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BezugS-Prer» PL U»d »W»tz I-I»»«n> »Äch^»d! »n»*d«r »«ttlch«» »oloatr» vieNeljihrU US« «onatl. lui« »utlchl. PostdrfteLgcld. ferner >n B«lgi«o, DLnrm-rt, den Doaeilstaaten, Zlall«, Luremdara, -ci«d<rt«»tx, «ar» wegen, Orstrrrrich^ lla-nrn, Kurland, Schweb«, Schwei« ». bponten, Au allen übrige» Staate» »»r dtrett durch die GchchtstAfte«« d- «tatte» «httUtch. la« lleippger ragedtntt erich^u« 2 »al itglich, Son», n. Aeierla«« »nr mergro«. Ädonne^l«nl»«noadme - Luguftnbplatz 8, bei unlereu Lrt-ern, ^Uialeu, Spediteuren und »«ahmestelleu, sewte PpfttoUer» nab Briefträgern. «iuaelverkausdprei« der vtorae». antgüd» 1» b« ittbeaduabgab, » Morgen-Ausgabe. MiMerTaMM Handelszeitung. Ämtsölatt des Nates und des Volizeiarntes der Ltadt Leipzig. ^ri^;cn-PrciS tSr Juieraie au» re>v,i, und Umgednnq di« iigewa tene so ww breite Beiitjeil« LL ch, di« 74 null breite ReNamezeile l «on -»«wärt« » ch, «eNamea l.20 Juieraie n»o Behörden 'm amtlichen Teil di« 74 mm breit« Petit^il« 40 «efchäit-an^iqen mit P -,vor1chri>l«u und in der Lbeadaudaab« ii>> areii« erhöbe, beadali nach Tarn. Beilagegebüdr L all ». raufend exkl. Postgebühr. Festeri eilte Austria« können nicht zurück- ae»og«n werden. Für da« scheine» an bestimmten Lagen an» Plätzen wird keim uiaranti« übernommen. «nzeigen.Snnahme: Augustu-Platz 8, de, sämtlichen Filialen u. allen Annonce», -äxpeditlonen oe» Fn- nnd AullanLe«. Siedaklton und GeschittStteller Iohannisgasjc v. Lerniprecher: lätÄL I46U1. I4SS4. Haupr-Silialc Lreöden: keeftratz« 4,1 (Telephon 4ü2l-. llr. 2S2. vss kvichügste. * König Friedrich August trifft Sonn tag mittag in Leipzig ein und wohnt nach mittags dem Rennen am Scheibenholz bei. lS. Lpzg. Ang.) * Die noch ausständigen Angestellten der fr an- zösischen Südbahn haben beschlossen, die Arbeit wieder aufzunehmen. (S- Ausl.) * Die englische Regierung hat den Mächten vor geschlagen, die Republik Portugal pari passu anzuerkennen. (S. Ausl.) * In dem Befinden des serbischen Kron prinzen Alexander ist eine leichte Besse rung eingetreten. (S. Ausl.) Line ernste Ksge. Die Erde ist so ziemlich aufgeteilt. Den Irr wahn, China sei eine den europäischen Mächten zur gefälligen Bedienung bereitstehende Torte, hat man fahren lassen müssen. Was blieb, war nur wenig. Die spärlichen Reste des spanischen Kolonialbesitzes, die etwas wertvolleren Reste des portugiesischen Besitzes, die man aber in London nicht aufteilen will, weiter vor allen Dingen die drei einzigen orientalischen Barbaren reiche, die sich noch selbständig nahe der Peri pherie Europas gehalten hatten: Persien, Abessinien, Marokko. Nach Abessinien haben wir einst, unter dem trefflichen Dr. Rosen, eine große Prunk gesandtschaft geschickt. Zu welchem Zweck, ist niemals recht klar gewesen. Jedenfalls steht mit völliger Sicherheit fest, daß das Deutsche Reich heute jedes politischen Einflußes im Reiche des Negussa Nagast bar ist. Dr. Zintgraff kann uns erzählen, warum. In Marokko sind wir alles politischen Ein flusses gleichfalls, in einer ununterbrochenen Kette von Fehlern, verlustig gegangen. Kaiser reise und Kaiserrede, Algeciraskonferenz, deutsch französischer Vertrag — das sind die Stationen, die wir durcheilt haben. Das aber hat unserem Ehrgeize noch nicht genügt. Vollkommen zu frieden konnten wir erst werden, wenn wir auch wirtschaftlich im Lande des Machsen ins Hintertreffen geschoben wurden. Auch das ist nahezu erreicht. Wir haben's uns ja der Mühe nicht verdrießen lassen. Was hat allein der Mannesmannhandel dem Auswärtigen Amt für blutigen Schweiß gekostet, bis der un rühmliche Ausgang erkämpft