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Rr. 169, — 87.IahrgSMg Telegr.°Adr.: .Amtsblatt' WtlKSrNff» Dresden Postscheck: Dresden 2640 Sonnabend, den 21 Juli 19 8 !l IIIMI öltt .KL Die Umwälzung in Aegypten König Fuad von Ägypten. mehr oder minder die Rückkehr Er bedeutet luten Monarchie mit Hilfe der Liberalen und Das Sängerfest in Wien abs0' Unio- Ober- zur der nisten, die als Partei des Königs und des englischen kommissars zu betrachten sind. Fuads Staatsstreich. Zugunsten der Engländer. Die Wcgräumung der ägyptischen parlamentarischen Verfassung auf die Dauer von drei Jahren, vielleicht auch für länger, durch König Fuad im Verein mit seinem Ministerpräsidenten ist zweifellos als ein Akt anzusehen, der fast als Revolution von oben bezeichnet werden kann. Vor der Abendfeier, die einen glänzenden Verlauf nahm, hatte die feierliche Übergabe des Bun desbanners stattgefundcn. Der Bürgermeister von Hannover, Finke, schilderte den Zug des Banners von Stadt zu Stadt und teilte mit, daß das Banner nunmehr als immerwährendes Symbol des deutschen Männerge sanges auch eine bleibende Stätte finden solle, nämlich das Sängermuseum in Nürnberg. Dem Gesandten GrafLerchenfeld brachten dann vor der Freitreppe der Gesandtschaft 800 Sänger des Schlesischen Sängerbundes unter Leitung ihres Bundes chormeisters Melcher- Breslau eine Huldigung dar, die sie mit dem Vortrag des Liedes „Mein Schlesierland" er öffneten. Der Gesandte dankte mit einer längeren An- spräche, an deren Schluß er sagte: „Lassen Sie mich den Regenbogen, der sich soeben über Wien wölbt, als frohe Vorbedeutung anschen, als Symbol der Brücke, die von einem deutschen Stamm zum anderen ohne Rücksicht auf die Grenzen geschlagen ist. Lassen Sie meinen Dank für Ihre besondere Kundgebung in den Rus ausklingcn: das deutsche Volk in allen seinen deutschen Stämmen über alle Grenzen hinaus: Heil! Heil! Heil!" In diesen Ruf stimmten alle Anwesenden begeistert ein und sangen dann das Deutschlandlied. Derdeutsche Reichskanzler hat an das Komi tee des Sängerfestes eine Kundgebung gerichtet, in der er der Überzeugung Ausdruck gibt, daß nicht allein die leben dige Macht des Liedes, sondern auch das Bewußtsein der unlöslichen inneren Verbundenheit des Deutschen Reiches mit seinen Brüdern in Österreich alle Teilnehmer erfüllen werde. Zur Teilnahme an dem Sangerbundesfest ist Reichs innenminister Severing in Wien eingetroffen. Die Schubertehrung in Wien Wien, 20. Huli. Freitag mittag fand in der Ricsensänger- halle im Prater die erste Hauptaufführung des deutschen Sängcr- bundesfestes statt, die mit einer würdevollen Schubert - Ehrung von 40 000 Sängern verbunden war. Aus den Tribünen sah man als Ehrengäste u. a. den Bundespräsidenten, die Bundesminister, die Gesandten mehrerer Staaten, sowie den Bürgermeister der Stadt Wien. Nach der Bundeshymi^ erklang die Festsansare von Marx, vorgetragen von dam. Orchester der Wiener Staatsoper, dem Wiener Symphomeorchester und Mitgliedern des österrejchi- Donnerstag abend fand in der riesigen. 