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gebäude Voss in Benutzung bleiben, um den mit den wach senden Forschungsergebnissen gleich anwachsenden Lehr komplexen Raum zu geben. Auch die Wissenschaft kann unter Wohnungsnot leiden, auch geistige Expansion braucht Platz und Raum. So sind es das Geodätische Institut unter Prof. Dr.- Jng. Hugershosf, die Abteilung für Bodenkunde und Standortslehre unter Prof. Dr. Krauß, und das von Prof. Dr. Münch geleitete Botanische Institut, die in das neue Haus einziehen werden. Was lehren nun diese Ab teilungen? Auch den Laien dürfte dies interessieren. Denn die forstlichen Wissenschaften sind keine trocke nen Kathederweisheiten, wie es die spekulativen und phi lologischen sind, sondern wurzeln eng verbunden in der Praxis. So pflegt das Geodätische Institut auf Grund wertvoller Forschungsergebnisse seines Leiters die Forst einrichtung und Forsttaxation, als Waldvermessung, To pographie, unter Benutzung der von Hugershosf erfunde nen Geräte und seines sie reo-photo grammetrischen Sy stems. Die Abteilung für Bodenkunde und Standortslehre pflegt wie schon sein Name sagt, die Erforschung der Bo denbeschaffenheit und deren Anwendung auf die Pflege des Waldes, und wird nun in den neuen Räumen Ge legenheit haben,, ihr Gebiet auszubauen und der Forst wirtschaft weit über Tharandts Grenzen hinaus dienst bar zu machen. Das Botanische Institut endlich hat außer seinen theoretischen Lehrgebieten eine der schönsten prak tischen Aufgaben zu lösen, die es an Tharandts Hochschule überhaupt gibt: Ihm untersteht die Betreuung des Forst gartens. Er ist ihm zugleich Mittel und Zweck zur Aus führung seiner Studien, die sich gegenwärtig besonders auf pflanzenphysiologische Untersuchungen, Anbauversuche und Rassenforschung der Waldbäume erstrecken, um nur einen Teil des weiten, modernen Arbeitsgebietes zu nen ne. Maxel und die Bienen. Skizze von Ewald Gerhard Seeliger. Als Maxel drei Jahre alt war, bekam er die ersten Hosen und durfte zum Frühstück die Honigdose leeren. „Schau nur das Schleckermäulchen!" rief die glück liche Mutter. Der Vater nickte schmunzelnd dazu und brum melte etwas in den Bart, was nach Ameisensäure, Vitaminen und Protoklasten klang. Dann ging er in den Garten, um neuen Honig zu holen. Maxel guckte ihm mit der Mutter durchs Fenster zu. Der Vater öffnete mit seinem behutsamen Jmkergriff die erste der bunt bemalten Bienenwohnungen, die vor dem Apfelbaum standen, langte zur Wabenzange, die wie ein doppeltes, schwach gebogenes Stöckchen aussah, und fuhr damit imkernd in dem Stock herum. „Die Bienen stechen!" sprach die Mutter und hob den Warnefinger. „Das tut Weh!" bemerkte Maxel weise. „Bleib weg von den Bienen!" mahnte sie. „Warum stechen sie Papa nicht?" fragte Maxe? nach einer längeren, wissenschaftlichen Kunstpause. „Sie haben Respekt vor ihm", belehrte sic ihn. „Weil er ihnen den Honig wegnimmt!" Platzte Maxel heraus. „Du Dummerchen!" lächelte die Mutter und streichelte ihm über den flachsblonden Scheitel, „deswegen doch nicht. Er ist ihr guter Freund." „Weil er ihnen den Honig wegnimmt?" fragte Maxel energisch. „Sie kennen ihn ganz genau!" meinte die Mutter. „Weil er ihnen den Homg wegnimmt!" wiederholte Maxel eigensinnig, wie er nun einmal war und bleiben wollte, und fügte tiefsinnig hinzu: „Die sind aber dumm!" „Maxel, Maxel!" rief die Mutter kopfschüttelnd. „Was Du für Gedanken hast?" Der Vater hatte indessen eine Wabe heraus genommen und betrachtete sie von beiden Seiten. Sie hing voll von Bienen. „Siehst Du", rief die Mutter strahlend, „sie tun ihm nichts!" „Weil sie Angst haben!" murmelte Maxel. „Sie lieben ihn!" suchte sie ihm diesen Vorgang zu er klären. „Weil sie bange vor ihm sind!" nickte Maxel