war, der jetzt unvermeidbar scheint! Dabei haben wir in dem ständigen, bald latenten, bald, wie eben jetzt, offenen Interessengegensatz Frank reichs und Spaniens dauernd die denkbar beste Handhabe gehabt, uns durch das wech selnde Ausspielen der beiden Konkurrenten die ausschlaggebende Stellung zu ver schaffen! Doch damit kämen wir in bedenkliche Nähe jener Politik des Vertragbruchs, wie sie Herr von Bethmann Hollweg prinzipiell per- horresziert. So benutzen wir denn natürlich auch nicht die Handhabe, die in dem latenten Interessen gegensatz Rußlands und Englands in Persien gegeben ist. Sehr viel diplomatischer Geschick lichkeit bedürfte es wahrhaftig nicht, um hier gute Erfolge zu erzielen. Das persische Problem stellt sich für die beiden, zu edlem Tun geseilten und miteinander doch scharf konkurrierenden Mächte in der Hauptsache als ein Handels problem dar. Durch die Vollendung der trans kaspischen Bahn hat Rußland den Löwenanteil des persischen Handels England aus der Hand gewunden und den eigenen Taschen pflichtig ge macht. England will die Scharte wieder aus wetzen und braucht dazu die Besetzung Süd persiens, weil es so auf dem Verwaltungswege den Handel im Süden von der Nordstraße ab zwingen und über die Häfen am Golf, über Lingeh, Bender Abbas, Bufchir, Mohammera leiten kann. Sogar die Türkei glaubt, die jetzige Stunde nicht vorübergehen laßen zu dürfen, und meldet sich mit den Truppen ansammlungen an der persischen Grenze zur Beteiligung an der Liquidation an. Und das Deutsche Reich? Das rechte Bild bekommt man, wenn man die Resultate der deutschen Politik für einen längeren Zeitraum überschaut. Bis zu Bismarcks Entlaßung gehen wir zurück. Was haben wir seitdem und was haben die andern erreicht? Wir ver halfen England im Sanfibarvertrag zu Britisch-Oftafrika und zu dem Protektorate über Sansibar. Das übrige hat es sich ohne l04. Zshrgsng Sonnadenü, üen 22. Oktober I9l0. unsere Hilfe verschafft: 1891 zwang es Portugal I den Vertrag ab, der ihm das Innere Süd afrikas, das jetzige Rhodesia, auslieferte. 1896 erwarb es das Aschantiland, bis 1898 die Ost hälfte, die Nilhälfte des Sudans, und 1902 steckte es die Burenfreistaaten ein. Frank reich: 1893 zwingt es Siam die Anerkennung seiner Schutzherrschaft über die Laosstaaten ab und mehrt so noch den Wert des Bismarck geschenkes Tongking (deßen Hingabe schon ein Fehler des sich allzu saturiert Fühlenden war). 2m gleichen Jahre erobert es Dahomey, ein Jahr darauf Timbuktu; 1897 steckt es definitiv Mada gaskar ein; 1899 sichert es sich, nach dem bösen Faschodaerlebnis, durch Vertrag mit England die riesige Westhälfte des Sudans vom Atlan tischen Ozean bis an die Grenzen des Nillandes; und 1900 verwandelt es diese Herrschaft durch die Besiegung des um den Tschadsee gebietenden Sultans Rabach für das wichtigste Gebiet aus einer nominellen in eine tatsächliche. Seitdem kam Marokko an die Reihe. Das Deutsche Reich hat in der gleichen Zeit Samoa zwischen sich, England und der Union aufgeteilt; hat aus dem spanischen Kolonialausverkauf ein paar Korallenriffe erworben; und hat von China Kiautschau gepachtet, wo cs einstweilen von Japan noch geduldet wird. Was haben wir uns diese Politik der Enthaltsamkeit kosten lassen? Wir zahlen Unsummen für die Instrumente einer Machtpolitik, die wir nicht treiben. In runden Ziffern haben wir für Heer und Flotte ausgegeben: 1904 : 870, 1905 : 940, 1906: 1010, 1907: 1090, 1908: 1200, 1909: 1250, 1910: 1250 Millionen Mark. Das macht für die letzten sieben Jahre sieben Milliarden 610 Mil lionen Mark. Was hat es aber für Sinn, wenn wir uns in Schulden stürzen, um die stärkste