80 000 Menschen fassenden Sängerhalle im Wiener Praterdie offizielle Begrüßung der Ehrengäste und der aus aller Welt herbeigeströmten deutschen Sänger statt. Gesangsvorträge des Thüringer Sängerbundes, der Sudetendeutschen, des Steierischen und des Ostmärkischen Sängerbundes leiteten die Feier ein. Dann nahm, nach einer Begrüßungsansprache des Vorsitzenden des Festaus schusses, Schulrats Jaksch, der österreichische Bundes kanzler Dr. Seipel das Wort: „Im vorigen Jahr," so führte er aus, „haben wir in Wien unter der Anteilnahme der ganzen Welt Beet hoven gefeiert. Der große Sohn des Rheinlandes hat in unserem Wien den Gipfelpunkt der Musis erstiegen. Heuer feiern wir einen ganz anderen, aber wieder in seiner ganzen Art einzigen Genius unserer Stadt: Franz Schubert. Im Lied, im beschwingten und beseelten Lied, hat dieses Kind unserer Stadt das Höchste geleistet. Selbstverständlich spricht seine Kunst nur zu jenen, die die Sprache seiner Lieder ganz unmittelbar verstehen, weil eine verwandte deutsche Seele in ihm lebt, weil dieselbe deutsche Muttersprache ihm zu eigen ist. Zur Bekundung dieser Gemeinsamkeit des Geistes sind Sie, deutsche Sänger, zu uns ins Schubert-Land Österreich gekommen. Ich heiße Sie im Namen des Volkes, das in diesem Lande wohnt, und im Namen seiner Regierung aufs herzlichste willkommen." Nach Dr. Seipel sprachen der österreichische Unter richtsminister Schmitz und Wiens Bürgermeister Seitz, der mit den Worten schloß: „Deutsche, seid stark im Willen zur Einheit, denn die Einheit wird eure Tat sein!" Als nächster Redner wies sodann der deutsche Gesandte Graf Lerchcnfeld aus die tiefe Bedeutung des Sängerbundesfestes für die Bewertung des deutschen Kulturlebens als Einheit und für die Einordnung der besonderen österreichischen Kultur in diese Einheit hin. „Wir alle," so führte Graf Lerchen- seld aus, „erblicken in der österreichischen Eigenart ein Kulturgut von unschätzbarem Wert, welches in besonderem Rahmen, nämlich in dieser altehrwürdigen Stadt Wien und in dem österreichischen Volke, diesem besonderen Zweige des deutschen Polkes, eingeschlossen ist. Wer Österreich und Wien als aufmerksamer und liebevoller Beobachter durchwandert, der muß erkennen, daß hier außerordentliche Kulturwerte wolmen." Opfer -er Leidenschaft. Eine traurige Rubrik — Attentate — Friedensströmungen. Mit dem Sommer, wenn die Hunderttausende in die Bergwelt der Alpen ziehen, taucht alsbald in den Zei tungen die traurige Rubrik auf: Opfer der Berge. Meist aber ist diese Bezeichnung eigentlich unrichtig, weil fast immer der Verunglückte nicht ein Opfer des Berges, sondern ein Opfer eigenen Leichtsinns, der Über schätzung der eigenen Kraft und schlechter Ausrüstung ist. Auch in diesem Jahre weist diese dunkle Rubrik schon wieder eine nicht unbeträchtliche Ziffer auf und auch in diesem Jahre stehen wieder obenan die Opfer des Leicht sinns. Die Unglücksfälle namentlich am Matterhorn, einem der schwersten Objekte der Bergtouristik, illustrieren das vielleicht am deutlichsten. Ohne Führer, ohne eine gute alpine Bergausrüstung, klettert an diesem Berg das Jungvolk herum. Schweres Leid liegt über den Eltern, nachdem das fast selbstverständliche Unglück geschehen ist. Und immer wieder muß man warnend darauf Hinweisen: der Berg ist kein Tanzplatz! Aber man gehe einmal in das Alpine Museum in München, wo sich eine Art Scherz ecke befindet. Da sieht man z. B. hohe Damenabsätze, die bei dem Erklettern irgendeines ernsthafteren Berges später gefunden worden sind. Wer je in den Alpen war und dabei nur einen Tropfen Touristenblutes in sich fühlt, kann sich achselzuckend an manche Begegnung erinnern, die ihm ein harmloses weibliches Wesen im weißen Kleid und Stöckelschuhen zeigte. Wer da eine Warnung aus spricht, erntet meist nur eine spöttische Gegenbemerkung, bis das Unglück da ist und die „Opfer der Berge" jämmerlich um Hilfe schreien. Als 1922, einem Jahre, das sich außerdem noch durch besonders ungünstige Witte rung auszeichnete, das Deutsche Turnfest