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826 PAPIER-ZEITUNG. Nr. 26. liehen Gesetzbuch ein deutsches Wasserecht zu erwarten wäre. In den Motiven zu dem Entwurf des bürgerlichen Gesetzbuchs wird aber die Einbeziehung des Wasserrechts in dasselbe geradezu abgelehnt, und diese Ablehnung damit motivirt, dass das Wasserrecht wegen des engen Zusammenhanges der privatrechtlichen und polizeilichen Bestimmungen sich zur Aufnahme in das bürgerliche Gesetzbuch nicht eigne, das Wasserrecht sei der Bestimmung der Landesgesetze zu unterwerfen. Durch den Entwurf des preussischen Wassergesetzes soll der Ge danke einer einheitlichen Regelung des gesammten Wasserrechts sowohl nach der öffentlich rechtlichen, als nach der privatrechtlichen Seite verwirklicht werden. Die Begründung erklärt diese Nothwendigkeit dadurch, dass > beide Seiten in untrennbarem Zusammenhänge stehen, und der Schwerpunkt des Wasserrechtes gerade auf Seiten des öffent lichen Rechts liegt«. In der Art, wie diese Anschauung in dem Ent würfe durchgeführt ist, kommen deren Konsequenzen zur Erscheinung, nämlich die Verlegung des Schwerpunktes von der privatrechtlichen auf die öffentlich rechtliche Seite, und damit die Gefahren, Beeinträch tigungen und Beschränkungen der aus dem bestehenden Eigenthum und dessen Nutzungen sich ergebenden Rechte. Der Entwurf nimmt den Anliegern zwar die ihnen bisher obliegende Unterhaltungspflicht der Gewässer ab, und überträgt sie auf öffentliche Verbände, stattet die letzteren aber mit so vielen Rechten aus, dass die Anlieger in der Aus- übung ihrer Besitz- bezw. Nutzungsrechte dadurch erheblich beein trächtigt werden. Der Entwurf schafft neue öffentlich rechtliche In stitutionen durch »Verleihung« des Rechts zur Benutzung und Ver änderung von Wasserläufen, welche eine Schmälerung bestehender Privatrechte in sich schliesst. (§§ 41, 44, 45.) Der Entwurf schafft auf derselben öffentlich rechtlichen Grundlage die »Zwangsgenossen schaften« zur Ent- und Bewässerung von Grundstücken, und zur An legung und Benutzung von Sammelbecken (§ 214 flgde.) zu gewerblichen Zwecken, stattet dieselben mit dem Recht aus, den Beitritt von Anliegern zu der betreffenden Genossenschaft zu erzwingen, und zwar schon zu einem Zeitpunkt, wo die Zwecke und die Art der Herstellung zwar auf dem Papier festgestellt sind, die Durchführbarkeit sich aber noch nicht thatsächlich erwiesen hat. Der Entwurf zwingt also Anlieger, sich an derartigen spekulativen Unternehmungen, auch selbst gegen ihr besseres sachverständiges Wissen und Ueberzeugung, zu betheiligen, mit ihrem eigenen Vermögen für die Liquidität der Zwangsgenossenschaft einzustehen, und wenn das persönliche bewegliche Vermögen nicht zu reicht, sich selbst der Zwangsversteigerung zu unterwerfen. Der Ent wurf gewährt zu solchen Zwecken auch das Recht der Enteignung, wenn das Unternehmen anders nicht zweckmässig ausgeführt werden kann (§ 245 flgde.) und schafft in Konsequenz dieser Bestimmung für den Besitzer einer gewerblichen oder industriellen Anlage die Möglich keit, in der organischen Entwickelung seines Unternehmens zeitweise oder gänzlich gestört zu werden, wofür auch die eintretende Ent schädigung in dieser Beziehung kein Aequivalent bieten kann, denn nur der zur Zeit der Enteignung thatsächlich vorhandene Werth bildet den Gegenstand der Entschädigung. Die Vorschriften des Entwurfs zur Reinhaltung der Gewässer und die sehr einschneidenden Maassregeln zur Freihaltung des Hochwasser gebietes können