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ein Stündchen, ich muß noch etwas hinaus, und nachher müssen wir packen, wir haben heute bereits den zehnten und wir dürfen den guten Papa nicht eine Sekunde warten lassen!" Die Räthin nickte zustimmend, und Helene ging. Der Tante war die Nichte ein Räthsel; wie hatte sich das junge Mädchen sonst empört gegen die Fessel, die man thr anlegen wollte, indem man sie ohne ihren Willen ver- heirathen wollte, wie der romantische Jugendsinn das nannte, während früher niemals ein Mädchen selbständig wählte, und nun war plötzlich die Fessel gesprengt, und Helene jauchzte nicht freudig dabei auf! Sie konnte die Jetztzeit einmal nicht begreifen; daß das „romantische Gemüth" der Nichte in diesem Augenblick eigene Freude über anderem Leide vergaß, das verstand die Tante nicht. Ihr war eS ja auch neu, daß ihr Schwager nicht voll kommen glücklich war, aber das lag nun auch wieder in seinem Idealismus. Die junge Frau Haller war schön, zog sich brillant an und hatte Geschmack, das mußte Jeder an erkennen; mein Gott, wenn sie nun auch etwas zu sehr das mit dem feurigen Schwerte, der sie vertreiben wMi Zeit aus dem Eden des Glückes. Nun hatte der liebend und sorgend ihr die Wege ebnen wollen, k hatte die treue Hand verkannt. > Der Vater sprach so viel von „Vorsehung" H Briefe; unwillkürlich mußte sie an das Gespräch n^j denken, oder vielmehr an die Rede, die ihr Friedrs H wo er auch immer von ihrer Vorsehung gesprochen 1 es so bestimmt in Abrede gestellt, daß sich die göttliches in solchen Kleinigkeiten nach den Menschenkindern Da stand sie nun oben, unbewußt hatte sie dcN^ Fichtenstamm wieder umfaßt und das Auge zu Bo^ ihr war's, als hörte sie Friedrichs sonore Stillt " „Glauben Sie nun an eine Vorsehung?" War es nicht ihr Kismet, das sie verleitet A Gersau und nicht nach Ostende zu gehen? der junge Frohben sich in seiner ganzen Charas gezeigt, und sie war frei. Sonnig lag die Zukunft vor ihr. Da trat Wolke vor die sichtbare Sonne, und es war Zusammenkunft des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg mit dem König Johann Kasimir von Kolk» vor Hromberg. (S. 7.) Vergnügen liebte, war denn das ein Verbrechen? Der Gatte hatte ja die Mittel dazu! Helene hatte den Weg nach der Höhe eingeschlagen, sie wollte Abschied nehmen von ihrem Lieblingsplatze. Wie pochte ihr Herz fast hörbar, welche Bilder zogen an ihrer Seele vorüber! Sie sollte plötzlich zurück ins Vaterhaus, das ihr bisher ganz fremd war, und das ihr durch den heutigen Brief des Vaters noch unklarer vor der Seele stand. Bisher hatte sie geglaubt, die Liebe zu der schönen jungen Frau habe den Vater gleichgültig gemacht gegen die Tochter, und nun hatte er all' die Zeit über nur liebevoll für sie gesorgt! Es fiel ihr auf einmal ein, daß sie sich bisher noch gar kein klares Bild von ihrer Zukunft gemacht hatte; wie konnte sie auch! Immer hatte ja dieser Frohben wie ein Schreckgespenst auf der ersten Stufe zu dem Heiligthume der Jugendfreuden gestanden und hatte ihre Gedanken zurück geschreckt, wenn sie sich ja einmal in das Paradies wagen wollten, das sich wohl jedes junge Herz zaubert in phantastischen Farben. Und dann war ihr der Vater erschienen wie der Engel würde auch ihrem Leben die Helle fehlen, wenn '' Ort verließ. Vor ihrem Geiste erstand das gr^ Haus ihres Vaters in Hamburg mit den tep;",M Treppen, mit den reich dekorirten Zimmern; eine Gesellschaft erwartete sie nach der anderen, sie war V punkt, um den sich alles drehte; hundert Hände I nach ihr aus, aber sie wollten nur ihr Geld, nicht H k Hu, wie sie fror in dem Gedanken. Sie blickte erM die Höhe; Gott sei Dank, noch war sie hier, noch "'M ein hoher, blauer Himmelsdom über ihr, noch Bäume ihr zur Seite, noch rauschte der See zu ilp » und alle sprachen die ewig wahre Stimme der Na>^ Sie ließ die Hand von dem Stamme gleiten, ihr auf der rothen Rinde ein frisches U. entgegen;"^! das eingeschnitten haben? Es war Helene plötzb"'^ ein Augenpaar sie traurig fragend an, und nun wer das U. geschnitten und was ihr fortan in w , zu Hause fehlen würde. Wie ein Trost klangen ihr jetzt die Worte Sie es Vorsehung oder Kismet, es ist dieselbe gö^, die hier wie dort die Geschicke der Menschen leitet