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Nr. 3. PAPIER-ZEITUNG. 73 Bibliothekzeichen. Forts, zu Nr 2 II. Mit dem 16. Jahrhundert werden die Bibliothekzeichen häufiger; eine Reihe der trefflichsten Künstler aus der Blüthezeit der deutschen Renaissance, wie Lukas Cranach, Barthel Beham u. A. lieferten die Entwürfe hierfür, welche von tüchtigen Holz schneidern in Birnbaumholz geschnitten wurden. Selbst Albrecht Dürer verschmähte es nicht, Bücherzeichen auszuführen, von denen Bec Theodorici sunt. armaq3. singnaqs. Blochi felsina que medica. reddidit arte deum des Nürnberger Juristen Christoph Scheuri, das Lukas Cranacli zugeschrieben wird. Auf andern Blättern findet sich wohl auch ein Heiliger, z. B. der heilige Laurentius, der das Wappen des Propstes Hektor Pömer zu St. Lorenzen zu Nürnberg hält — ein Blatt, das Dürer zugeschrieben wird —, oder gleich zwei Heilige, wie z. B. auf dem Bibliothekzeichen des Wittenberger Mediziners Dietrich Bloch (Fig. 2), dessenWappen von den zwei Sch utz- patronen der Aerzte, den Heiligen Cosman und Damian, gehalten wird. Das Blatt wird als eine Arbeit Lukas Cranachs angesehen. Reizend ist das in Fig. 3 verkleinert wiedergegebene Bibliothek zeichen des Hieronymus Ebner in Nürnberg, vom Jahre 1516, auf welchem die Wappen von Engeln gehalten werden. Hier liegt wohl unzweifelhaft eine Arbeit Dürers vor. Es giebt aber auch Bibliothekzeichen, in denen das Wappen eine vorherrschende Stelle nicht einnimmt, wie z. B. auf einem zweiten Zeichen des schon genannten Christoph Scheuri, das Scheuri und seine beiden Söhne Georg und Christoph vor einem in einer Landschaft stehenden Kruzifix knieend darstellt, an dessen Fuss das Scheurl’sche Wappen lehnt (Fig. 4). Dieses Quod cernis quernu clipeo splendescere robut Sunt eure medicis. Blochiaq; arma. dcis Eig. 2. Bibliothekzeichen von Dietrich Bloch (in 1/2 Grösse) wahrscheinlich eine Arbeit von Lukas Cranach. das reizende für seinen Freund, den berühmten Humanisten und Staatsmann Willibald Pirkheimer, besonders erwähnt sei. Und so ist es gekommen, dass viele Bücher des 16. Jahrhunderts durch die eingeklebten gleichzeitigen Zeichen sich eines prächtigen künstlerischen Schmuckes erfreuen, der in der Gegenwart manch mal höher geschätzt wird, als die Bücher selbst. In dem weitaus grössten Theil der Bibliothekzeichen spielt das Familienwappen des Besitzers die Hauptrolle; es ist, oft auch mit dem der Frau oder manchmal auch mit dem der Eltern Fig. 3. Bibliothekzeichen von Hieronymus Ebner (1516); verkleinert. Vermuthlich einer Arbeit von Albrecht Dürer. entweder unter einer Architektur aufgestellt, oder befindet sich in einer ornamentalen Umrahmung, oder innerhalb eines Kranzes, wohl auch zwischen Spruchbändern mit dem Namen und dem Wahlspruch des Besitzers. Oft werden die Wappen von den zu ihnen gehörenden Schildhaltern gehalten, manchmal auch von einer Frau in der Tracht der Zeit, wie z. B. auf dem Bibliothekzeichen Fig. 4. Bibliothekzeichen von Christoph Scheuri (in 1/2 Grösse). Bibliothekzeichen führt uns zu einer besondern Gattung derselben, nämlich zu denen, die mit dem Bildniss des Bibliothek-Inhabers geschmückt sind. Das Scheurl’sche dürfte wohl das älteste dieser Art sein. Von den Bibliothekzeichen mit Porträts, die nicht sehr häufig sind, sei noch das des Nürnberger Messerschmiedes Johannes Vennitzer erwähnt, der zu Anfang des 17. Jahrhunderts eine werthvolle Kirchenbibliothek stiftete und in die Werke sein von J. Pfann 1618 gestochenes Brustbild einkleben liess, unter welchem folgende Verse stehen: „Die Bibliothec von mir gstifft jn forentzer Pfarrhoff auffgricht >s nicht zu ruhm des XTahmens mein Sondern jur Ehr Sottes allein Geschehen aus Erieb deß Eeyligen Geis Au5 welchem alles gutes fleust." Da Vennitzer kein Familienwappen führte, so ist zwischen seinem Brustbild und den Versen das Wappen seines Gewerbes, das der Messerschmiede, angebracht. Nicht alle Bibliothekzeichen des 16. Jahrhunderts zeigen künstlerische Ausstattung, doch waren es nur wenige, welche ganz darauf verzichteten. In Fig. 5 geben wir ein solch schmuckloses, nur mit Typen gedrucktes verkleinert wieder. Es gehörte dem Johann Faber, Bischof von Wien. Sein Text lautet in deutscher Uebersetzung: