dem Geübten passirt höchst selten ein Verstoss; der wenig Geübtere kann sich leicht durch öfteres Nachsehen behelfen. Eine Platte wird 3 bis 4 mal angebürstet, wodurch eine immer breitere Bank entsteht, und dieser entsprechend wird geätzt. Es wird immer so lange geätzt, bis die Zeichnung rein dasteht, ohne jedoch im mindesten angefressen zu sein. Dadurch erhalten wir ein Klischee, dessen Linien steil abfallen, sodass die Aetzung dem Drucker ein wahrer Augen- und Arbeitstrost ist. Während die Linien eines Klischees nach europäischem Verfahren stets auf einer dicken, breiten Unterlage liegen, erscheinen sie beim amerikanischen Verfahren wie gravirt. Nach der dritten bis vierten Aetzung kommt die Platte in heisse Pottaschenlösung, worin sie gereinigt dem »Routingman« übergeben wird. Dieser hat die Pflicht, die grösseren Weissen tiefer zu routen oder zu fräsen. Wer jedoch keine Routing maschine besitzt, denn eine solche mit Dampfbetrieb kommt ziemlich theuer, der wendet so lange das Staubverfahren an, bis die Platte die gewünschte Tiefe hat. Grössere »Weissen«, d. i. blanke Metallstellen, können übrigens ausgesägt werden. In Amerika ist der Besitz einer oder mehrerer Fräsmaschinen bei dem hastenden Geschäftsgang unumgänglich nothwendig, um Zeit zu sparen. In einer Stunde ist drüben ein Klischee in der Grösse von 20 bis 30 cm fertig, Aufnahme inbegriffen. B. Halbtonätzung (Autotypie). Als die Autotypie im Jahre 1883 durch die Firma Meisen bach der graphischen Fachwelt geschenkt wurde, hatte es nicht an abfälligen Kritiken gefehlt. Es ist aber der verpönten Auto typie gelungen, in verbältnissmässig kurzer Zeit sich derart auf zuschwingen, dass sie nicht nur dem Lichtdruck und der Photo- gravure, was Schönheit und Plastik anbetrifft, nahe kommt, nein, noch mehr hat sie vollbracht; sie hat ihren Feinden die Zungen gelöst und diese als ihre wärmsten Lobpreiser gewonnen. Die amerikanische Autotypie theilt sich ein in solche für Zeitungsdruck und in solche für Kunstdruck. Mit der Autotypie letzterer Gattung soll sich das folgende Kapitel hauptsächlich befassen. Wie oben bei der Strichätzung, wird auch hier ein Negativ verlangt, dessen Fläche gut gedeckt und dessen Lichter glasklar sind. Bei der Aufnahme kommen zwei Blenden in Anwendung; zuerst Blende III oder IV, je nach der Helligkeit des Originals, für dessen Lichter, und die kleinste, meist selbstgefertigte Blende für die Schatten. Für jede Blende benütze man die Hälfte der Expositionszeit. Nur dadurch ist es möglich, offene Schatten und geschlossene Lichter zu bekommen. Hier gilt als Prinzip: »Je kleiner die Blende (Papierblende), desto mehr Details in den Schatten; je grösser die Blende, um so mehr schliessen sich die Lichter, und die Schatten bekommen weniger Einzelheiten.« Durch abwechselndes Herabmindern mit Jodkalium- und Cyankaliumlösung und nachherige wiederholte Verstärkung kann man das Halbtonnegativ wesentlich verbessern. Zum grösseren Verständniss will ich das Ganze näher erläutern. Wir nehmen an, Exposition und die Wahl der Blenden war richtig, ebenso die Entwickelung. Nachdem das Negativ unter der Brause fünf Minuten lang gewässert wurde, folgt die Verstärkung mit Kupfer. Vorschrift: I. Kupfer bezw. Kupfervitriol . . 1 Wasser 8 II. Bromkali . 