seufzend. „Er hat sie doch eben mit dem Stock verhauen." „AVer Mare//" /achte die Mutter hellauf, zog hin an sich und gab ihm einen Kuß. Dann ging sie rasch in die Küche. Diese ewige Küsserei! dachte Maxel, fetzte sich auf die Fensterbank und drückte die Nase an die Scheiben, um besser beobachten zu können. Denn der Vater hatte die Wabenzange mit einer langen Gänsefeder vertauscht und begann die Bienen von der Wabe herunter und in den Stock zu fegen. Ob ihn Wohl eine sticht? dachte Maxel äußerst gespannt. Aber keine stach ihn. Der Vater legte nun die Feder weg und trug die erbeutete Honigwabe schleunigst in die Küche. Dann kehrte er zurück und imkerte behutsam weiter. Ihn stechen sie nicht, aber mich! dachte Maxel und versank in sehr tiefes Nach denken. — Gleich nach dem Mittagessen, als der Vater auf denj Sofa lag und die Mutter im Großvaterstuhl andächtig die Zeitung las, stahl sich Maxel hinaus in den Garten und suchte solange herum, bis er eine lange, feste Gerte gefunden hatte. Sie sollen auch Angst vor mir haben! dachte er und rückte mit diesem sonderbaren Jmkereiwerkzeug gegen die sieben Bienenstöcke vor, aber nicht von hinten, sondern von vorn. Ich habe jetzt Hosen an, ich bin ein Mann, ich darf mich nicht mehr fürchten! schoß es ihm durch den kleinen, klaren, anschlägigen Kopf, während er mutig wie der Marschall Vor-^ wärts mit seiner Gerte auf das zweite der sieben Bienen völker zielte, vor dessen Flugloch es am lebhaftesten zuging. Maxel stach zu, ganz tief hinein in den Stock, zweimal, dreimal, mitten durch das Brutnest bis zu den Honigwaben, die hinten hingen. Im nächsten Augenblick erhöhte sich das dumpfe, gemütliche Summen des Stockes um die kleine Terz. „Kanuidal »Ms portas!" lärmte die Torwache wie be sessen. Die Bienen rührten sich, und Maxel rührte auch. Oho! dachte er und zog die Gerte mit einem scharfen Ruck zurück. Jetzt kriegen sie Angst. Das ist gut! Jetzt wer den sie Respekt vor mir haben! Jetzt werden sie mich nicht mehr stechen! Dann untersuchte er das Ende seines Unter suchungsinstruments und fand, daß es von Honig tropfte. Nah! dachte er, leckte es ganz sauber ab und versenkte es wiederum tief hinein in das kleine schwarze Löchlein mit den wimmelnden Bienen. So muß das gemacht werden! Ich habe es mir ja gleich gedacht. Der Honiggeruch im Freien hatte den Bienen gerade noch gefehlt. Jetzt wurden sie wild. Das wird mir denn doch zu bunt! raunzte der alte brave Bienenstock, der schon weit über hundert Jahre alt geworden war, und schickte das erste Luft geschwader gegen den Feind. Es bestand aus sechzig Einzel fliegern, und jeder von ihnen war vortrefflich ausgerüstet mit einer nadelscharfen Lanze und einer Giftblasenbombe. Maxel erwartete den Angriff wie ein Held. Er schlug um sich. Da kam das zweite Geschwader dem ersten zu Hilfe. Zwei Se kunden später gab Maxel einen schauerlich gellenden Pfiff von sich wie eine Lokomotive. Die Eltern stürzten aus dem Haus, entrissen ihren hoff nungsvollen Sprößling den wütenden Bienen und steckten ihn in den mit Lauge gefüllten Waschkessel. Der Vater zählte an Maxel einhundertunddrei wohlgetroffene Bienenstiche und zog ihm, gewissenhaft wie er war, die brennenden Giftdolche heraus. Maxel wimmerte in allen Tonarten und schwoll zu- ichends an. Er wurde ins Bett gesteckt und mit eiskalten Umschlägen beglückt. Dann kam der Arzt, befühlte den Puls and ließ sich die Zunge zeigen. „Nicht mal Fieber!" beruhigte er dann die Eltern. „Alles in bester Ordnung. Er hat jetzt drei Gramm konzentrierte Ameisensäure im Blut und kann lachen. Denn es gibt nichts Gesünderes als Ameisensäure." — Drei Tage später war Maxel abgeschwollen und lachte. Denn die Bienen mieden ihn fortan. Sie machten seitdem alle einen