Landmacht der Erde sein und eine an sehnliche Seemacht werden zu können, und wenn wir nirgends unseren Machtbereich in irgend beträchtlicher Weise mehren? Um Oesterreich im Notfälle in schimmernder Wehr beispringen zu können? Aber wozu brauchen wir denn dieses Bündnis, wenn unsere ganze Politik auf das Stilliegen hinausläuft? Wozu überhaupt Großmacht spielen, wenn wir rings die Welt ohne uns verteilen sehen, wenn wir überall, wo es noch etwas zu verdienen gibt, uns aus dem Geschäft drängen laßen? Eins ist sicher: Wenn wir für Heer und Flotte die Hälfte der tatsächlich aufgewendeten Summe aufgewendet hätten, noch weniger Machterweiterung hätten wir auch nicht erzielen können. Und doch müßen wir stark, riesenstark ge rüstet sein, wenn wir nicht jede Hoffnung auf eine große deutsche Zukunft einsargen wollen. Unsere geographische Lage mitten zwischen den drei nächst uns stärksten Militär mächten zwingt uns ins Stahlkleid. An dem Tage, an dem wir es auszögen, wäre gegen das Reich eine Koalition fertig, gegen die die Kaunitzsche aus den Tagen des alten Fritz ein harmlos Kinderspielchen dünken würde. Aber sind wir denn reich genug, uns eine so unend lich kostspielige Zukunftsversicherung leisten zu können, wenn all das Geld, das wir in sie hineinstecken, totes Kapital bleibt? Wir sind es nicht. Ein Reich, das in den schlimmsten innerpolitischen Wirrwarr gestürzt wird, wenn es gilt, 500 Millionen das Jahr aufzubringen, hat es gewiß nicht dazu, jedes Jahr 1200 Millionen und mehr ertraglos zu ver brauchen. Das Problem ist, diese Summe rentabel zu machen. Eine Politik zu treiben, die uns etwas in die so leeren Reichsscheuern schafft. Also Krieg führen? Durchaus nicht. Führt England in Persien Krieg, Frankreich in Marokko? Nur der Schwache braucht dreinzu schlagen, wenn er etwas erreichen will. Der Starke hat das nicht nötig. Des andern Kennt nis von der Stärke seiner Muskeln enthebt ihn der Notwendigkeit, von ihnenEebrauch zu machen. Freilich, eine Bedingung ist dabei: die andern müßen wißen, daß der Starke im Ernstfälle ohne Wimperzucken seine Stärke in Anwendung bringen würde. Der Glaube an die Möglichkeit eines Bruchs — daß er verloren gegangen war, bezeichnete Bismarck 1860 dem Regenten als den größten Fehler der preußischen Politik — dieser Glaube muß vorhanden sein. Ist er's jetzt? lieber Mlchungsinstitute, die nach einem Worte des Kaisers am Berliner Uni versitätsjubiläum künftig aus den Mitteln der Kaiserlichen Gesellschaft der Wissenschaften an deutschen Hochschulen errichtet werden sollen, ver breitet sich in sehr interessanter Weise im neuesten Hefte der „Woche" der künftig« Rektor unserer Leip ziger Universität, Geheimer Hosrat Profeßor Dr. Lamprecht. Die hiesige Hochschule verdankt der jahrelangen unermüdlichen Werbearbeit Lamprechts die Errichtung des im vorigen Jahre eingeweihten Instituts für Kultur- und Universal geschichte, das in seiner ganzen Anlage eben dem Plane derartiger Forschungsinstitute entspricht. Daher lohnt es sich wohl zu hören, was der Schöpfer dieses Leipziger Forschungsinstituts zu der Förderung des von ihm also bereits verwirklichten Gedankens durch den Kaiser zu sagen hat. Wir sind infolge freund lichen Entgegenkommens Geheimrat Lamprechts und des Scherlschen Verlags in der angenehmen Lage, unseren Lesern ein größeres Stück aus der genannten Veröffentlichung in der „Woche" unterbreiten zu können. Einleitend legt Lamprecht zunächst dar, wie er bei seinen geschichtlichen Studien auf unioersalgeschicht- liche Probleme gestoßen sei, und wie sich zu deren Be wältigung eine Organisation der historßchen Arbeit als notwendig herausgestellt