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Von Drinnen und Draußen Berlin, erste Dezemberwoche. Also das ist eine alte Wahrheit. Die beste Witterung haben immer die Langfinger! Die Langfinger, die trotz schönster Daktyloskopie nicht zu fassen sind. Und weil die Langfinger solche gute Witterung haben, sage ich: Es mutz nächstens schrecklich kalt werden. Denn soviel Pvlze wie in diesen Tage» sind überhaupt noch nicht in Berlin gestohlen worden! Und so frech auch nicht. Ein Auto fährt vor Unter den Linden. Ein Kerl springt heraus, schmeitzt einen Pflaster stein in den Erker, ein zweiter greift zu und rcut einen Nerz- und einen Zobelpelz heraus; wieder ins Auto und fort. Das ist einfach und praktisch llnd die Passanten stehe» mit der Miene des begeisterten Schafes dabei. Mit derselben Mene, mit der die angeblichen Kunstverständigen jetzt vor den dreißig oder mehr gefälschten van Goghs stehen. Die Kunstverständigen, die bei jeder ge malten Zypresse unter blauem Himmel „Böcklin" murmel» und bei jedem dicken, nackte» Frauen zimmer „Rubens". Van Gogh war, — ich will ihn gewiß nicht herabsetzen, aber das; er so früh zeitig den Verstand verlor, hat ihm bei de» Kunst oerständigen sehr genutzt — nicht ohne Zutun geschickter Kunsthändler, die sich güt eingedeckt hätten, eine allererste Nummer. Wehe wenn einer den Kopf schüttelte oder gar ein Wort wagte im Anblick eines Blumentopfes am Fenster, von van Gogh gemalt. Oder eines Tisches, aus dem nichts stand und vor dem niemand saß, in einem leeren Zimmer. Und jetzt — jetzt sind gleich dreißig solcher Meisterwerke überhaupt nicht von ihm! Die großen Maler haben's wirklich gut! Wenn nämlich längst der trockne Pinsel ruht llnd sie beschreiten schon die Himmels-Lertor; Ta — für die Menge, die der Ruhm betört, Malt, wo der große Meister aufgehört, Lin andrer weiter! Er tut's im Stillen, ohne Prahlerei, Sitzt tief versteckt vor seiner Staffelei, Schwertz auf der Stirn und Farbe an den Pfoten, Und fügt, zum allgemeinen Menschheitsglück, Zum Lebensweg noch manches „Meisterstück" Des großen Toten. Ter kluge Händler aber hält den Preis. Er steigert ihn — je nach des Meisters Fleiß — So wird zum Segen ihm sein frühes Sterben. " Und sprießt das Glück und springt der blanke Lohn, So haben hie und da noch was davon Sogar die Erben. Wie schad! Leg' ich mal meine Feder hin Wer schafft mir Ruhm, den Meinen noch Gewinn Und regt in meinem Sinn die fleiß'gen Hände?! Wer fährt mit Glück in dem verlass'nen Boot s Und tut vergnügt, als ob ich gar nicht tot — i Am Wochenende?! s Geburtstag nämlich, wie ich jetzt las, gesagt haben soll: „Gute Gesundheit ist besser als großes Vermögen!" Womit der sünfundsiebzigjährige Mister Mister einer Weisheit zu »eile» Ehren verhalfen hat, die an seinem ersten Geburtstag schon in nachdenklichen Kreisen weit verbreitet war. Es ist mich nicht deswegen, daß ich Mister Mister aus Kansas zitiere und verherrliche. Aber Mister Mister hat — auch das melden die Blätter von drüben, und man sieht immer wieder, wie! ihnen nichts wirklich Wichtiges entgeht, und freut j sich schon, wenn man sie aufschlägt — also Mister! Mister an seinem fünfundsiebzigsten Geburtstag: hat, wie seit Jahren asttäglich, einen sünfund-! dreißig Kilometer laugen Weg zurückgelegt. Von- seinem Wohnort nach Manhattan. Bei