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Wilsdruffer Tageblatt 2. Blatt.-Nr. 137 - Sonnabesd den IS.Juni 1929 Tagesspruch. Saatengrün, Veilchenduft, Lerchenwirbel, Amselschlag, Sonnenregen, milde Luft. Wenn ich solche Worte singe, Braucht es dann noch große Dinge, Dich zu preisen, Frühlingstag? Ludwig Ähland. Ein Senfkorn Matth. 18, 5: Wer ein solches Kind ausnimmt in mernem Namen, der nimmt mich auf. Der 16. Juni ist ein besonderer Ehrentag für die evangelische Kirche. Er gilt als der Anfang der evan gelischen Kinderp^ge. Vor 150 Jahren war's, in einem abgelegenen Winkel der Welt, im Steintal im Elsaß. Da sah der Pfarrer Oberlin das Elend der Bewohner, zu mal der Kinder. Er sah es nicht mit dem Geist, der da spricht: „Da ist nichts zu machen." Er sah es auch nicht mit dem Geist, der nuk hinweist: „Seht, so schlimm ist es, eine Schande ist es, das müßte ganz anders sein!" und der meint, Wunder wie klug zu sein, wenn er so über das Elend spektakelt, und doch nichts tut, um es zu wenden. Er sah es im rechten Geist und sagte sich: „Das ist schlimm. Da mußt du bessern. Dazu bist du von Gott berufen als Christ. Faß an!" Und er fing es an. Wo mit? Mit nichts. Bloß mit der heißen Liebe und dem tapferen Glauben. Erst mit seiner Frau sammelte er die elenden Würmer um sich. Dann fand er junge Mädchen als Helferinnen. Sie kamen und gingen. Und dann, am 16. Juni 1779, kam Luise Scheppler in die Arbeit. Und nun fing das Körnlein an zu wachsen. Und jetzt ist's ein Baum geworden mit Lausenden von Zweigen, überall in den Gemeinden unserer Kirche ist cs selbstverständlich und die weltlichen Gemeinden haben es davon auch gelernt: in Krippen und Heimen und Gärten und Horten, zu vielen, vielen Tausenden werden die Kleinen da betreut und gerüstet fürs Leben. Und es hat so klein angefangen, und sie war ein so schlichtes, zartes junges Mädel, die Luise — aber die Liebe war da, die Liebe — und der Glaube, der Christenglaube, der ge troste. Unsere Not heute — es nützt nichts? Oder: wie ist es überall so erbärmlich? Laßt doch das, ihr Leute: seht, geht, faßt's an — mit der rechten Liebe ist immer noch Gott! Hast du das schon je versucht? Nein? Dam red' nicht, sondern — versuch's! -L. H. P. Oie Tarifpolitik -er Reichsbahn. Deutscher Reichstag. (86. Sitzung.) W. Berlin, 14. Juni. Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Bestim mungen über die Beschränkung der Einnahmen aus der Lohn steuer, eingebracht von den Regierungsparteien, wird von der Tagesordnung abgesetzt. Der ebenfalls von den Regie rungsparteien eingebrachte Gesetzentwurf über die Kosten bei der Steuererhebung im Nachnahmeverfahren wird dem Steuerausschuß überwiesen. Auf der Tagesordnung steht dann die zweite Beratung des Haushalts des Verkehrsministeriums. Abg. Dr. Quaatz (Dtn.) erstattet den Bericht über die Ausschußverhandlungen. Rcichsverkehrsminister Dr. Stegerwald nimmt nach dem Berichterstatter das Wort. Der Minister erklärt, nach Be sprechungen mit dem Reichsbankpräsidenten Schacht über die Pariser Konferenz würde man übersehen können, wie sich die Verhältnisse in Zukunft bei der Reichsbahn gestalten. Leider sei das öffentliche Verkehrswesen in Deutschland heute ein Spiegelbild des Leerlaufs, der im Wirtschaftsleben statt finde. Reichsbahn, Reichspost, Wasserstraßenverkehr, Kraft- wagenverkehr, Luftverkehr, Schnellbahnen, Gaswerke, Elektri zitätsüberlandzentralen bauten neben- und teils durchein ander; Reichsbetriebe, Staatsbetriebe, Kommunalbetriebe, gemischte und Privatbetriebe sind Formen, die nicht stets in voller Übereinstimmung Vorkommen. Es muß hingearbeftet werden aus größere Einheitlichkeit, aus ein besseres