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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, für Bürgertum/ Leamte/ Angestellte u. Arbeiter Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts- gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstreniamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. 'Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags S Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in 2 RM " I ck d?" Ausgabestellen 2 AM. im Monat, bet Austeilung durch die Boten 2,3v AM., bei PostbefteUung Wochenblatt für Wilsdruff u. Umqeaend Postbo'tenÄunsmAÜ^ tragerund Geschäftsstellen u U—2 nehmen zu jeder Zeit B-. stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung "" Aertung oder Kürzung des Bezugspreises. — ALcks-ndung eingesandter Schriftstücke ersolgt nur, wenn Porto beilicgt. 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Aus Furcht davor, bet irgendeiner Regierung .anzu ecken", Halle sich der Baseler Sachverständigenausschuss sorgfältig jeglicher „Empfehlung" enthalten, sich davor gehütet, einen präzisen Vorschlag zu machen dafür, was denn nun eigentlich in der ganzen Reparalionsfrage an gesichts der fcstgestelltcn Zahlungsunfähigkeit Deutschlands geschehen solle. Vielleicht hielt der Ausschuß sich auch des wegen zurück, weil — er selbst keinen Ausweg steht. Denn mitten in seine Arbeit war eine ausdrückliche Erklärung des französischen Ministerpräsidenten hineingeplatzt, am Young-Plan dürfe unter keinen Umständen gerüttelr werden; vor allem erfolgte eine ganz eindeutige Stellung nahme im Amerikanischen Kongreß, die einen weiteren Aufschub bzw. eine Streichung der interalliierten Schulden Amerika gegenüber glatt ablehnte. Und doch war gerade in diesem Punkt die einzige „Empfehlung" deS Ausschuß- berichtes erfolgt, die zwar auch nicht an übermäßiger Prä zision leidet, aber doch einen Weg weist: die Anpassung aller zwischenstaatlichen Schulden (also der Reparationen und der Verpflichtungen hauptsächlich Englands und Frankreichs gegenüber Amerika; an die gegenwärtige zerrüttete Wirtschasts- und Finanzlage der Welt sei der einzige Schritt von Dauer, der das allgemeine Vertrauen wiederherstellen könne. In diesem Satz ist auch die tar- I sächliche Verkoppelung zwischen den Repara tionen und den Kriegsschulden wieder zum Ausdruck gebracht, obwohl sie doch von Amerika juristisch nie anerkannt worden ist. Das ganze Problem ist an sich schon geradezu fürchter lich kompliziert. Durch die amerikanische Stellungnahme wird es damit aber noch schlimmer, denn es spielen Er wägungen hinein, die mit jenem Schuldenproblem äußer lich nichts zu tun haben. Wenn schließlich die Amerikaner ' uns Deutschen die Schulden stunden würden, weil wir . eben wirklich am Rande der Kräfte angelangt sind und trotz besten Willens nicht mehr zahlen können, so liegen die Dinge Mit England, vor allem aber mit Frankreich ganz anders. Das Wort „Abrüstung" aussprechen genügt, um anzudeuten, was gemein» ist. Oder, aus eine primitive Formel gebracht: Frankreich kann, selbst bei Stocken der deutschen Tribute, seine Schulden an Amerika glatt be zahlen, wenn cs nur seine Rüstungen einschränkt. Man dreht sich also im Kreise Frankreich will von einem Tributnachlaß gegenüber Deutschland nur dann etwas wissen, wenn Amerika ein entsprechendes Entgegen kommen in der Kriegsschuldenfrage zeigt, und Amerika wieder wartet erst einmal ab, wie die Reparations konferenz läuft und ob es in der Äbrüstungsfrage endlich einen durchschlagenden Erfolg geben wird. Ganz un zweideutig hat inan in Washington amtlich erklärt, daß Amerika die europäischen Mächte aus ihrer Reparations konferenz ganz und gar sich selbst überlassen werde. Das wäre also völlige Fern Haltung von dereuropäischen Reparativ ns- und Schul- denwirrnis, es