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abzureisen. Fräulein Körner, als das anmuthige Professors- töLterchen, Fräulein Koppenhöfer und Herr de Lorme, als das Dr. Neumeister'sche Ehepaar, Herr Schulz, als Emil Groß, gen. Sterneck, Herr Brede, als ein echter Weinreisender mit Namen Groß, sowie Frau Uhle, als das Dienstmädchen Rosa waren in ihren Rollen vorzügliche Vertreter. — Vor vollem Hause ging am letzten Sontag das Schauspiel „Das Schloß am Meer" oder „Graf und Fabrikherr" zum zweiten Male über die Bretter. Näher darauf einzugehen wollen wir heute unterlassen, indem solches in der letzten Nummer ge schehen, nur wollen wir bemerken, daß sehr gut gespielt wurde. — Die weiteren Tage bringen wieder einige recht gediegene Stücke: Mittwoch, den 19. November, „Die Bäcker von Berlin" oder „Schulze von der Aristokratie." Donnerstag, den 20. November, „Der Glockenguß zu Breslau" oder „Des Meisters letztes Werk." U. 8. Stadtgemeinderathssitzung vom 12. Nov. 1890. 1 ., wählte man unter Eintheilung der hiesigen Stadt in 15 Bezirke die Zähler für die am 1. December d. I. statt findende Volkszählung; 2 ., will man Herrn Baumeister Lungwitz die Accordsumme für Herstellung des neuen Bachbettes bei den Bürgermeister flecken bis auf 500 Mk., welche in Ansehung der erst im Laufe des nächsten Frühjahrs noch zu vollendenden Arbeiten zurückbehalten werden sollen, auszahlen; 3 ., machte man sich wegen Tilgung der Kaufsumme für das Partzsch'sche Grundstück Cat. No. 155, insoweit dieselbe nicht bereits ausgezahlt worden ist, schlüssig; 4 ., nahm man Kenntniß vom Stande des städtischen Cassenwesens und wurde hiernach beschlossen, zur vollständigen Deckung der im Laufe dieses Jahres ausgeführten vielen Bau lichkeiten erwachsenen Kosten vom Baufond 2000 Mk. auf die Stadtkasse zu übertragen; 5 ., wählte man Herrn Stadtverordneten Görne zurTheil- nahme an der am 13. d. M. in Meißen stattfindenden Diö- cesanversammlung; 6 ., verwilligte man auf Ansuchen dem hiesigen Kirchen vorstande aus der Parochialkasse 600 Mark zur Bestreitung der wegen Aufstellung der neuen Thurmuhr nothwendigen Baulichkeiten im Kirchthurme, rc. entstandenen Kosten; 7 ., faßte man Beschlüsse in drei Unterstützungssachen. Wilsdruff, am 15. November 1890. Der Stadtgemeinderat h. Ficker, Brgmstr. Airchennachrichten aur wilr-ruff. Freitag, den 21. November, Landesbußtag. Vorm. 8V2 Uhr Gottesdienst. Predigt über Off. Joh. 3,1—6. Nachm. 1 Uhr Gottesdienst. Predigt über Psalm 39, 5—9. Airchenmusik für den 2. diesjährigen Vuhtag am 21. November 1890: Arie „Gott sei mir gnädig" für Baß mit Orchesterbegleitung aus dem Oratorium „Paulus" von Mendelssohn-Bartholdy. Den Gesang hat Herr Lehrer Leupold-Dresden freundlichst übernommen. Wochenmarkt zu Wilsdruff, am 14. November. Eine Kanne Butter kostete 2 Mk. 30 Pf. bis 2 Mk. 40. Ferkel wurden cingebracht 150 Stück und verkauft: starke Waare, 7 bis 8 Wochen alt, das Paar 24 Mk. — Pf. bis 27 Mk. — Pf. Schwächere Waare das Paar 15 Mk. — Pf. bis 21 Mk. — Pf. Meißen, 15. November. 1 Ferkel 5 Mk. — Pf. bis 11 Mk. — Pf. Eingebracht 294 Stück. 