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702 Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme. - Nr. 22. Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Buchdruck 00® ® ® ® Steindruck Buchbinderei ® © © ® ® Buchhandel Eingesandte Werke finden Besprechung. Berliner Typographische Gesellschaft. Versammlung vom 14. März 1894. Aufgenommen wurde Herr Franz Bonge. Der Vorsitzende widmete dem Andenken des verstorbenen Mit gliedes und Mitbegründers der Gesellschaft, Franz Schnögula, einige herz liche Worte und veröffentlichte die ihm zugegangene Mittheilung von dem Ableben des Buchdruckereibesitzers Ludwig Schürer von Waldheim. Von der Redaktion der Papier-Zeitung wurde der Gesellschaft eine Sammlung von Accidenzen überwiesen. Sodann wurde über Schutzvorrichtungen zur Unfallverhütung in Deutschland und Amerika referirt auf Grund eines offiziellen Berichtes über die auf der Ausstellung in Chicago zur Darstellung gebrachten Ein richtungen. Es wurde festgestellt, dass in Deutschland Schutzvorrich tungen in viel umfangreicherem MaasseVerwendung finden, als in Amerika, dass man dort dagegen durch Vervollkommnung der Maschinen, be sonders durch selbstthätige Zuführung des Rohmaterials für die Arbeits maschinen, diese für die Arbeiter ungefährlicher zu machen bestrebt ist — vielfach, z. B. bei Hobelmaschinen, mit unbestreitbarem Erfolge. Der Vortrag, den Herr Stadthagen hielt, wurde mit vielem Interesse entgegengenommen und führte zu einem sehr lebhaften Meinungs austausch, der sich schliesslich auf den Maschinenbetrieb überhaupt ausdehnte. Es wurde vielseitig ausgesprochen, dass unsere Schutzvorrichtungen wenig geeignet seien, Unfälle zu verhüten, dass einzelne gerade durch ihre unpraktische Form die Herbeiführung von Unfällen begünstigen, und dass die grosse Mehrzahl der Unfälle durch Unachtsamkeiten ver anlasst würden, gegen die kein Schutz möglich sei. Im weitern Verlauf der Verhandlungen vertrat der Vorsitzende die Ansicht, dass der Buchdrucker sich nicht mit dem begnügen solle, was die Maschinenfabrik als Leistungsfähigkeit einer Maschine angiebt; viel mehr sei es seine Sache, die letztere auf ihre grösstmögliche Arbeits leistung gewissenhaft zu prüfen und die Maschine dann so weit als möglich auszunützen. Den Gewinn, den eine Maschine überhaupt abzu werfen im Stande sei, solle man in kürzester Zeit herauszuholen bemüht sein, und dann verbesserte Maschinen anschaffen. Diesen Ausführungen wurde von anderer Seite widerstritten. Jede Ueberanstrengung einer Maschine räche sich nicht allein durch frühere Abnutzung, sondern schon nach kurzer Zeit durch den Bruch einzelner Maschinentheile, auch leide die Güte der Arbeit dadurch. Herr Messenzehl theilte daraufhin mit, dass in seiner Praxis Rotationsmaschinen, deren Leistungsfähigkeit von der Fabrik auf 23 000 die Stunde bemessen sei, schon seit zwei Jahren mit einer Geschwindigkeit von 27 000 laufen, ohne Schaden gelitten zu haben, auch ergaben die weitern Ausführungen, dass in Wirklichkeit gerade in Berlin viele, sogar Zweifarbmaschinen, weit über die garantirte Höchstleistung hinaus ausgenutzt werden. Selbst da, wo durch solches Verfahren einzelne Theile, z. B. die Kurbelstange, gebrochen sind, hat man nur diese Theile verstärkt, nicht aber den Gang der Maschine verlangsamt. Es wurde hervorgehoben, dass man bei Rotationsmaschinen, in gewissem Grade auch bei Kreisbewegungsmaschinen, die Geschwindigkeit des Ganges ohne Gefahr über die von der Maschinenfabrik garantirte Leistungs fähigkeit hinaus beschleunigen könne, dass dies aber bei den stoss weise arbeitenden Maschinen mit Eisenbahnbewegung nicht rathsam sei. Die mehrseitig erwähnte schnellere Gangart amerikanischer Maschinen wurde darauf zurückgeführt, dass dieselben allgemein ein facher und kräftiger gebaut seien. Der von einer Anzahl von Mitgliedern bereits besichtigte neueste Band des internationalen graphischen Muster-Austausches des Deutschen Buchdruckervereins wurde der vorgeschrittenen Zeit wegen nur im allgemeinen berührt und festgestellt, dass zwar besonders hervorragende Leistungen nicht zahlreich vertreten seien, dass aber die Zahl der wirklich guten Arbeiten, zumal dem Vorjahre gegenüber, überwiegen und einen Fortschritt kennzeichnen. DasGesammtbild des Austauscheszeige, dass man mehr und mehr mit Zinkätzung, Holzschnitt, Messer, Stichel usw. arbeite, und dass der Farbendruck hervorragend sei; auch die Mannigfaltigkeit der Formen sei überraschend und berühre angenehm. Ein getreues Bild des heutigen Standes der Typographie zu geben, sei der Austausch jedoch nicht imstande, denn es fehlten leider eine grosse Anzahl