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stopft und nach unbestimmten Zielen verschickt wurden. Herzzerreißende Szenen spielten sich in der Nacht ab, als die „Auswahl" über die zu deportierenden Personen getrossen wurde. Rach amtlichen Telegrammen des finnischen Bureaus sind die Verhafteten zur Zwangsarbeit nach Murman übergeführt worden. Von der Station Mvttyaja wurden auf gleiche Weise 200 ingermanländische Finnländer entführt. Seit Ostern haben dann täglich Massenverhaftungen im nördlichen Ingermanland zu gleichen Zwecken stattgcfunden. Die Bauern hatten keine Ahnung, was bevorstand, als die Verhafteten auS ihren Häusern geführt wurden. Als sich die Nachricht am nächsten Morgen in der Gegend ver breitete, sammelten sich die Bauern aus der Station, um Abschied von ihren Verwandten und Freunden zu nehmen. Aber die Tschekasoldaten erlaubten nicht, daß die Verhafteten mit ihren Verwandten sprachen. In zwei Orten, wo Dutzende von Gehöften jetzt völlig menschen leer sind, ist der Besitz der Deportierten für die Kol lektivwirtschaft beschlagnahmt worden. Die deportierten Fanlilien standen schon seit langem in den sogenannten K u l a k e n b ü ch e r n. In ganz Finn land haben die Entführungen fürchterlichen Eindruck gemacht. In allen Kirchen wird für die Deportierten gebetet. Für und wider öas Volksbegehren. Lebhafte Beteiligung an den Eintragungen. Die Eintragungen für das Volksbegehren in Preußen zur Auslösung des Landtages gehen lebhasi voran Sie sind, nach den bisher vorliegenden Nachrichten, umsangreicher als zu dem Volksbegehren gegen Unterzeichnung des Poung^Plans. An den ersten fünf Tagen haben sich in Berlin insgesamt 129 399 Personen eingezeichnet. Die Zahl der Eintragungen für die gleiche Zeit beim Young-Volksbegehren betrug 93 829. Das Ergebnis der ersten süns Tage ist uni 35 570 Eintragungen günstiger als beim Young-Volksbegehren In Ostpreußen ist das zweite Hunderttausend bereits überschritten Im Ruhr gebiet waren am Sonntag zwei- bis dreimal höhere Ein tragungsergebnisse zu verzeichnen, als an den vier vorausge gangenen Tagen; in den meisten größeren Städten sind die Vergleichszifsern mit dem Young-Volksbegehren wett über schritten Das gilt auch von anderen Bezirken, z. B. von Görlitz, Frankfurt «Main), wo sich bereits 10 638 Personen ein getragen haben, während beim Young-Volksbegehren in der gleichen Frist 4000 Stimmen weniger waren. In Kassel war die Gesamtzahl Sonntag abend 4514 gegen 1319 beim letzten Volksbegehren. In Halle ist die Zahl in gleicher Weise wie an den Vortagen gestiegen. Von rund 150 000 Stimmberechtigten haben bereits 22 275 ihr Stimmrecht ansgeübi Der „Stahlhelm" beim Kanzler. Das Bundesamt des Stahlhelm teilt mit: ,.Jm Auftrage der Bundessührung des Stahlhelm hat der Leiter der Abtei lung „Volksbegehren" beim Bundesamt dem Herrn Reichs kanzler die gröbsten Fälle der zahllosen bisher schon erfolgten Behinderungen des Volksbegehrens „Landlagsauflösung" durch Behörden ans Grund der Notverordnung übermittelt und sein Eingreifen zum Schutze der verfassungsmäßigen Volksabstimmung in Preußen erbeten." Der erste GesWadersegeistug der Well. Der Neckar bei Heidelberg überflogen. Drei Segelflugzeuge der Akademischen Fliegergruppe Darmstadt überflogen den Neckar bei Heidelberg. Wie hier zu mitgcteilt wird, ist dies der erste Geschwadersegetslng der Welt. Während zwei der Flugzeuge unweit Bruchsal landen mußten, versuchte das dritte Flugzeug, das der be kannte Segelflieger Grönhofs steuert, Freiburg zu er reichen. Ser Asiensorscher Dr. Trinker schwer verletzt. Eine verhängnisvolle Autofahrt. Auf der Chaussee Bremen - Wesermünde er eignete sich ein schweres Autounglück. Das Auto des Kaufmanns Biehusen-Bremen