in ihren Konsequenzen sogar zur Beseitigung einer ge nehmigten Anlage führen, ohne dass dafür Entschädigung beansprucht werden kann (§ 167, Absatz 2), und selbst die bei dem etwaigen In krafttreten des im Entwürfe vorliegenden Gesetzes bestehenden Rechte an den Gewässern werden in Mitleidenschaft gezogen, da Absatz 2 des § 295 die Ausübung dieser Rechte den Vorschriften dieses Gesetzes unterwirft. Angesichts dieser durch den vorliegenden Entwurf geplanten Ein griffe in Privatrechte und wohlerworbenen und durch fleissiges, geistiges Schaffen geförderten Privatbesitz, welche deren Fortbestand auf eine vollständig unsichere Grundlage stellt, ist die Frage berechtigt, ob die Urheber des Entwurfs wirklich der ungeheuren Tragweite seiner Bestimmungen und des Zustandes, der durch ein solches Gesetz geschaffen würde, sich voll bewusst gewesen sind? ob die Aufgabe, welche der Entwurf nach den Worten seiner Begründung sich gestellt hat, für die vielfach nebeneinander bestehenden oder sich entgegen stehenden privaten und öffentlichen Interessen einen Ausgleich zu finden und das Maass, in dem sie sich wechselseitig bedingen und beschränken müssen, in einer nach beiden Richtungen befriedigenden Weise festzustellen — gelöst ist? oder ob vielmehr in dem Entwurf that sächlich lediglich die öffentlichen Interessen eine Befriedigung finden, die privaten Interessen aber erbarmungslos bei Seite gesetzt werden, und namentlich Gewerbe und Industrie in einem Maasse geschädigt werden, dass die Folgen unübersehbar sein können? Die hier erwähnten Auflagen bilden nur einen kleinen Bruchtheil derjenigen Beschränkungen, Lasten und Erschwerungen, welche eintreten würden, falls der Entwurf Gesetz werden sollte. Die Papierindustrie hat daher ein Interesse, gegen das Zustandekommen eines Wassergesetzes auf Grundlage des vorliegenden Entwurfs zu kämpfen. X. Deutsche Verkaufsstelle in Amerika. Vom Vorstande des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München wird die Errichtung einer deutschen Verkaufsstelle in Amerika geplant. Man will dem heimischen Gewerbe auf diese Weise weitere Absatzgebiete erschliessen. Wahrscheinlich werden kaufmännisch geschulte Beamte des Vereins daselbst den Verkauf der ausgestellten Gegenstände besorgen, neue Geschäftsverbindungen anknüpfen, Auskünfte ertheilen usw. Lieferung frei Berlin. Zu unserer Beantwortung der Frage 612 in Nr. 23 ist uns folgende Aeusserung zugegangen: Ob dieselbe ohne weiteres so zu entscheiden ist, wie Ihre Antwort lautet, möchte ich doch bezweifeln. Die Papierfabrik hat stets franko Berlin verkauft. Kann sie — gleichviel wie — beweisen, dass Berlin Erfüllungsort war, so hatte sie allerdings das Recht, die Lieferung nach Breslau abzulehnen. Aus dem Vortrage der Sache Seite 758 in Nr. 23 geht indess noch nicht hervor, dass Berlin Erfüllungsort war. Vielmehr kann es gemäss § 345 D. H.-G. zutreffen, dass die Papierfabrik lediglich die Kosten der Versendung nach Berlin übernommen hat, und ob in diesem Falle der Richter nicht eine nachträgliche Aenderung der Versendungs-Absprache dem Käufer zubilligt, ist sehr die Frage. Es kommt alle Tage vor, dass der Käufer Aenderungen in diesen Dingen trifft, auch wenn der Kaufvertrag darüber Festsetzungen enthielt. Hier soll in Eilfracht anstatt in Frachtgut versandt werden, da wird die Signatur geändert oder die Adresse des Spediteurs. Man wird von dem vorgetragenen Falle sagen können, dass die eigentliche Leistung der Fabrik in der Anfertigung des Papiers