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AMmffer Lageblatt Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Wochenblatt fÜl WllsdsUff UNd LlMgegLNd Postscheckkonto Leipzig 28614 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr 21V. Dosnerstag den 8. September 1S21. 80. Jahrgang. Amtlicher Teil. Im Kommunalverband Meißen-Land kommen in der Woche vom 11. bis 17. Sep tember auf sämtliche Nährmittelkarten, Abschnitt 17 350 Gramm amerikanisches Weizenmehl, Pfundpreis 3,75 Mk. zur Verkeilung. Nr. 294 ä II Meißen, am 6. September 1921. »ns Die Amtshauptmannschaft. Auf Blatt 101 des hiesigen Handelsregisters, die Firma Wilsdruffer Maschinen fabrik Bruno Goldnau betr., ist heuce eingetragen worden: Dis Firma ist erloschen. 8.6^ 96a/21 8!>7S Amtsgericht Wilsdruff, am 5. September 1921. Freitag den 9. September nachmittags 12—2 Uhr Birven- verkauf bei Herrn Lösel, Gute Louise und Deutsche Nationai- Bergamotte. Pfund 80 Pfg. Grumbach, am 7. September 1921. SSS7 Der Gemeindeoorstand. s? Meine Zeitung für eilige Leser. * Die bayerischen Koalitionsparteien verlangen die erneute Entsendung von Unterhändlern zu Verständigungsbe« sprechungen mit der Reichsregierung. * Die Sozialdemokraten faßten in Nürnberg eine Ent schließung, in der verlangt wird, mit allen Mitteln, selbst mit einem unbefristeten Generalstreik oder die Trennung Nord bayerns von Südbayern die Aufhebung des Ausnahmezu standes zu erzwingen. * Die Ententemächte sollen ein Ultimatum an Ungarn zur sofortigen Räumung des österreichischen Gebiets gesandt haben. * Zum Präsidenten der in Genf tagenden Versammlung des Völkerbundes wurde der holländische Außenminister van Karnebeeck gegen die Stimmen der Franzosen gewählt. * Die griechische Delegation in Genf teilt mit, daß die griechischen Truppen in Angora eingezogen sind. * Der amerikanische Arbeiterführer Gompers erklärte, in den Vereinigten Staaten befänden sich augenblicklich ungefähr sechs Millionen Arbeitslose. Llm die Beute. Von der Bestätigung und Bestärkung der freundschast- Uchen Beziehungen, die nach Abschluß der letzten Tagung j des Obersten Rates die Vertreter Englands und Frankreichs sich wieder einmal gegenseitig feierlich vor aller Welt versicherten, ist es längst wieder still gewor den in London und in Paris. Den Entschluß, die ober schlesische Frage an den Völkerbundsrat zu verweisen, gab man noch als eine Art Besiegelung dieses unver brüchlichen Kreundschiftsverhältnisses aus. Je näher aber der 31. August herankam und damit die Zahlung der ersten deutschen Milliarde Wirklichkeit wurde, desto mehr drängten sich in der französischen Presse Betrachtungen darüber in den Vordergrund, daß all dieses schöne klin gende Gold lediglich England und Belgien, kein Pfennig davon aber den französischen Kassen zugute komme. Die Franzosen halten nun einmal dafür, daß jeder Frank, der nicht Franzosen gehöre, seinen Beruf verfehlt habe, und bei aller Beflissenheit, ihre wahren Herzensnekgungen nicht gar zu deutlich vor Europa auszukramen, drängen sie doch immer nachdrücklicher auf eine Revision der Abmachungen vom 13. August. Auch die Kammer begann sich zu rühren, eine Interpellation wurde Herrn Briand angekündigt, und schon sah es so aus, als sollte der Finanzminister Doumer feinen Platz räumen. Einstweilen ist man zunächst aber aus das übliche Mittel neuer diplomatischer Verhandlungen verfallen, und die freundschaftliche