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Nr. 12. PAPIER-ZEITUNG. 361 untern Alle bei Friedland 3 1 bei Niedrigwasser, 5,8 1 bei Mittel wasser und 90,01 bei Hochwasser. An den masurischen Seen fliessen bei kleinstem Wasser 3,3 1, bei Mittelwasser 4,0 und bei Hochwasser 12,51 ab. Am Memelstrom bei Kallwehlen haben wir 2,93 1 bei kleinstem Wasser; 6,5 1 im Mittel des Jahres und 21 1 als Hochwasser in nicht regenreichen Jahren. Vergleicht man hiermit die Abflussmengen an der Wupper, wo dieselben bei Niedrigwasser auf 1,0 bis 1,9 1 per qkm und Sekunde sinken und bis auf 1000 1 in der Sekunde per qkm steigen, so sieht man, dass die Hochwasserverhältnisse in Ostpreussen im allgemeinen sehr günstig sind, was zum Theil den geringen Niederschlagsmengen daselbst, zum überwiegenden Theile aber den sehr günstigen Ein wirkungen der grossen Seeflächen und den ausgedehnten schönen Waldungen zuzuschreiben ist; während wir am Rhein Verhältnisse zwischen Niedrig- und Hochwassermengen von 1 : 1000 haben, sinkt in Ostpreussen dies Verhältniss im ungünstigsten Falle wenigstens auf 1 : 30, an den masurischen Seen auf 1 : 4 herab. Der Redner geht nun auf die einzelnen Gebiete an Hand von Plänen und Zeichnungen näher ein. Aus dem Gebiete der oberländischen Seen laufen jährlich über 122 Millionen cbm Wasser ab. Davon werden für den Kanalbetrieb und die Mühle nicht ganz 12 Millionen cbm nutzbar gemacht, alles übrige Wasser, etwa 110 Millionen cbm jährlich, wird durch Fluthschleusen bei Liebemühl und Deutsch-Eylau als überflüssiges Hochwasser in die Drewenz hineingejagt. Diese Wassermengen sind zu einzelnen Zeiten so nachtheilig für die unterhalb liegenden Grundbesitzer, dass vielfach Klage darüber geführt wird. Das bedeutende Gefälle in der Nähe der geneigten Ebenen des oberländischen Kanals ist wohl geeignet, die bisher un genützten Wassermengen nutzbar zu machen. Die Erdoberfläche fällt an der Kleppine entlang nach Elbing stark ab; von Buch walde bis Hirschfeld auf 8000 m Länge ist ein Gefälle von 87 m vorhanden. Wenn man eine geschlossene Leitung ausführt bis zu einem geeigneten Punkte, der bei Hirschfeld gefunden ist, so muss man auf diese Entfernung für die Widerstände etwa 7 m an Druck verloren geben; dann würde man daselbst noch 80 m Nutzdruck in der Rohrleitung zur Verfügung haben. Die Wasser mengen, die hier zur Verfügung stehen, betragen, wenn man im Jahre 3600 Arbeitsstunden zu Grunde legt (300 Tage und 12 Arbeits stunden täglich) für diese Zeit 8,4 cbm Wasser als Maximum in der Sekunde, das würde 6720 Nutzpferdekräfte machen. Wenn man nur die Wassermenge herunter leiten wollte, die augen blicklich noch bequem nach Buchwalde durch die Kanäle gebracht werden kann, d. h. von der oberländischen Seengruppe nach dem Punkte, wo der Abfall beginnt, durch die Schifffahrtskanäle hindurch, so würde man etwa 2,1 cbm in der Sekunde hierher leiten können. Die Kosten für Turbinen von 1680 Pferden sind auf 50 000 M., für die Gebäude zu denselben auf 30 000 M. berechnet. Eine schmiedeeiserne Rohrleitung von 1,58 m Durchmesser und 8000 m Länge, bei 7 mm mittlerer Wandstärke, kostet etwa 960 000 M., sodass die Gesammtkosten, einschliesslich 120 000 M. für