Volltext Seite (XML)
MsdmfferMeblatt .§ernwr,cher Wochmblcl^ für Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Dresden 2640 dem Jahre 4844 Erscheint seit Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Znscrttonspw« 1.LVMI. für die «gespaltene KoepuSzeiie ode- »eren Raum,.Reklamen, di- rspaMge Korpn«zctte Z.ZV ML Bei Mcderlwlung und Zahresausteag entsprechender Preisnachlaß. Lekannlmachungen im amtlichen Teil snur non Dehördcn» die raespattene Korpuszrile «.so MI. Rachweisungk-Gebai-r ro pfg. Anzeigenannahme bi« vormittag« 10 Uhr. Für die Richtigleit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Feder Rabatt, anspruch eriischt. wenn der Betrag durch Klage cingezogcn werden muß oder der Auftraggeber In Kontur« gerät. ur< gneim läglich mit Ausnahme der Sonn, und Festtage nachmittags L Uhr für den folgenden Tag. Bczugsvreis bei t^elbstabholung monatlich 1 Mk., durch unsere Austräger zugetragen in der Stadt monatlich r.ro ML, auf dem Lande -b- Mk., durch die Post bezogen vierteljährlich t7.25 MI. mit Zustellungsgebühr. Aste Postanffatten und Postboten sowie unsere Austräger und Geschäftsstelle nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Fm Kaste höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betrieb«störungen hat der Bezieher leinen Anspruch auf Lieferung -er Zeitung oder Kürzung des Bezugspreise«. Nr. 246. Donnerstag den 20. Oktober 1921. 80. Jahrgang. Amtlicher Teil. Auf Blatt 133 des hiesigen Handelsregisters ist heute die Firma Carl Fleischer in Wilsdruff, früher in Frankenberg, und als deren Inhaber sind die Kaufleute Paul Rrinhold Glathe in Frankenberg und Georg Alfred Karl Wiedel in Meißen eingetragen worden. Angegebener Geschäftszweig: Herstellung und Vertrieb von Nähimunln aller Art, insbesondere Teigwarcn, Waffeln, Lebkuchen und dergl. Artikeln. !74a/2l ros Amtsgericht Wilsdruff, am 1b. Oktober 1921. Auf Blatt 134 des hiesigen Hanb-lgregifterS ist h°ule die Firma Ferdinand Zapfe Sohn, Dampfoblatenfabrik in Wilsdruff, früher in Frankenberg, und als deren Inhaber der Kaufmann Paul Reinhold Glathe in Frankenberg nngetrag n wol den. Angegebener Geschäftszweig: Herstellung von Oblaten. ^Ke^173a/21 LS8 Amtsgericht Wilsdruff, am In. Oktober 1921. Personenstandsaufnahme. Die inzwischen zugestellten Vordrucke sind nach dem Stande vom 20. Oktober 192l auszufüllen. Der Hausbesitzer hat jedem Inhaber einer selbftändigin Wohnung einen Wohnungs listenvordruck zuzustellen. Der Wohnnngsinhaber — Haushalrungsvorstand — bat die Lifte sofort sorg fältig auszufüllen und unterschrieben bis 31. d M. an den Hausbesitzer -mrückzugeben. Der Hausbesitzer ist verpflichtet, die Wohnungslisten seines Grundstückes ge'ommelt in der Zeit vom 1 bis 5. November 1921 an die hiesige Stadlstmerkasse emuneichen. Di- vorstehend bezeichneten Fristen sind pünktlich emzuhalkcn Für Zuwiderhand lungen sind Strafen angedroht. ros Wilsdruff, am 18. Oktober 1921. Der Stadtrat. Meine Zeitung für eilige Leser. * Die Botschafterkonscrenz Hai ihre Beschlußfassung über Oberschlesien vertagt. * In Oberschlcsien herrscht große Erregung. Ein Teil der Bevölkerung flieht aus dem an Polen fallenden Gebiet. * Aus Grund der interfraktionellen Besprechungen glaubt MM, daß der Reichspräsident Loebe nach dem Rücktritt des Kabinetts das Reichskanzleramt übernehmen wird. * Die neue Regierung soll nach den bisherigen Verein barungen auf der Basis der großen Koalition von Stresemann bis Scheidemann gebildet werden. * In Berlin sind die meisten bürgerlichen Zeitungen wegen eines Lobnttreites nicht erschienen. Der DMarspmng. Was auch in der Welt geschieht, der Börse muß es, wie es