kam auf -er durch Regen schlüpfrig gewordenen Straße ins Rutschen und schlug beim scharfen Bremsen nm Ter Chauffeur wurde a u s der Stel ' e getötet, fünf weitere Personen wurvcn mehr oder weniger schwer verletzt. Unter den Insassen befand sich der bekannte Asiensorscher Dr. Trinkler, der bei der Gedenkfeier zum hundertsten Geburtstage des Asrirasorschers Rohlss in Vegesack die Festrede halten sollte. Trinkler erlitt einen schweren Kieferbruch und Beinoerlctzungen. Seine Frau und seine Tochter sind leicht verletzt, ebenso die übrigen Insassen. Aufstand in Nikaragua. 35 Tote in Puerto Eabccos. Die Freiheilskampsbewegung in Nikaragua ist erneut mit aröß.ter Heiligkeit aufaetlammt. Besonders ernst Ist die Läge des Hafenortes Puerto Cabecos, wo die Auf ständischen das Verwaltungsgebäude der Standard Fruit Company verwüsteten und mehrere Beamte der Ge sellschaft töteten. Den letzten Berichten aus Puerto Cabecas zufolge sollen bei den neuen Unruhen 25 Marinesoldaten und 10 Angestellte der Fruit Company getötet worden sein. Die Aufständischen äscherten mehrere Gebäude ein und zerstörten die Radiostation. Aus Managua sind mehrere Marineflugzeuge unter wegs und sollen das Lager der Ausständischen bombardieren. Auch der Schlachtkreuzer „Memphis" wird mit weiteren 500 Marinesoldaten erwartet. Hölz aus dm Gefönanir Mmm«. Prag, 13. April. Wie aus Graslitz gemeldet wird, ist es dem kommunistischen Sladtrat Max Hö'z aus Falkenstein (Sach sen) gelungen, aus dem Graslitzer Gefängnis auszudrechen. Hölz wurde vergangene Woche an der Grenze verhaftet, als er mit kommunistischem Propagandamaterial die tschechoslowakische Grenze überschreiten wollte. In der Nacht auf Sonntag, als der Gefängniswärter das Abendbrot brachte, erhob sich Holz blitz schnell, stieß den Wärter zur Seite und entkam. Die Flucht war von sächsischen Jungkommunisten vorbereitet worden. Vor dem Eefmwms hatte sich eine große Anzahl Kommunisten angesam melt, die eine Verfolgung unmöglich machte. Zwei Personen wurden verhaftet. Einer der Verhafteten gab zu, Hölz bei seiner Flucht einen Revolver zugesteckt zu haben. Die beiden Verhafte ten stammen aus Sachsenberg (Sachsen). Den übrigen Kommu nisten gelang es, über die nahe Grenze nach Sachsen zu ent kommen. Wilsdruff, am 14. April 1931. Merkblatt für den 15. April. Sonnenaufgang 5°"I Mondaufgang 4°' Sonnenuntergang 18°° s Monduntergang 16'° 1832: Der Dichter und Zeichner Wilhelm Busch geboren. Oer Platz an der Sonne. Wir Menschen sehnen uns nach Luft, nach Licht, nach Sonne. Wenn graue Nebel die Häuser umfluten, wenn tagelang kein Sonnenstrahl in unsere Wohnung fällt, wenn es schneit oder regnet, dann sind wir übelgelaunt, mürrisch und unfreundlich. Wie ganz anders aber ist der Mensch, wenn blauer, wolkenloser Himmel sich über ihm wölbt. Sind wir dann nicht herzlicher zueinander, sind wir dann nicht gemütlicher, nicht freundlicher und zufriedener? Die Sehnsucht nach Sonne, nach frischer Luft und nach freier Natur überkommt uns besonders stark, wenn es nach einem langen Winter endlich anfängt, richtig warm zu werden. Wen von uns litte es an einem sonnigen wolkenlosen Tage zu Hause in der dumpfen Stube? Jeder möchte dann hinaus, dorthin, wo die Sonne scheint, wenn auch nur auf eine Viertelstunde, und wenn auch nur ein paar hun dert Schritte weit. Ja, der Platz an der Sonne! Für die Gesunden ist er ein wohltuender, angenehmer Ruhepunkt, für die Kranker, aber bedeutet er noch mehr: Hoffnung auf Genesung, Hoffnung auf neues Leven. * Die Tageslänge wächst im April ganz bedeutend. Am 1. April ging die Sonne 5,39 fthr auf und 6,31 Uhr unter. Am 30. April geht sie 4,35 Uhr lauf und 7,21 Uhr unter. Am 1. April währte somit der Tag 12 Stunden und 52 Minuten, am 