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Deutsches Reich. Leipzig. IS. August. * Las Kronprinzenpnnr. Aus Nürnberg wird telegraphiert: Der Kronprinz und die Kronprinzessin trafen, von München kommend, hier gestern abend ein und setzten die Weiterreise im kaufe des Vor mittag- im Automobil nach Berlin fort. * «ine Etzeschrt»««, und Sie mrcklenbnrsischr Grbf,l«e. Wie die „Mil.-pol. Korrespondenz" au» zuverlässiger Quelle erfährt, ist seit der afrikanischen Neise de- Herzog- Adolf Friedrich zu Mecklenburg-Schwerin die Frage der Scheidung der morganatischen Ehe dieses sympathischen Fürsten in Erwägung gezogen worden, und es sind vorbereitende Schritte nach dieser Richtung schon ersolat. Daß eine morganatische Ehe des Herzogs Adolf Friedrich bestand, ist nur wenigen Eingeweihten bekannt geworden. Die Sckeidnng hätte auch insofern Änssickt aus Erfolg, als zu berücksichtigen ist, daß die Ehe des Großherzogs Friedrich Franz IV. bisher kinderlos geblieben ist, Herzog Johann Albrecht in kinderloser Ehe lebte, Prinz Heinrich der Niederlande bei seiner Vermählung mit der Königin Wilhelmine der Niederlande niederländischer Prinz wurde, es al>o im Interesse der Schweriner Linie erwünscht erscheinen muß, aus einer Ehe de- HercogS Adolf Friedrich erbfolgeberechtigt« Söhne hervorgehen zu sehen. Die Thronfolge des katholischen Zweiges Paul kommt für Mecklenburg-Schwerin nicht in Frage. Freilich könnte der durch den Heimgang der von ihm innig geliebten Herzogin Elisabeth soeben Wittper gewordene Herzog Johann Albrecht, Regent von Braunschweig, aus ryuastischen Gi finden ja eine neue Ehe eingehen. ES ist aber begreif lich, daß einstweilen dazu eine Neigung bei dem Herzog nicht besteht. * Neber „Winke von oben" schreibt ein „früherer Minister eines süddeutschen Bundesstaates" (Heutig?) anläßlich der Nachricht von einer ReichStagSlandidatur des Grasen PosadowSky: „Man würde glücklich sein, wenn die ausgezeichnete Kraft des ehemaligen Staatssekretärs des Innern sür reu Reichstag gewonnen würde, wenn man auch weiß, daß cs der Reichsregierung nicht gerade angenehm ist, so hervorragende Sachverständige als Kritiker ihrer Vorlagen zu sehen. Man erinnert sich noch sehr genau, daß der Admiral vonKnorr, der ein Reichs- tag-mandat vollkommen sicher hatte, auf einen Wink von „oben" die ihm angeborene Kandidatur nicht annahm! Man weiß, daß Herr von Tirpitz es nicht wünschte, diesen gründlichsten Kenner der Verhältnisse im Reichstage zu sehen. Man darf aber wohl an nehmen, daß Graf Pmadowsly etwaige Winke nicht beachten, sondern seine Kraft dem Vaterland« zu widmen bereit sein wird!" * BalentiniS Nachfolger. Wie die „Neue politische Korrespondenz" hört, soll für das durch die Berufung des Herrn von Balentini zum Ehef des Zivilkabinetts frei gewordene Regrerun g «Präsidium in Frankfurt a. O. der Personalirudezernent im preußischen Ministerium des Innern, Herr Geheimer Oberregierungsrat von Schwerin, auS- ersehen sein. * Sommerlesenden. Die „Natlib. Korresp." schreibt: „Die „Deutsch. Nachr." — das Blatt selbst liegt uns nicht vor — sollen von einer Konferenz von Großindustriellen und Vertretern der nationalliberalen Parteileitung erzählt haben, die „vor einiger Zeit" im Reichstagsgebäude stattgefunden hätte. Dabei sei dann den Industriellen „das Zugeständnis gemacht worden, daß denjenigen Abgeordneten oder Parteimitgliedern, welche Anhänger der öffent lichen Abstimmung bei den Landtag-Wahlen