habe, die natürlich in erster Linie in einer Organisation verschiedener Forscher unter der Aufstellung des gemeinsamen Ziels bestehen müsse. Dann heißt es werter: „In dem Augenblick, in dem ich diese Fragen zu übersehen begann, wurde mir klar, daß nur eine Organisation im Sinne der heute be- absichtigten Forschungsinstitute die Wissenschaft fördern könne; und so begann ich mich auf die Entwicklung einer solchen Organisation zu legen. Leicht war dies nicht, denn es bedurfte dazu nicht nur der Aufstellung einer Biblio thek, deren Wert von Anfang an auf etwa 100 000 F veranschlagt werden mußte, sondern auch ent sprechender Räume und noch mehr der Heran ziehung entsprechender Forscher. Eine öffentliche Unterstützung war dabei anfangs nicht zu erwarten, denn die aufgestellten Probleme konnten schimärisch erscheinen und lagen jedenfalls nicht im Bereich der auf Universitäten herkömmlichen For schung. Mir blieb also nichts übrig, als selbst Geld durch Vorträge und dergleichen zu verdienen und private Mittel heranzuziehen. Dabei stellte sich heraus, daß solche private Mittel wohl in kleinen Appoints von 500, 600 oder auch 1000 zu Habeck waren, daß es aber anfangs so gut wie un möglich war, eine größere Summe flottzu machen. Gleichwohl kam ich im Verlauf von acht Jahren so weit, daß mir um 1008 ein ziemlich deut liches Bild deßen, was ich schaffen wollte, vor der Seele stand, und daß man mir weiter seitens des sächsischen Kultusministeriums, der der Universität Leipzig vorgesetzten Behörde, das Ver trauen schenkte, mich zu hören und zu fördern. . . . Im Jahre 1908 war in engeren Kreisen schon be kannt, was ich wollte. Dieser Umstand trug mir, als ich in Schierke war, den Besuch von Exzellenz Alt- Hoff ein. Er kam eines schönen Tages in seinem etwas zerschlissenen langen Jackett, den Schlapphut tief ins Gesicht gedrückt, in der Hand einen gewaltigen Bergstock wie Wotan, der einsame Wanderer des Ge birges, und fragte direkt aufs Ziel los, was ich denn eigentlich in Leipzig mache. Und er kam von da ad ziemlich regelmäßig jeden Tag, mit Vorliebe zu der Zeit, da ich mich mit meinen Kindern eben zu Tisch gesetzt hatte, und forderte mich — für ihn ein Zeichen noch ungeschwächter Kraft und Gesundheit — trotz dem alsbald zu einem Spaziergang auf. In den Stunden dieser Gänge haben wir dann dieMöglich- keiteinesForschungsinstitutsfürUni- v e r s a l g e s ch i ch t e eingehend besprochen, da ich ihm auf die Frage, wie er mir helfen könne, zunächst geantwortet hatte, am besten könne er mich durch eine eingehende Kritik meiner Pläne fördern. Später, als sich herausgestellt hatte, daß meine Ab sichten auch nach seine Aufsaßung Hand und Fuß hatten, ist er dann auch auf den Gedanken, daß ich von Reichs wegen unter st ützt werden könne, eingegangen. Er wollte mich an den Reichskanzler von Bülow empfehlen, ich persönlich sollte bei dem da maligen Staatssekretär Herrn von Bethmann Hollwcg mein Glück versuchen. Bald darauf — im Oktober 1908 — starb Althoff. Ich hatte nun meine Sache in Berlin selbst zu vertreten. Bei Herrn von Beth mann fand ich eine durchaus verständnis volle und staatsmännische Aufnahme und eine prinzipielle Sympathie. Allein bei dem Stand der Reichsfinanzen, so hieß es. könne man jetzt nicht helfen, obwohl die Bedeutung einer Durchführung univcrsalgeschjchtlicher Studien und des daraus resultierenden Einflußes auf das Geistesleben der anderen Völker für die Förderung der Reichs politik im einzelnen wie im ganzen einqcsehen werde und gewiß auch eine Sache sei, die das Reich tn besseren Tagen fördern werde. Im übrigen erhielt ich aus dem kaiserlichen Dispositions