wäre auch eine Distanzierung von dem Wirtschaftschaos, das doch nicht — aus Europa be schränkt ist. Es wäre auch eine schroffe Umkehr auf dem Wege, den erst inoffiziell die Amerikaner DaweS und Young, dann amtlich der Präsident Hoover einschlugen: Ein Eingreifen in die europäische Lage, deren anscheinende Unlösbarkeit erst zur Weltwirtschaftskrise, jetzt zum Welt- Wirtschaftskrieg führte und schließlich zu einer Weltwirt- s schaftskatastrophe hinsteuert, wenn man ihr nicht in einer : Gemeinsamkeit aller Völker entgegenwirkt Nun sagen die Amerikaner ihre bisherige Mitarbeit einfach ab, weil sie damit — infolge der Unvernunft wohlbekannter euro- ! päischer Staaten — leider nicht den ersehnten Erfolg erreicht haben. Aber diese Fernhaltung kann und muß nur schädlich wirken, aber Amerikas Entschluß scheint vor läufig festzustehen. Sie hat auch ihre sofortigen Folgen in der plötzlich einsetzenden auffallend betriebsamen Zu sammenarbeit Englands und Frank- reichs. Denn neben jenem Beschluß des Amerikanischen Kongresses tritt die Feststellung des Baseler Sonderaus schusses, daß Deutschland zum mindesten für den transfer- geschützten Teil der Young-Plan-Leistungen zahlungs unfähig ist. Beide Länder können also von Deutschland t keine Zahlungen erwarten, werden aber selbst an Amerika k zahlen müssen; zudem ist Frankreich obendrein auch noch Englands Schuldner. Wie soll nun dieser Knoten gelöst iverden, zu Welchs Entschlüssen soll man hierüber in Puris und London angesichts der amerikanischen Ableh nung kommen? In dieser Frage liegt der Grund für das Herantreten Macdonalds an Laval, ferner das schon be gonnene Einsetzen einer Aussprache, die allerdings vor läufig noch ganz gewaltige, sich schroff gegenüberstehende Mcinungsdifferenzen zeigt. „Moratorium auf zwei Jahre l und offiziell nur für den ungeschützten Teil der Young- Plan-Zahlungen" sagt man in Frankreich, „grundsätzliche Und schleunige Neuregelung der gesamten Reparations frage" ist die englische Antwort, dazu ein Verzicht Frank reichs auch aus den „unbedingten" Teil der deutschen -^ribute, was Amerika zum Nachgeben veranlassen müsse. »Nein!" schallt es aus Paris zurück; ein etwaiger ameri kanischer Schuldennachlatz dürfe nur aus den transfer geschützten Teil der deutschen Verpflichtungen angerechnet werden. Der ist nämlich mit jenen Schulden identisch! Also — beginnt man zu verhandeln. Druck aul Amerika. Allgemeine Zahlungseinstellung? Vor einem englisch-französischen Schritt in der Schutdenfrage. Es scheint, daß der amerikanische Staatspräsident Hoover den Bestrebungen des amerikanischen Parla ments. Europa sich selbst zu überlassen, noch Widerstand zu leisten beabsichtigt. Einflußreiche Regierungsbeamte vertreten die Ansicht, daß die Interessen der Vereinigten Staaten in der Frage der Schuldenrevision oder der Ver knüpfung der Kriegsschulden mit den Tributen ohne Rücksicht auf den Kongreß vertreten werden würden. Der erste Schritt in dieser Beziehung würde von Europa erwartet. Einen solchen Schritt bei der amerikanischen Regierung scheinen jetzt England und Frankreich im Äuge zu haben bei dem angekündiglen Meinungsaustausch zwischen Macdonald und Laval. Die Pariser Blätter sind einmütig der Auffassung, daß die angekündigte Zusammenkunft Macdonalds und Lavals trotz des Dementis des Quai d'Orsay bereits in der ersten Woche des kommenden Monats stattfinden könne. Über die Zusammenkunft zeigt man sich allgemein sehr befriedigt. Das französische Interesse an einer französisch-engli schen Front scheint weniger dadurch bestimmt zu sein, den deutschen Forderungen einen entschiedeneren Wider stand entgegenzusetzen, als einen Druck aufAmcrika auszuübcn, um es in der interalliierten Schuldenfrage nachgiebiger zu machen. Weder die französischen amtlichen Kreise, so erklärt man