scheint, zum Segen gereichen. Früher, als es uns gut ging, als der deutsche Wirtschaftskörper die Fülle des Blutes kaum noch ertragen konnte, blieb die Börse, von seltenen stürmischen Unterbrechungen abgesehen, zurück haltend, zuweilen sogar verfiel sie in ausgesprochene Träg heit, und die Leute, die lediglich durch Börsenspiele zu Vermögen zu kommen suchten, mußten alle Gerissenheit aufbieten, um im Wechsel von Ebbe und Flut nicht unver sehens aufs Trockene zu geraten. Heute geht kaum ein Tag vorüber, ohne daß neue Hiobsposten über uns her- ! einbrechen. Trotzdem will der Fieberrausch, der die Börse s ergriffen hat, nicht nachlassen. Man braucht nur die eine « Tatsache festzustellcn, daß der Dollarlurs an diesem 17. Ok- tober in Berlin von 149 in rasenden Sprüngen bis auf z 194 hinaufkletterte, um zu erkennen, daß die Dinge, die sich - hier abspielen, jeder Vernunft, jeder Vorausberechnung j und jeder nüchternen Realität spotten. Die Gründe sind billig wie Brombeeren. In die sem Fall soll der Hinweis auf die Entscheidung über Oberschlesien genügen, um denjenigen, der noch ^auck was Börsenvorgängc angebt) an das Gesetz von Ur sache und Wirkung glaubt, zu befriedigen. Aber auch wer t-e Zerreißung Oberschlcsiens noch so bitter beklagt und noch so ungünstig bewertet, kann in ihr keine ausreichende Rechtfertigung dafür finden, daß die deutsche Währung an einem Tage um ein Viertel ihrer Kaufkraft herabgesetzt wird. Und das um so weniger, als ja gerade die indu striellen und kaufmännischen Kreise mit einem ungünstigen Ausgang der oberschlesischen Frage seit langem gerechnet und danach ihre geschäftlichen Dispositionen wohl auch ge troffen haben. Aber die reine Spekulation hat mit der Zeit über die berufsmäßigen Kräfte, die sonst an der Börse den Ausschlag geben, offenbar einen vollständigen Sieg davongetragen. Wie ein Nudel wild gewordener Pferde stürmen diese Leute, die nur ein Interesse daran baden, die Preise höher und immer höher zu treiben, aus ein kaum vernommenes Schlagwort hin an die Börsen schranken heran und überrennen jeden Widerstand, der sich ihnen etwa auf der Jagd nach mühelosem Gewinn ent- gegenwersen will. Gilt die Mark im Auslande, wie es jetzt der Fall ist, noch knapp 214 Pfennige, so müssen die Kurse der gestern erworbenen Effekten heute um so höher emporschnellen und weiter reicht weder der Gedankenkreis noch das Interesse dieser Elemente, denen es gleich ist, ob daraufhin die Rohstoffe, die Deutschland kaufen muß, im Preise immer unerschwinglicher werden, ob die Lebens mittel teurer und teurer werden und für Löhne und Ge hälter daraufhin immer größere Summen verausgabt werden müssen. Und wer heute auf Grund des Dollar- knrses von 194 Effekten erwirbt, hat nur ein Interesse daran, daß deren Wert morgen schon abermals weiter innanfaeiricben wird, denn der Besitz von deutschem Pa- Viergeld verliert immer mehr an Reiz, und alle Gedanken richten sich auf möglichst rasche und möglichst gewinn bringende »Flucht vor der Mark". Im In lande sind wir »erst" dazu gekommen, den Wert der Reichsmark mit 6 bis 8 Pfennigen zu bestim men. Die Frage ist nur, wer hier die Angleichung vollziehen wird, das Ausland an das Inland, oder das Inland an das Ausland! Das Wiesbadener Abkommen, von dem die Regierungskreife günstige Einwirkungen auf 'cn Stand unserer Valuta erhofften, zählt heute schon kaum noch mit. Als letzte Zuflucht bleibt der .Hinweis aut schleunigste Finanzhilfe für das Reich, um so die Geltung »er deutschen Mark von innen her zu stärken. Kreise, die bis dahin die angebotene Kredithilfe der Indu strie aus politischen Gründen eher bekämpften als will kommen