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Nr. 14. PAPIER-ZEITUNG. 433 Eine Spezialität, in welcher die Amerikaner ganz Aus gezeichnetes leisten, ist der Druck von Halbton-Aetzungen {Half tone engravings\ in Deutschland Autotypieen genannt. Das Ver fahren der Herstellung autotypischer Hochdruckplatten unter Anwendung eines Netzes ist allerdings eine deutsche Erfindung (Meisenbach in München), indessen gebührt den Amerikanern unstreitig das Verdienst, den wahren Werth dieses Verfahrens zuerst klar erkannt und dasselbe zu grossartiger Vollkommenheit entwickelt zu haben. Das grösste Verdienst hierbei gebührt aber mehr den amerikanischen Aetzern als den Druckern. In erster Linie hängt der Ausfall der Halbtonätzung von der Beschaffenheit des Netzes ab, unter welchem die Aufnahme erfolgt. Nur wenn die das Netz bildenden Liniensysteme mikroskopisch rein und klar, überall gleich stark, genau parallel und in absolut gleichem Abstande gezogen sind, giebt das Druck-Erzeugniss die weichen, allmäligen Uebergänge der einzelnen Töne des Originals wieder. Solche Netze liefert in neuerer Zeit und in mathematischer Vollkommenheit Herr M. Levy aus Philadelphia. Zur Herstellung der Linien bedient er sich einer ausserordentlich genau arbeitenden Theilmaschine, von deren Beschreibung ich indessen auf ausdrück lichen Wunsch des Erfinders absehen muss. Die unter Benutzung von Levy’schen Netzen hergestellten Platten liefern Drucke von überraschender Weichheit und Klarheit. Man möchte diese Drucke für ein Erzeugniss der gewöhnlichen Buchdruckpresse kaum halten. Ob die Tiegeldruckpresse oder die Cylinderpresse die geeignetere für den Druck von Halbtonplatten sei, darüber gehen die Meinungen auseinander. Wenngleich ich mit erfahrenen amerikanischen Druckern annehme, dass die erstere Maschine einen vollendeteren Druck liefert (wir glauben das Entgegen gesetzte. D. Red.), so muss ich bemerken, dass ich vorzüglich gelungene Halbton-Drucke mehrfach auf Cylinderschnellpressen habe ausführen sehen. Auch darüber gehen die Meinungen aus einander, ob man für solche Drucke harten oder weichen Aufzug zu wählen habe. Ich schliesse daraus, dass man gleich gute Erzeugnisse aut der Tiegeldruck- wie auf der Cylinderschnell- presse mit hartem wie mit weichem Aufzug wird erzielen können, wenn man es nämlich versteht. Auf dem Gebiete der Halbtondrucke macht zur Zeit die Erfindung eines Spezialisten, des Herrn Woodward aus St. Louis, viel von sich reden. Herr W. sucht der Photographie möglichst gleichzukommen, d. h. das Korn so weit zu beseitigen, dass das Bild abgetönte Flächen zeigt. Er erreicht dieses Ziel recht voll kommen dadurch, dass er jedes Bild dreimal durch die Presse (Cylinderschnellpresse) gehen lässt und dabei vor dem zweiten beziehungsweise dritten Durchgang den Bogen halbschräg nach rechts beziehungsweise links ein wenig verschiebt derart, dass die Druckstellen der Platte (das Korn) beim zweiten und dritten Druck die beim ersten Druck weiss gebliebenen Stellen theilweise decken (? D. Red.). Das Korn bleibt dabei immer noch erhalten, wird aber dem Auge weniger sichtbar. Nach einem gleichfalls von Herrn W. erfundenen neuen Verfahren (Massenfabrikation) werden die Bilder dann glänzend gemacht und gleichen so in normaler Sehweite gewöhnlichen Photographieen. Der Prägedruck spielt in Amerika eine bedeutende Rolle. Prospekte und Kataloge, die man in Menge auf der Ausstellung erlangen konnte, zeigen auf den Umschlägen reichlich ein- und mehrfarbigen Prägedruck und legen von dem ausgebildeten Geschmack und dem Können der Amerikaner auf diesem Gebiete beredtes Zeugniss ab. Mit Vorliebe verwendet man zu diesem Zweck eigens erfundene Schriftcharaktere. Wenn man diese oft sehr bizarren Schriften in den Musterbüchern der Schriftgiessereien abgedruckt findet, wo sie dann eine ganze Seite füllen, mag man sich wohl abgestossen fühlen und von Geschmacksverirrung sprechen. Sieht man sie aber in praktischer Anwendung, nur in Form einzelner Zeilen, so machen sie meist einen guten Eindruck. Es ist eben nöthig, solche absonderlichen Schriften am rechten Platze und sparsam zu gebrauchen. Natürlich giebt es hier wie drüben Buchdrucker, die dies nicht einsehen wollen und lange Sätze aus Schriften bilden, die dafür ungeeignet sind. Uebrigens bekundet sich in der Ersinnung immer neuer, grotesker Schriften der nimmer rastende amerikanische Erfindungs geist, der auch auf andern Gebieten keinen Stillstand kennt und das Neue von heute schon morgen durch Neueres überbietet. Bei der grossen Vorliebe der Amerikaner für den Halbton hochdruck kann es nicht überraschen, wenn die übrigen Repro duktionsmethoden