bedeutender Firmen, die ganz Vorzügliches leisten. Zur ein gehenderen Bearbeitung wurde derMuster-Austausch dann der Technischen Kommission über wiesen, ebenso eine im Fragekasten vorgefundene Frage, woran es liegen könne, wenn eine Schrift schon nach einmaligem Stereotypiren schwinde. Ausstattung von Accidenz-Arbeiten. Ein Leipziger Buchdruckereibesitzer schreibt uns: Mit vielem Interesse las ich Ihren Aufsatz in Nr. 16 über Katalog- Umschläge und amerikanische Behandlung von Accidenzdrucken. Ich nehme mir die Freiheit, Ihnen meinen besondern Beifall auszusprechen über die sehr zeitgemässe Behandlung dieses Themas. Wenn ich sonach in der Hauptsache Ihre Anschauungen vollständig theile, möchte ich hier nochmals darauf hinweisen, was ich früher schon ausführte, dass unsern Setzern viel zu viel Zünftlerisches anhaftet, sie kommen über den Begriff • korrekt« nicht weg, und damit ist alle Arbeit schablonen haft einförmig. Da die meisten Inhaber von Druckereien Fachmänner sind, ergiebt sich hieraus eher eine Erschwerung als Förderung der Absichten des Bestellers. Der eigentliche Zweck meiner Zeilen ist die Frage, ob sich Ihre hübschen Muster nicht nutzbar machen lassen? Man müsste so etwas sehen, studiren können, gelegentlich zur Hand haben. Dann weiter wäre mir nähere Angabe erwünscht, wie Sie sich das denken: Wir sollen den Zinkographen mehr zu Hilfe nehmen. Das ist ziemlich theuer. Um es kurz zu überschlagen, taxire ich solche Ausführung wie die Katalog-Decke Seed Annual etwa wie folgt: Entwurf vom geschickten Zeichner etwa 15 bis 20 M. (gar zu flüchtig darf er nicht sein, der Besteller muss einen guten Eindruck davon haben, und einen Anhalt für den spätem Ausfall der Arbeit). Danach Zeichnung ins Reine doch wohl 50 bis 60 M., dazu nun die Zinkographie in mehreren Farben! Genug, so etwas wird immer ziemlich kostspielig, und wenn man auch hier und dort Kunden findet, die etwas anlegen wollen, so sind dies doch nur wenige. Die unausbleibliche Forderung, sich von mehreren Mustern etwas aussuchen zu wollen, erschwert es dem Drucker sehr, etwas Gutes zu liefern, ohne dabei zuzusetzen. Für praktische Winke in dieser Hinsicht wäre ich Ihnen sehr dankbar.« » * * Wir wissen wohl, dass in den meisten Druckereien Leute fehlen, die hinreichend geschult sind, um mit Sicherheit aus sich heraus schaffen zu können. Die meisten Setzer sind gezwungen, die Arbeiten Anderer nachzuahmen; auch unter den Druckern finden sich nicht Viele, die in Bezug auf Farbengebung fest wären. Wie dies zu bessern sein könnte, wenn nicht die Einzelnen selbst Hand anlegen, wissen wir nicht. Praktische Winke und Rath- schlage, sowie gemeinnützige Belehrungen finden sich in Hoffmann’s Systematischer Farbenlehre (zu beziehen durch die Exped. d. P.-Z.) fast auf jeder Seite. Die Ausführung von Arbeiten, wie die in Nr. 16, S. 503 abgebildete Katalogdecke eines Seed Annual, gehört zu den ausser gewöhnlichen Vorkommnissen, für die es keinen Maassstab giebt. Wer einen solchen Umschlag zu haben wünscht, wird natürlich auch die Kosten zu bewilligen bereit sein, und der Buchdrucker muss sich so einzurichten verstehen, dass er mindestens nicht theurer arbeitet als die Lithographie. Bei grossen Auflagen wird letztere infolge der Leichtigkeit der Platten-Vervielfältigung durch Umdruck wohl stets im Vortheil vor dem Buchdruck sein. Man bedenke nur, was es kosten würde, ein Maschinen-Fundament von der Grösse, wie es die grossen lithographischen Schnellpressen haben, mit Zinkätzungen zu besetzen. Jede Farbenplatte müsste vielleicht 10—16 mal beschafft werden, und bei feinen Farben drucken, die genaues Passen erfordern, würde man keinenfalls Stereotypie, nicht einmal die gegen Zinkätzung viel billigere Galvanotypie zu Hilfe nehmen können, um die Originalplatten zu vervielfältigen. Und dann das zeitraubende Einpassen und Zurichten! Unter Umständen würde der Buchdrucker kaum die ersten Einrichtungen zu einem Farbendruck für den Preis beschaffen können, den die Lithographie für die fertige Arbeit verlangt. Wir führen dies aus, weil wir häufig wahrnehmen, dass die Buchdrucker die ihnen verfügbaren Hilfsmittel gewaltig über schätzen. Man berechnet nur, dass die typographische Schnell presse so und soviel mal schneller läuft, als die lithographische, bedenkt aber nicht, dass es hierauf meist weniger ankommt, als auf die Summe der Grundkosten. Wenn man hier und da einen achtbaren typographischen Bilddruck gesehen hat, der mit wer weiss welchen Umständen zu Stande gekommen ist, so ist man versucht, die Lithographie todtzusagen. Da nur wenige Buch- I drucker hinreichende Erfahrung haben, diese Verhältnisse richtig