hießen, rnfen nun plötzlich nach ihr, wie nach dem letzten Rettungsanker und meinen, daß sie eher heute als morgen zur Tat werden müßte. Die Regierung dürfe auch nicht länger mit der Erfassung der Goldwerte zögern, denn so wie bisher, gehe es einfach nicht weiter. Werde die Notenpresse nicht endlich angehalten, so würden wir mit unserem Latein sehr bald völlig zu Ende sein — eine Weisheit, deren, wie man befürchten muß, die Börse eben so spotten wird wie aller bisherigen Versuche, sie zur Vernunft zu bringen. Woran liegt es? Die englische Presse zeigt, daß man bei der Entente die wahren Ursachen des für ganz Europa katastrophalen Marksturzes sehr Wohl erkennt. Während »Times" in einem Leitartikel schreibt, eine Ermäßigung der an Deutschland gestellten Forderungen würde im gegenwär tigen Augenblick die wirtschaftlichen Aussichten in ^Europa nicht verbessern, sagt »Daily News", nach seiner An sicht seien die Neparationsforderungen am Zusammenbruch der Mar! schuld. Wenn der Sturz der Mark anhalte, so könne Deutschland womöglich die geforderte Summe nicht bezahlen. Unter Hinweis auf den Schaden, den der Tief stand der Mark ganz Europa zufügt, fragt »Daily News", weshalb man auf der Forderung der Reparation bestehe. — Man wird solange diese Frage stellen, bis es eines Tages zur Antwort zu spät ist. AeichskanzLer Loebs? Die interfraktionellen Beratungen. Berlin, 18. Oktober. Die sorgenvollen Tage vor dem Eintreffen der amb lichen Mitteilung über die Genfer Beschlüsse zur Teilung Ober schienens sind in Berlin zu andauernden Beratun gen der Parteiführer mit der Regierung benützt worden, um im gegebenen Augenblick den Tatsachen mit festen Plänen gegenüberstehen zu können. Man ist sich jetzt dar über einig, daß das gesamte Kabinett beim Eintreffen der erwarteten Hiobsbotschaft seinen Rücktritt erklären wird. Dann will man zu einer völligen Neubildung der Negie rung, und zwar voraussichtlich auf der Basis der großen Koalition von der Volkspartei bis zu den Sozialdemokra ten schreiten. Schwierigkeiten bereitete die Frage der Be setzung des Reichskanzlerpostens. Im Zentrum fand sich kein geeigneter Mann dafür. Stegerwald scheitert nm Widerstand der Sozialdemokraten. Der Arbeitsminister Brauns und der Kölner Oberbürgermeister Adenauer wurden genannt, kamen aber nicht ernstlich in Frage. So enfickwß man sich, das Amt einem Sozialdemokraten anzu- tragen, und zwar kommt als erster Kandidat der Neichs- tagspräsident Loebe in Betracht. Wie man hört, sind alle Parteien der großen Koalition mit dieser Wahl ein verstanden. Dieses vorläufige Ergebnis der interfraktionel len Besprechungen kann jedoch noch Änderungen ausgesetzt sein. Die Beratungen werden fortgesetzt, und endgültige Beschlüsse können erst gefaßt werden, wenn auch die Frak tionen, und nicht nur ihre Führer, zu dieser Frage Stel lung genommen haben. Man rechnet jedoch mit einer baldi gen definitiven Lösung voraussichtlich im oben dargeicgten Sinne. Die Verhandlungen mit der Industrie wegen der von dieser augebotcucn Kredite für das Reick, wer den i-'wischen ebenfalls, und wie man hört, mit guicm Eo folge, wrtgcsetzt. Die Flucht aus Oberschlesisu. Die Polen senden bereits Militär. Obwohl die Genfer Beschlüsse noch nickt bclanntge- geben sind, und dennoch von einer Besitzergreifung des den PvtLU zugesprochcueu Gebietes durch polnische Truppen »rock nicht die Rede sein darf, ist die bercchkiate Bekoranis und Erregung in ver oeur>cyen rvevotierung oocy feyr starr angewachsen. In Oppeln laufen aus dem Industrie gebiet fast stündlich Meldungen über einen Flüchtlingszustrom aus dem abzutretcndcn Gebiete, insbesondere nach der