Rücksicht auf den Bundesgenossen ver langt, daß man sich infolgedessen bis auf weiteres einige Zurückhaltung auferlegt. Das heißt natürlich: Was man in Frankreich Zurückhaltung nennt. Hervö zum Beispiel macht trotzdem gar kein Hehl daraus, daß »die schönen Ge fühle unseres Volkes für England in dem Streit über die erste Milliarde abkühlen" müssen. Lloyd George könne sich keine Vorstellung machen von dem Schaden, den diese un glückliche Angelegenheit der Entente cordiale verursache. In wie vielen Fällen habe sich nicht England schon feit dem Waffenstillstand den französischen Absichten entgegen gestellt. Heute sei man sich im allgemeinen klar darüber, daß England in dem Krieg von 1914 nicht etwa aus Sym pathie für Frankreich oder Belgien interveniert hat oder um eine gerechte Sache zu verteidigen, sondern einzig und allein aus persönlichen Interessen, nämlich um die See- und Industriemacht Deutschlands zu brechen und um die Festsetzung Deutschlands in Antwerpen zu verhindern. Heute reiben sich schon viele Leute in Frankreich jedesmal die Hände, wenn England in Irland, in Indien oder sonstwo auf Schwierigkeiten stößt. Das „Echo de Paris" lehnt es ab, in Fragen, welche die Sicherheit Frankreichs angehen, zu verhandeln oder zu feilschen. Hier müßten die Engländer den Franzosen glauben, müßten ihnen fol gen und dürften ihre ausschließlich defensive Tätigkeit nicht durchkreuzen. Sollten die Franzosen ihr kostbares Blut unaufhörlich in neuen Kriegen verspritzen, einzig und allein um den englischen Nachbarn zu gestatten, daß sie ruhig schlafen, wen sie wissen, daß ein wachsames Volk an den Vorposten auf Wache steht? Obgleich England ganz genau wisse, daß Deutschland Frankreich niemals bezahlen werde, halte es sich an die erste deutsche Milliarde. Es bestreite Frankreich angesichts des Wiesbadener Abkom mens das Recht auf ein solches Abkommen und spreche bei jedem Hinweis auf die Fortdauer der deutschen Rüstungen von der Nervosität Frankreichs. So könnet, asnickt weiter gehen. Die Entente sei, wenn man sie so auf fassen wolle, nur eine Illusion, an der Frankreich sterben könne. Wenn Lloyd George sich nicht eines Besseren be sinne, dann müßte Frankreich die Bande lockern, die es erdrosseln, und müßte sich darauf besinnen, daß es auf der Welt nichts Kostbareres gäbe als — die Freiheit. Noch deutlicher, wenn das überhaupt möglich ist, drückt sich „Ere nouvelle" aus. Deutschland, schreibt sie, treibt dem Bankrott zu. Es muß vermieden werden, daß der sichere nahe Bankrott Deutschlands an das französische Guthaben rührt und dieses noch verringert. England und Belgien trafen ihre Vorsichtsmaßnahmen, wenn sie sich unter ver schiedenen Vorwänden des größten Teiles der bereits ge machten Zahlungen bemächtigen. „Lassen wir uns von unseren Freunden und Verbündeten nicht übertölpeln. Im gegenwärtigen Zustand der Zivilisation muß jeder auf sich selber zählen. Achten wir schöne Worte, versichern wir uns gegenseitig der Freundschast, aber seien wir auf unse rer Hut!" In diesm Zusammenhänge wird das Wiesbadener Abkommen, das Dr. Rathenau vor kurzem mit Herrn Loucheur geschlossen hat, von französischer Seite als eine bezeichnende Geste ausgegeben, die dazu bestimmt sei, den Engländern zu zeigen, daß die Franzosen voller Sorge um die Aufrechterhaltung ihrer wesentlichsten Interessen sind. Sollte die Freiheit der wirtschaftlichen Verhandlun gen, die