1 Kilogramm Butter 2 Mk. 30 Pf. bis 2 Mk. 50 Pf. Dresden, 14. November. (Getreidepreise.) An der Börse per 1000 Kilogramm: Weizen, weiß, 190—195 Mk., Weizen braun 182—192 Mk., Korn 178-185 Mk., Gerste 150, bis 165 Mk., Hafer 140-155 Mk. — Auf dem Markte: Hafer pro Hectoliter 7 Mk. — Pf. bis 8 Mk. 50 Pf. Kar toffeln pro Hectoliter 4 Mk. 50 Pf. bis 5 Mk. — Pf. Butter 1 Kilogramm 2 Mk. 20 Pf. bis 2 Mk. 80 Pf. Heu pro Centner 3 Mk. 20 Pf. bis 3 Mk. 80 Pf. Stroh pro Schock 30 bis 32 Mk.— Pf. Mn TischlergeseM, guter Arbeiter, findet bei hohem Verdienst Beschäftigung. Grumbach. WO Schlachtpscrdc Deuben. Eisenbahn - Fahrplan vom 1. Oktober ab. Abfahrt von Wilslirukf: früh 6'«, Vorm. 11^, Nachm. 5°° Abfahrt von potsekappsl: früh 720, Mitt. 122°, Abends 8'° Abfahrt von llrsslion früh: 6", Mitt. 12, Abends 7". - '2 Theater. Am letztverflossenen Donnerstag gelangte „Die schöne Klosterbäuerin" oder „Der Raubmörder", Original-Charakter bild mit Gesang zur Aufführung. Gespielt wurde sehr gut und waren besonders die Rollendes „Seff" und des „Kloster richters", vertreten durch die Herren Uhle und de Lorme, gerade an die richtigen Spieler vertheilt. Beide Herren erwarben sich den Dank des Publikums; ersterer war es durch die Darstellung eines wirklich dummen, bayerischen Buben, letzterer durch seine Verstellungskunst und sein Mienenspiel, sowie durch den Inhalt seiner Rolle, welche einen hinterlistigen und falschen Klosterrichter aufwies. Auch alle anderen Mitglieder trugen das ihre zu dem Gelingen des Stückes bei und war es besonders noch Frl. Körner, welche mit der guten Schulung ihrer Stimme allen Anderen voranging. — Als den besten bis jetzt gebotenen Lustspiel-Abend müssen wir den des letzten Freitag bezeichnen und hoffen, daß uns Herr Direktor Uhle noch recht öfters mit solchen Stücken beehrt. „Der Raub der Sabinerinnen", Lustspiel in 4 Akten von Gcbr. Schönthan, war es, welcher die Lachmuskeln des Publikums von der ersten bis zur letzten Szene in steter Regung erhielt. Jede einzelne Rolle ist eine originelle Erscheinung und so war es in erster Reihe der Theaterdirektor Striese, welcher von seinem ersten Auftreten an das lachlustige Publikum auf seiner Seite hatte. Herr Direktor Uhie war ein Vertreter derselben, wie man ihn nicht besser wünschen kann und so sand natürlich auch jeder einzelne Witz seine gute Wirkung. Weiter war Herr Engmann ein vorzüglicher Professor Gollwitz und be sonders erwähnenswerth ist aus seiner Rolle die Szene, in welcher er seinen Schwiegersohn anpumpt und später unter dem künstlichen Zorne sich aus dem Hause entfernt, um der Aufführung des von ihm selbst geschriebenen Stückes, welches glänzend durchfällt, beizuwohnen. Ihm ebenbürtig zur Seite stand Frau Engmann als Frau Gollwitz und besonders gut gelang ihr das Spiel im letzten Akt, wo sie sich von ihrem Mann hintergangen glaubt und Anstalten trifft, Flascke Wein, Fleisch und Brod hierher, mehr bedarf ich nicht!" Emma entfernte sich mit einem schnellen Blick auf den schönen jungen Mann, dessen Wünsche sie diensteifrig aus führte, und der alten Kammerjungfer, welche meinte, sie müsse des Zimmers wegen erst ihre Gnädige um Erlaubniß fragen, schnippisch antwortete: „Das ist ganz überflüssig, Sophie, denn die junge Baronin hat hier dieselben Rechte als die alte. Und nun geben Sie mir auf, was ich für einen so reichen Herrn bedarf." In ihrer Freude und ihrem Glück hatte Helene nicht daran gedacht, daß durch den Schall des Posthorns ihre Schwieger mutter und Schwägerinnen wahrscheinlich in ihrer Morgen ruhe gestört seien, und dies war