sind, die Geltend machung diese- Standpunkte- nicht verboten oder erschwert werden soll". Das Geschichtcheu ist sehr interessant. ES hat nur den einen Fehler: eS ist von A bis Z erfunden. Vielleicht meinen die „Deutschen Nachrichten" eine Besprechung, die noch während der Parlamentssessionen und lange vor dem Magdeburger Parteitag staltgesunven hat. Die tagte allerdings im Reichstag. Aber auf ihr erschienen nicht Vertreter der Parteileitung, sondern die Fraktionen von Reichs- und Landtag, und eS wurde auch nicht über die Landtagswahlen verhandelt, sondern über sozialpolitische Fragen wie Tarifabkommen und ähnliches. Auf diesem Gebiet ließen sich die Abgeordneten von Ver tretern der Industrie über deren Auffassungen informiereu. Von Land* tagswahlrecht, öffentlicher oder geheimer Abstimmung ist dabei auch mit keinem Wort die Rede gewesen. * Zum Nieler-Ttretk wird aus Stettin unterm 15. d. M. weiter gemeldet: Die Lage der Nieter war gestern abend so ziemlich unver ändert. Am Nachmittag erschienen 94 Nieter zur Arbeit, also 10 mehr wie am Vormittag. Die auSgesperrten Arbester der Stöwerscheu Auto mobil- und Maschinenfabrik hielten eine Versammlung ab, um zu dem Nielerstreik Stellung zu nehmen. Es wurde eine Resolution ange nommen, in der die Erwartung ausgesprochen wird, daß die Nieter die Arbeit geschlossen wieder ausnehmen, um nicht Tausende aufs Pflaster zu Wersen und die Kasse deS Verbandes nicht zu erschöpfen. Der hiesige „BolkSbote", das sozialdemokratische Organ, das bisher auf feiten der Nieter gestanden hat, nimmt in einem längeren Artikel Anlaß, den Nietern ebenfalls zum Frieden zu raten. * Ein zweites Kaiferman-ver 1S-8 Unter der Oberleitung des Generals der Infanterie und General-Inspekteur- der 6. Armee-In spektion Colmar Freiherrn von der Goltz wird, einer Meldung der „Mil.-pol. Korrespondenz" zufolge, am 18. September ein besonderer Uebungstag von zwei preußischen Armeekorps abzehalteu werden, dem nach den bisherigen Dispositionen auch der Kaiser beiwohnen will. Es werden gegeueioander fechten: da- I. (ostpreußische) Armeekorps unter General der Infanterie Kluck und da- XVH. (westpreußische) unter dem General der Kavallerie und Generaladjutantrn des Kaiser« v. Mackensen. Hierzu wird das I. Korps auf 3 Infanterie- und 1 Kavallerie-Division gebracht; das XVII. Korps wird 2'/« Infanterie-Divisionen und eben falls 1 Kavallerie-Division stark sein. Die beiden Kavallerie-Divisionen werden von den Generalen v. Rauch (Kavallerie-Inspekteur in Königs berg i. Pr.) und v. Stangen (Stettin) geführt. Die Gegend des voraus- stchilichen Zusammenstoßes wird bei Hohenstein und Neidenburg zu suchen sein. Ausland. * Die „Humanttö" tn Nutzland verboten. Das Organ Jaurüs, die „HumanitS", ist, wie ein Privattelegramm diese« Blatte« tn dessen neuester Nummer meldet, in Rußland verboten worben. Di» Artikel, dl« in der „Hu- inanits" bei Gelegenbeit des Beluches des Präsidenten Fallieres in Rußland veröffentlicht worden sind, ferner die fortgesetzten Ausrufe für die Revolutionäre in den russischen Gebieten ließen eine solche Maßregel erwarten. Die „Huma- nilL" selbst äußert sich weder erstaunt noch entrüstet über das Verbot. Sle schreibt: „Wir wußten, daß unsere Zeitung die größten Schwierigkeiten zu über winden hatte, um über die Grenze zu kommen, und daß sie bei ihrer Ankunft in den Händen unserer Bezieher im jammerhastesten Zustande sich befand. Alles, was Rügland