uns; weiß man's: „Tas Wandern ist des Millers! Lust" — aber drüben übt mmsts! Obschon dort jeder sein eigenes Automobil hat; selbst Leute, - die sonst kein Dach über dem Kopfe haben — wandert ein Mann wie Mister Mister mit fünf undsiebzig Jahren fünfunddreißig Kilometer am Tage. Und das scheint mir »lehr, als wenn er mit fünfunddreißig Jahren sünfundsiebzig Kilo meter täglich gewandert wäre. Und das macht er noch dazu in unserer Zeit. Wo doch tue Landstraßen voller Automobile sind und ein wesentlicher Prozentsatz dec Führer zwar den Füh rerschein besitzt, aber anscheinend vergessen hat, was er mal für sein Eramcn lernen mußte. Nicht alle Leute aus den Landstraßen in Automo bilen fahren so'sicher wie die Pelzräuber Unter de» Lindeit in Berlin. Und ein fünfundsiebzig jähriger Wanderer über die Chaussee von Junc- tion-City »ach Manhattan hat so wenig zu lachen wie einer, der ohne Sipohilfe, zu Fuß den Pots damer- oder Alerander- oder Nürnbergerplatz in Berlin zu überqueren unternimmt. Der Freiherr von Hünefeld, der jetzt wieder in Berlin tanzt, ist wohl im Flugzeug über den Ozean und dann »ach Tokio geflogen, aber schließlich solche Fahrt durch die noch gänzlich verkehrsarmen Wolken, Sterne und Nebelmeere darf uns nicht den Blick dafür trüben, daß es heutzutage auch ein nicht kleines Wagnis ist, abends um die Theaterzeit an der Kaiser-Wilhelm-Eedächtniskirche zu Fuß über den Damm zu gehen. Dem Verdienste seine Krone! Ich habe ein älteres Ehepaar — aus Lüneburg, denk' ich — am Montagabend um sieben Uhr dort stehen und nach einem Entschluß ringen sehen, hinüber zu schreiten über den Dannn, oder umzukehren nach der Tausntzisnstraße. Am besten, sie bleiben im Hotel, bestellen sich was und lesen dazu mehrere Zeitungen. Die bringen alles so gewisfsnhast und bequem heran. Zum Bei spiel, wer wüßte ohne sie, daß kürzlich englische Seeleute ein paar uralte Kisten aus dem Meer gesischt haben, dis zunächst große Rätsel auf gaben und dann — — Diogenes. van Goghs kaufen konnte. Oder aber unechte für echte. Was ein fast so schlechtes Geschäft wäre wie Kunstwerke aus russischem Staatsbesitz zu ersteigern, die nachher den Emigranten gehören und herausgegeben werden müssen. Wieder mal hat der fünfundsiebzigjährige Herr A. W. Miller aus Junction-Cily in Kansas recht, der an seinem für Deutschlands Zukunft Eine bedeutsame Rede Prof. O. Hickmanns Aus Chemnitz wird uns geschrieben: Anläßlich der 10-Jährfeier des Vokkskirchlichen Laienbundes Chemnitz hielt der zum sächsischen Volksbildungsminister vorgeschlagene Vundesvvr- sitzonde Prof. I). Hickmann eine bedeutsame Rede Aber ich lebe ja noch und habe wieder mal dem lieben Gott für was Hübsches herzlich zu KMMSUMr NgMMlW danken. Nämlich dafür, daß er mir nicht so schrecklich viel Geld gab, daß ich lauter echte igber „Die Sendung des soangelischen Volks- I willens für die deutsche Zukunst". Der Redner ! betonte, daß die Kirche nicht auf die Etaatsfvrm achte, daß ihr aber der Charakter eines Staates nicht gleichgültig sein könne, wenn dis sogenannte Neutralität zuweilen in kalten Haß übergehe.. Seit zehn Jähren erlebte» wir eine» Staat, wie. ihn die deutsche Geschichte noch nicht gekannt habe. Es sei in der deutschen Geschichte bisher Selbst verständlichkeit gewesen, daß öffentliche Erziehung christliche