30. April wird er schon 14 Stunden und 46 Minuten anhalten. Im April, und zwar am 18. morgens 5 Uhr, tritt das Tagesgestirn in das Zeichen des Stieres. Blindenkonzert. Im Saale des Weißen Adlers gab gestern abend Arno Heydrich, ein blinder Tonkünstler und Kompo nist aus Dresden, ein Konzert, dem in dankenswerter Weise an stelle der erkrankten Gattin des Künstlers die Rundfunksängerin Melita Wittenbecher ihre Mitwirkung lieh. Der Besuch war sehr minimal. Etwa 50 Personen lauschten den in jeder Be ziehung erstklassigen Darbietungen. Der jKLnstler ist bereits seit seinem 12. Lebensjahre erblindet und übt schon über 40 Jahre seine Kunst aus ohne die edelste Gottesgabe, das Augenlicht. Ihm ist angeborene Musikalität eigen, er besitzt eine vorzügliche Technik und ist beseelt von warmem musikalischem Empfinden für die rechte Auffassung der gewählten Stücke und die feine Nüan- zierung des Vortrags. Als Klaviersolist brachte er Beethovens Es-Dur Largo op. 7, Schuberts Impromptu, op. 90 Nr. 4, Flo- tows Ouvertüre z. Op. „Martha" und einige von ihm selbst ge schickt komponierte Maviersäße zu vollendetem Vortrag. In der Rundfunksängerin MUita Wittenbecher lernte man eine Künstlerin kennen, die über einen kräftigen und dabei modula tionsfähigen Sopran verfügt, der sich durch eine wundervolle Ausgeglichenheit der Register und ein prachtvolles Timbre aus- zeichnet. Mit tiefer Empfindung und voller Hingabe sang sie eine Reihe reizvoller Lieder, die sie krönte mit der Arie a. d. k Op. „Der Waffenschmied". Man hätte gern noch mehr von W t gehört. Beiden Künstlern wurde durch reichen^ Beifall gedankt Staatspreise für Zuchtbullen. Die vom Wirtschaftsministerium zuerkannten Staatspreise für die bei der vorjährigen HauM- rung als preiswürdig befundenen Zuchtbullen, die zum Decken von Rindern innerhalb einer Rinderzuchtgenossenschaft verwen det werden, sind -an Gutsbesitzer Oswald Grünberg in H ei- ! bigsdorf, Rudolf Borsdorf in Wölkau, Rinderzucht'! genossenschaft Sachsdorf, Gutsbesitzer Arthur Klu»'f ker in Gröbern, Emil Ilschner in Jessen bei Meißen und die M erkennungsurkunden an Rittergutsbesitzer v. Schwerdtner, Guck besitzer Arthur Rost, Curt Möbius, Johannes Faust von Hers Amtshauptmann im Beisein des Herrn Regierungsveterinärrs Bezirkstierarzt Dr. Heidrich unter anerkennenden Worten aus- gehändigt worden. Erhöhung der Zuständigkeit der Amtsgerichte. Zur Berem-U fachung und Ersparnis auf dem Gebiete der Rechtspflege Hal» der Herr Reichspräsident in der Notverordnung vom 1. Dezem-I der 1930, neunter Teil, Z 2, bestimmt, daß die Wertgrenze M! die Zuständigkeit der Amtsgerichte in Streitigkeiten über vermö gensrechtliche Ansprüche (H 23 Nr. 1 des Gerichtsverfassungsge- l setzes) mit Wirkung vom 1. April d. I. ab von 500 RM. auii achthundert Reichsmark erhöht. Da in Verfahren und Prozessen! vor den Amtsgerichten ein Anwaltszwang nicht besteht, können sich alle geschäfts- und prozeßfähigen Staatsbürger vor den Amtsgerichten selbst vertreten und ihre Prozesse ohne Zuziehung von Rechtsanwälten führen. Masienprotest der Kriegsopfer. Der Versorgung der Kriegs opfer drohen schwere Gefahren. Seit 1927 sind die Rechte der Kriegsopfer in erheblichem Umfange eingeschränkt und dur-h Aufhebung von gesetzlich gewährleisteten Kann-Ansprüchen im Gesetz begründete Leistungen- abgebaut worden. Wiederholt von Reichsregierungcn und vom Reichstag gegebene Versprechungen, die Lage der Kriegsopfer zu bessern, bleiben unerfüllt. Jetzt wird sogar geplant, die gesetzlich gesicherten Rechtsansprüche der .Kriegsopfer anzutasten und eine Kürzung der Renten und Zü- satzrenten vorzuneh-men. Dagegen hat der Bundesvorstand des fast eine halbe Million Mitglieder umfassenden Reichsbundes der