Zusammenwirken der verschiedenen Teile des Verkehrswesens. Die Reichsbahn konnte in dem letzten Jahr die ans ihr ruhenden schweren Geldlasten nicht tragen. Der wünschenswerte technische Ausbau und die Förderuna der Betriebssicherheit würden gehindert. Die Reichsbahn . steht einer s Tariferhöhung zurzeit ablehnend gegenüber. Falls die Pariser Vorschläge Wirklichkeit werden, wird ein ! Ausgleichsbetrag von 500 Millionen für die Reichsbahn frei. — Die bedauerliche Behinderung unseres Luft- s Verkehrs hat ihre Ursache darin, daß in anderen Staaten - der Luftverkehr aus dem Heeresetat finanziert wird. Da das in Deutschland verboten ist, sind Reichszuschüsse nicht zu s vermeiden. Das Kraftverkehrswesen hat sich bedeutend ge hoben. Heute entfällt auf jeden 60. Deutschen ein Kraftwagen, über den Ausbau des Straßennetzes sind den Ländern Vor schläge gemacht worden. Der deutschen Verkehrspolitik stehen in den nächsten Jahren große Aufgaben bevor, die sich im Rahmen der Wirtschaftspolitik halten müssen. Der Minister : hofft, schon in kurzer Zeit ein umfassendes Programm für s die wichtigsten Probleme vorlegen zu können. Abg. Hünlich (Soz.) weist eine Tariferhöhung bei der ; Reichsbahn im Namen seiner Partei entschieden ab. Alle § begonnenen Wasserstratzenbauten müßten mit möglichster Schnelligkeit beendet werden. Wesentliche Ersparungen ; könnten aus dem Gebiete der Luftfahrt gemacht werden. Dazu i gehöre Umorganisierung und Vereinheitlichung. Rückhaltloses Vertrauen zu dem neuen Verkehrsminister spricht im Ramen des Zentrums der Abg. Graff aus. Be- j züglich der Beamtenpolitik der Reichsbahn und ihrer Tarif- - gestaltung seien nicht alle Wünsche erfüllt. Der Osten, Schle- i sien und der Süden seien bei der Vergebung der Arbeiten durch die Reichsbahn zu kurz gekommen. Die Aufblähung : des jetzigen Apparates der Lufthansa müßte auf das wirk- i liche Bedürfnis zurückgeschraubt werden. Abg. Dr. Quaatz (Dtn.) weist erneut darauf hin, daß die i Reparationslasten der Reichsbahn nicht umgesetzt werden i dürften in einen Druck auf Lohn und Arbeitszeit. Der - Doung-Plan werde die finanziellen Lasten nicht erleichtern. Der Substanzverlust der Reichsbahn durch Krieg, Inflation und Reparationen betrage 2,5 Milliarden. Nur die unermüd- ; liche Arbeit der deutschen Eisenbahner habe es möglich ge- ! macht, den Rest zu erhalten. Die Politik der Ausnahme- - tarife müsse fortgesetzt werden, damit die nationale Wirt schaft gestützt wird. Abg. Schröter-Merseburg (Komm.) meint, es herrsche eine i große Empörung in der Öffentlichkeit über die Mißstände, - die der Sparkommissar im Verkehrsministerium aufgedeckt ! habe. Abg. Dr. Hugo (D. Vp.) stellt fest, daß 70 Prozent der Reichsbahneinnahmen durch Ausgaben wettgemacht werden, s die nicht vom Willen der Reichsbahn abhängig sind, sondern politische Bedeutung haben. Darunter versteht er Repara- - tionen, Pensionen und Personalausgaben. Bei Lohnfest- > setzunaen müsse die Reichsbahn sehr vorsichtig fein. Die ) deutsche Konkurrenzfähigkeit muß durch Ausnahmetarife unterstützt werden. Für Wasserstraßenpolitik braucht man i ein grundlegendes Programm für die nächsten zehn Jahre. - Reichsverkehrsminister Dr. Stegerwald. Angesichts der - jetzigen Finanzlage ist es unmöglich, alle Luftverkehrslinien i zu konzessionieren, die beantragt sind. Es schweben Ver- ; Handlungen mit der Botschafterkonferenz in Paris über die ' Rheinbrücken. Falls die Reichsbahn aus den Pariser Be- - schlössen irgendwelche Erleichterungen erreicht, so können die Vahnbauten im besetzten Gebiet aus Reichsmitteln davon profitieren. Abg. Mollath (Wirtschaftspartei): Die deutsche Wirtschaft ist nicht in