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ja im Findelhause auch nicht schlechter, — aber nein, das brauchte sie gar nicht einmal; sie hatte ja selbst ein etwa zweijähriges Kind, und besser, sie brachte dieses ins Findclhaus, wo es ohnehin nur bis zum 14. Jahre verblieb, als daß sie selbst als Mörderin das Schaffot bestieg! » Was ihr Mann daheim sagen werde, zog sic nicht in Betracht, wie rasend stürmte sie nach Hause, erfaßte den Kleinen, wusch ihn, band ihm das AnstaltSzeichcn um und eilte wiederum fort. Als sie mit dem Kinde in das Bureau des AnsialtSdirektorS in Paris eintrat, blickte dieser sie einigermaßen erstaunt an, lobte aber doch ihre Pünktlichkeit und gestand sogar, daß er nach den Schilderungen der Frau des Aufsehers keineswegs erwartet habe, sie schon hier zu sehen, denn seine Botin habe berichtet, die Frau Legros habe sie wie eine Wahnsinnige an geblickt und sei davon gelaufen, als wenn sie etwas Schreckliches begangen hätte. Nun sei ja aber, Gottlob, Alles in Ordnung. Wohl mochte es die Verbrecherin mit Entsetzen ersassen, als sie ihr eigenes Kind jetzt unter falschem Namen als elternlosen Findling dahin gab, als derselbe flüchtig untersucht und dann ohne Beanstandung einge tragen wurde; wohl mochte ihr schaudern bei dem Gedanken an die Ver einsamung ihres eigenen Hauses nach dem Fehlen des Kindes, ihres kleinen Andre, aber vorwärts mußte sie, trotz alledem, und auch noch den Fragen des eigenen Gatten durch neue Erdichtungen Stand halten. Immer tiefer »erpflocht sie sich in ein Labyrinth von bösen Thaten und Unwahrheit; sie fühlte dies auch nur zu sehr und schon war es ihr, als läsen die Nach barn in ihren Zügen, was sie mit Entsetzen verbarg. In ihrer Wohnung traf sie bereits ihren Mann an, welcher polternd nach seinem kleinen Andre fragte; stotternd entgegnete sie auf diese Frage, sie habe in Paris eine Freundin besucht und den Kleinen dorthin mitge- nomWen, wo er mit andern Kindern gespielt habe; um ihn nicht der feuchten Abendluft auszusetzen, habe sie ihn dort gelassen, da sie ohnehin morgen wieder dahin gehe, um der Freundin bei der Arbeit zu helfen. „Ja, Mama hat den kleinen Andro mitgenommen," tönte plötzlich die Stimme des kleinen Henry. „Mama hat Andro die Kleider von Etienne angezogen, hat ihn schön gewaschen und Zeichen von Etienne umgehängt." „Was plaudert der Kleine da," rief jetzt der Arbeiter mit einem son derbaren Blick um sich her, „wo ist denn Etienne? was hast Du mit dem Kleinen angefangen?" „Etienne ist wieder im Findclhause," stotterte sie, immer verlegener werdend. „Aber warum denn, Weib? Hier geht etwas vor, was Du verschweigst; Rede und sage, wo Andro geblieben ist. Aber lüge nicht, oder ich drehe Dir die Gurgel um! Andro ist nicht bei einer Freundin, das sehe ich Dir an, sage es gerade heraus, oder —" Schreiend sank das Weib in die Kniee und jammerte: „Ich will es Dir sagen, Louis, aber verzeih' mir; ich habe Andro nach Paris in's Findelhaus gethan; ich konnte es nicht mehr mit ansehen, daß das Kind Hunger litt. Du vertrinkst zuviel und ich konnte nichts mehr verdienen, so lange Andro im Hause war. Ich wußte mir nicht anders mehr zu helfen." Auf den Vorwurf des Trinkens schwieg der Arbeiter und schien in Nachdenken zu versinken; er trat an's Fenster und blickte lange hinaus, dann wandte er sich zurück und streckte sich, ohne mehr eine Silbe zu äußern, ans sein Lager. Die Frau folgte anfangs erstaunt diesem Thun mit den Blicken, denn sie hatte eine andere Scene erwartet. Auch sie begab sich endlich zur Ruhe, in der Annahme, daß ihr die