geringe Vertiefung der Kanalstrecken, sich auf 1 160 000 M. belaufen würden. Die jährlichen Kosten bei Ausnutzung von 1680 Nutz pferdekräften sind auf 70 000 M. oder 41 M. 50 Pf. für die Pferde kraft berechnet, wobei für Zinsen und Amortisation 5 pCt. an genommen sind. Für die grösste Anlage zur Ausnützung der gesammten zur Verfügung stehenden Wassermenge von 8,4 cbm in der Sekunde berechnet sich die Gesammtsumme für die Anlage auf 4 820 000 M., die Nutzpferdekraft auf 40M. jährlich. Den grössten Nutzen würde man erzielen, wenn man sich mit 5208 Pferden begnügte, für 8,4 cbm Nutzwasser die Sekunde bei 25 m Druck verlust. Die Nutzpferdekraft kostete dann 33 M. bei Tagesbetrieb, oder bei Tag- und Nachtbetrieb die zwölfstündige tägliche Pferde kraft 21 M. jährlich. Ein zweites Gebiet von besonderem Interesse ist das der Alle- seen. Das Wasser aus diesen Seen läuft oberhalb Allenstein an der Ustrichschleuse in die Alle. Die Niederschlagsmenge auf dem 430,6 qkm grossen Gebiet oberhalb des Lansker- und Ustrich- sees beträgt im Mittel jährlich 278,1 Millionen cbm und die Ab flussmenge 118,7 Millionen cbm, bei einer gesammten Seefläche von 35,2 qkm. Für die Alle- und Wadangseen könnte eine Ver minderung des Hochwassers um 30—40 cbm und eine Ver stärkung des niedrigen Wassers um 6—8 cbm in der Sekunde er reicht werden. Dies wäre nicht nur für die Industrie, sondern auch für die Landwirthschaft sehr wichtig, zum Theil auch für die Schifffahrt auf der untern Alle. Vergleicht man das jetzige Längengefalle der Alle mit dem Längen gefalle, welches nothwendig ist, um die mittlern Wasser mengen abzuführen, so findet man, dass der Ueberschuss an Ge fälle noch an vielen Punkten ausgenutzt werden kann. Hierbei wird vorausgesetzt, dass man bei geöffneten beweglichen Wehren das höchste Wasser möglichst unschädlich abführt. In einzelnen Strecken und dort, wo Stau-Anlagen vorhanden sind, nähert sich das verbliebene Gefälle demjenigen, welches für den Abfluss des Mittelwassers als erforderlich angenommen wurde. Im obern Theil der Alle und zwischen Schippenbeil und Friedland sind noch mehrere grössere Gefälle nicht genügend aus genutzt. DieKosten einer Wasserkraft-Anlage in einem solchen Wasser- lauf berechnen sich bei jetzigen Abflussverhältnissen auf 40 M., bei verbesserten Wasserabfluss Verhältnissen auf 30 M. jährlich. Bei Tag- und Nachtbetrieb würden sich im letzten Fall die Kosten bei einer Nutzpferdekraft für 3600 Arbeitsstunden auf etwa 20 M. jährlich vermindern. Die Wassermengen, welche dem Gebiet der masurischen Seen zufliessen, betragen im Mittel etwa 534 Millionen Kubikmeter jährlich. Dieselben laufen zum kleinen Theil (etwa 120 Millionen Kubikmeter) bei Angerburg in die Angerapp, zum grössten Theil durch den Jegliner Kanal und über Wiska-Krug in den Pisseck- Fluss bei Johannisburg und später in die Weichsel. Die Wassermenge, die aus sämmtlichen Seeen nach dem Mauersee und von dort zum Engelsteiner See und zum Theil wie bisher in die Angerapp gebracht werden könnte, ohne den Abfluss nach Johannisburg so sehr zu beschränken, dass die dort stattfindende Flösserei Schaden leiden würde, kann in 3600 Arbeits stunden jährlich 36 cbm in der Sekunde betragen. Bei 