Volltext Seite (XML)
LWiMfferÄgeblaii Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Fernsprecher Wilsdruff Nr. b Postscheckkonto Dresden 2640 dem Iahre 1S41 Erscheint seit Krfthelnl di« auf wettere« nur Montag«, Mittwoch« u. Freitag« nachmittag« S Uhr für den folgenden Tag. 2e,ug«vrei« bei «eibstabhotung monaiitch M!., durch unser- Lu««rägcr zugeiragen in der Siad« monatlich MI., auf dem Land, M.. durch die poft bezogen KierteftLhrttch MI. mit ZusteNung«gebühr. «Ne poftanftatten und Postboten sowie unser- Au«tr<!ger und Sesch<!st«steN- nehmen i-d-rzett LefteNungen entgegen. 5m F-Ne HSderer «ewalt, Krieg oder sonstiger Betrieb«,ISrungen Hai der Bezieher leinen Anspruch aus Li-s-run, der Zeitung «der Kürzung de« Bezugepreise«. 5nsertton«»ret« Ml. für di« » gespaltene KorpuezeUe oder deren Kaum. KeNamen, bi« r fpatttg, Korpu«z»tle RI. Lei Wiederholung und Zahr««auftrag enisprechender pre,«nochtag Bekanntmachungen im amtlichen Teil snur een B-Hürden) die 2 gespalten- Korpuszeil- Ml. Zlachweisun,«.Gebühr pfg. Anzeigenannahme bi« oormittag« tv Uhr. Für die Richtigleii der durch Fernruf übermitteiten Anzeigen üb-mehmen wir keine Garantie. Zeder Kabat^ »nspruch «riischi, wenn der Betrag durch Klag« eln^zogen werden muß »der b»r Auftraggeber in Kontur« gerM. Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrat» zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. verleaer »ud Drucker: Arthur Zschuuke i» Wilsdruff, verautwortlicker Schriftleiter: Herman« Lässig, für de« Iuserateutell: Arthur Asch«»t«, Beide i» Wilgdruss. 82 Jahrgang. Nr 89. Donnerstag / Freitag 2. / 3. August 1923 Amtlicher Teil. Vorauszahlung auf Einkommensteuer1923. Durch die fortschreitende Geldentwertung macht sich die Erhöhung der Einkommen steuer-Vorauszahlungen unbedingt nötig. Die Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer 1923, die am 15. August 1923, 15. November 1923 und 15 Februar 1924 fällig werden, sind nach dem 25fachen des Betrages zu berechnen, der sich als Einkommensteuer für das Kalenderjahr 1922 aus der Steuererklärung, oder falls eine solche nicht abgegeben ist, auf Grund der Schätzung des Einkommens im Kalenderjahr 1922 ergibt. Soweit der Feststellung des Einkommens ein Winschafts-, (Gffchäfts)-Abschluß vor dem 1. Juli 1922 zugrunde liegt, ist die oben erwähnte Vorauszahlung (25fach) zu vervierfachen. Stehen die zu leistenden Vorauszahlungen außer Verhältnis zu dem mutmaßlichen Einkommen, so können sie anderweit festgesetzt werden. Die nächste Vorauszahlung ist also bis 15. August 1923 bei der Stadtsteuerkasse zu bewirken. Vorauszahlungeu derjenigen Steuerpflichtigen, die d'e Steuerkasfe ermächtigt haben, alle Steuerbeträge ihrem Girokonto zn entnehmen, werden auch in diesem Falle vom Girokonto abgeschrieben'). Wilsdruff, am 30 Juli 1923. r-r. Der Stadtrat. r Jedoch muffen diese bis 12. August 1923 hierher Mitteilen, falls bei ihnen mehr als das 28 fache in Frage kommt. Der Eigentümer des hier zugelaufenen in Nr. 88 des Wilsdruffer Tageblattes und durch Anschlag bekannt gemachten braunen Hundes (Dobermann), hat sich noch nicht gemeldet. Er wird hiermit öffentlich aufgefordert, se nen Antpruch bis spätestens Freitag, den 3. August 1923 nachm. 6 Uhr an Polizeistelle geltend zu machen, widrigen falls der Hund am Sonnabend, den 4. d. Mts. vorm. 10 Uhr im Verwaltungs, gebäude öffentlich versteigert oder beseitigt wird. Wilsdruff, am 1. August 1923. 