wirklich der Fall; denn kaum hatte Richard Kranzler das Zimmer seiner Schwester betreten, als auch Sophie schon vor ihrer Herrin erscheinen mußte, welche hastig fragte: „Was ist geschehen, Sophie? Was be deutet der Lärm? Es weiß doch jeder im Hause, daß ich und meine Töchter noch schlafen wollen." „Der Bruder der jungen Baronin ist mit Extrapost an gekommen!" berichtete die Gefragte. „Wie, der ist hier angekommen?" rief die Gnädige, sich im Bett aufrichtend. „Nun, das fehlte noch! Noch ist sie nicht zwei Wochen hier und schon kommt die Familie! Wahr lich, eine Unbescheidenheit und Zudringlichkeit von diesen Bürger lichen, die man ihnen fühlbar machen muß. Er will doch natürlich hier wohnen? Doch ich kümmere mich nicht um ihn. Kommen Sie eine Stunde vor Tisch wieder, so lange will ich schlafen, denn ich habe fast die ganze Nacht wieder kein Auge geschlossen." Die Kammerjungfer entfernte sich. Sie wurde sogleich zur Freiin Theodora gerufen, der sie denselben Bericht ab stattete. Dieselbe antwortete ihr gähnend und zugleich äußerst ver stimmt: „Wie konnte Herr Kranzler cs nur wagen, so früh und auf eine so unschickliche Weise uns zu stören? Uns gilt also dieser bürgerliche Besuch nicht; ich will, wie Mama, noch eine Stunde schlafen." Auch Baronesse Wanda, die sich indeß erhoben und schnell ihr Morgenkleid angelegt, erkundigte sich angelegentlich, wer in der Extrapost angekommen sei, und zum dritten Male mußte Sophie die nie dagewesene Thatsache berichten. „Wie sieht er aus, Sophie? Wo ist er? fragte die jüngste Freiin mit sichtlichem Interesse. „Er ist ein schöner, stolzer Mann, gnädiges Fräulein," erwiderte die alte Kammerjungfer lächelnd, „und frühstückt jetzt im Zimmer der jungen gnädigen Frau." Plötzlich sich ihres Streites mit Emma entsinnend, fügte sie verdrießlich hinzu: „Wahrscheinlich will er hier bleiben, denn ich habe ihm eines der Fremdenzimmer angewiesen, was die gnädige Mama noch nicht einmal weiß!" „Da Sie einmal hier sind, Sophie, so helfen Sie mir schnell beim Ankleiden; mein Frühstück kann ich nachher ein nehmen!" befahl die kleine Baronesfe. Sie machte eine ebenso sorgfältige wie geschmackvolle Toilette — sie wollte auch am Nachmittag mit ihrer Mutter nach Eberstorff fahren — und begab sich dann in die unteren Räume des Herrenhauses, um, wenn möglich, ihre Schwägerin zu sehen, wenn diese sich blicken ließ. Sie sah sich aber ge täuscht, denn Helene, nachdem sie mit ihrem Bruder gefrüh stückt und ihn auf sein Zimmer geführt, begab sich ebenfalls an ihre Toilette, die aus einem weißen Kleide mit lichtgrünen Rändern und Schleifen bestand, und nach Emma's Aussage noch kleidsamer als die vom vergangenen Tage war. Sie entließ ihre Zofe mit dem Bescheid, ihr anzuzeigen, wann die Baronin und ihre Töchter im Wohnzimmer ver sammelt seien. Die junge Frau mußte lange auf diese Meldung, wie auf ihren Bruder warten, und als Letzterer endlich im ele ganten Gesellschaftsanzug erschien, konnte sie nicht umhin, mit befriedigtem Lächeln zu bemerken: „Ich muß gestehen, Richard, daß auch für einen Herrn eine sorgsame Toilette sehr vortheil- haft ist." „Darauf kann ich nur erwidern, daß ich die Baronin Helene von Greifenberg ungleich schöner finde, als ich meine Schwester Helene Kranzler verlassen!" antwortete Richard mit einem bewundernden Blick auf diese. (Forts, folgt.)