notwendig ist für-die Aufnahme des internatio nalen Verkehrs, wie er vor dem Kriege bestand, sich mit der Treue politischen Verpflichtungen gegenüber nicht ver einigen lassen? Die Londoner „Times" sind geneigt, diese Frage zu bejahen, erwidern aber ihrerseits mit der Forde rung, daß dann auch Frankreich das Abkommen vom 13. August über die Aufhebung der wirtschaftlichen Sank tionen respektieren müsse. An eine buchstäbliche Durch führung des Versailler Vertrages sei doch ohnehin nicht mehr zu denken. Eben daher, daß die Franzosen immer noch auf ihr bestehen wollten, schreiben sich die fortdauern den Spannungn in den Beziehungen der beiden Länder her. England findet nun einmal keinen Geschmack daran, die Gewaltherrschaft am Rhein fortsetzen zu lassen, und sei bereit, sie durch andere Mittel zu ersetzen. Keinesfalls werde eine Ausdehnung der Besatzungszone den Beifall Englands finden. So wird hinüber- und herübergeschossen, weil kein Teil dem andern gerade das gönnt, Gas er am liebsten haben oder behalten möchte. Es wird auf beiden Seiten vorsichtigster Behutsamkeit bedürfen, wenn aus den neuen diplomatischen Verhandlungen über die leidige Geldfrage etwas Bestimmtes herauskömmen soll. Schwierige VersiärMglmgsverssrche. Die Berlin-Münchener Auseinandersetzungen. Trotz einer Reihe alarmierender Nachrichten aus Bayern, in denen von einer Verschärfung der obwaltenden Spannung die Rede ist, scheint es doch, als ob eine Ver ständigung über kurz oder lang erzielt werden könne. Vor allem zeigt sich die parlamentarische Koalition in München in ihrer Mehrheit entschlossen, es nicht zu einem Bruch mit der Reichsregierung kommen zu lassen, der auch ihr eigenes Ende bedeuten würde. Sie wird vielmehr Herrn v. Kahr nahelegen, durch abermalige Entsendung von Beauftragten nach Berlin den schon beschrittenen Weg direkter Verhand lungen mit der Reichsregierung weiterzugehen. Anderer seits hat es verstimmend gewirkt, daß die bayerische Regie rung die Telegramme, die der Reichsminister des Innern in der Angelegenheit des Verbots der München- Augsburger Abendzeitung und der Unruhen in Koburg an die Münchener Regierung sandte, bayerischen Zeitun gen zur Veröffentlichung übergeben hat, deren Kommentare dabin lauten, daß die Telegramme einen Eingriff in bayerische Rechte und eine Brüskierung Bau erns bedeuteten. Der Reichsminister des Innern weist diese Auffassung zurück, da er es gerade vermieden habe, sich unmittelbar an untergeordnete Organe des bayerischen Staates zu wenden oder direkt auf Grund der Verordnung des Reichspräsidenten ein Verbot der Zeitungen auszu sprechen. Die Stellungnahme der Sozialdemokratie. Eine Versammlung der Vertrauensleute der S. P. D. in Nürnberg, tu der der frühere Reichskanzler Hermann Mül ler über die Wege sprach, die eingeschlagen werden sollen, „um dem System Kahr-Poe-hner ein Ende zu machen", nahm eine Resolution einstimmig an, in der gesagt wird: „Die Funktionärversammlung erwartet von den Ver tretern der Partei in Bayern, daß sie alle Wege auf das ernsthafteste in Erwägung ziehen werden, die, sei es selbst die Trenung von Bayern oder einen unbefristeten Ge neralstreik, dem Ausnahmezustand ein Ende bereiten." Man muß auf das ernsteste hoffen, daß die bayerische Krisis beigelegt wird, ehe solche, die Einheit des Reiches au? das schwerste gefährdende Konsequenzen daraus ent stehen. Verordnung und Ausführung. Eine Interpellation