in München i stattgefunden hatte, zogen von dort aus auch viele, viele Tausende in die bayerischen Berge, meist nur schlecht oder gar nicht ausgerüstet und vorbereitet für Hoch touren; da erreichte die Zugspitze ihren traurigsten Re kord dadurch, daß an ihren Flanken nicht weniger wie 42 meist tödlich verlaufene Abstürze erfolgten. Grenzt solches Beginnen schon an Selbstmordversuch, so sind in diesem Sommer die wirklichen politischen Mordversuche auffallend zahlreich. Das Attentat auf Obregon, vorher die Schießerei in der Belgrader Volksvertretung — was nachher kam, beweist nur wieder, daß immer der entgegengesetzte Zweck dessen eintritt, was der Attentäter mit seiner Pistole herbeiführen will. Solche Taten erschrecken nicht, sondern erbittern nur, machen die Politische Situation nur noch zugespitzter, nur noch schlimmer. Wir haben das in Deutschland ja leider auch mehrfach erleben müssen, aber heißer noch lodern die Leidenschaften auf dem Balkan und in den ja immer von Revolutionen und Attentaten zerwühlten mittel- und süd amerikanischen Staaten. Es ist nicht unrichtig, wenn jemand einmal gesagt hat: Die Kugel ist etwas Dummes und wenn sie erst einmal aus dem Lauf ist, so kann sie die größten Torheiten anrichten. Und so folgt denn in dem durch gegenseitigen Haß der Völkerschaften zerwühlten Balkan Attentat auf Attentat. Erst wird der Führer des Mazedonischen Komitees erschossen, dann versnobt wieder ein Mazedonier ein Attentat auf einen höheren Belgrader Polizeibeamten, schließlich fällt — als Antwort — wieder ein Führer der Mazedonier zum Opfer, angeblich, weil dieser Mann selbst es gewesen ist. der den Mord an seinem Volksgenossen veranlaßt hat. Auf dem Balkan sitzen ja die Geschosse schon immer sehr lose im Revolver; aber schon wiederholt hat solch ein Schuß das Pulverfaß zur Explosion gebracht. Sie sind nicht geringer geworden auf dem Balkan, diese Spannungen, die 1919 durch die so genannten Friedensstifter in Paris in ruhigere Bahnen gelenkt werden sollten; eher ist durch die Arbeit der „Großen Pier" eine ganze Menge geleistet worden, den gegenseitigen Haß der Völkerschaften im Südosten Europas noch ZN verschärfen. * Dafür wird zurzeit desto heftiger in dem Artikel gearbeitet, der die Aufschrift „Fricdenspakt" trägt. Das ist nichts Neues gn der Geschichte, und vor mehr als hundert Jahren gab es nach den Napoleonischen Kriegen auch eine „Heilige -llttanz unter den bedeutenderen Staaten Europas. Auch sie vermochte den Frieden nur auf ein paar Jahre zu bewahren, vermochte trotz tönender Worte, trotz schönster Vereinbarungen den Krieg nicht aus der Welt zu schaffen. Auch beim Kellogg-Pakt sind von mehreren Großmächten derartige Vorbehalte gemacht worden, daß von den ganzen Vereinbarungen eigentlich nur ziemlich einfache Selbstverständlichkeiten übrigbliebcn. Und von diesen Selbstverständlichkeiten weiß man im Ernstfall, nämlich dann, wenn „hart im Raume sich die Sachen stoßen", doch nicht so ganz genau, ob sie nicht bei seitegeworfen werden. Schon braut im äußersten Asien, in der Mandschurei, sich wieder eine Gewitterwolke zusammen; es ist noch gar nicht so lange her, daß bei Schanghai und auf der Halbinsel Schantung die Kanonen krachten. Es ist fast ein Ausnahmezustand in der Welt auch von hcu^, daß nirgends ein Kriegsfeuer brennt. Und der Frieden pflegt meist dann gefährdet zu sein, wenn allzu viele Köche im Brei herumrühren. Dr. Pr. Bei dem Staatsstreich wurden außer den Parlament«- rischen noch andere Versafsnngsartikel aufgehoben, so jene