Volltext Seite (XML)
Ium Lug dos Hundmeoks. Windmüller u. Mehlhssen in, Vslkrhumsr. Von Karl Herm. Brinkmann. Viele tausend Mühlen mahlen täglich das Korn in deutschen Landen. Viele tausend Müller legen täglich ihre Mühlen in den Wind oder lassen das stürzende Wasser auf die Räder laufen, stellen das Werk an und mahlen. Alle diese weißen Mehlhoscn oder „Mehlwürmer", wie der Volksmund sie nennt, haben den Schalk im Nacken, den Humor im Herzen -- und das Mehl rm Sack hinter der Tür stehen. Wie machen's denn die Müller? Die Mühle geht, di-klipp, di-klapp: Das beste Mehl in unseren Sack! Kein ländliches Handwerk ist so von derbem Volkshumor umwittert, jo mit fröhlichem Spott ans des Bauern Mund bedacht worden wie das des Müllers. Ein Jahrtausend schon beinahe. Nur echtes Handwerker- und Bauerntum konnte diesen ungekünstelten Humor entwickeln. Viele Volkslieder, Märchen, Sinnsprüche, Rätselreime, Kinderliedchen, Redens arten und Abzählverse künden noch heute davon. Fritz Reuter nennt den Müller in seinem herrlichen Plav „Stopp-in-Sack und Witte Hoet". — „Sackätscher", sagt man im Lüneburg- jchen zum Müller. Lustig in den vielen Abwandlungen sind die Verse aus „Des Knaben Wunderhorn", die Achim von Arnim ver zeichnet: Müller, Mahler, Roggenstehler. Sag, mit was hältst dein Schwein? Kaufst Getreide nicht um ein Heller, Muß doch fett wie du auch sein. Andere müssen sich ernähren, Du tust fremdes Gut verzehren. lind dann bricht ein ergötzlicher Sturm in Worten los: Weizendieb, Roggendieb, Gerstendieb, Korndieb, Kleicndieb, Breiendieb, Erbscndieb, du, du, du Linsendieb, Graupendieb, du, du, du Mehlbeutel... So geht es lustig fort. Und was die Müller auch zur Entschuldigung sagen mögen, niemand glaubt es ihnen. „Denn sie haben Weiße Kleider und schwarze Gewissen." „Der Müller ist ein adlig Kind, es arbeiten für ihn Wasser und Wind." — „Metzen und Kehren muß den Müller ernähren." — „Sie laufen die Treppe auf und nieder und geben den Leuten das Ihre nicht wieder." So singen die Burschen und spotten die Bauern. Das sind keine persönlichen Neckereien, keine, die gehässig dem anderen was am Zeuge flicken wollen. Diese sterben mit dett Menschen, denen man sie angedichtet hat, aus und werden nie wieder gehört. Was nie sterblich war, ist das Handwerk und damit der Handwerkshnmor, der sich von Generation zu Generation überlieferte, immer neue Bahnen wandelte und immer wieder Nahrung erhielt. Haß und Liebe, Humor und Schabernack werden nach uralten Gewohnheiten verteilt. So bleibt fast alles auf dem Müller, auf dem Schneider und dem Weder hängen. Sie werden mit Spott fast, eingesalzen, während die anderen Gewerbe nur wenig abbekommen. Wie kommt aber gerade der Müller dazu? Von jeher schon hat sich die Phantasie des Volkes mit ihm beschäftigt. Wie das Blut eine besondere Kraft in den Vorstellungen der Menschen besaß, so auch das Brot, das wichtigste Nahrungs mittel. Geheimnisvolle Dinge tauchen da auf. Tief im Walde versteckt liegen die Mühlen, rumoren des Nachts und er schrecken den Wanderer. Untaten und Morde werden in die Mühlen verlegt* die weit abseits liegen. „Spökenkieker", sagte man Wohl auch zu den Müllern, die das Gras wachsen hörten und alles im weiten Umkreis wußten. Zum anderen ist das Handwerk sehr alt. Es bestand schon, als noch niemand in den Städten an Zünfte dachte. Feststellungen lassen sich bis zu Karl dem Großen verfolgen. Freilich waren die Müller die Leibeigenen des Adels. Erst später entwickelten sie sich zu einem sebstäudigcn Beruf und mußten nur den Zins an ihre Herren ablieferu. Dieser Zins aber war sehr hoch, dafür