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für sie und^auf dem Grunde desKsstchens liegt, „zu dauern- j dem Gedenken", der zerrissene Spitzenkragen. — — Als längst die Erde den tapfer» König deckt, hat sich s Lie edle Lauberin mit einem Patriziersohn ihrer Vaterstadt vermählt. Der liest in berechtigtem Stolze seiner fraroen Sittsamkeit" den Spitzenkragen Gustav Adolfs unter Elas und Rahmen setzen und schrieb darunter die Inschrift: „Diesen ^Kragen hat Gustav Adolf getragen und meiner Ehelieösten Jakobine Lauberin, geborenen Augsburgerin^ nebst vielen Pre- tiosis verehrt, um willen sie zu derselben Zrir, als höchst gedachter König in Augsburg gewesen, die schönste Jung frau allda war. Daher sie Kuch von höchstgedachter Majestät gewürdigt wurde, däst dieselbe mit ihr bei dem angestellten Ball oft getanzt. Die Ursache aber, warum ihr der König diesen Kragen verehrt, war, weil sie sich, als der König dieselbe gnäoigst liebkoste, aus Schamhaftigkeit gewehrt^ mit hin mit ihren Fingern die in dem Kragen befindlichen Löcher gerissen hatte." Was könnte manche deutsche Frau der Gegenwart vom Beispiel der edlen Augsburgerin lernen? — Dem Sieger gegenüber die Wahrung der weiblichen Würde! * Im Grunewald ist Holzauktion Humoreske nach einer wahren Begebenheit von Hertha Freifrau v. Könitz (Braunschweig). Wir sagen zur Teestunde am Kamin und tauschten Ju- ! genderinnerungen aus. Da warf eine Hells Stimme plötzlich s Lozwichen: , „Ach) Kinder, zieht mal die alte Spieluhr auf." . Was für altmodische, liebe lustige Lieder bekam man da zu hören: „Rosen aus Hem Süden", „Luna-Walzer", „Die lustigen Brüder", „Im Grunewald, im Grunewald ist Holzauktion". Kaum war der letzte Ton der Holzauktion ver klungen, als meine Freundin Lulu, der die Spieluhr gehörte, mit einem Seufzer der Erleichterung ein „Gott sei Dank" gen Himmel sandte. „Aber warum „Gott sei Dank?" tönte es im Umkreis, das war doch sehr schön!" „Na — wenn ich dies alberne Lied nur höre^ tatatera — tatatera, tataaatera, bricht mir noch jetzt der Angstschweiß ans, in der Erinnerung an die größte Blamage meines Lebens!" „Ja, aber warum nur?" s s „Ach, Lulu, erzähle — bitte erzähle!" Und Lulu begann: „Spieldosen, wie andere ausziehbare Gegenstände, leiden bekanntlich an akutem Eigensinn. Sie mögen einfach nicht mehr — bleiben bockbeinig stehen und sind weder durch freundliches Zureden, noch durch harte Faustschläge zur besseren Einsicht zu bekehren. So ähnlich ging's auch mit diesem „Dingsda" — und Lulu wies verächtlich nach Ler scheinheiligen Spieluhr. „Vor Jahren erhielten wir Schwestern die Spieldose zu Weihnachten. Fehlerfrei trug sie stets ihre vier Stücks vor, bis sie — ohne einen Schwäche zustand vorher anzukündigen, — eines schönen Tages mitten in der „Holzauktion" stecken blieb. Man zog die Uhr, am ihr neues Leben einzuhauchen, noch einmal auf, beträufelte sie zur Stärkung mit Oel. Aber alle Bemühungen waren vergebens. Sie blieb stumm — scheintot. Gleich nahmen wir uns vor. den eingebildeten Patienten bei nächster Ge legenheit nach der Stadt mitzuführen, um ihn einem Spe zialisten vorzustellen. Die erwähnte Gelegenheit liest auch nicht lange auf sich warten, denn einige Tage darauf erhielten wir die Nach richt vom Tode unserer .Großmutter. Infolgedessen mußte ich mich in die Eisenbahn setzen, um für Mutter und Ge schwister und mich Tiauerkleidung in der Stadt zu besorgen. In unseren Schränken existierte nur ein schwarzer Krepphut mit langem, wallendem Schleier, ein großes, schwarzes llm- schlageiuch und ein noch möglichst gut erhaltenes schwarzes kreppbesetztes Kleid. In diese tintenschwarzen Sachen, Lie mir das Ansehen einer in tiefster Trauer sich befindenden jungen Witwe verliehen, stieg ich hinein. Tcyu setzte ich mein ernstestes und würdigstes Gesicht auf, denn wir waren alle über Großmutters Tod wirklich sehr traurig. Ich. befand mich bereits im Wagen, der mich zur Bahn fahren sollte, als meine jüngste Schwester atemlos mit der eingewickelten Spieluhr angsstürzt kam, sie unter mein großes Amschlagetuch schob, mir in den Arm drückte und rief: „Aber Lulu, du hast ja die Spieluhr vergessen — das ist Loch die