Täuschung gelungen sei, aber es war ihr doch furchtbar öde in dem Zimmer und sie war nicht im Stande, ein Auge zu schließen und sich dem Schlummer hinzugeben. Der Morgen graute kaum, da erhob sich auch schon der Arbeiter Legros und verließ gleich darauf das Haus in so ungewöhnlicher Weise, daß die Frau sofort eine besondere Absicht bei ihm vermuthen mußte. Mit Ent setzen dachte sie daran, er könne womöglich gar in dem von ihr angegebenen Findelhause das Kind zurückfordern wollen, und der Schrecken bei diesem Gedanken wollte sie fast übermannen. Wenige Minuten nachher eilte auch sie aus dem Hause und erreichte die Hauptstadt auf Seitenwegen noch vor ihrem Manne. In der Nähe des Findelhauses stellte sie sich auf die Lauer und wartete lange, lange. Dann begann sie ungeduldig die Straßen auf und ab zu wandern, aber immer noch kam der Arbeiter Legros nicht zum Vorschein. Da bemerkte sie plötzlich, wie vor der Anstalt ein Auflauf entstand, es ertönte ein Lärm und einzelne ihr von dorther Entgegenkommende er zählten einander, ein Arbeiter habe mit Gewalt in's Findelhaus eindringen und sein Kind hcrausholen wollen, das ihm von seiner eigenen Frau ge stohlen worden sei. Die Polizeibeamten hätten Recht gehabt, wenn sie den verrückten Menschen zur Wache geschafft hätten. Der Schrecken der Lauscherin bei diesen Aufschlüssen war unbeschreiblich; sie vermochte sich kaum aufrecht zu erhalten, denn mit furchtbarer Gewalt schien das Schicksal nun dennoch über sie hereinzubrechen, wenn ihr Mann erst mit der Behörde in Berüh rung kam, und nur noch an die eine Hoffnung klammerte sie sich, daß man Louis Legros vielleicht wirklich für irrsinnig halten könne. Der Ar beiter wurde nun zwar zum nächsten Polizeiposten gebracht, aber seine dortige Vernehmung machte auf die Beamten durchaus nicht den Eindruck, als ob sein Verstand in Unordnung sei, vielmehr erregte seine Rede sosehr das Interesse des Commiffars, daß dieser den Arbeiter in Begleitung eines Beamten abermals nach dem Findelhause sandte. Wenige Stunden nach her war bereits ein Verhaftsbefehl gegen Frau Legros erlassen und wäh rend mehrere Beamten sich auf die Suche nach derselben begaben, blieb der wieder freigclassene Legros bei dem Direktor des Findelhauses, um sein Kind zu recognosciren. Während diese beiden Personen den Fall noch mit einander besprachen, ertönte draußen ein heftiges Klingelzeichen und einen Augenblick darauf stürzte, gefolgt von dem Portier, ein Kind auf dem Arme, die Frau Legros in das Zimmer des Direktors. Mit Erstaunen vernahm derselbe die in gefaßtem^ dsmüthigen Tone gesprochenen Worte: „Vergeben Sie mir, Herr Direktor, daß ich Sie getäuscht habe; ich brachte Ihnen gestern nicht Etienne zurück, sondern mein «genes Kind; hier aber ist der richtige Pflegling Ihrer Anstalt," — und damit legte sie das mitgebrachte Kind vor dem Beamten nieder. Einen Augenblick machte Legros Miene, abwehrend dazwischen zu treten, als er aber die verstörten Züge seiner Frau sah, schwieg er, wie von Mitleid ergriffen. „Also dies soll nun der rechte Etienne sein? Warum habt Ihr uns denn zuerst ein solches Kind gebracht?" fragte der Direktor mit einem zweifelnden Blicke, worauf die Frau erwiderte, es sei zwar eine Schande, daß sie cs sagen müsse, aber der kleine Pflegling Etienne sei ihr wirklich lieber geworden, als ihr eigenes Kind, es sei ihr aber schon leid geworden und deshalb sei sie nun von selbst gekommen, um ihren Fehler wieder gut zu machen. Als nun die beiden Kinder in Gegenwart des Arbeiters ausgetauscht wurden, mochte letzterer wohl etwas von der