Stadt Beuchen und der Gemeinde Hindenburg, ein. Aus dem Kreise Tarnowitz wird die Ankunft von polnischer Kavallerie in den pol nischen Grenzorten gemeldet. Nicht nachzuprüfcnde Ge rüchte wollen wissen, daß die Polen bis zur Korfanty- linie vorzustoßen beabsichtigen. In einzelnen Orten des Kreises sind von Mitgliedern der Gemcindcwachen pol- Nische Gestellungsbefehle verteilt worden. Diese polnischen Voreiligkeiten sind um so mehr zu verurteilen, als von englischer Seit? ausdrücklich festgestellt wird, daß der Botschafterrat noch keine Mitteilung an Deutschland und Polen bezüglich der neuen schlesischen Grenze ergehen ließ. Es könne keine Rede davon sein, die Eutentetruppen zurückzuziehen, ehe nicht eine Kom mission an Ort und Stelle die neue Grenzlinie festgestcllt hat. Dies kann vielleicht eine Verzögerung von einigen Wochen bedeuten. Vom politischen Standpunkte aus gilt die Angelegenheit für beendet, obwohl noch kleine Einzel heiten festzusetzen sind. AvermQ^s vertagt! Neue Gutachten über Oberschlesien. Während man in Berlin allgemein bereits am Diens tag die Bekanntgabe der Genfer Beschlüsse erwartete, ist in Paris eine neue Verzögerung eingetreten. Die Sitzung der Botschafterkonfcrenz, die wegen der Inkraftsetzung der Empfehlung des Völkerbundsrates über Oberschlesien stattfinden sollte, wurde um einen Tag verschoben. Es wurde für erforderlich gehalten, eine juristische Prüfung i der Frage vorzunehmen, und man erwartet die Ankunft englischer Juristen. Es soll versucht werden, in einer Konferenz durch einige juristische Sachverständige einen Ausweg zu finden, der England und Frankreich dazu führte, die Grenzlinie und die wirtschaftlichen Empfehlun gen des Völkerbundes gleichzeitig bekanntgegeben. Aus Seite-Frankreichs scheint man nunmehr dem englischen Standpunkt Rechnung tragen zu wollen. Das „Echo de Paris" teilt mit, daß Frank reich in der nächsten Sitzung der Botschasterkouferenz einen Vertagungsantrag stellen wird. Der „Petit ! Parisien" führt aus, daß sich alle Mitglieder der Botschas- terlonferenz darüber einig seien, daß man die Bekannt gabe der Grenzlinie nicht von den wirtschaftlichen Emp fehlungen des Völkerbundes trennen dürfe. Frank reich, England und der Völkerbund seien der Ansicht, daß es dem Geiste der vorgeschlagenen Lösung widersprechen würde, die wirtschaftlichen Empfehlungen als einfachen Wunsch Les Völkerbundes zu betrachten. Da man die Grenze durch ein von Bergwerken und Fabriken übersätes Gebiet gezogen habe, könnte cm Zustand bedauerlicher Unordnung cinirewn, wenn man nicht Vorsichtsmaßnahmen träfe, die der Völkerbund empfahl. Darüber sei sich alle Welt einig. Allerdings habe der Friedcnsvertrag vorausgesehen, daß man nur eine Grenzlinie festsetzen solle, dagegen sagte er aber nichts darüber, daß gleichzeitig wirtschaftliche Maß nahmen getroffen werden möchten. Demgegenüber be richtet das Blatt „Oeuvre", daß cs in der Sitzung der Bot- schafierkouferenz am Sonnabend zu lebhaften Mei nungsverschiedenheiten zwischen Jules Cam bon als Vertreter Frankreichs und dem englischen Ge schäftsträger sowie dem japanischen Botschafter gekommen sei. Die beiden letztgenannten erklärten, daß der Völker- bundsbeschluß so angenommen werden müsse, wie er ge faßt wurde und daß keinerlei Vorbehalte noch Änderungen gestattet werden könnten. In französischen politischen Kreisen glaubt man nun, daß man wenigstens bald eine vrinzipicsie Entscheidung darüber treffen könnte, ob die Grernliuie unabhängig von den wirtschaftlichen Empichlungen Deutschland nnd Polen bckanntgegcbcn werdeu soll oder ob der Genfer Beschluß als unteil barer Block angesehen werden soll.