sorgten die Ritter. Und der Muller mußte sich um Entschädigung kümmern. So entstand dann Lie Behauptung: „Ein Wucherer und ein Müllner, ein Wechsler und ein Zöllner sind die vier Evangelisten von Luzifer." — Treffeno lautete die Antwort eines Müllers, als ich ihm von diesem Vergleich erzählte: „In der Schrift steiht geschrieben, daß die Müller Spitzbuben sind, wenn Wei nu nich stöhlen, dann löge dei Schrift." . Dem Müller war nicht beizukommen. Man brauchte ihn, Wenn man Brot essen wollte. Und der Mühlzwang, der von den Grundherren ausgeübt wurde, tat das seine dazu. Denn noch bis ins achtzehnte Jahrhundert hinein gehörte jeder Bauer mit seinem Acker zu einer Bannmühle. Eine andere durfte nicht aufgesucht werden. Ja, man mußte dem Müller noch gute Worte geben, wenn das Korn nötig gebraucht wurde. Was sagen die Sprichworte? — «Junge Müller, alte Herren!" — „Müllers Hennen haben nie über Hunger zu klagen!" So nimmt es nicht Wunder, daß besonders in den Schwankbüchern des Mittelalters der Müller eine immer wiederkehrende bejubelte Erscheinung bildet. Man braucht nur an die Hans Sachs-Spiele zu denken, an das schon 1337 geschriebene Schachzabelbuch des Mönches Kunrad von Amen- haufen. Tausend Anekdoten und Märchen sind mit dem Müller und seiner Mühle verknüpft. Und doch, trotz aller Beispiele „schröcklicher" Gesinnung, trotz seiner Finger, die immer nur im Mehlsack stecken sollen, ist er der erklärte Liebling des Volkes geworden. Nicht nur in den eben erwähnten Schwänken, denn in diesen haßte das Volk ihn nicht nur, es bewunderte ihn auch wegen seiner Geriebenheit und Schläue, wegen feiner „Müllerfintschen", die er mit immer neuen Einfällen auSstaffierte. Immer neuer Jubel und neuer Humor begleiten den Weißkittel, trotz Faul heit, Trägheit und Spitzbüberei. Bis in unsere Zeit. Und wer wollte es leugnen, es ist nun einmal so — unsere gesamte" deutsche Poesie, unsere Romantik und Innig keit ist aufs tiefste mit dem Klipp, Klapp des Wasserrades, mit dem Rauschen der Windmühlenflügel verwachsen und ver woben. Ws dis 2V 00V Maukrüge Herkommen... Besuch im gcwerbfleißigen Kannebäcker Ländchen. Von Sr Ludwig Hartmann. Mancher Zeitgenosse hat mit behaglichem Schmunzeln die Kunde vernommen, daß runde zwanzigtausend Maßkrüge dem Licht der Welt entgegenharren, um am Reichshandwerkstage mit schäumendem Naß gefüllt zu werden. Und zwar hat man das KannebäckerLändchen mit der Lieferung dieser beliebten Dinge betraut. Wissen Sie, wo das Kannebäcker Ländchen liegt? Die Mehr zahl der Deutschen wird diese Frage nicht beantworten können. Und es ist zuzugeben, daß es sich um ein recht abgelegenes Stück chen deutschen Landes handelt. Ueberhaupt der Westerwald... Was weiß man schon von ihm! Es soll da recht kalt sein, acht Monate Winter, vier Monate Sommer. Zwei Jahre brauchen die Kirschen, um reif zu werden. Das eine Jähr färben sie sich ans der rechten Backe, das andere auf der linken rot. Aber das ist natürlich böswillige Verleumdung. Auch die Hohe Rhön wurde solch übler Nachrede teilhaftig. Wahr ist allerdings, daß im Westerwalde ein kühler Wind weht. Das beweisen die vielen Tannenhecken, die dort zum Schutz gegen den kalten Boreas errichtet sind. Wer das Kannebäcker Land auf der Landkarte sucht, der folge dem Laufe de. Lahn, die am Südabhang des Wester- Waldes entlang strömt, genauer gesagt: entlang strömte. Denn die Lahn ist still geworden, ihre einst so behenden Füße liegen in Ketten. Fast kann man sagen: Die Lahn ist durch die vielen Schleusen zu einem Binnensee geworden. Wer also auf der Brücke von Dausenau ein Stück Holz in den