wahren Sachlage ahnen, aber das Mitleid mit seiner Frau bewog ihn doch, in dem zweiten Kinde Etienne anzuerkennen, wobei er nur bemerkte, daß er bis in die späte Nacht be- ^ige !»r »en öff< die der Nachthe cd etwc ist bei '"stehen "hr im schäftigt sei und sich um die Pflegekinder seiner Frau wenig kümmere. Hierauf durfte sich das Ehepaar mit seinem Söhnchen entfernen und noch einmal athmete die Frau hoch auf, in dem Glauben, daß es ihr wicttrna gelungen sei, das Auge des Gesetzes zu täuschen. Sie ahnte nicht, W ein Agent der Polizei ihr auf dem Fuße folgte und jeden ihrer Schritte bewachte, während der Direktor des FindclhauseS weit entfernt davon war, an die Echtheit des ihm hingebrachten Kindes zu glauben. — - (Schluß folgt.) . kann nun mit beglaubigten Dokumenten seine Verwandtschaft zu dem Er! lasser beweisen. Der glückliche Erbe ist dieser Tage in Begleitung ein^ Advokaten nach Paris gereist, um seine Erbansprüche geltend zu maä»» * Vornehme Diebinnen. Die Pariser Blätter bringen he»" folgende Mittheilung: Im Louvremagazin wurden zwei Damen ertapp wie sie unter gekauften Gegenständen auch noch anoere verschwinden ließt" Sie wurden zum Polizeiamt gebracht und mußten eine körperliche llM suchung über sich ergehen lassen, die jedoch ohne Ergebniß war. D»E haben die in ihrem Hause gemachten Nachsuchungen erwiesen, däß sie'" verschiedenen Läden für mehr als 15,000 Fres. Waaren gestohlen Wahrscheinlich wird die Sache vertuscht werden. Die eine der Da?!, ist eine Fürstin, die andere ihre Gesellschafterin, aber ebenfalls von Vermischtes * Ein Erbe von 18 Millionen. In Groß-Becskcrek (Ungarn) wohnte ein armer Tagelöhner, Namens Andree Thierry, dessen Großvater lk di krichei Laudwirlhschnstlichks. Umpflanzen von Topfgewächsen. Das Umsetzen von Topf pflanzen ist, wie ein Praktiker sich ausdrückt, eine Verrichtung, die an scheinend Jeder ausführen kann und die keinerlei Kenntniß erfordert, und doch wird sie nicht selten, selbst von gelernten Gärtnern, unrichtig bewerk stelligt. Der „Hamb. Korresp." giebt einige Andeutungen, welche auch den Gartenliebhaber in den Stand setzen werden, die Hauptfehler zu ver meiden. Wenn die Erde derjenigen Pflanzen, welche in andere Töpfe versetzt werden sollen, nicht hinlänglich feucht ist, so muß sie am Taz! vorher gut begossen werden, denn es ist sehr schwierig, den altm Ballen, wenn er trocken ist, nach einer frischen Umtopfung gehörig zu befeuchten, weil dann das Wasser an den Rändern abläuft, während das Begießen kurz vor dem Umsetzen die Arbeit sehr unangenehm macht. Wenn die Pflanzen aus den Töpfen genommen werden, entferne man die Unterlage mit möglichster Schonung der Wurzeln, und wenn diese außen am Ballen einen dicken Filz gebildet haben, so lockere man mit einem kleinen Hölzchen einen Theil davon auf, damit sie leichter in den frischen Bdden eindringen können. Es ist nicht zweckmäßig, den alten Ballen zu tief in den Topf zu senken; das richtige Verfahren besteht vielmehr in den meisten Fälle» darin, ihn gerade tief genug cinzusetzen, um eine Lage frischer Erde von '/4—V4 Zoll Dicke oben auf bringen zu können, ohne den Topf zu voll zu machen. Große Sorgfalt muß darauf verwendet werden, den Bode» rings um den Ballen fest einzudrücken, denn wenn dies nicht geschieht, so wird das Wasser beim Begießen durch die frische Erde ablaufen und der Ballen nicht hinlänglich befeuchtet werden, um die Pflanzen gesund zu erhalten. Diese Bemerkung verdient besonders da Berücksichtigung, no Moorerde angewendet wird. Ein Versctzholz von 1V2 Zoll Breite '/» Zoll Dicke und