der Lage, irgendeine neue Tariferhöhung auf sich zu nehmen, und die beste Verwendung der etwa frei werden den Mittel würde eine grundlegende Senkung der Personen- und Gütertarife sein. Die Auseinandersetzung über den Etat des Reichsver kehrsministeriums bringt eine große Reihe von Rednern zu Wort, die in der Hauptsache einzelne Wünsche und Beschwerden Vorbringen. Abgeordneter Dr. Wieland (Dem.) betont, daß die Notlage der Wirtschaft eine Senkung der Eisenbahntarife erfordere. Er will sparsame Wirtschaft bei der Lufthansa. Gegen uferlose Kanals- und Hafen-Pläne wendet sich Abg. Dauer (Bahr. Vp.). Abg. Neddenriep (Chr.-Nat. Bauernpt.) will Entschädigung der Landwirte, die durch Flußregulierun gen bei der Elbe und bei der Weser geschädigt worden sind. Einen Antrag auf Beförderung der Kindertransporte in D-Zug-Wagen empfiehlt Frau Bohm-Schuch (Soz.). Schöpflin hält die Löhne bei den Eisenbahnarbeitern für niedriger als in der Privatindustrie. Aus die wirtschaftliche Notlage des Grenzbezirks Aachen verweist Abg. Dr. Schotter (Ztr.). Abg. Dr. Brüninghaus (D. Vp.) hält das ganze Problem des Luft verkehrs für in lebhaftem Flutz befindlich. Man müsse große : Zurückhaltung üben. Ein Monopol der Lufthansa dürfe nicht begünstigt werden. Die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse ber den Bahnen im Bäuerischen Wald und zur Tschechoslowakei befürwortet der Bäuerische Bauernbunds-Abgeordnete Laindl. Spezialwünsche bringen noch vor die Abgeordneten Alpers (Dt. Hann.), Julier (Chr.-Nat. Bauernpt.), Giesüerts (Ztr.), Göring (Nar.-Soz.), der besonders die Abstriche an den Mitteln für die Luftfahrt kritisiert. Der von den Regierungsparteien eingebrachte Gesetz entwurf über . die Änderung der lex Brumng, wonach das 1300 Millionen übersteigende Einkommen aus der Lohnsteuer nicht zur Senkung der Steuer, sondern für soziale Zwecke verwendet werden soll, geht an den Steuer ausschutz. Dann vertagt sich das Haus auf Sonnabend. Opposiiion und Gubveniisn. Poincarö an den Straßburger Theaterdirektor. Bisher war dem Stadttheater von Straßburg wegen seines Jahresdefizits, das sich auf zwei Millionen belief, die staatliche Steuer erlassen. Der neue kom munistische Bürgermeister Huber hatte bei der fran zösischen Regierung brieflich diese Vergünstigung auch für die neue Spielzeit beantragt. Ministerpräsident Poincars hat dies abgelehnt und in seinem Antwortschreiben an den kommunistischen Bürgermeister erklärt: „Sie sind bei den Wahlen mit einem kommunistischen Programm und in voller Übereinstimmung mit den Autono mi st en aufgetreten. Sie können sich also nicht ohne ernste Nachteile an die französische Verwaltung wenden, um zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen. Führen Sie loyal das Experiment aus, das Sie Ihren Wählern versprochen haben. Versuchen Sie, ihnen zu zeigen, daß Sie die Regierung der Republik und Frankreich selbst gar nicht brauchen. Die Wähler werden Sie nach Ihrem Werk beurteilen; Sie würden sie täuschen, wenn Sie jetzt auf einmal Ihre Opposition gegenüber dein Französischen Staat aufgeben würden, um Vergünsti gungen zn erhalten, die zu dem im Widerspruch stehen, was Sie bisher gesagt haben." Lan-VirWaffli-t Marktbeobachtung. Eine Reichsstelle für wissenschaftliche Erforschung. Zur planmäßigen wissenschaftlichen Erforschung der mit der Absatz- und Preisbildung landwirtschaftlicher Er zeugnisse zusammenhängenden Fragen hat der Reichs minister für Ernährung und Landwirtschaft eine dem Ministerium unterstellte „R e i ch s f o r s ch u n g s st e l l e für landwirtschaftliches Marktwesen" er richtet. Zum Leiter der Stelle, die ihren Sitz in Berlin hat, ist Dr. Fritz Baade