Erziehung bedeut«. In dem gegen wärtigen Zersetzungsprozeß zeigten sich immer neue Sturmzeichen. Heute sei die Kirche ni«O mehr Selbstverständlichkeit; sie bedüxfe der Treue ihrer Anhänger, habe doch in Sachsen die eoan- pelischs Kirche 9, die katholische sogar 13 v. H. ihrer Gemeindemitglieder verloren. Schlimmer als die Kirchsnfemdschnft sei heute die prote stantische Unkirchlichkeit. Deshalb müsse die evan gelische Tattreue die Großmacht werden, die . christlichen Geist wieder ins Volk trage und leben« s big mache. Mner Brief eines Landwirts Leipzig, 6. 12. Ein Landwirt in der Pro vinz Sachsen veröffentlicht folgenden offenen Brief: Auf der letzten Vertretcrversammlung des Landbundes Provinz Sachsen führte der Vor sitzende Freiherr v. Wilmowsky ein Beispiel an, daß die Landwirtschaft schwer belastet sei. Dieses Beispiel enthält noch nicht alle Lasten des Land-, wirtes und ich möchte die Führer des Land-§ bundes bitten, den Behörden, Finanzbeamten und Städten die Lasten eines Bauern recht eindring lich klar vor Auge» zu führen, um Gleichbe rechtigung zu erlangen. Als Beispiel will ich die Steuern und Lasten meiner Wirtschaft, Größe 125 Morgen Acker und Wiese, 2 Morgen Buschholz, anführen. Grund wert 110000 Ich habe im Wirtschaftsjahre 1927 bis 1923 zahlen müssen: 312,— ../L Erundvermögenssteuer, 468,— Zuschlag für die Gemeinde, ; 318,80 .tL Rentenbankzinsen, 550,— Reichsvermögenssteuer, 600,— Einkommensteuer, 120,— Umsatzsteuer, 624,— .K Kranken- und Jnvalidenkasso, 144,40 Berufsgenossenschaft, 71,70 .tL Landwirtschaftskammerbeiträge, 146,— Feuerversicherung, 460,— Hagelversicherung, Sa. 3814,60 3814,60 Steuern und Lasten ist eine Be lastung pro Morgen von 30,50 Um die Wirtschaft weiterzuführen, kommen hinzu dis Ausgaben für Dünger, Futtermittel. Sämereien, Löhne, Reparaturen und Handwerlerrechnungen. Bei dieser Belastung ist es 'unmöglich, eine Rente aus der Wirtschaft zu erzielen und den Mut zu behalten, weiter zu wirtschaften. „Ahne Mb" Uraufführung der Volksspielkunstgemeinschast Thalia, Königswalde. Die Uraufführung des Dialektdramas von Gewerbelehrer Simon, Niede r - wiesa, gestaltete sich zu einem vollen Erfolg für den unermüdlich schaffenden Dichter, wozu wir ihm auch an dieser Stelle herzlichst gratulieren. Das „Anna berger Wochenblatt" schreibt darüber: „Paul Simons erzgebirgische Dialeltdichtun- geil wollen Stufen auf dein Wege zur erzgebirgc- scheu Dialektbühn« sein. Damit sei gleich die Quintessenz seiner Rede am Schluss« der Aus führung vorausgenommen. Er weicht bewußt von dem Wege der humoristischen Erzgebirgsdichtang ab, die, wie wir an di«ser Stelle schon immer be tont haben, meist erzwungenen Humor auf die Bühne zerrt und die erzgebirgische Bevölkerung vor aller Welt lächerlich macht. Er will damit aufräumen, und diese dankenswerte Aufgabe er ledigt er nicht ohne Geschick. Paul Simon will eine Dialektbühnc schaffen ähnlich der oberbay rischen und der norddeutschen, die sich alle als tragfähig erwiesen habey und vor allen Dingen den besuchsweise im Obererzgebirge weilenden Fremden etwas Bodenständiges bieten soll. Frei lich ist bis dahin noch «in weiter Weg, "für den «cher die gestrige Aufführung ein auffallender Weiser geworden sein dürfte. „Ahne Lieb" ist eine FamiKentragödie. Der Vater, ein Mensch, der seine