27»? Der Stadtrat. Wir bitten höflichst, Anzeigen bis vorm. 10 Uhr aufzugeben IMMIM»VI!WiWW!MWiWWWWWWWMWWIiqWWWMVWWWWSSSWWAWckWWWWW Kleine Zeitung für eilige Leser. * Das Reicbskabinett hat eine Anzahl neuer Steuerpläne »eröfsentlicht und weitere in Beratung genommen. * Die Gewerkschaften trugen in einer Besprechung mit dem Reichskanzler eine Anzahl Wünsche und Beschwerden vor. * Die belgische und die französische Antwortnote auf den eng lischen Entwurf einer An-wort an Deutschland sind in London überreich« worden und haben dort gros-- Enttäuschung hervor- gerufen. * Im Ruhrgebiet nimmt die Lebensmittelnot in erschrecken dem Maße zu, da die Franzosen alle Nahrungsmittel systema tisch aufkaufen. * Auf dem Bahnhof in Kreiensen stieß der Hamburg- Münchener D-Zug auf seinen Vorzug, wobei 35 Fahrgäste ge tötet und 53 verletzt wurden. Steueropfer. Wenn der Reichstag am 8. August zusammentritt, so wird sie Rcichsregierung ihm ein großes, riesengroßes S1 euerbukett zur Annahme überreichen. Soeben hat sie die Steuercntwürse durchberaten und genehmigt, die wenig stens zum Teil die Kosten unseres Defensivkrieges an Rhein und Ruhr decken sollen. Einen Teil nur — denn darüber muß man sich klar sein, daß Deutschland niemals imstande sein kann, die Kosten restlos zu decken. Es war ja nicht ein mal möglich, den Staatshaushalt zu balanzieren, als der Franzose uns noch nicht unser reichstes Produktionsgebiet genonimen hatte. Von dort her gelangen ja keinerlei Ein künfte in die Kassen des Deutschen Reiches. Und das übrige Reich ist infolgedessen gar nicht in der Lage, nicht nur den dort entstehenden Ausfall, sondern auch die Kosten zu decken, die durch die Produktionshemmung und die Not- Wendigkeit, die Bevölkerung am Leben zu erhalten, ent standen sind und zu täglich höheren Posten anschwellen. Das neue Steuerprogramm wird also lediglich die Auf gabe haben, einen höheren Prozentsatz der Reichsausgaben durch Reichseinnahmen zu decken, als das bisher geschah. Grundsätzlich erfolgt bei diesem Steuerprogramm nicht eine Besteuerung in einmaliger Form, sondern auf lange Sicht durch Anpassung der bestehenden Steuern an die Geldentwertung. Eine Steuerreform im wahr sten Sinne des Wortes ist das also nicht, wäre auch jetzt vom Übel, da die Einführung neuer Steuern oder gar eine grund sätzliche Umstellung zurzeit eine Unmöglichkeit ist. Derartiges erfordert Zeit, und die haben wir jetzt nicht. Das N h e i n-N u h r o p f e r, in der Hauptsache eine Vervielfachung der Einkommensteuer auf die Steuerträger, die ihre Steuer nicht durch Abzug von Lohn und Gehalt ab leisten, ist praktisch eine Verdoppelung und zeitliche Ein engung der abzuführenden erhöhten Einkommensteuer. Da durch wird der Versuch fortgesetzt, die Begünstigung gerade dieser steuerkrästigsten Elemente, die aus der Geldentwertung einen teilweise sehr erheblichen Nutzen ziehen, endlich wett zumachen. Nur ist der Name nicht besonders treffend gewählt. Opfer, das heißt, freiwillig dargebrachte Gabe ist das nicht, was wir jetzt leisten sollen, sondern Verpflichtung ist das alles, selbstverständliche Verpflichtung gegenüber jenen im be setzten Gebiet, die Leib und Leben daran setzen, die Heimat zu verteidigen. Verpflichtung auch unsererseits, die wir von diesen Leiden der Besetzung verschont geblieben sind, gegen über der Heimat, die um ihr Dasein ringt. Verpflichtung auch gegen unsere Kinder, daß sie dereinst in einer von uns erkämpften Freiheit leben dürfen. Gleichzeitig hat übrigens auch die Sozialdemo kratische Partei ein Steuerprogramm ausge arbeitet und in die Öffentlichkeit gebracht, das einen schon vielfach erörterten Gedanken wieder aufnimmt. Das ist die -Valorisierung der ReichseinMnfte. Man will eine ver- viei,aape Eryoyung ver zu vawristerenden Zwangsanlerye, die bekanntlich vor kurzem