großen Bogen um ihn herum. Sie konnten ihn einfach nicht mehr riechen. Er duftete ihnen viel zu stark nach Ameisensäure. Und so hatte er wieder einmal sein dickes Köpfchen durchgesetzt, wenn auch nicht ganz ohne Schmerzen. Mensch und Natur. Gedanken von Richard von Schaukal. . Df-/ Kostbarste, weil Seltenste unter Menschen, ist Wahr heit. Und sie ist doch Gemeingut der ganzen Natur! -i- die Sprache wie Talleyrand gesagt hat, nur ein Mittel sein, die Gedanken zu verbergen: dennoch ist sie das einzige Mittel, Gedanken zu offenbaren, denn ohne Worte kann man nicht denken. Zonnlags-Kettage Nr. 24 Ailsdi'Uller cageblatt 21. 7. IY28 Veilrüge zu Wilsdruffs Poff- und Verkehrswesen. Schluß A. KÄhne, Wilsdruff. Postverwalter Göhler, Wilsdruff, meint, es sei nicht ausge schlossen, daß die Reisenden, die die Bahn Coswig—Meißen be nutzen Wollten, nach Meißen mit der Post kämest, doch werde es selten vorkommen, man stiege da wahrscheinlich in Dresden oder in Coswig ein. Auch die Unterwegsstationen würden keinen großen Zuwachs dringen. Man müßte schon die Post-verbindung nach Tharandt weiterführen. Seit Eröffnung der Alb erwähn und der Bahn nach Freiberg Heche der Verkehr nach Tharandt be deutend zu genommen. Das Finanzministerium lehnt aber die erbetene Verbindung 1868. Nach Eröffnung der Dresden—Meißen— Leipziger Eisenbahn in ihrem ganzen Umfange wurde die täg liche Personenpost Dresden—Wilsdruff—Rosien ausgehoben. Dafür erhielt Wilsdruff eine täglich -z w e imalverL e h ren - de Personenpvst nach Dresden und eine einmal ver- kshrende Post nach Nossen. 1871 wollte ein Berliner Konsortium eine Bahn von Dres den über Wilsdruff nach Altenburg bauen. 1874 wurden vom Wilsdruffer Postamt außer der Stadt noch 26 Landorte täglich in drei Revieren bestellt: Revier 1: Sachsdorf, Klipphausen, Sora, Lampersdorf, Lotzen, Birkenhain, Limbach, Blankenstein, Helbigsdorf; Revier 2: Grumbach, Kesselsdorf, Zöllmen, Steinbach, Roitzsch, Rennersdorf, Unkersdorf, Kaufbach; Revier 3: Huhndorf, Kleinschönberg, Weistropp, Ober- und Niederwartha, Wildberg, Constappel, Hartha und Röhrs- dorf. In diesem Jahre werden 2097 Personen mit der Post be fördert. Es werden 19 Extraposten gestellt. Das Postamt verfügt über drei Postillone, 6 Wagen, einen neunsitzigen Schlitten und 7 Pferde. 1876. Am 1. März wird die Posthalterei aufgehoben. Am 16. Juli wurde die telegraphische Verbindung Wilsdruff mit Tharandt eröffnet. Der Stadtrat -sendet als erstes Telegramm eine Denladresse an den Generalpvstmeister Stephan nach Berlin. 1877. Am 1-0. November richtete der Stadtgemeinderat eine Petition an den Landtag, die Erbauung einer Eisenbahn von Pot- schappel nach Deutschenbora betr. In Wilsdruff -hat sich die Zahl der Briefkästen um hundert Prozent vermehrt: es gibt zwei Briefkästen. ls ' 1878, 1. April wird Postverwalter Göhler nach Pulsnitz versetzt. Das hiesige Postamt 2 wird in ein Postamt 3 verwandelt und dem bisherigen Postverwalter in Großhartmannsdorf, Joh. Carl Eduard Weiß, übertragen. 1880. Einrichtung -des amtlichen Fernsprechdienstes. 1-881 besteht ein geregelter Omnibusverk-ehr 'über Keffelsdvrf. Die Wagen fahren täglich früh 6^ Uhr und nachmittags 3 Uhr in Wilsdruff und früh 7 bzw. nachmittags 5 Uhr in Dresden vom Hotel zum Goldenen Ring weg. Die Fahrt kostet 90 Pfg. Veranstalter ist F. A. Herrmann (Dresdner Straße 94, P. Schmidt). 1882, ab 1. Januar verkehrt täglich zwischen Wilsdruff— Grumbach—Dresden früh 8 Uhr ein Wagen nach und nachmit tags 4 Uhr einer von Dresden. Sonn- und Festtags geht außer dem noch -ein Wagen nachmittags 4 Uhr bis Löbtau zum An schluß an die Dresdner Pferdebahn -(Fritzsche). 