Ellenbogen gebraucht hat, als er vorwärts ging, der, wenn es sein mußte, auch über Leichen ging, hat seinen Sohn, rechtmäßiger Erbe des Gutes, auf dem er sitzt, in die Fremde gejagt. Mit 60 Jahren freit er in zweiter Eh« ein 19jähriges Mädel, ein heimat loses Kind, das auf seinem Gut angestellt war. Nach 10 Jahren kehrt der Sohn Ernst als reicher Mann von der Eoldküste zurück und will fürchter liche Abrechnung halten. Voller Entsetzen erkennt er in seiner jungen Stiefmutter die, die er einst geliebt hat. Die Verhältnisse verwirren sich, Marie, seine jetzige Mutter, bekennt, daß ihr Sohn nicht von ihrem Gatten, sondern von ihrem Stiefsohn Ernst stammt, dem sie, einsam und verlassen wie er, in einer Herbstnacht ihre Liebe schenkte. Sie löst konsequent den Knoten der Verwirrungen, indem sie in den Tod geht. Ernst, dem die Heimat nur Qual brachte, geht über den großen Teich zurück, und gemeinsam mit seiner Schwester Helene, die als mahnender Engel ge wissermaßen über den Wasser» steht, verbringt der vollständig gebrochene Bauer, der die „Uhne Lieb" ausgestreute Saat so furchtbar aufgehen sah, seine letzten Tage. Paul Simon löst die Spannung, die über dem Stück lagert, gegen Schluß zu ausgezeichnet. Er pMt hier auch mehr als in seinem „Irrlicht", wirkt vor allen Dinge» in der Auswertung des Berdeitzen Sie W durch ständige Inserate in die Beziehungen zur Kundschaft. AugeoSKSserfolge find wertlos. Nur der ständige Kunde bringt Vorteil. / / Aus Kunst und Wissenschaft / / Himmelsglanz Beschenkst Dein Kind Du noch so reich Mit Puppen, Pferd und Wagen Und wölbest Du in Haufen gleich Die Gaben zu ihm tragen, Bleibt's arm. Du nicht, kein Mensch versteht Sein Herzlein hell zu machen Und jenen Glanz, der nicht vergeht, Ihm darin zu entfachen, Den Glanz vom Siern zu Bethlehem, Der alles läßt erbleichen, Den aber kann man nicht bequem So oder so erreichen, Ja, würd'st Du selbst, die ganze Welt Durchsuchend, darnach laufen, Wo könntest für Dein gutes Gstd Du Himmclsglanz ihm kaufen? Erkaufen, Freund, läßt er sich nicht, Du kannst nur Deinem Kinde Erbeten, daß dies Gnadenlicht Der Herr in ihm entzünde. Loh. Lutz. SHMendms als »»Mischer Lyriker Unter den gottbegnadet» Sängern, die in der Zeit der Befreiungskriege, von glühender Vater landsliebe beseelt und von tiefem Hatz gegen die! Unterdrücker erfüllt, mit weithin schallender Stimme zum Frsiheitskampf aufrkefen, steht Mar v on Schenkendorf mit an erster Stelle. Ei» großer Gedanke, eine heiße Sehn sucht spricht aus seinen durch einen weichen, melo diösen Ton ausgezeichnete» Liedern: das Strebe» nach Wiederherstellung von Kaiser und Reich, nach einer alle deutsche» Stämme umfas senden Einheit. Seine Dichtungen haben fast durchgängig kontemplatives Gepräge. Kaum hat die romantische Schule auf «neu Dichter jener Zeit so stark «ingewirkt als auf Schenkendorf. Tas christliche Wese» des Krieges, dessen Wahr zeichen das Kreuz bildet, findet bei ihm einen tiefpoetische» Ausdruck. Alle diese Erscheinungen aber erklären sich mit folgerichtiger Notwendig keit aus Schenkendorfs Erziehung und Bil dungsgänge: Gottlob Ferdinand Maximilian Schenkendorf wurde am 11. Dezember 1783 als Sohn des Kriegsrats Schenkendorf in Tilsit geboren. Nach einer durch die unglückliche Ehe seiner Ettern ge- trübte» Jugend kam er frühzeitig auf