1 Wasser 16 Jede Lösung wird besonders angesetzt und beim Gebrauch zu gleichen Theilen vermischt, worauf die Platte wieder kurz ge waschen und mit Silber verstärkt wird. Silber 1 Theil, Wasser 20 Theile. Wenn die Verstärkung durchgegangen ist, was man an der Rückseite der Platte erkennt, wird wieder gewaschen und der Jodcyanidabschwächer benutzt. Vorschrift: Jod Jodkalium 1 Wasser 20 Die Lösung wird verdünnt bis sie hellweinroth wird. Das Negativ wird mit dieser Lösung übergossen, bis es milchigweiss erscheint, hierauf wird wieder gewaschen und das Negativ in Cyankalium weiter abgeschwächt. Wenn die Punkte in den tiefsten Schatten herausgefressen sind, wird solange ver stärkt, bis die Lichter anfangen sich zu schliessen. Das Negativ wird, wie oben schon angedeutet, mit Kautschuk und Leder- Kollodium abgezogen, dem Kopirer und hernach dem Aetzer übergeben. Das Kopiren der Autotypien geschieht wie oben entweder mit Chromeiweisslösung oder durch den sogenannten Emaille prozess. Statt Chromeiweiss verwende ich mit Vortheil das von mir zurechtgelegte Rezept: Chromgummilösung. doppelt-chromsaures Ammon. 3 Wasser, dest 5 0 Gummi arabic., weiss ... 5 Wasser 15 0 Ammoniak 5 Das Einschwärzen der Kopie geschieht wie bei Strich ätzungen, nur mit noch weniger Farbe. Diese Kopien zeichnen sich gegenüber den mit Chromeiweiss erzielten durch ausser ordentliche Schärfe und grösste Reinheit aus, wobei ihre Säure- widerständigkeit gleich ist. Der Emailleprozess gründet sich auf die Erhitzung des chromirten Fischleims, welcher dadurch eine grosse Säure- widerständigkeit erhält. Als Fischleimsorte wird entweder amerikanischer oder norwegischer Fischleim benutzt. Der Emailleprozess wird nur dann angewendet, wenn es sich darum handelt, eine Autotypie zu erzeugen, die an Feinheit dem Licht druck oder der Photogravüre gleichkommen soll. Dazu bedient man sich eines Glasrasters von 200 Linien auf den englischen Zoll. Die Raster unterscheiden sich in solche für Zeitungsdruck und in solche für Kunstwerke. Ein Raster für ersteren Zweck hat nur 90 Linien auf den Zoll, während die Raster für feinere Sachen auf 150 bis 200 Linien auf den Zoll anwachsen. Letzterer Raster hat ein Korn, das mit freiem Auge nicht sichtbar ist und dem feinsten Lichtdruckkorn sich gleichstellen kann. Dass eine solche Autotypie schon mehr ein Kunstwerk ist, dürfte wohl von Niemand bestritten werden. Die grösste Schwierigkeit neben der Herstellung eines geeigneten Negativs ist hier das Kopiren. Der Kopirer muss sozusagen wissenschaftlich gebildet sein; zum mindesten muss er die Photochemie der Chromsalze kennen, wobei Theorie und Praxis sich die Waage halten müssen. Ein nur mittelmässig Geübter wird schwerlich ein gutes Bild zu Stande bringen. Die Autotypien für Zeitungsdruck sind bedeutend leichter herzustellen und unterscheiden sich durch eine ausserordentlich tiefe Aetzung. Doch genügen hier zwei bis drei Aetzungen, um tadellosen, reinen Druck zu erzielen. Die künstlerische Autotypie, wie ich die für feinste Arbeiten nennen möchte, bedarf nur einer Aetzung, um druckreif zu sein. Hier muss aber alles Zusammenwirken, denn ein mustergiltiger Druck, bestes Papier, feinste Farbe und vorzügliches Pressen system müssen ihr Theil dazu beitragen. Internationaler Graphischer Muster-Austausch 1894. Fortsetzung zu Nr. 25. Das graphische Kunstgewerbe Oesterreich-Vngarns hat im dies jährigen Bande 41 Blätter (gegen 46 in 1893) gespendet. Wien ist mit typographischen Beiträgen recht schwach vertreten, ver- hältnissmässig besser dagegen die aufstrebende Druck-Industrie Budapests. Bei der kleinen Anzahl der österreichischen Beiträge ergeben die ungemein gemischten Ausstattungsweisen der typo graphischen Blätter ein sehr buntes Gesammtbild, welches von mancherlei Uebertreibungen nicht frei ist. Schöne stilvolle Arbeiten liegen in den Blättern 269, 272, 292 und 294 vor. Die k. k. Hof- und Staatsdruckerei zeigt auf dem