in Pariser Kreisen, noch die öffentliche Meinung, Würden es auch nur einen Augenblick lang ertragen, daß die französischen Zahlungen an Amerika tatsächlich erhöht und die deutschen Zahlungen herabgesetzt würden. Wenn gewisse Anzeichen nicht trügen, so wolle man Washington einen Vorschlag unterbreiten, der kaum einen Zweifel darüber lasse, daß weniger eine Bitte an Amerika als vielmehr eine von der Notwendig keit diktierte Feststellung gemacht werde. Mit dieser französischen Äußerung stimmt überein die Zunahme der Propaganda in England für eine allge meine Zahlungseinstellung gegenüber Amerika als letzten Ausweg, falls dieses nicht von seinem ablehnenden Stand punkt in der Schuldenfrage abgehe. * Bor -er Tribuikouferenz. Der französische Vorschlag, die Tributkonferenz nach Lausanne anstatt nach dem Haag einzuberusen, stößt in London auf keinen nennenswerten Widerstand, so daß man in Kürze eine endgültige Vereinbarung zwischen Frankreich und England über den Ort erwartet. Als Gegenleistung erwachet jedoch die englische Regierung, daß nunmehr keine weiteren Einwendungen gegen die Er öffnung der Konferenz am 20. Januar erhoben werden. In gulunterrichteten Pariser Kreisen rechnet man da mit, daß Laval die Führung der französischen Abord- nung aus der Reparationskonferenz übernehmen wird. Allerdings glaubt man nicht, daß der Ministerpräsident den Verhandlungen bis zum Ende beiwohnen wird, da ihm die Kammerberatungen eine längere Abwesenheit iticht erlauben. Die amtliche Übergabe des Gutachtens des Baseler Sonderausschusses an die beteiligten Regierungen wird in den nächsten Tagen erfolgen. Dem am l1. Januar zu- jammentretenden Verwaltungsrat der Tributbank wird der Bericht ebenfalls überreicht werden. Amerika und die Gchuldenfrage. Englische Berichte aus Washington fassen den Standpunkt der amerikanischen Regierung in der Schulden- ftage wie folgt zusammen: Es wird damit gerechnet, daß sie deutschen Reparationszahlungen im nächsten Sommer nicht wieder einsetzen werden. Frankreich werde daher seine Zahlungen an England und Amerika verwei gern. Amerika wolle nicht von England verlangen, seine Schuldenzahlungen innerhalb des nächsten Jahres wieder aufzunehmen. Man erwarte daher von England, daß es die Initiative ergreifen werde, um ein w e i t e r e s M o - ratoriumsürdieReparationsschulden nach dem Ablauf des jetzigen Hoover-Moratoriums einzuleiten. Der englische Finanzsachverständige Str Frederic Leith Roß weilt noch in London, da man englischerseits roch keinen klaren Äusweg sieht, wie eine Einigung zwischen England und Frankreich in der Frage der Schuldenverhandlungen erzielt werden kann. * Der deutsche und der französische Bot- schsst r bei Stimson. Washington, 29. Dezember. Staatssekretär Stimson empfing am Dienstag nacheinander den deutschen Botschafter v. Prittwitz und den sranzvsi'chen Botschafter Claudel. In unter richteten Kreisen wird angenommen, daß die Kriegsschulden- und Reparationssrage erörtert wurden, ilnterstaatssekretär Mills erklärte, daß er an eine Beteiligung der Vereinigten Staaten cm der bevorstehenden Reparationskonferenz nicht glau be. 8m übrigen hätten die Vereinigten Staaten noch keine Ein ladung zur Teilnahme an der Konferenz erhalten. Jie LoMver Ciiy und die SiWlte- neMMuMn. London, 29. Dezember. Der Evening Standard teilt mit, daß man in der Londoner City sich vielmehr siir die Still- halteverhandlungen in Berlin interessiere als für die Ergebnisse des Baseler Berichtes. Die Frage der kurzfristigen Kredite werde weitaus als das wichtigste Problem betrachtet. Dir Ent scheidung dürfe auf keinen Fall verschoben werden, da dies zu unangenehmen Folgen in London und Neuyork führen werde. In der City sei mau in zunehmendem Maße der Ansicht, daß die Frage der kurzfristigen Kredite unmittelbar zwischen