betraf, war unleserlich gemacht. ... Ost verging kein Tag, an dem wir nicht Exemplare mit dem Vermerk zurückerhielten „Unbekannt", „zurück" oder „von der Zensur verweigert". . . . Un» entrüsten? Wozu? Zunächst würde LaS nicht» nützen, und dann ist e« für uns nur ehrenhaft, den Kampf gegen da- Zarentum geführt zu haben. . . ." * Sine neue Bloßstellung »es K-ntgS von Serbien dürfte nach dessen Tode zu erwarten sein. Pest, IS. August. (Tel.) Der hier wohnende serbische Staatsangehörige Raukow MilicS, der Zeuge der Ermordung d»S Königs Alexander und der Königin Draga war. übergab dem ungarischen Nationalmuseum ein versiegeltes Paket mit 45 Schriftstücken, das erst nach dem Tode Les König» Peter geöffnet werden darf. Die Dokumente beziehen sich auf Len Kampf des Königs Peter um den serbischen Thron. Wester wird gemeldet: Pest, 15. August. (Tel.) Wie man dem „Pester Lloyd" au» Agram meldet, hat daS Verhör mit dem Journalisten Naslitz ergeben, daß der ehe malige serbische Ministerpräsident Pasitsch bei der grobserbischen Hoch- verratSafsäre stark kompromittiert ist. * DaS jungtürkische Komitee drängt auf schleunigste Durchführung per Reformen. Konstantinopel, 15. August. (Tel.) Die Arbeiteraussperruug in der Tabakregie wird heute wieder aufgehoben. — Das jungtürkische Komitee hat der Regierung vorgeschlagrn, behufs beschleunigter Durchführung der Reformen ausländische Fachmänner als Beiräte in die verschiedenen Ministerien zu berufen. . " Urber dir Stimmung in »en oberen Kreise« Konstantinopels wird gemeldet: Konstantinopel, 14. August. (Tel.) Fuat Pascha sagte in einer Unterredung mit dem Korrespondenten des „Bert. Tagebl.", seine Verbannung sei eine dauernde Inquisition gewesen, mehrfach habe man seinem Leben nach gestellt. Insgesamt habe er während seines Lebens 14 Vergiftung-Versuche erleiden müssen. Er glaube an definitive Verhältnisse schon deshalb, weil alle Soldaten und deren Familien geschworen haben, jeden Gegner der Verfassung zu ermorden. Man werde jetzt die Politik der offenen Tür haben. Jede Macht könne Kohlendepots erhalten. Fuat Pascha bestreitet, daß eine antideutsche Stimmung besiehe, da doch sogar gegen den alten Erb feind Rußland keine besondere Antipathie herrsche. " von einer Agitation gegen »en Sultan berichtet folgendes Telegramm: Wien, 15. August. (Tel.) Wie aus Konstantinopel hierher berichtet wird, soll sich im Volle eine Agitation gegen den Sultan bemerkbar machen, an der sich angeblich auch Milstärpersonen niederer Grade betelltgen. * Die wirtschaftliche Lage in »en vereinigten Staaten wieder zu heben, ist das Bestreben eines vom Verbände der Geschäftsreisenden einberufenen Kongresses. New Jork, 15. August. (Telegramm.) Heule begann der von dem Verbände amerikanischer Geschäftsreisender veranstaltete sogenannte Pro- . sperttätSkougrrß» der die Eröffnung der Agitation zur Wieder herstellung des öffentlichen Vertrauens und die Wiederbelebung ' des Geschäftsverkehrs bezweckt. Die Dauer des Kongresses, an dem Vertreter der Stadt teilnehmen, ist auf zwei Tage festgesetzt. Durch die hiesigen Arbeitslosen wurde eine Kundgebung ver sucht, durch die dem Kongreß der Umfang des ArbeitSmangels tn New Dark dargetan werden sollte. Die Menge wurde jedoch von der Polizei ausein- anvergetrieben. Infolgedessen sandte da- Komitee der Arbeitslosen an den Kongreß ein Schreiben mit der Mitteilung, daß in New Uork über 40000 Personen ohne Geldmittel seien uns Hunger