dis Uni versität nach Königsberg. Hier kostete er alle Freu den der akademischen Freiheit aus und verfiel in ein leichtsinniges Bummellebsn. Seine darüber erzürnten Ettern nahmen ihn schließlich von der Universität herunter und vertrauten ihn einein Pfarrer in einem einsame» Torfe zur weiteren Ausbildung an. Wenn sich Schenkendorf mit seinem Lehrer auch nicht verstehen konnte, so fand er doch bald fromme, kunstbegabte, edle Menschen, kn deren Umgang sich sein Geist und Gemüt heranbkldete. In dieser Zeit lernte er sein Vaterland aus seiner große» Geschichte her aus kemren und lieben und auf de» Himmel ver trauen, der der gerechten Cache helfen muß. Um sein kameralistisches Studium zu beende», ging er später wieder nach Königsberg. Hier hat er nach seinem Abschkußeramsn lange als Kammerreferendarius und Hauslehrer gelebt. Lin reiches Lebe» mar es, das sich um ihn auf getan hatte. Für seine Idee» wirkte er in vater ländischen, literarische» und religiösen Kränzchen. Ms sein von ihm hochverehrter und geliebter König zu den Waffen rief, konnte er zu seinen; Schmerze wegen seiner gelähmten Hand nicht folge», aber später beteiligte er sich doch noch , im Gefolge eines Generals am Feldzug. Nach s dem Kriege wurde Schenkendorf in Koblenz als Negierungsrat angestellt. Jur besten Manncsalter starb hier der unentwegte Sänger für Kaiser und Mich im Jahre 1817. Cchenkendorfs vaterländische Dichtung wurzelt, wie schon eingangs erwählst wurde, im Boden der Romantik. Seine Anschauungsweise wendet sich hauptsächlich dem deutschen Mittelalter samt Rittertum uno Mimnwcsen zu; er ist begeistert für mittelalterliche Kunst, Poesie und Sage, ein eigentümliches Sehnen nach rcligiös-poetifchür Verklärung der Welt spricht sich bei ihm aus. Er ist einer, der mit festem Gottvertrauen in die Saiten greift und an seinem Ideal mit relk- giöser Innigkeit hängt. Das irdische und himmlische Vaterland fließen ihm in eine mystische Einheit zusammen. Er sah die Durchdringung des Deutschen und Christlichen, als eine für den Freihettskampf im besonderen, für das Deutsch- tum km allgemeinen schöne Notwendigkeit an. Christliche Deutschheit und deutsche Christlichkeit sotten in unauflöslicher Verbindung bleiben. Mit allen Mitteln warb er für die Wieder ¬ herstellung des alten deutschen Rei ches mit all seinen Herrlichkeiten. Ein mächtiger! Kaiser sollte es führen. Mit prophetischem Blici sieht er das ersehnte deutsche Kaiserreich in der Ferne erstehen. Ein einiges, alle Stämme um fassendes sollte es sein. An ihm war das Deutsche mächtig genug, um ihn vor preußischer Einseitigkeit zu schützen. Mit seinem deutsche» Sinne faßte er alle Stämme und alle Stände des deutschen Landes zusammen. Ur deutsch ist der Ton, den Schenkendorf in seiner politischen Lyrik anschlägt. Seine Lie der erklingen im Hildebrandston, im Ton des späteren Kirchen- und Volksliedes. Welchen Ton er aber auch anschlägt, immer führt ihm die Natur Bild und Gleichnis, Hauch und Farbe zu. Deutsche Luft atmet man in seinen Versen, herr liches deutsches Land blüht vor uns auf. Welch' wundervollen Ausdruck findet des Dichters Liebe zur Heimat in seinem „Frühlingsgruß an das Vaterland!" Wenn auch Schenkendorfs Zukunststräume in der Wiederbelebung längst begrabener mittelalter licher Institutionen das einzige Heil für