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Erscheint wöchentlich zweimal u. zwar Dienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne Nummern 10 Pf. TharM Men, Mentchn Md die Umgegenden. —— Imlsblull Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Jnsertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Kgl. Amtshauxtmannschast Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Aal, Forstrentamt zu Tharandt. No. 92. Dienstag, den 18. November 18SV. die Einsammlung milder Beiträge für die Diakonissen-Anstalt betreffend. Die Königliche Kreishauptmannschaft Dresden hat dem Vorstande der evangelisch - lutherischen Diakonissenanstalt daselbst die nachgesuchte Erlaubniß zum Einsammeln milder Beiträge für die Zwecke dieser Anstalt in den Ortschaften des Regierungsbezirkes Dresden auf die drei Jahre 1891, 1892 und 1893 ertheilt. Es wird dies mit dem Bemerken zur Kenntniß der Ortsbehörden des hiesigen Verwaltungsbezirkes gebracht, daß der von der Königlichen Kreishauptmannschaft hierüber aus gestellte Erlaubniß - Schein von dem Einsammler in jedem Gemeinde- bez. selbstständigen Gutsbezirke vor Beginn der Collecte der Ortsbehörde vorzulegen ist. Meißen, am 12. November 1890. Königliche Amtshauptmannschaft. V. ILtrvNNsed. Auktion. Kommenden Sonnabend, den 22. November d. I., von Vormittags 10 Uhr an, gelangen in hiesiger Stadt 7 Hobelbänke mit Handwerkszeug, 1 Möbeltransportwagen, 8 Kommoden, roh, 6 Waschtische, roh, 2 Klappwaschtische, roh, 17 Matratzenrahme, Bretter, 1 große Wagenplane, 1 Kommode mit Glasschrank, 1 dergl. mit Schreibepult, 1 Sopha- tisch, 1 Sopha, 1 Küchenschrank, 3 Bettstellen mit Betten, 1 Nähmaschine, 1 Stutzuhr und 1 Waschtisch gegen sofortige Baarzahlung zur Versteigerung. Bieterversammlung in der Schramm'schen Restauration allhier. Wilsdruff, am 14. November 1890. Der Gerichtsvollzieher des Königl. Amtsgerichts. SFsttUv». Tagesgeschichte. Mit einer glänzenden und sehr beachtenswcrthen Rede hat sich der Reichskanzler v. Caprivi im preußischen Abgeordnetenhause bei der Uebergabe der großen Reform-Vor lagen Angeführt. Er sagte zu deren Schluß: Zu einer Zeit, in welcher die soziale Frage eine so hervorragende Stellung einnimmt, müssen die Schritte der Regierung auch nach dieser Richtung hin geprüft werden. Wir mußten uns fragen, wer den diese Gesetze dazu wirken, den Staat zu stärken und zu kräftigen? Die Staatsregierung hat keinen Anlaß gehabt, auf eine Stärkung ihrer Macht zu sehen. Die Staatsregierung ist sich ihres Rechts und ihrer Pflicht, die Gesetze mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln durchzuführen, die Ordnung im Staate zu erhalten, den Besitz zu schützen, vollkommen bewußt. Wir haben aber keine Anzeichen gefunden, daß die Gesetze dazu nicht ausreichen. Wenn sich solche Anzeichen finden sollten, wird die Staatsrezierung nicht säumen, weitere Garantien zu schaffen. Ich lege Werth daraus, dies aus drücklich zu erwähnen, um einer Richtung, welche dieStaats- regierung eine« schwächlichen Zuwartens beschuldigt, entgegen- zutreten. Wir sind nicht gesonnen, aus Bcsorgniß zu Schritten zu schreiten, für die reelle Motive zur Zeit nicht vorhanden sind. Der Staat wird auch indirekt dadurch gestärkt, daß die Zahl der Gegner desselben vermindert wird. Die Re gierung kann niederhalten und niederschlagen, damit ist die Sache aber nicht gemacht. Die Schäden müssen von innen heraus geheilt werden, und dazu gehört, daß die Liebe zum Staate, das Sichwohlbtfinden in weitere Kreise getragen wird. Wir werden von Jahr zu Jahr mehr zu der Ueberzeugung kommen, daß gegenüber den staatsgefährlichen Tendenzen das Zusammenhalten aller staatserhaltenden Elemente immer noth- wendiger wird. Ist das richtig, was sind dann alle Fragen, welche Meinungsverschiedenheiten der Parteien Hervorrufen können, gegen die Frage von Sein und Nichtsein des StaateS, vor welche uns die Sozialdemokratie stellt, was ist die Dek- larationspflicbt, was die Zusammenlegung von Gemeinden und Gutsbezirken u. s. w. ? Ich will deshalb mit einem Apelt an das Haus schließen, über den Rahmen dieser Vor lage hinaus zusammenzuhalten zur Erhaltung des