fonds eine Summe von 10 000 Mark, weitaus dis größte Summe, die ich außer der Unterstützung des sächsischen Staates je auf einmal erhalten habe.' Als sich dann die persönlichen Verhältnisse in den hohen Reichsämttzrn verschoben hatten und Herr von Beth mann Reichskanzler geworden war, habe ich mein Glück noch einmal bei dem neuen Herrn Staatssekretär des Innern versucht. Dies mal mit minderem Erfolg. Mir wurde so rundweg erklärt, meine Sache habe vom Reich nichts zu erwarten, daß ich sofort nichts Besseres tun zu können glaubte, als wenigstens um ein anständiges Begräbnis meiner Eingabe zu bitten. Darauf hatte ich mit dem Herrn Staatssekretär noch ein langes, eingehendes, für mich überaus lehrreiches Gespräch über die Lage der gegenwärtigen Wird-^sverhält- niße und kannte nach dieser Richtung hin seine Kennt nisse nnd seinen Scharfsinn bewundern, wahrend mir freilich nichts übrig blieb, als ihm für die von mir vertretene Sache jedes tiefere Verständnis abzu sprechen. Ich kann diese Beobachtung hier um so eber niederlegen, als der Herr Staatssekretär in dieser Be ziehung nur Typ einer ganzen Avrobl sehr hervor ragender, aber einseitig wirtschaftlich erfahrener Männer der Gegenwart ist, und als er diele Mit teilung selbst antizipierte, indem er mir verbindlich ja sgfr anmutig versicherte, ich würde sie gewiß irgendwo einmal publizieren. Eine Reichsunter stützung habe ich seitdem natürlich nicht gehabt, ich habe mir vielmehr selbsthelfen müßen, und zwar, wie ich wohl sagen darf, unter unsäglichen Mühen, die schließlich in den Osterferien dieses Jahres zu einem nervösen Zusammenbruch führten, aus dem mich nur eine völlig geistige Brache mehrerer Monate ge rettet hat. Freilich, das Institut blüht. Es werden an ihm jetzt ungefähr 20 Uebungen gehalten, und es ist von über 300 Mitgliedern besucht, wenn es auch den ursprünglichen wissenschaftlichen Intentionen noch keineswegs entspricht. Warum ich das hier alles erzähle? Weil damit anschaulich dokumentiert wird, wie der bisher einzige Versuch zur Entwickelung eines geistes wissenschaftlichen Forschungsinstitutes ausgefallen ist, weil er von einer Privatperson ausging. Wie ganz anders ist da die Lage durch die kaiser liche Initiative geworden! Eoen aus dem Charakter des bisher Erzählten empfängt sie erst eine volle Beleuchtung ihrer Wichtigkeit. Reiche Mittel sind jetzt allerwegen zur Verfügung gestellt, staatliche Hilfe steht in Aussicht, und der Forscher ficht sich von vornherein auf seinen eigentlichen Beruf, den der wissenschaftlichen Arbeit, verwiesen. Es kann dem Oberhaupt der Nation nicht genug gedankt werden, daß es in dieser Hinsicht, als die vorliegende Frage reif und überreif war, alsbald mit bekannter Tat kraft eingegriffen hat." Uebcr das sehr schwierige Problem der Organi sation der Forschungsinstitute im einzelnen spricht sich Lamprecht nicht aus; dagegen erklärt er wegen deren Stellung zu den Universitäten, daß darauf ge sehen werden müße, „daß aus den bestehenden Semi narren und Unioersitätsinstituten ein kontinuier licher Ueber gang zu den Forschungsinstituten herüberführt, der namentlich auch geeignet fein müßte, den Forschungsinstituten geeignete Kräfte aus dem studentischen Material der Seminarien und Univerfi- tätsinstitute zuzuführen." Die Frage, welche Uni versitäten für die Angliederung solcher Forschungs institute wohl in Frage kämen, beantwortet Lam precht dahin, daß dies nur die „großen Universitäten" jein könnten: „im Norden Berlin und Leipzig, im Süden Wien und Münche n". Außerdem wünscht er noch den Ausbau der Universität Bonn zu einer derartigen großen Universität. Der von starkem