ernannt worden. Die Ausgabe der Reichsforschungsstelle für land wirtschaftliches Marktwefen besteht im wesentlichen darin, die Absatzverhültnisse landwirtschaftlicher Erzeugnisse wissenschaftlich zu erforschen und durch geeignete Ver breitung der Ergebnisse ihrer Untersuchungen die Wege für eine praktische Nutzbarmachung zu weisen. Zwei schwere Ekplosionskataslrvphen. Explosion im Trockendock von Brooklyn. Im Trockendock von Brooklyn sind durch eine Ex plosion drei Personen getötet, zwei schwer und fünf leichter verletzt worden. Die Explosion erfolgte beim Abkratzen eines Petroleumdampfers und dürfte durch eine schadhafte Preßluftleitung verursacht worden sein. Explosion in einer Zeüuloidsabril. In der Zelluloidfabrik Gottesmann in Vöfendorf bei Wien entstand durch eine in Brand geratene Filmrolle eine Explosion. Ein Arbeiter und eine Ar beiterin wurden getötet. Die übrigen Arbeiter konnten sich retten. Die Klammen wüten. Feuer in einer Berliner Wäscherei. In der chemischen Wäscherei von Ostburg und Franke in Berlin kam in einem Trockenofen Feuer aus, das sich schnell verbreitete und an den Wäschevorräten reichlich Nahrung fand. Bei den Löschversuchen erlitt einer der Inhaber der Firma erhebliche Brandwunden. Drei Frauen, die in einem Kellerraum beschäftigt waren, konnten infolge der Verqualmung nur mit Mühe von der Feuerwehr gerettet werden. Der durch das Feuer an- gcrichtcte Schaden ist groß. Eine Dampfmühlc niedergebrannt. Die Dampfmühle des Mühlenbesitzers Noggenbuck in Schönlanke ist bis auf die Grundmauern nieder gebrannt. Die Nebengebäude konnten gerettet werden. Mehrere Feuerwehrleute wurden verletzt. Grotzseuer im Dorfe. "n dem brandenburgischen Dorfe Kunitz sind das Gemeindehaus und ' 's angrenzende Gebäude nieder- gebrannt. Nach mehrstündigen Löscharbeiten gelang es, den Brand unter Kontrolle zu bringen. Menschen sind nicht zu Schaden gekommen, doch ist viel Kleinvieh dem Feuer zum Opfer gefallen. Seine blinde Fran Originalroman von Gert Rothberg. 61. Fortsetzung Nachdruck verboten Im Klub war man allgemein der Ansicht, daß die Deut sche den ersten Preis erhalten müsse. Die gesamte Kritik habe sich schon dahin ausgesprochen. Eschingen beteiligte sich nicht viel an der Unterhaltung. Weit saß er im Klubsessel zurückgelehnt und dachte an den heutigen Abend. Vor seinem Geist stand ein goldblondes Köpfchen, sahen ihn zwei veilchenblaue Augen an, hörte er eine süße Stimme, während die Unterhaltung der Herren ruhig an seinen Ohren vorbeiplätscherte. Jutta aber lag aus ihrem Ruhebett in ihrem freund lichen hohen Zimmer und dachte an Karl Heinz. „Wie ich dich liebe," flüsterten ihre Lippen. 25. Kapitel. Wie man bereits vorher gewußt, erhielt Inge Stern laut einmütigen Urteils den ersten Preis. Während auf Lilian Linkolns Gesicht ein ruhiges, resig niertes Lächeln lag, wurde das schöne Gesicht Maria Sortas gelb vor Haß und Wut. Sie war nicht imstande, ihre Ent täuschung zu verbergen. Wohl hatten auch diese beiden Sängerinnen ihre An hänger und Getreuen, aber die Kritik erkannte Inge Stern als größte Künstlerin und sie erhielt den goldenen Pokal mit Brillanten. Man feierte selbstverständlich auch die beiden anderen Sängerinnen. Lilian Linkoln erkannte Inges Macht. Wohl besaß sie selbst eine machtvolle, schöne, vorzüglich geschulte Stimme. Aber in Inge Sterns Gesang lag etwas, was ihrem Gesang fehlte. Neidlos erkannte sie es an. Sie nahm mit an der Festtafel Platz. Maria Sorta hatte das nicht vermocht. Aus ihrer Gar derobe kam die Nachricht, daß Madame Sorta plötzlich un päßlich geworden sei und das Fest deshalb verlassen mußte. Sie sei bereits nach Hause gefahren. Direktor Pullet