über die Freiheit der Presse und über die Notwendigkeit einer Neuwahl nach Auflistung der Kammer. Als Grund wird angegeben, daß die Wafd-Partei, die im bis herigen Parlament die weitaus größte Mehrheit hat und bereits seit langem im Konflikt mit dem jetzigen ägyp tischen Kabinett steht, im Lande „allgemeine Verwirrung angerichtet" habe. Sofort ist auch jede Wahlversammlung dieser Partei verboten und von der Regierung sind starke militärische Kräfte eingesetzt worden, um jede Umgehung dieses Verbots unmöglich zn machen. Diese Auflösung des Parlaments, und zwar beider Kammern, sott noch ver vollständigt werden durch eine Revision des Wahlgesetzes, offenbar, um zu verhindern, daß die Wafd-Partei wieder die Mehrheit erhält, wenn das Land zu Neuwahlen auf- gernfen wird. Es ist nicht anzunehmen, daß der König bzw. sein Ministerpräsident ohne Rücksprache mit dem englischen Oberkommissar gehandelt hat, sich vielmehr vorher in Lon don die Zustimmung zu seinem Vorgehen einholte. An dererseits scheint die Wafd-Partei entschlossen zu sein, diesem Verfassungsbruch durch den König mit Gewalt zu begegnen. Bisher sind allerdings nur ägyptische Truppen abteilungen eingesetzt, während die englischen Kontingente noch zurückgehalten werden. Bekanntlich find in der Wafd- Partei alle jene Kreise zusammengeschlossen, die aus nationalen Gründen englandfeindlich eingestellt find. Vorschläge des Ministerpräsidenten. Der Ministerpräsident Mohammed Mahmud Pascha hat an König Fuad einen Brief gerichtet, auf den hin der Staatsstreich erfolgt ist. In diesem Brief kündigt der Minister seine Absichten für die nächsten drei Jahre an: das Wahlrecht soll verändert und ferner sollen die Allianz verhandlungen mit England zum Abschluß gebracht wer den. Bisher waren die Verträge über solche Bündnisse regelmäßig vom Parlament abgelehnt worden, nachdem sie bereits vom Kabinett gebilligt gewesen waren. In den» Brief erklärt der Ministerpräsident, daß die Zeit von drei Jahren genüge, um es Ägypten zu ermöglichen, die Sache seiner Unabhängigkeit in einer Weise zu verfolgen, dis allen Wünschen gerecht werde. ilsdmfferTageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: Lie 8gespaltsnc Raumzeile 2VRxfg>, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reich», psrnnig, die Sgespaltene Reklamezeile im textlichen Teil« 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr W Reichspfennige. Do0- wÄ^nach^Niüg,^^ Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 annahmebisoorm.lvUbr. ' Für die Richtigkeit der durch Fernrus übermittettenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. JedeiRabattansprr a c> nicht, wenn dcrBctrag Lurch Klag« eingezogen werdenmustoderderAustraggcberin Konkurs gerät. Anzeige« nehmen « 'nittlungsftellcn entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft V eitz-m, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da» .WNsdruffer Tageblatt- erscheint an allen Werktagen nachmittags sUhr. Bezugspreis: Bei Abholung in Ler Geschäftsstelle unL Len Ausgabestellen 2 AM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,3V RW„ bei Postbestellnng 1 AM. zuzüglich Abtrag» , —- — . . gebühr. Einzelnummern ISRpsg.AllePoft-nst-lten Wochenblatt für Wilsdruff u. Amaeaend Postboten und uns-reAus. trägcruud Geschäftsstellen ————————— ' . — — nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. Im Falle häherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Liescruug der DeUung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nnr, wenn Porto beiliegt.