litten. Ob mit solchen Mitteln die nötige Sanierung erreicht wird, mnß stark be- zweifelt werden. * Neber »te Lage in Tü»oran lassen die Franzosen das übrige Europa folgende» wissen. Paris, 15. August. (Tel.) Der „Malin" meldet auS Oran: Aus . dem äußersten Süden kommen Nachrichten, daß General Liautey nach Colomb Bechar abaegangen sei. Weiter wird aus Ain Seffra gemeldet. Laß ein« marokkanische Garka in Stärke von 1500 Mann sich in der Nähe von Tazzugerd konzentriert. Auch wird eine marokkanische Streitkraft auf dem Wege nach Colomb Bechar gemeldet. Man erwartet ernste Zusammenstöße. " Neber »ie Kämpfe tn Marokko wird noch gemeldet: Tanger, 14. August. (Tel.) Der in Ghrabia lagernde Bua Auda bat, da er von hasidischen Anhängern umzingelt war, Guebba um Verstärkungen. Die daraus vou Guebba gesandten 30 Mann nebst einem Geschütz werden, wie angenommen wird, wenig nutzen. Er wird sich voraussichtlich den Hasidischen ergeben. Leipziger NN» sächsische Angelegenheiten. rvetterbevicht -er A-lnigl. SSehf. Lander-Wetterwart« zu Dresden. Voraussage für de« 1«. August 1V08. Nordostwind, aufheiternd, wärmer, trocken. * Städtische Arbeiten und KoalitiouSrecht. Wir erhalten folgende Mitteilung: Der Arbeitsausschuß nationaler Arbeiter- und Gr- bilfen-Organisationen batte eine Eingabe an den Rat der Stadt Leipzig gerichtet, in welcher derselbe gebeten wurde, nur Unternehmern städtische Arbeiten und Lieferungen übertragen zu wollen, die ihren Arbeitern und An gestellten daS KoalitiouSrecht gewähren. Der Rat bat geantwortet, daß er dieser Einaabe sympathisch gegenüberstehe, jedoch eS nicht für angängig hält, allein auf diesem Wege vorzugehen: er höbe zu diesem Zwecke zunächst eine Umfrage veranstaltet, wie andere Städte sich zu vieler Angelegenheit stellen. — Mit dieser Sache haben sich bereits die Stadtverordneten der Städte Nürnberg, München, Mannheim und Frankfurt befaßt und in diesem Sinne wie es der Arbeitsausschuß nationaler Arbeiter- und Gehilfenorganisationen angeregt hat, beschlossen. * Esperantisten in Leipzig. Heute vormittag langten auf der Durchreise nach Dresden ungefähr 40 Esperantisten aus Spanien, Frankreich usw. in unserer Stadt an. Unter Führung de» Redakteurs Stephan vom Sächsischen Esperantisten-Verband unternahmen sie eine Besichtigung der Stadt. Am Abend werden sie nach Dresden weilrrfahrrn. * AnSjetchnnng. Das Königliche Ministerium deS Innern hat dem seit 22. September 1867 bei den Geschwistern Fräulein Elisabeth und Henriette Kühn in Leipzig, Lange Straße 28, im Dienste stehenden Dienstmädchen Anna SiSonie Franke daS Ehrenzeichen sür Treue in der Arbeit verliehen, da« ihm beute in Gegenwart von Fräulein Elisabeth Kühn durch Herrn Stadtrat Ludwig-Wolf an Ratsstelle ausgehändigt wurde. * Jubiläum. Herr Kontorist Otto Schmidt im Hause Breitkopf L Härtel feierte heute sein 25jährigeS Jubiläum. Nach einer herzlichen Ansprache des Herrn Geh. Hosrat Dr. v. Hase, der die fleißige, ersprießliche Tätigkeit des Jubilars würdigte, und nach einer Begrüßung aus dem KollegenkreiS wurden Herrn Schmidt wertvolle Geschenke an feinem reich mit Blumen geschmückten Pulte überreicht. -r-Eisenbahnwesen. Zum Stationsverwalter deS Bahnhofs zn L-Eonne- witz wird zum 1. September StationSasstsient Müller au» Altenburg berufen werden. * Zur Gründung eines Verbandes Sächsischer Hebammen wild uoS geschrieben: Es wurde bekannt gegeben, daß sich in Leipzig rin Verband Sächsischer Hebammen