nicht in demselben Umfang wie bei uns aus geübt werden. Immerhin dürften die amerikanischen Leistungen z. B. auf dem Gebiete des Lichtdrucks und der Photolithographie den unsrigen an die Seite gestellt werden können. Dabei darf nicht übersehen werden, dass Institute, wie die deutsche Reichs druckerei oder die Staatsdruckerei in Wien, die reichliche Mittel gerade für Versuche in der Reproduktionstechnik aufwenden können, in Amerika nicht bestehen. Die Staatsdruckerei in Washington darf sich mit solchen Dingen nicht beschäftigen. Sie druckt nicht einmal die photolithographischen Zeichnungen zu den amerika nischen Patentschriften. Nach Erledigung dieser Spezialitäten komme ich zu der grossen Menge der Durchschnitts-Arbeiten auf dem Gebiete des Werk- und Accidenzdrucks, und ich muss gestehen, dass das, was ich davon gesehen habe, mir hohe Achtung vor der Leistungs fähigkeit des amerikanischen Druckers abgenöthigt hat. Nehmen wir vorläufig an, dass Maschinen und sonstige Hilfs mittel hier wie dort gleich vollkommen sind, so muss schon der Umstand, dass in Amerika durchweg gutes Papier zu Druck sachen verwendet wird, dort ein ansehnliches Druck-Erzeugniss zu Wege bringen. Während schon bei Zeitungen auf starkes, weisses, allenfalls gelbliches, aber nicht blaugraues Papier Werth gelegt wird, wählt man für Zeitschriften und Werke literarischen, namentlich wissenschaftlichen Inhalts ohne Ausnahme nur bessere Sorten gut geleimten Papieres. Zu illustrirten Drucksachen, der Kunst und dem Kunstgewerbe dienenden Zeitschriften, Katalogen usw., wird vielfach das mattgestrichene »Art paper« genommen. Es war unter diesen Umständen ein Genuss, die Kataloge der Ausstellung zu durchblättern. Doch auch die sonstigen zahlreichen Kataloge, die ich in den verschiedensten Etablissements und den ver schiedensten Städten erhalten habe, zeigen durchweg die gleiche vornehme Gewandung. Besonderer Werth wird auf saubere Ausführung der Illustra tionen (Holzschnitte oder Halbtonbilder) gelegt. So vorzügliche Arbeiten bekommt man bei uns doch nur ausnahmsweise zu sehen; denn dergleichen kostet Geld! Das gute Aussehen des amerikanischen Druckes ist ferner bedingt durch die vorzüglich geschnittenen Schriften, durch Verwendung ausgezeichneter Farbe, sowie dadurch, dass man im allgemeinen von hartem Aufzuge druckt. Endlich spielt dabei der bereits erwähnte Spezialitätenkultus eine wichtige Rolle. Die meisten Druckereien drucken nur ganz bestimmte Sachen, jahr aus jahrein dasselbe und in Massen. Selbstverständlich erlangt das Personal dadurch eine Routine, die auf den Ausfall der Druckwerke von günstigstem Einflüsse sein muss. Diese Ein seitigkeit hat allerdings für den Drucker selbst den Nachtheil, dass es ihm schwer wird, in einem andern Geschäfte passende Arbeit zu finden, wenn dieses nicht die gleiche Spezialität pflegt. Anderseits ist aber auch klar, dass höchste Leistungen nur durch Beschränkung auf ein Gebiet erzielt werden können. (Fortsetzung folgt.) Büchertisch. Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innen-Dekoration (Ausschmückung und Einrichtung der Wohnräume). Unter Mit wirkung erster Künstler und Angehörigen des Kunstgewerbes herausgegeben von Alexander Koch, Darmstadt. Monatlich 1 Heft. Preis vierteljährlich 5 M. An gutgeleiteten Zeitschriften dieser Richtung ist kein Ueberfluss, und die hier vorliegende verdient, vermöge ihrer Ausstattung und ihres textlichen Inhalts in erster Reihe genannt zu werden. Tüchtige Mit arbeiter auf kunstgewerblichem Gebiete haben gediegene Aufsätze ge liefert, Künstler die Zeichnungen. Jedem Hefte sind einige Kunstblätter, meist in ausgezeichneter autotypischer Druckart, beigegeben, und zahl reiche gleichfalls vorzügliche Wiedergaben bedeutsamer neuerer Arbeiten der Möbel-Industrie, der Silberschmiedekunst u. dergl. finden sich zer streut im Text. Galvanotypie. Im »Moniteur des brevets d'invention« spricht M. Emile Bert von einer neuen Legirung des Aluminiums mit Chrom, welche ziemlich die gleiche Dichtigkeit habe, wie das Aluminium selbst. Die Legirung wird durch Elektrolyse erhalten. Sie soll von ausserordentlicher Härte und Widerstandsfähigkeit sein, und man hofft, sie für Galvanos verwenden zu können. Zeitschriften in Frankreich. Im Dezember 1893 sind in Frankreich 95 neue Zeitschriften erschienen, nämlich 42 in Paris und 53 in den Provinzen. Dieselben bestehen aus 26 politischen Zeitungen, 5 illustrirten Zeitungen, 15 Fachblättern der Industrie und des Handels, 5 landwirthschaftlichen Zeitungen, 18 Zeit schriften für Künste und Sport, 4 pädagogischen, 7 national ökonomischen und 10 Zeitschriften literarischen Inhalts usw.