den Schuldner- und Eläubigerunternehmungen und nicht durch die Regierungen geregelt werden solle; denn die kurzfristigen Schul den seien nichts anderes, als geschäftliche Schulden. Sie sollen so scharf wie möglich von dem Reparationsproblem abgetrennt werden; ein klarer und eindeutiger Bericht des Berliner Ban kierausschusses, der die Unantastbarkeit der kurzfristigen Kredits und der damit verbundenen geschäftlichen Abschlüsse ohne Rück sicht auf die staatlichen Transfer-Möglichkeiten betone, werde die Lage am besten klären und Mr Lösung der Roparations- und Kriegs'chuldenfrage beitragen, wenn auch solche Empfeh lungen den französischen Politikern voraussichtlich wenig ange nehm sein würden. * rsulsimr unaeaianet! Berlin. Bei der diplomatischen Fühlungnahme, dis in den nächsten Tagen wegen des Termins und des Ortes der in Aussicht stehenden Reparationskonferenz einaeleitet wird, han delt es sich zunächst um die Frage, ob die Konferenz tatsächlich schon am 2V. Januar beginnen kann. In Berliner unterrichteten Kreiien glaubt mau kaum an diese Möglichkeit, sondern hält es für wahrscheinlicher, daß der Konferenzbeginn erst für die letzte Januarwoche anberaumt werden kann. Auch über den Ort der Konferenz sind noch erhebliche Meinungsverschiedenheiten vor handen. Gegen den Vorschlag, die Konferenz im Haag abznhal- ten. wird von der deutschen Regierung nichts eingewendet, wohl aber besteben hiergegen bekanntlich Bedenken der Engländer. Der französische Vorschlag, die Konferenz in Lausanne aHinhal ten, wird dagegen in maßgebenden deutschen Kreisen entschieden abae'ebnt, weil sich diese Stadt schon im Hinblick auf den rein französischen und in vieler Hinsicht cmMcnhchen Charakter für eine solche Konferenz nickt eignet. Sollte man, wogegen von deutscher Seite nichts einzuwenden wäre, den Ort in der Schweiz wählen, so Wörden nach der in Berlin herrschenden Auffassung vor allem Zürich oder Luzern in Frage kommen. Rom, 29. Dezember. Der Baseler Berscht wird an zu ständiger italienischer Stelle als befriediq»nd bewicknet. Man sieht in ihm eine Bekräftigung der italienischen Ausfällung von der engen Verkopveluna zwi'chen Tributen und Schulden, fer ner von der Notwendigkeit der allgemeinen Zusammenarbeit und von der Zweckmäßigkeit unmittelbarer Fühlungnahme der interessierten Regierungen untereinander. Die italienische Re gierung dürste demnach den Baseler B-Ackt günstig ausgenom men baden In der italienischen Oeftenklickkeit besteht kaum noch ein Zweifel darüber, daß der Houngplan überholt ist. * Deutschland gegen eine Verzögerung der Abrüstungskonferenz. Die Neichsregterung betont angesichts der sich immer wieder geltend machenden Bestrebungen, Vie Ab rüstungskonferenz um kurze Zeil zu verschieben, um ein überschneiden mil der T r i b u ! k o n s e r e n z zu verhindern, daß weder in fachlicher noch in persönlicher Hinsicht nach wie vor irgendein Grund zu sehen sei, warum die AbrttstungskonfercAt verschoben werden solle. Auch England habe kürzlich en?c dahingehende Meldung amtlich dementiert Hinzu komme, daß die japanische Ab ordnung bereits seil einiger Zeil nach Genf unterwegs sei, so daß auch in dieser Hinsicht keine V->r--'Q-->,ng der Ab rüstungskonferenz einzulreten brauche. Der deutsche Standpunkt sei also unverändert. Lim -ie Senkung -er Vo^g«bübren. Nach einer amtlichen Mitteilung beriet der Arbeits ausschuß des Verwaltungsrates der Deutschen Reichspost die Vorlage, die der Neichspostminisler zur Senkung wichtiger Post- und Fern Meldegebühren gemacht hatte. Hiernach soll die Gebühr für die Fcrnpostkarte von auf 7 Pfennige ermäßigt werden: ferner werden gesenkt: die Gebühren für Drucksachen, für ge ähnliche Pakete, für Orts und Ferngespräche sowie für die Neben ellcnanlagen in der vom Reichspostministerlum vorgeleh nen Form.