unter Leitung der Frau verw. Wankel gebildet hat. Hierzu bemerkt der Leipziger Hebammenverein unter Vorsitz der Frau Elise verw. Wollblock, daß er seit seiner Gründung im Jahre 1887 — al» erster im Königreich Sachsen — stets bestrebt war, nicht nur die Kenntnisse seiner Mit glieder durch wissenschaftliche Vorträge zu bereichern, sondern auch bedrängte Vereinsschwestern mit Rat und Tat zu unterstützen. Auch sind verschiedene Ver günstigungen von der vorgesetzten Behörde erreicht worden. Auf keinen Fall stimmt der alte Leipziger Hebammenverein für staattiche Anstellung der Hebammen, sondern zieht rin freies, unbegrenzte- Arbeitsfeld vor. Möge auch der neue Verein blühen und gedeihen und einst auf reiche Errungenschaften zurück- blicken können! * Das Tarisamt sür Deutschlands Ehemigrapheu un» Kupfer»rucker hatte zur bevorstehenden Tarifabänderung um Einreichung von entsprechenden AbänderungSanträgen ersucht, die nunmehr eingegangen sind. Danach bean tragen u. a. die Prinzipale sür Kupferdrucker einen Mindestwochenlotm von 21 im ersten Jahre nach beendeter Lehrzeit, der im 2. Jahre auf 24 steigt, die Gehilfen die achtstündige Arbeitszeit und einen Mindestwochenlohn von 27 .^l für die im chemigraphischen Gewerbe angelernte» Arbeiter und von 30 für Kupferdrucker. * Selbstmord eines Leipzigers in Berlin. Der Kaufmann Gustav Alexander, der sein Geschäft hier hatte aufgeben müssen, hatte sich nach Berlin gewandt, um dort Beschäftigung zu suchen. DaS scheint ihm nicht ge lungen zu sein, denn gestern hat er sich in einem Hotel der Friedrichstadt in Berlin vergiftet und erschossen. - - ' * Verhaktet wurde eine schon vielfach vorbestrafte L4 Lahre, alte. Arbeiterin ans Erfurt, die wegen Diebstahls im Rückfall von der Gerichts behörde zu Erfurt gesucht ward und kürzlich hier ihren Transporteur entwichen war, als sie dahin geschafft werden sollte. — In Haft kam ferner ein 24 Jahre alter Graveur von hier, der sich in verschiedenen Fällen in den Connewltzer Waldungen trauen gegenüber in der schamlosesten Weise aufgeführt hatte und wegen Sittlichkeitsvergehens schon wiederholt bestraft ist. * Unredliche Angestellte. Ein 31 Jahre alter Buchhalter aus Jassy und ein 28 Jahre alter Markthelfer aus Geithain wurden festgenommen, weil sie in einem Schuhwarengeschäft im Brühl, wo sie tu Stellung waren, umfang- reiche Diebstähle au Schuhwareu verübten. Letztere wachten sie durch Berkaus zu Gelde. Ein anderer 28 Jahre alter Markthelfer aus Erfurt, der sich dabei der Hehlerei schuldig machte, wurde zur Rechenschaft gezogen. * DaS Opfer zweier Schwindler wurde ein hier aufhältlicher junger Handlungsgehilfe. Er hatte zwei Burschen kennen gelernt, die ihm an vertrauten, daß sie in der Nähe von Leipzig 3000 und eine große Anzahl goldene Armbänder versteckt hätten. Um aber die Wertsachen besser an den Mann bringen zu können, bedürften sie besserer Kleidungsstücke. Den Hand lungsgehilfen sicherten sie einen Anteil von 1000 zu, wenn er ihnen solche I verschaffte. Der Unerfahrene ging auf deu Leim und übergab den Burschen I einen grauschwarzkarierten und «Inen blauschwarzeo gestreiften Jackettouzug, » womit Liese auf Nimmerwiedersehen verschwandeu. Die Burschen waren im nicht die Frau täglich aufS neue unsere Sehnsucht, die Frau, die wir unS nahe wähnen und doch nie ganz und gar verstehen werden! Und liegt in dieser Sehnsucht nicht dos letzte Geheimnis aller künstlerischen Schöpferkraft verborgen! So