35 m absolutem Gefalle, 33 m Nutzdruck, würde man 2000 Nutzpferdekräfte erzielen, wenn nur 6 cbm die Sekunde in Rechnung gezogen würden. Will man mehr Wasser nutzbar machen, so sind die Verbindungskanäle zwischen den Seen zu erweitern und besondere Kosten hierfür in Ansatz zu bringen. Die Berechnung ergiebt für die jährliche Nutzpferdekraft bei Tagesbetrieb 40 M. für eine Anlage von 2000 Pferdekräften, und 38 M. wenn 4000 Pferdestärken nutzbar gemacht werden. Lässt man mehr Druckverlust zu, so sind am Engelsteiner See durch 12 cbm sekundlich bei 7 m Gefall Verlust statt 4000 noch 3360 Pferdestärken erhältlich, und die jährliche Nutzpferdekraft stellt sich nur auf 34 M. 50 Pf. Weiter nach Norden findet man zwar noch tiefer liegende Punkte für die Kraftanlage, aber die Lage ist ungünstiger. Die chemischen Analysen der verschiedenen Seen, welche Prof. Intze mittheilt, zeigen, dass das Wasser zu allen gewerb lichen Zwecken gut geeignet ist. Der Redner schliesst mit einer Besprechung der elektrischen Uebertragung von Wasserkräften, nach Mittheilungen der Gesellschaft Oerlikon. Carl Hofmann äussert in unmittelbarem Anschluss hieran: Herr Dr. Frank hat in seiner Einleitung bemerkt, dass die Wasser kräfte in Ostpreussen sich besonders zur Ausnutzung für die Papierfabrikation eignen. Ich war vor mehr als 30 Jahren Betriebsleiter einer Papierfabrik in Tilsit und kenne die Ver hältnisse der Provinz einigermaassen. Damals wurde schon davon gesprochen, dass sich bei den Seen Wasserkräfte gewinnen lassen müssten, doch wusste sie Niemand zu finden. Durch die sehr verdienstvolle Arbeit des Prof. Intze ist jetzt festgestellt, dass dort 20 000 Pferdestärken für die Papierfabrikation verfügbar sind, ich sage 20 000, weil die Papierfabrikation Tag und Nacht arbeitet, also nur mit 20 000 Pferdekräften von 24 Stunden rechnen kann. Was diese für die Provinz bedeuten, lässt sich schätzen, wenn man ermittelt, was damit geleistet werden kann. Ich glaube annehmen zu dürfen, dass bei Erzeugung von Papier aus Holz mit 1000 Pferden etwa 1 Million Mark an Werth geschaffen werden kann. Die 20 000 Pferdestärken würden also 20 Millionen Verkaufs- werthe ergeben, die rein aus der Naturkraft und den Holz beständen der Provinz sowie der Arbeitskraft der Bevölkerung hervorgehen. Eine derartige Werthschaffung von 20 Millionen würde vermuthlich einer Arbeiterbevölkerung von 50 000 Seelen Brot und Leben geben, und an diese Arbeiterbevölkerung würde sich noch viel anreihen. Der Ausbau der Wasserkräfte wäre also ein Mittel ersten Ranges zur Kolonisation der menschenleeren Ost provinzen, doch dürfen wir uns nicht verhehlen, dass es schwierig sein wird, in jener Gegend, die keine Industrie hat, etwas zu schaffen, wie Dr. Frank treffend bemerkte. Auch die Schwierig keit des Absatzes ist nicht zu unterschätzen, da Ostpreussen dafür in der Hauptsache auf das Ausland angewiesen ist, weil der Transport nach dem inneren Deutschland zu weit ist, und die Preise auch dort nach dem Weltmarkt geregelt sind. Norwegen und Schweden mit ihren ungeheuren Holzbeständen und Wasser kräften, sowie Finnland und Kanada liefern jetzt schon grosse Mengen Papier und Papierstoff nach England und machen uns