genügender Länge, um cs gut handhaben zu können, sollst zu diesem Behufe in Anwendung gebracht werden. Moorerde muß fest, andere mäßig fest eingedrückt werden. Gewöhnlich werden die Pflanze" nach dem Versetzen sogleich angegossen, aber es ist besser, so lange damst zu warten, bis die Oberfläche des Bodens vollkommen abgetrocknet ist Die frische Erde in den Töpfen wird dann in Folge der Kapillarität bessir anziehen und sich schneller mit dem alten Ballen vereinigen. Natürlich findet dies auf frisch versetzte junge Pflanzen keine Anwendung. v -'lu vornehmer Abkunft. , I * Der verstorbene Krupp hatte in seiner Villa Hügel einen SE wie ihn kein Souverän der Welt und überhaupt Niemand besitzt und dM Werth nicht abzuschätzen ist. Er ist aus polirtcm Gußstahl und 3 hoch und 2 Meter breit und hängt in seiner Arbeitsstubc. — Auf eM Gut bei Greifswald haben Bienen zwei Störche todtgestochen. SieM wüthend über die armen Störche her, weil diese nach ihnen geschM hatten. . * „Hedwig," sagte ein junger Mann einem Mädchen mit rothen Ha" „komme mir nicht zu nahe, sonst fange ich Feuer." — „Sei unbesE erwiderte diese, „zum Brennen bist Du noch zu grün." * Katastrophen in Amerika. Auf der Erie-Eisenbahn bel^ hokus fuhr dieser Tage, wie das „Extrabl." meldet, ein Courier^ , einen auf dem Geleise beschäftigten großen Haufen italienischer Arve" hinein. Fünfzehn Arbeiter wurden getödtet und eine große Anzahl sE. verletzt. — Während eines Gewitters in Stretor im Staate Illinois der Blitz in ein Pulvermagazin; 8000 Pfund Pulver explodirten; dessen sind viele Häuser fast gänzlich zerstört oder arg beschädigt. Personen verloren dabei ihr Leben, über hundert wurden schwer veM^ * In einem kleinen Dorfe bei Düsseldorf sand eines Tages ein st,, einer Gesellschaft veranstaltetes Preiskegcln statt. Der Kegeljunge > angewiesen, die Kegel mit einem Bindfaden zu umziehen, wenn das „HAA der Gesellschaft warf, was der Kegeljunge auch pflichtschuldigst that. dieses Haupt und seinen Gehilfen war die Anklage wegen Betrugs erh" , worden. Die Strafkammer verurtheilte den Ersteren zu einem den Gehilfen zu vierzehn Tagen Gefängniß. * Eine Königin als Töpferin. Im vorigen Sommer Königin Maria Pia von Portugal eine längere Zeit in einem nape^ Lissabon gelegenen Seebade, wo sie fleißig am Strande spazieren z" pflegte. Ihr Weg führte sie gewöhnlich an der Hütte eines Töpfers bei, wo sie oft stehen blieb, uni dem Mann bei seiner Arbeit MstE^ Zuletzt entschloß sie sich sogar, dessen Schülerin zu werden, und sie"^ auch richtig binnen wenigen Wochen die Töpferei. Heute ist die Ms die erste und die reichste Töpferin Lissabons. Da nun ihr hoher König Dom Louis ein berühmter Bildhauer, und ihr ältester SoM st Kronprinz Dom Carlos, wieder ein gelernter Schmied ist, sc ka"' portugiesische Königsfamilie wahrlich ganz beruhigt der Zukunft emS sehen. Aunzil >6. I zu Anfang dieses Jahrhunderts aus Frankreich dorthin eingewandert wa» Sein Großvater war wohlhabend, und auch er hatte einst bessere Taj» gesehen, nun aber hatte er seine kärgliche Existenz mit Resignation gefu" den. Seine Familienpapiere hütete er aber mit ängstlicher Sorgfalt, dieser Umstand sicherte ihm ein Erbe von 18 Mill. Frcs. Er war nä»> lich schon seit Jahren der rechtmäßige Eigenthümer dieses großen Vermögt ohne hiervon auch nur eine Ahnung zu besitzen. Erst vor einigen Tast" erfuhr er, daß sein Oheim, Namens Ivan Thierry, in Paris verseht ohne Nachkommen und ohne ein Testament zurückgelassen zn haben. U"" , die französischen Behörden suchten seit neunzehn Jahren die Erben. Thiers"