Kriegsbeschädigten, Kriegsteilnehmer und Kricgerhinterblic- benen zu großen Protestkundgebungen aufgerusen. In allen Gauen des Reiches werden am 19. und 26. April 1931 die Kriegsopfer dem Rufe des Reichsbundes zu Hunderttaufendcn folgen und in den größten Sälen der Reichshauptstadt sowie der Länder und Provinzen für die Erhaltung ihrer Lebenseristenz demonstrieren. Die Kriegsopfer Sachsens protestieren am Ist April in Dresden im Zirkus Sarrasani, in Chemnitz Zentral theater und in Leipzig im Volkshaus. Dom deutschen Volke wird erwartet, daß es sich seiner Ehrenpflicht gegenüber den Opfer» des Krieges bewußt bleibt und mit ihnen der Reichsregierung zuruft: Hände weg von den Renten der Kriegsopfer! Bürgschaften für den Kleinwohnungsbau. Auf Grund der Notverordnung vom 1. Dezember 1930 hat der Reichsarbeits minister jetzt im Einverständnis mit dem Reichsminister der' Finanzen die Ausführungsbestimmungen für die Üebernahme vsn Bürgschaften zugunsten des Kleinwohnungsbaues erlassen. Da nach wird die Bürgschaft des Reichs in der Regel nur dann! übernommen, wenn das Land, in dessen Bereich das Darlehen verwendet werden soll, oder die von ihm beauftragte Stelle der Üebernahme der Bürgschaft und der Aufnahme des Darlehens zugestimmt hat. Bürgschaften von Reich, Ländern, Gemeinden und Gemoindeverbänden sollen für das gleiche Darlehen nicht nebeneinander übernommen werben. Eine Reicksbürgichaft toi! s in der Regel dann nicht übernommen werden, wenn der Dar-t lehensgeber bisher Darlehen ohne Bürgschaft oder nur mit! Bürgschaft eines Landes, einer Gemeinde oder eines Gemeinde- l Verbandes gegeben hat. Im übrigen kündigt der Reichsarbesis- minister über die Voraussetzungen und Bedingungen für die Üebernahme von Bürgschaften des Reichs „Allgemeine Ver-> tragsbedingungcn für die Üebernahme von Reichsbürgschaften zugunsten des Meinwohnungsbaus" an. Röhrsdorf. Lichtbildervortrag. Der vom Militär verein beschlossene Lichtbilderabend kam am Sonntag im Ver-, einslokal, Gasthof Deutsches -Haus, zur Ausführung. Der Vor- i sicher, ^Kamerad Otto Seifert, hatte sich hierzu mit seiner reichhaltigen Sammlung von Photographien und Ansichtskarten- von der West- und Ostfront zur Verfügung gestellt. Um 8 Uhr eröffnete er denselben mit einer herzlichen Begrüßung, beson-k derer Gruß galt dem Lehrer Hientzsch-Taubenheim, der mit dem * Lichtbilderapparat der dortigen Schule zur Vorführung gekom men war. Eingangs zeigte uns der Vortragende das österreichische Lrzherzvg-Thronfolgerehepaar deshalb, weil ja auch die Ermor dung des Thronfolgers im Jahre 1914 den großen Weltkrieg entfacht hat. In recht sinnreicher Weise brachte er dann alle be rühmt gewordenen Ka-mpforte bildlich- und dieselben mündlich erklärend, -wie Dinant, Nethel, Soissone, Reims, Laon usw Hierauf ging er dann zur Ostfront, auch hier wurden alle b? bekannten Kampfplätze mit ihren denkwürdigsten Gebäuden uni Denkmälern gezeigt. Verwundetentransporte, Weihnachten in' Felde und Heldenfriedhöfe, insbesondere Stry, der 3000 deut' ! sche Helden birgt, von dem leider der Vortragende von einen' Augenzeugen erfahren hat, daß dieser unter dem polnischen Ter- WM Doumergue, dessen Amtszeit in wenigen Wochen fen ist, führte über Nizza nach Tunis. Sein Einzug os He- vierastadt ließ — wie unser Bild zeigt — an feieruwen prange nichts M wünschen übrig- Bild links: „W e r P r e u ß e n h a t, h a t D e u 1 s ch l a n d!" Dieser Gedanke war das Leitmotiv der großen ^Kundgebung, die der „Stahlhelm" als Werbung für das Volksbegehren zur Auflösung des Preußischen Landtages am 9. April im übersüss ten Berliner Sportpalast veranstaltete. Bild rechts: Die letzte Staat sreise des Oberhaup tes der Französischen Republik, des Präsidenten