Fluß wirft, wird es auch nach Stunden noch an derselben Stelle schweben sehen. Dausenau, das zwischen Nassau und Ems im Dornröschenschlaf liegt, ist übrigens sehr zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Noch reckt sich dort der alte Wehrtnrm, in den einst Karl der Große leine Tochter sperrte, als sie ihm mit seinem Geheimschreiber ourchbrennen wollte. Und hier soll auch das berühmte Wirts haus an der Lahn stehen, das im Volkslied so sehr verherrlicht wird. Grund genug, seinen Wanderstab in diese sagenumwobene Gegend zu lenken... Das Kannebäcker Ländchen erstreckt sich nun einige Kilo meter weiter nordwestlich, zwischen der hochragenden kurfürst lichen Burg Montabaur, dem in aller Welt bektnnten Selters, den weiten Forsten des Fürsten zu Wied. Zahlreiche Ton gruben sieht der Wanderer, der offenen Auges seine Straße zieht. Einige davon sind längst verlassen und voller Wasser, andere wurden erst kürzlich in Angriff genommen. Die Männer stechen den 2wn und formen die Töpfe, die manchmal das Riesen maß von fünfzig Litern erreichen. Die Frauen und Mädchen Widmen sich den feineren Arbeiten. Sie setzen die Henkel an, glätten und bemalen die Gefäße. Während man in dem einen Orte vorwiegend Hausgerät anfertigt, werden in der Nachbar gemeinde besonders Spielwaren und Tonpfeifen hergestellt. Es ist ein Gewerbe alten Schlages, das hier betrieben wird. Außer der Drehscheibe und einigen Stäbchen werden kaum weitere Hilfsmittel benötigt. Das „Kapital" ruht hauptsächlich in der Geschicklichkeit der Hände. Der Vater vererbt die Zunftgeheim nisse seiner Kunst auf den Sohn. In früheren Zeiten waren die Kannebäcker landauf landab bekannt. Da fuhren sie in ihren Planwagen mit den mageren und doch zähen Pferd chen weit herum. Bis an die holländische, ja an die russische Grenze sollen sie gekommen sein. An Bedarf fehlte es nicht. Ueberall brauchten die Hausfrauen neue Tonkrüge, Schüsseln, Einmachtöpfe, die Männer das liebe Pfeifchen. Doch oft fehlte das liebe Geld. Und da haben sich die wackeren Kannebäcker nicht selten mit einem Scheffel Hafer oder mit einem Bündel Heu zufrieden geben müssen, wenn sie ihre Erzeugnisse los werden wollten. Zum Reichshandwerlstag. Drei Berufe, die wichtige Glieder im schaffenden Dolksganzen bilden (von links): der Schreiner«.der Schmied und der Töpfer« (Maschke-Haneberg — DU Anh noch mit vielen anderen Dingen sind die Leuke MU dem Westerwalde in der Fremde hausieren gegangen. Mit Leinwand, Bürsten, Schuhwichse, Schirmen und all den kleinen Dingen, die im Haushalt gebraucht werden. Bis in die jüngste Zeit gab es Besenbinder und Seiler auf dem Westerwalde. Selten geworden ist auch der Nagelschmied, in dessen kleiner Werkstatt die Ambosse um das Feuer stehen Früher trat wohl der treue Hund in das Tretrad, das den Blasebalg betätigte. Dann spitzle der Meister das Ende des Drahtes in der Glut an und hieb die Nägel herunter. Zn allen Zeiten haben auf dem Westerwalde tüchtige Leute gewohnt. Die Ballern lebten in der „Freien Herrschaft vom Westerwald" und kannten nicht das schlimme Joch, in das ein artfremdes Recht vielerorts ihren Stand gezwungen. Einer ihrer berühmtesten Landsleute, der kaiserliche Feldmarschall im Dreißig jährigen Kriege Melander von Holzappel, hat sogar den stolzen Ausspruch getan: „Ich bin ein Deutscher und dazu noch ein Westerwälder, das will soviel heißen wie zwei Deutsche." Damit der Goldschmied seilen konnte... Von der Kunstfertigkeit deutscher Handwerker im Mittelalter. Von Or L. H. Achtermann. Lange Zeit haben wir das handwerkliche Schaffen unserer Vorfahren mit nachsichtigem