1882. Am 16. Februar wurde der Bau einer Sekundärbahn von Potschappel nach Wilsdruff in der zweiten Kammer auf Grund einer Petition der Regierung zur Erwägung gegeben. Vom 20. Oktober -ab fährt die Post Wilsdruff—Dresden täglich dreimal, um 7, 12 und 6 Uhr. Das Fahrgeld beträgt 12 Gr., später aber nur noch 1 Mark. 1883. Die Regierung beantragt bei den Ständen eine schmalspurige Bahn von Potschappel nach Wilsdruff unter Be- ntzung des Gleises der bereits vorhandenen normal-spurigen Koh lenbahn Potschappel—Nieder-Hermsdorf durch Einlegung einer dritten Schiene zu erbauen. 1884. Am 4. Februar wurde von der Ständskammer der Bau einer schmalspurigen -Eisenbahn von Potschappel nach Wils druff genehmigt. Die Freude in- der Bürgerschaft tat sich nach Bekanntwerden der telegraphischen -Kunde in lebhafter Weise kund. Abends fand auf dem Marktplätze Konzert und Illumina tion der Stadt statt. 1885. Am 9. Juli erfolgte die Grundsteinlegung zum neuen Bahnhof, -der den Wünschen vieler Bürger entgegen nicht nach der' Zellaer Straße zu, sondern an den Südausgang der -Stadt -nach Grumbach zu gelegt wurde. Nachmittags -halb -5 Ahr hatten -sich der Stadtgemeinderat, die -Spitzem der Behörden und die Vereinsvorst-ände -am Feftvrt eingesunden. Die Ingenieure des Baues, Rohwedder und Baake, und Bürgermeister Ficker sprachen einige Worte. Dann wurde unter dem Gesang des Lie des „Den König segne -Gott" eine eiserne Kapsel in den -Grund stein eingemauert, welche eine auf Pergament geschriebene Ur kunde enthielt. Veff-chiedene Bürger beteiligten sich -an den üb lichen Hammerschlägen. Der Weihespruch des Rechtsanwaltes Sommer lautete: Wachse ruhig weiter, womöglich etwas breiter! 1886, am 9. August -langt die -erste Lokomotive -an, die zum Transport von Bauzügen bestimmt ist. Sie wird von -den zahl reichen Zuschauern mit Hochrufen empfangen. Am 30. September -erfolgte die Einweihung der Bahn. Die Generalbirektion der sächsischen -Staatseisenbahnen ließ um 11 -Uhr -einen Lxtrazu-g nach Potschappel abgehen, in dem die Behör den Wilsdruffs und viele -Bürger Platz genommen hatten, um in Porschappel -die Ehrengäste -abzuholen. 1.28 Uhr langte der Zug mlt etwa 300 Personen hier -an. Am Bahnhof wurden die Ehrengäste -vom Stadtgemeinderat -empfangen und unter Boran tritt von Festjungfrauen in festlichem Zuge zur Stadt geleitet. Am 21- Ahr begann im „Adler" die Festtafel. Gegen 6 Ahr führ die letzte Personenpost nach Dresden. Der Postillon, -dem eine freiwillige Sammlung an der Tafel eine Gabe von 20 Mark -einbrachte, blies das Lied: Muß i denn zum Städtelein hinaus. Am 1. Oktober wurde die Mahn dem Verkehr übergeben. Am 17. Dezember passierte das erste Bahnun-glück. Der um 5.40 Ahr nach Potschappel abgehende Zug geriet auf der fchiefen Ebene zwifchen -Keffelsdvrf und Niederhermsdorf, die einen -Fall von 1:30 -hat, ins Rollen -und brauste in rasender SchnelliKest die -abschüssige Bahnstrecke herunter. In der Kurve unterhalb der Niederhermsdorfer Straßenbrücke -entgleiste der -aus drei Per sonen- -und mehreren starkbeladenen Güterwagen- beste-hende Zug. Zwei Personenwagen fielen -auf die Böschung, der dritte über schlug -sich, während die Lokomotive mit dem -Güterwagen bis zur -Station Niederhermsdorf .fuhr. Glücklicherweise waren die Ver letzungen einiger Mitreisenden nur leichter Art. Am 19. Dezember blieb der Zug 7.55 Ahr von Potschappel vor Keffelsdvrf im Schnee stecken. -Erst -am 25. Dezember wurde die Bahn wieder srei. Die -starken Schneefälle hatten den Bahn betrieb in ganz Deutschland gestört. 1887. Am 1. Juli wurde das Postamt Wilsdruff nach -der Freiberger Straße in bas Haus des Gastwirtes Patzig (Nr. 108, „Stadt Dresden") verlegt. Postverwalter wird Jäckel. 1889. Am 8. Februar wütete ein so heftiger Schnee-sturm, daß der Abendzug kurz vor dem Wilsdruffer Bahnhof stecken