hat also dock die Frau einen hohen Beruf zur Kunst. Ist er auch nur passiv, er ist herrlich und weltbü>eutend ge nug, weil ohne ihn wohl nie das Genie den Mut gehabt hätte, sich den Göttern in prometheischem Drange zu nähern. * * Tie Festspiele in Orange. Man schreibt uns: Auf dem schönen und überaus malerischen alten Römertheater, das den Stolz und Haupt anziehungspunkt des stillen provenzalischen Städtchens Orange bildet, haben in diesen Tagen die F e ft s p i e l e wieder begonnen, die seit einigen Jahren zu einer regelmäßigen und sehr beliebten Einrichtung geworden sind. Tie Leitung der Aufführung liegt in den Händen der Herren Paul Marreton und Antony Real. Man gab zuerst die .Mgdöa" vou Eatulle MendeS, ein pompöses «tück mit schönen Versen, daS an Lieser Stätte wirklich großen Eindruck hervorrief. DaS läßt sich ja denken: wenn das Haus des Kreon durch eine alte Romermauer dargestellt ist, wenn Medea unter antiken Ruinen ihre Taubertränke braut, so haben solche Bilder ihre eigene Stimmung; und das singende Pathos der Frau Segond. Weber ist hier mehr an seinem Platze, als irgendwo sonst. Sehr merkwürdig war die Neuheit, die auf dem Theater von Orange geboten wurde. Dies war eine Komödie „König MidaS", deren Verfasser Andrü Aveze und Paul Souchon sind. Die Auf. iührung deS Stückes dauerte von 11 Uhr abends bis IH2 Uhr in der Nacht; die Zuschauer wurden ermüdet und bereiteten dem Stücke nach einem besseren Anfänge schließlich eine unfreundliche Aufnahme. Dabei entbehrt es ter Originalität nicht. MidaS wird dargestellt als ein willensschwacher Herr, der seiner ihn natürlich hintergehenden Frau gehorsam folgt und auf die Vorschläge seines Barbiers Lycidaö härt. Der freundliche Be handlung, die er dem betrunken vor ihn gebrachten Silen angedeihen läßt, rerdankt er die Gabe, daß alles, was er berührt, sich in Gold verwandelt; bald entdeckt er, w.e fatal dies göttliche Geschenk ist. und erlöst sich durch ein Bad iw PaktoluS davon. Auf der Rückkehr von dieser heilsamen Ope. ration hat er nun das fernere Pech, Apollo und Pan zu treffen, und seine banausische Entscheidung ihres Wettkampfes bringt ihm die bewußten Eselsohren ein. Und nun werden — vergleiche Andersen» Märchen von deS Königs neuen Kleidern! — an seinem Hofe auf einmal Eselsohren Mode, und alle Häslinge wetteifern darin, J.a zu rufen. Das wird dem armen Könige bald zu fad und, des Lebens wie der Götter übersatt, läßt sich MidaS von seinem Barbier die Ohren abschneiden, um al» braver, aber unglücklicher Mensch und König sein Ende zu finden. Diese ganze Fabel ist nun aber sozusagen für die Verfasser ein einziger Vorwand, um die gegenwärtigen, speziell die französischen Zustände, aufs bitterste zu geißeln TaS Volk, die Finanz, da» Heer, die Höfe, die Vorsehung selbst erhalten ihre Hiebe. Vielleicht ,st die» Stück für ein Lustspiel zu traurig, für ein Trauerspiel zu lustig; aber ein ganz klein wenig vom Geiste des AristophancS darf man ihm vielleicht doch zusprechen. Aber, wie gesagt, da» Publikum macht« nicht mit und e« wird sicherlich dafür um so be ¬ geisterter sein bei der Aufführung von Viktor Hugos „Burggrafen", zumal damit das feierliche Schauspiel der Krönung der Büste des Dichters verbunden werden soll. L. I. * Böhmerwalv-PassionSsptele in Höritz. Aus Budweis wird un« geschrieben: Dir heurigen am 7. Juni begonnenen PassionSspiel-Aufführungen gehen bei stets steigendem Besucht vor sich und finden wie