Hauptsache!" Ich hatte die Spieluhr nämlich mit Willen ver gessen. da sie mir lästig war. Jetzt klemmte ich mißver gnügt. aber'doch in ängstlicher Sorge, den scheintoten Pa tienten fest an mich. Auf der kleinen Bahnstation, wo mich alles kannte, fiel meine kohlrabenschwarze, wallend« Trauergestalt natür. lich allgemein auf. Zufälligerweise fuhren mit dem gleichen Zuge auch verschiedene unserer Nachbarn, die sich voller Teil nahme nach dem Tode der geliebten Großmutter erkundigten. Und gerade im Augenblick, als man auf Lem Bahnsteige mich umringt, mir die Hand drückt —, die herzlichste Teilnahme ausspricht, lebt die Spieluhr in der Tiefe meiner schwarzen Trauersalten auf und plärrt hell und fröhlich, da wo sie stehen geblieben war, weiter: „. . . Holzauktion — ist Hblz. auktion . . ." j Mir wird grün und gelb zumute. Der Angstschweiß bricht aus. Im ersten Augenblick will ich diese gröhlende Kreatur aus dem Arm fallen lassen — sie verleugnen — tot trampeln. Aber dann stand mir das verzweifelte Kinder- gesichi meiner kleinen Schwester vor Augen, die die Spieluhr zärtlich liebte. Mem innigster Wunsch war, daß der Erdboden mich verschlänge oder ein Schlag e tust mich träfe. Aber statt dessen spazierte ich wie ein begossener Pudel zur Sperre. Der Fahrkartendurchlocher knipst — und unter meinem Arm Ludelt's: „. . . rechts um die Ecke 'rum — links um die Ecke 'rum — geradeaus ist Holzauktion . . ." Man starrt mich an — stößt sich an — kichert — singt mit. Zwei Bengels puffen sich und grinsen: ,^tick mal die schwarze Deibels-Fru, — det is 'ne Spielpupp!" Jetzt ver suche ich unter meinem düsteren Talarumhang die jodelnde Gurgel ganz heimlich zu erwürgen. Ich drücke und presse. Aber krachmunter bleibt das Geplärr: „Die ganze Fuhre Süßholz kost 'nen Taler — 'nen Taler — 'nen Taler" . . . Ich weiß nur, daß ich in's Abteil hineingerast — ge stolpert bin, mit schiefem Hut, mit sich verwickelndem Schleier. Wie ein Jammerhuhn ducke ich mich in's Polster — bi; auf die Knochen blamiert — entwürdigt — lächerlich gemacht. Und während es immer leiser und langsamer schluchzt und ächzt: „— ist Holzauktion — ist — Holz ... auk . . . tion . . ." bohrt der Gedanke sich in mein Hirn, was diese vermaledeite .Spieluhr bewogen hat aus ihrem Dornröschen schlaf gerade auf dem Bahnhof — gerade unter meinem Arm, gerade unter rabenschwarzen Traurrkleidern zu erwachen, um mich einfach — nur so zum Possen — aus ewig lächerlich zu machen. War's das Chausseegeratter, meine Körper-, meine Kleiderwärme? — War es . . ? „ist . ; . Holz ... auk ... tion . . ." lallt's noch einmal. Lebeussprüche Von Mar Kretzer. Wenn vor dir weit der Wahrheit Torr klaffen, Durch die gebückt in Rudeln zieh» die Lassen, Tann schreit' als letzter aufrecht hinterdrein, Erheb'nen Hauptes, stolz und ganz allein. Willst du die Menschen meiden, fliehe sie, ,Tu brauchst auf ihre Nähe nicht zu warten,' Es lohnt sich manchmal nicht Ler Müh', Mit faulen Kleppern auf der Bahn zu starten. Humor Von Otto Anthes. Mein Areund, der Konsul, erzählt: Als ich noch in > London lebte, fuhr ich jeden Tag mit demselben Omnibus von Hyde Park Corner in die City. Ich saß, wenn es irgend möglich war, oben bei Lem Kutscher und hatte mich, i wie das zu gehen pflegt, bald mit ihm angeoiedert. In Ler , Orford Street begegneten wir regelmäßig einem andern Omni- ! bus, dessen Lenker dann jedesmal von dem unsrigen laut ! und lustig angerufen wurde. Der aber tat, als hörte er i nicht, machte ein finsteres Gesicht und kehrte sich ab. Ms ich das soundso oftmal erlebt hatte, fragte ich eines Tags- , — „Ach," sagte mein Kutscher, „der Kerl ist zu dumm. Er j war mein bester Freund und vertraute mir alles an. Auch ' daß sein Großvater, der ebenfalls Omnibuskutscher war, sich > in seinen Mußestunden des Straßenraubs befleißigte, eines schönen Tags dabei erwischt und gehängt wurde. Don da ab zeigte ick meinem Freund immer, wenn wir uns hier begegneten des Spaßes halber ein Endchen Strick. Das hat der dumme Kerl übelaenommen. Er bat eben keinen Humor." x Verantwortlicher Redakteur: Karl Liegert in Frankenberg — Druck und Verlag von C. G. Rehberg (Inhaber.Ernst Roßberg jun.) Ä» Frankenberg