der Volkspariei. Bei der vielumstrittenen Verordnung vom 29. August, die augenblicklich die gesamte innere Politik beherrscht, ist cs notwendig, scharf zwischen dem Sinn und der Ursache dieser Rcgierungsmaßnahme und der Art und Weise ihrer Handhabung durch die zuständigen Behörden zu unter scheiden. Diese hat weit mehr Kritik hervorgerufen als die Verordnung selbst. Das kam auch in einer Fraktions sitzung der Deutschen Volkspartei zum Ausdruck, die dieser Tage zur Besprechung der politischen Lage nach Berlin cinbcrufen wurde. Die anwesenden Abgeordneten billigten, wie in einer offiziösen Erklärung gesagt wird, einmütig die von den Fraktionsvorsitzenden gegenüber dem Reichspräsidenten und Reichskanzler abgegebenen Erklärungen über die Not wendigkeit einer gleichmäßigen Anwendung der erlassenen Ausnahmebestimmungen auch gegen die radikale Linke und gegen jede Nebenregierung nichtverfassungs- mäßiget Organe. Die Partei verwahrte sich insbesondere aus das schärfste gegen „die unerträgliche systematische Unterdrückung" würdiger Feiern nationaler Gedenktage und den „Terror der Straße", dem gegenüber die Polizei- gewalt häufig völlig versagte, und forderte sofortige Ab hilfe. Die vorgekommenen „Fälle von Vergewaltigungen" haben die Fraktion zu einer Interpellation über die Stel lung der Neichsregierung zur Ausführung der Verordnung des Reichspräsidenten veranlaßt. Einspruch der Zeitungsverleger. Auch der Verein deutscher Zeitungsverleger hat sich in einem Protestschreiben an den Reichspräsidenten und den Reichskanzler gewendet, um gegenüber dem Erlaß vom 29. August die Lebensnotwendigkeitcn der Dresse wahrzunehmen. Der Verein befürchtet eine unbillige und vermeidbare Erschwerung der schon schweren Berufsarbeit der Verleger und ihrer redaktionellen Mitarbeiter dadurch, daß der Tatbestand der Verordnung nicht scharf genug Um rissen sei und daß die Gefahr einer ungleichmäßigen Hand habung der Verordnung gegeben sei, besonders da die Verordnung auch anwendbar sein soll auf Grund von Vor gängen, die vor dem Inkrafttreten der Verordnung liegen. Nach Ansicht des Vereins bewirken diese Momente eine Rechtsunsicherheit, die der Presse die Er füllung ihrer Aufgaben im Dienst" von Reich und Volk unmöglich macken muß. politische Rundschau. Oeutsches Reich. Flugverbot im besetzten Gebiet. Wie der Reichsverkchrsminister bekanntgibt, hat der Botschafterrat den von der deutschen Regierung eingeleg ten Protest gegen das vom Botschafterrat ausgesprochene Verbot des Fliegens im besetzten Gebiet und in der neu tralen Zone zurückgewiesen. Das überfliegen des besetz ten Gebiets und der neutralen 50-Kilometer-Zone bleibt demgemäß untersagt. Geg-n das Bestechungsunwesen. Ler Reichsverkehrsminister Gröner richtete an den Verein gegen das Bestechungsunwesen in Berlin ein Schreiben, worin er feststellt, daß es den angestrengten Be mühungen der Verwaltung nach Wiederherstellung der Unantastbarkeit ihres Beamtenkörpers gelungen sei, we sentliche Fortschritte zu erzielen. Leider gebe es gewisse Firmen, die sich nicht scheuen, an die Beamten mit mehr öder weniger verhüllten Bestechungsangeboten heranzu treten. Solche Firmen werden von Lieferungen und Leistungen für die Eisenbahnverwaltung künftig ausge schlossen werden. Luftfahrtsgesellschaft gegen Reichsregierung. In der unter dem Vorsitz des Prinzen Heinrich von Preußen eröffneten Tagung der Wissenschaftlichen Gesell-