aber knurrte grimmig: „Eine ganz ver rückte Idee, das mit den Preisen. Warum eigentlich: Zwei mußten sich beleidigt fühlen, so oder so. Wir haben es doch hier mit Damen zu tun. Das hätte wegbleiben sollen, dieses Herausziehen der Sängerin. Na, nun ist es einmal ge schehen." Das Fest verlief programmgemäß. Natürlich saßen an Inge Sterns Tisch Morland, Wendox und Eschingen. Morland verfehlte nicht, allen Bekannten zuzuflüstern: „Die beste Freundin meiner Tochter Ethel." Natürlich wurde er gebührend beneidet. Ein Ball sollte das Fest beschließen. Eschingen bat Jutta um einige Tänze. Sie nickte. Seltsam beklommen war ihr zumute. Als sie an seinem Arm dahinschritt auf dem spiegel blanken Parkett, da sah Eschingen plötzlich mit leidenschaft lichem Ausdruck in ihr Gesicht. Sie erschauerte unter diesem Blick und unwillkürlich lehnte sie sich fester gegen seinen Arm, dessen Muskeln sich unter dieser Berührung strafften. Jutta hätte gewünscht, daß dieser Tanz nie zu Ende gehen möge. Er aber sah sehnsüchtig und zärtlich in ihre blauen Augen. Dann aber ^verstummten die Geigen mit süß verklingen dem Ton und Eschingen führte seine Tänzerin an ihren Platz zurück. Als er, sich verbeugend, zurücktrat, zuckte es wie ein elektrischer Strom über sein markantes Gesicht. Hatte Inge Stern ihn nicht eben mit einem innigen Blick gestreift? Fand auch sie Gefallen an ihm? Wollte sie eine kurze Laune befriedigen? — Nein, niemals. Wie hatte er soeben von dieser reinen Frau gedacht? Nie würde eine solche Frau sich einem Manne geben, es sei denn, sie fände den rechten, der ihr ganzes Herz besaß und den sie mit voller Hingabe und Innigkeit liebte. Selbst wenn er frei wäre, so würde er dieser Mann nie sein können. Ihm graute vor sich selbst, wenn er an die letzten Monate dachte. Er wäre diese Frau nicht wert und zudem? Er war ja gebunden. Aber mit Inge Stern mußte ein Mann glücklich werden, unsinnig glücklich, das wußte er schon heute. Inge Stern wurde als Festkönigin gehuldigt. Eschingen stand weit abseits. Doch Inge-Iuttas Augen hingen oft an seiner hohen Gestalt. Da erschrak sie plötzlich tief im Herzen. Sein Blick traf den ihren mit solch qualvoller Leiden schaft und Liebe, daß sie erzitterte. War das möglich? Um Gott, war das wirklich möglich? Sollte sie ihr höchstes Ziel erreichen und so bald schon? Er aber nahm sich vor, gleich nach Ethels Hochzeit nach Hause zu reisen, sich auf der heimatlichen Scholle in die Arbeit zu stürzen und dem Schicksal seinen Lauf zu lassen. Aber in seiner Qual mußte er dann auch noch so lange mit Inge Stern zusammentreffen. Denn wenn Ethel Morland erst daheim war, dann würden doch die beiden Freundinnen soviel als möglich zusammen sein. Er dachte an Friß von Saldern. Wie gut hatte sich für ihn alles gewendet, wo er doch schon verzweifelt war, jemals Ethels Liebe sich zu erringen. Wie glücklich schrieb er nun. Karl Heinz gönnte dem Freund sein Glück von Herzen. Ob sich wohl für ihn selbst auch das Leben einmal glücklich und zufrieden gestalten würde? Wieder suchte sein heißer Blick Inges zartes, schönes Ge sicht. Da traf sein Blick auch die große, breitschultrige Ge stalt Mister Wendox'. Wie ein Blitz durchzuckte ihn der Ge danke, Wendox liebe Inge Stern auch nach seinem eigenen Geständnis. Er hatte so resigniert und bestimmt von der Hoffnungslosigkeit seiner Liebe gesprochen, folglich mußte er näher über Inge Stern informiert sein. Eschingens Augen hafteten grübelnd an dem verschlosse nen Gesicht des Dollarfürsten. Würde der mehr aus sich herausholen lassen, als er freiwillig erzählt hatte? Eschin gen zweifelte daran, aber versuchen wollte er es wenigstens. (Fortsetzung folgt.)