für die Brotversorgung beschlossen und schon wieder erhöht worden war, und eine Verdrei fachung der gleichfalls zu valorisierenden Körperschafts- und Einkommensteuer. Auch bei der Belastung der Industrie, des Handels und der Landwirtschaft ist dieser Gedanke hineinge- flochten dadurch, daß von der Landwirtschaft die Abgabe eines Doppelzentners Roggen pro Hektar für den Zweck des Nhein-Ruhr-Kampfes verlangt wird und die andern wirt schaftlichen Betriebe die entsprechende Steuer in Höhe der auf sie entfallenden Lohnsteuer entrichten sollen. Oh der Gedanke einer Valorisierung der Steuern jetzt durchführbar ist, muß zweifelhaft erscheinen, solange nicht die Quelle selbst, also die Einkommen selbst, valorisiert worden sind. Selbstverständlich ist aber, daß die Sozialdemokratie ihren — und übrigens auch anderer Leute — Lieblingsgedanken wieder aufnahm, nämlich die Belastung der deutschen Wirtschaft mit Gold- Hypotheken. Nun hat bekanntlich die Industrie bereits von sich aus eine solche Garantie zugesagt, und in unserer Note vom 7. Juni haben wir das auch dem Auslande mit- getcilt. Man darf hoffen, daß bei der demnächstigen Beratung der Steuergesetze eine wirkliche Sachlichkeit obwaltet und nicht allzu sehr mit vorgefaßten Meinungen politischer oder wirtschaftspolitischer Art gearbeitet wird. Sonst treiben wir den Teufel mit Beelzebub aus. Und alle Entschlüsse und Beschlüsse haben keinen Wert, führen zu keinem Erfolg, wenn nicht auf allen " ' ' n- Einsicht herrscht, daß zu solchen »grundsätzlichen" ft tzmwcn jetzt weniger als je die Zeit ist, nur verhängnisvoll wirken kann. Die Forderungen der Sozialdemokratie. In dem sozialdemokratischen Programm, das der Reichs regierung unterbreitet werden soll, wird gefordert: 1. Verdreifachte Erhebung der nach dem Brower- sorgungsgesetz valorisierten Zwangsanleihe. 2. Verdrei fachte Erhebung der valoristerten Vorauszahlungen der Körperschafts- und Einkommensteuer. 3. Verdrei fachte Erhebung der am 31. Juli fälligen Vorauszahlungen auf die Umsatzsteuer unter Freilassung der Umsatzsteuer beträge von 300 060 Mark und der Genossenschaften und des Einzelhandels. 4. Während der Dauer der Ruhraktion Erhe bung einer Steuer von allen Unternehmungen in In dustrie, Handel nnd Banken in der Höhe der auf die Betriebe entfallenden Lohnsteuer. Abgabe eines Doppelzent ners Roggen pro Hektar land- und forstwirtschaftlich be- benutztcn Bodens unter Freilassung der Kleinbetriebe. Zur Ergänzung werden Maßnahmen gefordert, durch die die Steuern, insbesondere die Lohnsteuer nnd die indirekten Stenern, unmittelbar nach dem Entstehen der Steuerschuld ein gehen. Ferner restlose Tragung jeglicher Geldentwertung bei verzögerter Steuerzahlung, Ausbringung eines Devisenfonds aus den Devisenmitteln der Wirtschaft gegen Dollarschuldver schreibung. Die Antwortnoten an England. Überreichung in London. Die französische und die belgische Antwortnote wur den in London überreicht. Sie sind nicht identisch, über die Art der Abweichung wird indessen strengstes Still schweigen beobachtet. Lord Curzon empfing nacheinander den italienischen, den belgischen, den deutschen und den frcn '-schon Botschafter. Wie gemeldet wird, hatBald - Win bisher nur eine flüchtige Prüfung der fran- izösischen und der belgischen Note vorgenommen; indessen ging in halbamtlichen französischen Kreisen dasGerücht um, daß die britische Regierung von diesen Dokumenten sehr pessimistisch beeinflußt worden sei. Auch die englischen Zeitungen zeigen wenig Hoff nung, daß eine Einigung mit Frankreich möglich sein werde. Die „Westminster Gazette" erklärt, daß wenig Hoffnung