immer allgemeinen Anklang. Wohl wenig« wird eS geben, die onbeiriedigt von Höritz von dannen zogen. Wog bei den ersten PassionSspiel-Aufführungen unter den Besuchern die Bevölkerung der Umgebung vor, so bilden jetzt den Großteil der Besucher Fremde aus allen Ländern; selbstverständlich ist Deutschland mit allen seinen Gauen am zahlreichsten vertreten. Hohe geistliche und weltliche Fürstlichkeiten, zahlreiche Fremde auS England und Frankreich fanden sich bei Len Passions spielen ein und spendeten den Ausführungen volles Lob. Tie meisten der fern heraereisten Besucher der PaiflonSspiele verbinden damit eine Reise in den landschaftlich schönen Böhmerwald, so daß die heurigen Patsionssviel-Aussührungen rin wahrer Segen für das ganze Bödmerwaldgebiet sind. Aufführungen finden noch an allen Sonn- und Feiertagen l. I. bis rinlchließlich 13. September statt. Die Bundesleitung des deutschen BöhmerwaldbunSes in Budweis sowie da« Bürgermeisteramt in Höritz erteilen jede gewünschte Auskunft. Der Karten- vorverkauf befindet sich beim genannten Bürgermeisteramte sowie in der Buch handlung L. E. Hänfen in Budweis. * lieber »ie Entpecknng von KreSken aus »er umbrischen Schule in einer kleinen Kirche von Foligno wird aus Rom berichtet: In der Kirche Santa Maria intra PortaS zu Foligno, in der nach der Legende Et. PetruS die heiligen Riten gebalten hat, sind in letzter Zett durch die Bemühungen deS gegenwärtigen Pfarrer» prächtige Fresken aufgedrckt worden, die unter der späten barocken Verzierung der Wänve, die zu der einfache», strengen alten Fassade durchaus nicht paßte, völlig verdeckt waren. In dem ersten Schiff ist zur Rechten beim Eingang ein Teil von einer heiligen Apollonia ans Licht gebracht worden, die gut erhalten ist und einen sehr schönen Ausdruck dr« Gesichts in zartester Ausführung zeigt. Zur Linken ist eine heilige Lucia dargestellt, die augenscheinlich von demselben Künstler herrübrt und dem ersten Bilve cm Schön- heit nichts nachgibt. Sowohl tn der Farbengebung wir im Ausdruck find die Arbeiten als Werke der umbrischen Schule charakterisiert. Auch am Alter wurden zwei hervorragend« Bilder entdeckt, ein heiliger Nikolaus von Bari und riae Kreuzigung mit der Madonna und dem heiligen Johanne», mit zwei Engeln in der Höhe und dem Stifter am Fuße de» Kreuzes. Im Laufe der WtederherstelluugSarbetten, dir noch fortgesetzt werden, kamen auch eine Reihe von ornamentalen Malereien von erlesener Feinheit zum Vorschein. " „Tegauttnis letztes Werk." Unter dem Titel „SrgantiniS letztes Werk" schreibt man dem Turiner „Moments" au» Neapel: Ja einem Kinderheim zu Neapel geschah «S einmal, daß die Schwestern Geld brauchten. In ihrer Not kamen sie auf eine geniale Idee: sie schrieben an die bekanntesten und berühmtesten Maler Italien« und baten st«, für da» notleidende Wohltättgkeitsinstltut ein Bild zu stiften. DaS Bild sollte rin Fächer auf AtlaS. Seide oder Pergament fein; man wollte alle diese Fächer auSstrllen und zu hohen Preisen verkaufen. Die meisten Künstler leisteten der Bitte gern Folge, allen voran Segantini und mit ihm CorcoS, Sartorio, Mancini, Pratella, Mialiaro, Pennasilico n. a. So entstand, wenige Tage vor dem Tode des Künstler« (der Fächer wurde am 15. Eeptember 18VS vollendet, und der Maler starb zehn Tage später auf dem Malojas diese» letzt« Werk Segantini«, eine wunderbare Allegorie auf Pergament: da« Schicksal der Liebenden. Es ist die Stunde deS