das deutsche Vaterland erblicken, so bewies er trotz dem eine praktische Auffassung der damaligen Zustände. Er geht von der Wirklichkeit aus und auf die Wirklichkeit ein. Es ist ein lebendiger Patriotismus, der aus seinen Liedern spricht, begleitet von frommer Innigkeit und zarter Emp findung, tief, ernst, fromm, tüchtig. Viele seiner Lieder haben sich in Männerchören erhalten. Wie prachtvoll klingen die Weisen: „Wenn alle untreu werden", „Freiheit, die ich meine", „Wie mir deine Freuden winken", „Es klingt ein Heller Klang". - Schenkendorf hat durch seine Freiheitsgesängs einen unsterblichen Name» bekomme». Mit An dacht verweilen wir bei seinen Gedichten, die schlicht und einfach sind. Ihre heilige Weihs erwärmt uns, ihre ernste Ansprache ergreift; uns, ihre göttliche Verheißung erhebt uns. Er ist uns ein Vorbild treuer Dienerschaft dem Va- terlande gegenüber geworden. Solange aber deutsche Herzen für christliche D«utschheit und deutsche Christlichkeit schlagen, werden sie des Frciheitssängcrs Mar von Schenkendorf geden ken, dem Arndt nachrief: „Ein deutsches Herz, Tapferes und treues Herz, Köstliche Gabe, Senken wir jetzt in Schmerz Nieder zum Grabe." K. Schl. EM Kuh, der einst oft genannte, angetehene Schriftsteller und Biograph, der uns Hebbel, Stifter, Grillparzer, Halm näherbrachte, kam am 13. Dezember 1828 in Wien zur Welt. Nachdem er dort studiert hatte, trat er in das Geichäst seines Vaters in Triest, widmete sich aber bereits mit zwanzig Jahren ber literarischen Tätigkeit. Im Jahre 1857 trat er (Israelit) in Berlin zum katholischen Glauben über, kehrte dann nach Wien zurück und wurde dort 1864 Professor der deutschen Sprache und Literatur. Er zählungen und Gedichte entstammen seiner Feder, die man jetzt noch verstreut in Anthologien vor findet. Leider mukte sich Emil Kuh au« Gesund heitsrücksichten nach Meran begeben, wo er schon im Alter von 48 Jahren starb. Ein Eleonora-Dusc-Trama. Alfons Paquet hat ei» Dram» vollendet, in dessen Mittepunckt die Gestalt der Eleonora Düse steht. Das Stück kommt noch in dieser Spielzeit in Berlin zur Uraufführung. Ein englischer Tert zum „Freischütz". Webers „Freßchütz" wurde unter dem Protektorat der Or- ford-Opern-Studiengesellschaften in einem Lon doner- Theater mit englischem Tert zum erstenmal zur Ausführung gebracht. Die englische Opern* Version des „Freischütz" führt den Titel „Dev DSmonen-Jäger" (The Demo» Hunter"). Das Kunstgemälde auf der Briefmarke. Für dH neuen Wohlfahrtsmarke», die im Saargebiet her«. ! ausgegebe» werden, hat man bekannte Kunst-" werke als Bildmotiv verwendet, so „La Carita" ! von Raffael, Dyckmans Gemälde „Der blind«, Bettler" und „Das Almosen" von Professor" Schiesst aus München. Von der Universität Leipzig. Zum ordent lichen Professor in der philosophischen Fakultät^ der Universität Köln wurde der außerordentlich^ Professor Dr. Rumps in Leipzig ernannt. Ebenso! wurde der Privatdozent Dr. Heller aus Leip zig zum ordentlichen Professor in der juristische» Fakultät der Universität Berlin ernannt. * Poesie Poesie ist tiefes Schmerzen, Und es kommt das echte Lied Einzig au« dem Menfchenherzen, Das ein tiefes Leid durchglüht. Doch di« höchsten Porsten Schweigen wi« der höchste Schmer«, Nur wi« Geisterlchatten ziehen Stumm sie durch» gebrochne Herz Justinus Kirn»»