bestehe, den französischen und englischen Stand punkt zu versöhnen. In diesem Falle täte Baldwin am veften daran, die englische Handlungsfreiheit zurückzunehmen und vor aller Welt den Standpunkt Eng- lands auseinauderzusetzen. England könne nicht mehr länger zusehen, wie Deutschland zerstört werde. In Lon don glaubt man nicht mehr, daß durch die Antworten die Erteilung einer gemeinsamen alliierten Antwort an Deutschland ermöglicht würde, denn PoincarS hat eine viel zu unversöhnliche Haltung eingenommen. Die Meinung Mussolinis. über die italienische Auffassung schreibt der diploma tische Berichterstatter des „Daily Telegraph", Mussolini, dein die Absicht zugeschrieben wurde, eine Antwort auf die britische Mantelnote, und eine abgeänderte Fassung des englischen Aniwortentwurfs aufznstellen, habe diese Ab sicht ausgcgeben. Der Grund sei, daß der italienische Premierminister zu der Überzeugung gelangt sei, daß die Aussichten ans ein interalliiertes Übereinkommen über die Absendung einer gemeinsamen Antwort an Berlin zu ge ring seien. In seiner letzten Unterredung mit Lord Curzon soll der italienische Botschafter im Auftrage Mussolinis angeregt haben, England und Italien sollten gemeinsam Deutschland einladen, in den Völkerbund ein- zntrelen. Das Eisenbahnunglück bei Kreiensen 35 Tote und 5- Verletzte. Die Kaiastrophe, die sich auf dem wichtigen Kreuzungs- pnnkt Kreiensen zutrug, ist auf das übersehen eines Halte signals zurückzufiihren. Dienstag früh, gegen 4 Uhr, stieß der von Hamburg Kommende Hauptzug 0 88 Hamburg—München im Bahn hof Kreiensen auf den Vorzug. Der Vorzug stand im Bahnhof, weil er eine Vorspannlolomotive erhalten sollte. Der Führer des D Zuges, der in Kreiensen fahrplanmäßig keinen Aufenthalt zu nehmen hat, übersah das Haltesignal und fuhr mit voller Wucht auf den haltenden Zug aus. Aus der Trümmernrasse wurden 35 Tote, Schwerver letzte und 48 Leichtverletzte geborgen. Durch den entsetzlichen Zusammenprall wurden beide Hauptgleise des Bahnhofes gesperrt. Von Hannover und Göttingen wurden alsbald Hilfszüge mit Ärzten und Rettungsmannschaften nach Kreiensen geschickt. Die Feuer wehr aus Göttingen sührte die Aufräumungsarbeiten aus. Sanitätskolonnen aus Hildesheim und Göttingen be mühten sich um die Bergung der Toten und leisteten den Verletzten Hilfe. Die drei letzten Wagen des Vorzuges wurden durch den fürchterlichen Anprall vollständig zer splittert. Alle Toten und Verletzten waren Passagiere dieses Vorzuges, während bei dem das Unglück verur sachenden Hauptzug nur einige leichtere Verletzungen bei dem Zugpersonal entstanden. Berlin, 31. Juli. Nach dem Bericht eines Augenzeugen war der Zusammenstoß furchtbar. Ein lautes Krachen und Bersten. Schrilles Splittern von Scheiben. Zehn Eisenbahn wagen und die Lokomotive des Hauptzuges hoben sich zum Dach der Bahnhofshalle empor. Ein tausendstimmiger Schrei gellte durch die Halle. Die Verletzten, die z. T. ent setzliche Wunden hatten, wurden in einem besonderen, sofort zusammengestellten Zuge nach der Universitätsklinik in Göt tingen gebracht. Feuerwehr, Sanitätskolonnen, Göttinger Reichswehr und zahlreiche Hilfsbereite versuchen, die Toten u^"r den Trümmern hervorzuholen. Der Bahnhof bildete e... einziges Chaos von Eisenteileri und Solr. Kreiensen, 1. August. Wie die Reichsbahndirektwn zu dem Eisenbahnunglück bei Kreiensen mitteilt, waren bis 4 Uhr nachmittags 44 Tote geborgen. Fm Göttinger Kranken hause befinden sich 34 Verletzte, von denen 3 ebenfalls gestorben sind. Auf Grund der Vorgefundenen Ausweispapiere sind bis her die Namen von 24 Personen festgestellt worden. Die zer-