Staates. Wir haben große Kriege erlebt, deren erfreulichste Seite war, daß während ihrer Dauer alle Parteien ihren Hader vergaßen. Jetzt stehen wir auch in einem großen Kriege, der nicht weniger bedenklich ist. Warum sollte es da nicht ebenfalls möglich sein zu sagen: Hier das Vaterland! Da «ollen wir alle Streitigkeiten vergessen! Die Gesetzesvorlagen, welche die preußische Thronrede an- gekündigt und die der Reichskanzler in seiner Rede vor dem Abgeordnetenhause näher begründet hat, sind von einem Um fange und von einer Bedeutung wie kaum je zuvor. Nachdem die innere Gesetzgebung in Preußen größeren Aufgaben des Reiches gegenüber Jahrzehnte gleichsam geruht hatte, nimmt sie jetzt einen neuen Aufschwung und holt früher Versäumtes nach, indem sie mit Reformen auf verschiedenen Gebieten des inneren staatlichen Lebens einsetzt. Dieser Vorgang ist von höchstem Interesse nicht blos für Preußen, sondern auch für das übrige Deutschland, nicht allein deshalb, weil Preußen dir größte deutsche Staat ist und von seinem Wohlergehen und seiner inneren Erstarkung nothwendiger Weise auch allen übrigen deutschen Staaten ebenso Nutzen ziehen werden, wie sie im umgekehrten Falle Schaden davon haben müßten, sondern auch, weil seine Bestrebungen die anderen Bundesstaaten unter Umständen zur Nachfolge reizen. Namentlich wir in Sachsen werden diesmal die Verhandlungen des preußischen Landtages mit besonderem Interesse verfolgen und, so dürfen wir hinzu fügen, mit unseren besten Wünschen begleiten, denn was Preußen jetzt anstrebt, und in seinen Grenzen zur Einführung bringen will, daS haben wir in Sachsen längst, es hat sich bei uns bewährt und die betreffenden preußischen Vorlagen sind den entsprechenden sächsischen Gesetzen eben deshalb mit Recht nur nachgebildet und schließen sich an dieselben vielfach sogar Wörtlich an. Das gilt namentlich von dem neuen Ein- kommensteuerentwurf in Preußen und von der neuen Land gemeindeordnung. In den nächsten Wochen wird das preußische Abgeordneten haus durch die Generaldebatten über die großen Reform-Vor lagen jedenfalls den Brennpunkt des parlamentarischen In teresses bilden. Daneben verdienen aber doch auch die Be- rathungen der Arbeiterschutz-Kommission des Reichs tages fortgesetzte Beachtung, da sie das Feld für die weitere Plenarberathung der Arbeiterschutz-Vorlagen vorbereiten. Die genannte wichtige Kommission fördert die von ihr zu behandelnde schwierige Materie möglichst, jedoch unter gewissenhafter Prüfung der hervorragenderen Etnzelfragen, so daß mitunter auf die Berathung eines einzigen Paragraphen mehrere stunden ent fallen. Inwieweit die hie und da geäußerte bestimmte Ver- muthung, die Kommission werde bis zum Wiederbeginn der Plenarsitzungen mindestens die erste Lesung der Vorlage be endigt haben, erfüllen wird, steht also immerhin noch dahin. Auch imBundcsrathe arbeitet man fleißig, speciell was den neuen Neichsetat anbclangt, der in der Vorberathung doch wohl bis Anfang Dezember fertiggestcllt sein wird. Vonden wichtigeren Einzeletaten ist dem Bundesrathe jetzt auch der Militäretat und der Etat der Matrikularumlagen zugegangen. Ersterer fordert im Ganzen 372 Mill. Mark. 22 Mill. Mk. mehr, als der laufende MilitLretat, die Matrikularumlagen für das neue Etatsjahr aber beziffern sich insgcsammt auf 324 Mill. Mark, die Ueberweisungen erreichen die Höhe von 331 Mill. Mark. Das jetzt in Berlin ebenfalls tagende preußische La n des ökonomie-Kollegium nahm in seiner Mittwochs sitzung eine Reihe von Vorschriften an, welche sich auf den Schutz der bei landwirthschastlichen Maschinen beschäftigten Arbeiter beziehen. Unzweifelhaft hat auf diese Beschlüsse die Rede mit eingewirkt, welche der Kaiser in der vorausgegangenen Sitzung des Landesökonomie-Kollegiums gehalten hatte und in welcher sich der kaiserliche Herr in bestimmter Weise für besseren Schutz der Arbeiter in den landwirthschastlichen Be trieben aussprach. Der Reichstag wird vermuthlich nicht vor dem 2. De zember zusammentreten. Inzwischen tagt die Arbeiterschutz kommission, deren Berathungen gerade jetzt von besonderem Interesse sind, wo sie die Bestimmungen über