besteht, dass man ein grösseres Interesse bei ihr nicht zu vermuthen hat, dass vielmehr die Versendung nebensächlich und die Tragung der Fracht nur zu be quemerer Berechnung des Käufers verabredet war. Besteht daher bei Papierbestellungen im allgemeinen das Recht des Käufers, Aenderungen in der Versendungsart — unter Verrechnung des Unterschiedes der Kosten — zu treffen, so musste der Verkäufer — falls er gegen mehr als die unmittelbaren Folgen solcher Aenderungen geschützt sein wollte — in diesem besonderen Falle eine Verabredung treffen. Denn der Schaden, welchen die Papierfabrik beim Verkauf in Breslau durch das Kartell treffen musste, brauchte dem Käufer ohne weiteres nicht bekannt zu sein. Kann die Papierfabrik aus besonderen Umständen beweisen, dass der Käufer von dem Kartell hätte wissen müssen, so fällt selbstver ständlich diese Beweisführung zu Gunsten des Käufers in sich zusammen. Wir geben vorstehende Anschauung wieder, und legen nach stehend die Gründe unserer entgegengesetzten Ansicht dar: Berlin ist Mittelpunkt des deutschen Papiermarkts, wo infolge des riesigen Wettbewerbs die niedrigsten Preise bezahlt werden, häufig viel niedriger, als in den Provinzstädten, die der Fabrik näher liegen, oder in deren Heimathsort selbst. Jeder sucht in Berlin oder auch im Ausland das abzusetzen, was er in der Nähe und bei seiner Kundschaft nicht loswerden kann, und muss dabei selbstverständlich mit den Preisen herabgehen. Hätte der Fabri kant die Verpflichtung, Papier, welches frei Berlin verkauft ist, auf Verlangen des Käufers nach zwischenliegenden Orten zu liefern und den Fracht-Unterschied zu vergüten, so müsste er gewärtigen, dass er von Berlin aus bei seiner Kundschaft mit seinem eigenen Papier unterboten würde. Wenn ein Fabrikant seinen Ueberschuss zu verlustbringendem Preise nach dem Aus land, z. B. London, also »frei London«, verkauft, so hat er keineswegs die Pflicht, nach Hamburg zu liefern, und es dem Käufer dadurch zu ermöglichen, die Waare in Deutschland ab zusetzen. Viele Fabriken haben sich auch gebunden, in gewissen Be zirken nur an bestimmte Häuser zu verkaufen, und sie dürfen durch Bewilligung von Fracht-Differenz an Berliner oder andere Händler solche Verpflichtung nicht umgehen. Diese allgemein herrschenden Handels Verhältnisse machen es auch ohne das vom Fragesteller erwähnte Kartell unmöglich, »frei Berlin« so auszulegen, dass damit dem Käufer die Be rechtigung gegeben sei, die Lieferung auch nach anderen Orten zu verlangen. Wenn er dies will, muss er es vielmehr ausdrück lich vereinbaren oder ab Fabrik kaufen, da unter »frei Berlin« dem klaren Wortlaut nach nichts anderes, als kostenfreie Ab lieferung in Berlin verstanden sein kann. Dem Verkäufer liegt es nicht ob, zu erklären, dass »frei Berlin« nicht auch »frei XY« bedeutet, sondern der Käufer muss dies, wenn er will, ausdrücklich bedingen. Der Richter, welcher diese Frage entscheiden soll, wird Sachverständige berufen und diesen die Frage vorlegen, was im Papiergeschäft »frei Berlin« bedeutet. Die Ansichten der Betheiligten werden vermuthlich weit aus einandergehen, es wäre jedoch von Interesse,, zu erfahren, ob vielleicht schon Entscheidungen vorliegen. Wir bitten deshalb um Mittheilung von Erfahrungen. D. Red. Russland hat ungefähr 52 Papierfabriken mit 90 Papier maschinen, welche nahezu alle Papiersorten herstellen. Die Zahl der Holzstoff-Fabriken in Gesammt-Russland beträgt etwa 22, der Zellstoff-Fabriken 8. (Nach »Centralblatt f. d. O-, P.)