Lächeln betrachtet. Heute sind wir zu der Erkenntnis gekommen, daß wir allen Grund haben, auf iene Geräte stolz zu sein, die man beispielsweise für den mittelalterlichen Goldschmied mit den einfachsten Hilfsmitteln Herstellen mußte. Da ist vor allem die Feile, die man damals auf die seltsamste Art zu Härten verstand. Man glaubt schon im Nibelungenliede Hinweise darauf zu finden. Geheimrat Theobald, Berlin, hat aus jener Zeit eine Reihe von Härtevorschriften ausgegraben, die uns Heutige merkwürdig anmuten. So rät ein gewisser Mönch Theophilus, der um das Jahr 1000 für die Anfertigung solcher Geräte eine Reihe von Rezepten ausgearbeitet und veröffentlicht hat, daß man Ochsenhorn im Feuer verbrennen und dann schaben solle. Und wenn man diesem Stoffe noch Salz beifüge, so erhalte man ein vorzügliches Härtemittel. Ein anderes Rezept empfiehlt gröblich gestoßene Rindsklauen mit Meersalz, dem man später noch Roggenmehl beimengte. Wenn dann dieses Pulver auf die glühende Feile gestreut wird, so gereicht es dem Gerät zu einer dauerhaften Härtung. Das gilt für die aus Stahl gefertigten Feilen. Besteht das Gerät aber aus weichem Eisen, so rät Theo philus, der kunstfertige Mönch: „Fette sie mit altem Schweine schmer ein, umhülle sie mit Riemchen aus Bockleder und um wickle sie mit Leinenfaden! Zum Schluß kommt durchkneteter Ton darauf. Das Ganze wird ins Feuer gehalten." Natürlich erkannte man auch frühzeitig den Anteil des Wassers an der Härtung der Feilen. Als besonders wirk sam erwies es sich nach dem Zusatz von Salzen und Säuren« Seltsam mutet uns die Mithilfe an, die dabei das Tierreich leisten mußte. Besonders dem Ziegenbock fiel dabei eine be deutende Rolle zu. Er bekam ein paar Tage nichts zu fressen« Dann aber verabreichte man ihm nichts als Adlerfarn. Nun mehr lieferte das Tier ein Härtewasser, das schlechthin als unübertrefflich galt. Es ist von großem Wert, solche ehr würdigen Verfahren auf ihren wissenschaftlichen Gehalt zu untersuchen. Man darf sich nicht daran stoßen, daß der Farn im ganzen Altertum den Ruf genoß, zauberhafte Kräfte zu. .besitzen. Heute hat man im chemischen Laboratorium, fest gestellt, däß der Genuß des Adlerfarns die Ansammlung von, Kohlenstoff im tierischen Organismus fördert, von einem Element also, das als das eigentliche Mittel der Härtung be zeichnet werden muß. Es ist bei diesem handwerklichen Tun wie in anderem Tätigkeitsbereichen unserer Vorfahren: Was wir lange als sinnlosen Aberglauben belächelt haben, erweist sich bei näherem Zusehen als ein wohldurchdachtes Rezept. Es ist lediglich das Verständnis dafür abhanden gekommen, und man hat sich nicht die Mühe gemacht, den praktischen Wert zu erproben. Die heute so weit fortgeschrittene Technik kann der aus dem Tierreich stammenden Hausmittel allerdings entratcn. Ja^ sie muß es sogar notgedrungen tun. Denn der Bedarf am handwerklichen Gerät ist bei der angeschwollenen Bevölkerung! so groß geworden, daß die Tierwelt nicht mehr zu einer aus reichenden Mithilfe imstande wäre. (Weltbild — M.) 78 Berliner Handwerker ftchren zum Reichshand, wcrkertag. 75 Berliner Handwerker von der Fachgruppe Holz sind zu Rad nach Frankfurt am Main, der Stadt des Reichs- handwerkertags, unterwegs. Gaubetriebsgemeinschafts- Walter Arsmann gab den Radlern die Grüße der Hand werkskameraden mit aus den Weg, die zusammen mit etwa 1200 radelnden Handwerkern ans dem ganzen Reich zur Handwerlertagung am Sonnabend in Frankfurt am Main ., emtrefsen wollen. Zwei Drittel aller Waldbrändc werden durch Zündhölzer und Zigaretten verursacht! Seid vorsichtig — schützet den Wald!