SonneuuntergaugeS. Purpurn, blutrot ist der Himmel gefärbt, und auf einem mit Blumen und Bäumen bepflanzten Wege — dem Wege de» Leben« — schreiten zwei junge Menschenkinder, ein Mann und ein Weib, schön und stattlich dahin, in einer Verzückung, die säst etwas UeberirdischeS hat. Sie wandern, alles und alle vergessend, und geben, gehen, gehen unbewußt dem Schicksal entgegen, daS, durch den großen Flügel der Zeit verborgen, sie mitte« auf dem Wege erwartet, während sich langsam der Abend herabsenkt. Als Segantini am 17. September den Fächer abschickte, schrieb er folgenden Brief: „Hochwürdige Damen und Herren! Ich habe heute den Fächer abgesandt; da er mit Rötel gezeichnet ist, wollte ich ihn dinten durch da« übliche FIxativmittel vor dem Verwischen schützen: leider hat das Pergament dabei häßliche Falten angenommen. Ich hoffe aber, daß Leute, die sich auf so etwa« versieben, eS wieder glatt ziehen werden. Ich bitte Sie, mir darüber Mitteilung zugehen lassen zu wollen. Ihr ergebener G. Segantini." Als die Antwort auS Neapel eintraf, lag Segantini, von der Gattin und den Kindern beweint, als Leiche in der hölzernen Hütte auf dem Maloja. Di« kost bare Zeichnung ist jetzt Eigentum des Institut» „Principe di Napoli". D. Die Burgruine Strahlenburg, eine der schönsten und malerischsten Ruinen an der Bergstraße, bekannt durch Kleists Drama „Kätbchen von Heil bronn", soll, wie uns ein Privattelegramm au« Darmstadt meldet, neu aufgebaut werden. Die erforderlichen Mittel werden bereits, trotz de« Pro testes der Bergstraßevstädte, in den nächsten Etat eingestellt. " Hochschulnachrichten. Aus Marburg wird uns geschrieben: Ten ordentlichen Professoren in der hiesigen theologischen Fakultät, den durch ihr öffentliches Auftreten in weiteren kirchlichen und politischen Kreisen bekannten Konsistorialräten v. AcheliS und O. Budde ist der Charakter als Geheimer Konsistorialrat verliehen worden. — In Hintersee bei Berchtesgaden ist der Geheime Hofrat Professor Dr. Ernst v. Ebermayer, der Senior der staats wirtschaftlichen Fakultät München, Ordinarius für Bodenkultur, im Alter von 79 Jahren gestorben. Er war seit 1879 Ordinarius in München, da» Haupt der forstwirtschaftlichen Abseilung, und ist auch als Agrlkulturchemiker, Meteoro loge und Klimatologe ein hervorragender Fachmann gewesen. * Kleine Ehrontk. „Das Königreich", eine phantastische Komödie von Karl Schönherr, ist vom Berliner Kleinen Theater zur Ausführung angenommen worden. — Im Hosthcater in Kassel findet am Sonntag, den 23. d. M., auf Befehl deS Kaisers eine Festvorstellung anläßlich der Fahnen einweihung statt. Gegeben wird neueinstudiert dos UHIandsche Schauspiel „Ludwig der Bayer". — „l-'domrno äo I» Llontuxno", die Claode-Ro- landscke Bearbeitung de» „Hochtourist" von Kroatz und Neal, fand bet seiner Erstaufführung im Pariser Clunntheater einen stürmischen Hriterkettserfolg.— In Teplitz-Schönau führte cin junger Komponist, Vinzenz Reisner, eine sinfonische Dichtung „Frühling" auf.— Au« Weimar, 12.d., wird geichrlrben: Vor kurzem hat Professor Dr. Karl Scküddekopf, der Bearbeiter deS KataloqS von Goethe- Bibilothek im Goethehause, einige bisher unbekannte Blätter mit Szenen aus dem „Egmont" von der Hand de« Dichter« entdeckt. Am Kataloge wird fleißig aearbritet, so daß di« Hoffnung besteht, daß er bei Ge- leaenhett der nächsten Goethrversammlung im Frühjahr 1909 im Druck den Mit gliedern der Goetye-Gesellschaft vorgrlrat werden kann.