Lohnzahlung, Schutzvorrichtungen und Sittlichkeitsvorkehrungen, über die Aufsicht bezüglich der Handhabung der hier gedachten Be stimmungen, endlich über das Verhältniß der Fabrikarbeiter, Gesellen und Gehülsen, sowie gewisser Betriebsbeamten, Werk meister, Techniker zum Gegenstände haben. Die Verhandlungen werden anscheinend ruhiger und mit größerer Umsicht geführt, als dies vor der Vertagung des Reichstages geschehen ist. Wie die „Berliner Politischen Nachrichten" hören, sind die Vorarbeiten für die Inkraftsetzung des Jnvaliditäts- und Altersversichcrungsgesetzes soweit gediehen, daß der Kaiser!. Verordnung, wodurch das Gesetz am 1. Januar 1891 in Kraft gesetzt wird, in Bälde entgegengesehen werden kann. Der Entwurf sei bereits dem BundcSroth zugegangen, ebenso der Entwurf einer Verordnung über das Verfahren und den Geschäftsgang des Reichsversicherungsamtes in der Angelegenheit der Jnvaliditäts- und Altersversicherung. Jnvaliditäts- und Altersversicherung. — Im neuen Etat für das Reichsamt des Innern sind, wie bereits erwähnt, über 6 Mill. Mark als erster Zuschuß des Reichs zur Jnvaliditäts- und Altersversicherung ausgeworfen. Dieser Betrag wird lediglich auf die Altersrente entfallen. Invalidenrenten werden im ersten Jahr nur vereinzelt Vor kommen, da auch in der Uebergangszeit das Anrecht auf die Rente an di« Zahlung von mindenstens 47 Wochenbeiträgen und an den Nachweis, einschließlich dieser Zeit 5 Jahre hin durch in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden zu haben, gebunden ist. Dagegen begründet das Gesetz für die über 70 Jahre alten, welche noch nicht invalide sind d. h. mehr als Vz des ortsüblichen Tagelohns verdienen und ihre versicherungpflichtige Beschäftigung für 142 Wochen, vom 1. Januar 1888 ab gerechnet, nachweisen, sofort mit seinem Inkrafttreten Anspruch auf Altersrente. Die Zahl der über 70 Jahre alten Personen, welche ihrer Beschäftigung nach unter die Versicherung fallen, wird beinahe auf 140000 geschätzt. Man nimmt an, daß davon 10 Proz. schon alters schwach oder den Nachweis nicht erbringen können, sodaß un gefähr für 124- bis 125000 Altersrentner ein Reichszuschuß von je 50 M. im ersten Jahre zu zahlen bleibt. Zur Entlassung des HofpredigerS Stöcker aus seinem Pfarramte lesen wir im „Evangelisch-kirchlichen An zeiger": „Es wird Vielen schwer werden, sich dm Hofprediger Stöcker anders, denn als Prediger vorzustellen, und allgemein ist in kirchlichen Kreisen der Wunsch, daß seine hervorragende volksthümliche Predigtgabe dem Dienste der Gemeinde erhalten worden wäre. Die Doppelstellung eines konservativen Agitators und HofpredigerS ließ sich freilich nur so lange behaupten, als der Wille Sr. Majestät es zuließ. Nachdem der aller höchste Wille nunmehr gegen die Vereinigung dieser beiden Aufgaben entschieden hat, wäre es allerdings für die zahlreichen kirchlichen Freunde des HofpredigerS Stöcker wünschenswerth gewesen, daß die Entscheidung zu Gunsten des kirchlichen Amtes und nicht der politischen Thätigkeit ausgefallen, und er dem kirchlichen Dienste erhalten geblieben wäre. Die Entwickelung ter Dinge hat einen anderen Verlauf genommen. Hoffen wir, daß auch dieser Verlauf für unsere evangelische Kirche er sprießlich sein werde durch die Arbeit, die Hofprediger Stöcker auch in freier Stellung noch für dieselbe thun wird." Die Auswanderung aus Rußland hat nachgerade einen unheimlichen Umfang angenommen. Ganze Dörfer stehen leer oder bergen nur noch Greise, Krüppel und Kranke, die zurückgelassen werden mußten. Die Ursachen dieser befremd lichen Erscheinung sind, wie der „K. Z." geschrieben wird, nicht allein in der Noth und dem Elend zu suchen, in dem die Ausgewanderten lebten. Daran waren sie gewöhnt. Auch nicht der abenteuerliche Sinn allein treibt die Menschen in die Fremde. Tausende wandern aus, weil sie in ihren nationalen und kirchlichen Gefühlen aus's Schwerste verletzt wurden. Sie ziehen alle Freunde und Angehörigen mit. Die Aus wanderung über die westlichen Grenzen ist immer stark ge wesen, weil die wirthschastlichen Verhältnisse Westrußlands dazu zwingen. In den letzten Jahren sind die Deutschen hart be.