Idealismus getragene Artikel wird hoffentlich in allen Kreisen, die am deutschen Geistesleben Anteil nehmen, lebhaften Widerhall wecken, denn Lamprechts Vorschläge bedeuten bereits wieder eine wesentliche Förderung des ganzen schönen Unternehmens. Llus üen Keichstagskommillmnen. Die Strasprozeßkommisfion verhandelte am Donnerstag zunächst über einen An trag, der das Verhältnis der Staatsanwalt schaftsbeamten zu ihren Vorgesetzten anders regeln will. Diese Beamten haben jetzt ohne weiteres den „dienstlichen Anweisungen" ihrer Vorgesetzten nachzukommen. Nach dem Anträge soll es statt dessen heißen „gesetzmäßige Dienstanweisungen" und der betreffenden Bestimmung des Gerichtsverfassungs gesetzes hinzugefügt werden: „Für die Gesetzmäßigkeit der amtlichen Handlung oder Unterlassung bleiben Vorgesetzte und Untergebene verantwortlich." Der An trag wurde von der Regierung und den Konservativen bekämpft und dann abgelehnt. Ein sozialdemo kratischer Antrag wollte ferner die neue Bestimmung beseitigen, daß bei Beleidigungsklagen die Oeffent- lichkeit ausgeschloßen werden kann, sofern ein öffent liches Interesse nicht entgegensteht, und sie nur im Verfahren gegen Jugendliche aufrecht erhalten. Da gegen wurde geltend gemacht, der Ausschluß der Öffentlichkeit bei Beleidigungen rechtfertige sich da durch, daß in nicht zu billigender Weise Prioatverhält- niße öffentlich, namentlich in einer gewißen Preße, behandelt würden. Die Forderung des Ausschlußes der Oeffentlichkeit sei eine allgemeine. Von anderer Seite dagegen wurde auf die möglichst weite Aufrecht erhaltung des Prinzips der Oeffentlichkeit der Nach druck gelegt. Es wurde beantragt, den Ausschluß der Oeffentlichkeit aus die Erpreßungsfachen auszudehnen. In der Abstimmung kam, wie wir schon gemeldet haben, die ganze Bestimmung zu Falle, da Stimmen gleichheit vorhanden war. Es würde also bei den jetzt geltenden Bestimmungen verbleiben. Auch in be zug aui die Zulassung einzelner Personen zu nicht öffentlichen Verhandlungen wurde der Beschluß erster Lesung umgestoßen. Es war in erster Lesung be schloßen worden, daß nicht wie bisher einzelnen Per sonen überhaupt, sondern nur, wenn sie ein besonders berechtigtes Interesse haben, der Zutritt gestattet wer den kann. Nach dem Beschluß zweiter Lesung ver bleibt es beim bisherigen Recht. Zum Schlüße der heutigen Sitzung wurde der non polnischer Seite schon in erster Lesung gestellte Antrag verhandelt, daß ein Dolmetscher in allen Fällen zugezoqen werden muß, wenn jemand erklärt, der deutschen Sprache nicht mächtig zu lein. Der Antrag war dahin vervoll ständigt, daß die Abgabe einer solchen Erklärung wider beßeres Wißen 300 Geldstrafe nach sich zieht. Zu einer Abstimmung kam es heute noch nicht. Die Reichsoerfichernngskommisfion setzte in ihrer Sitzung vom Donnerstag die allgemeine Aussprache über bas Verfahren, insbesondere die von der Regierung vorgeschlagene Einrichtung von Der- sicherungsämtern und die Entlastung de« Rcichsversicherungsamtes durch Beseitigung der Re kursmöglichkeit fort. Von nationalliberaler Seite werden einige Anträge gestellt, die nach den Darlegungen des Ministerialdirektors Caspar an den bestehenden Verhältnissen sehr wenig ändern würden. Ein Mitglied der Reichspartei glaubt, auf di« Ver- fahrensvorschriften überhaupt einen so großen Wert nicht legen zu sollen. Es komme vor allem auf die rechtsprechenden Personen an. Die Zahl der In stanzen sei nicht ausschlaaqebend für die Güte der Rechtsprechung Die rerste Instanz müße möglichst aus gebaut werden. Ein Vertreter der Fortschrittlichen Volkspartet zieht aus den bisherigen Verhandlungen den Schluß.