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WM-MkrztiMM Wochen- nnd Nachrichtsblatt zugleich KtsWr-Anzeiger für Mildorf, Militz, Znnsdors, Mors, St. ßzidien, Mmichsorl, Marienau n. Mülsen. Amtsblatt für den Stadlrat pr Mchtenstein. — — - - ' »3. Jahrgang. Nr. 143. "»"'M"""" Mittwoch, den 24. Juni 1903 Diese« Blatt erscheint t 8 gl ich (außer Sonn- und Festtag«) abend« für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mk. 26 Psg., durch die Post bezogen 1 M. 50 Pf. — Einzeln« Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt S, alle «mserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. Inserat« werden Vie fünfgespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme oer Inserat« täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. — Im „Amtlicken Teil" wird die zweispaltige Zeile oder deren Raum mit 30 Pfennigen berechnet. Für auswärtige Inserenten kostet die Sgespaltene Zeile 15 Mennige. — VA lL Heute Mittwoch, den 24. Juni, von früh 8 Uhr ab MttMlll. Fleischverkauf O*^^""** (gekochtes Schweinefleisch), L Pfd. 40 Pfg. Die Bolksbibliothek zu Hohndorf ist täglich während der Expeditionszeit des Gemeindeamtes geöffnet und wird zur fleißigen Benutzung angelegentlichst empfohlen. Johauuesfest, der 24. Juni, der Sonnenwendtag, der „längste Tag" im Jahr, sonnendurch webt — lichtdurchzittert bis Mitternacht! aber auch der Tag, von dem an es wieder abwärts geht zum Tiefpunkt über leere Wiesen und Stoppelfelder hin zum Abschied von üppigem Frühling und köstlichem Sommer! Mit tiefen und zartenFäden ist desVolkesEmpfin- den noch geknüpft an diesen Sonnenwendtag. Das deutsche Volk in den Alpenländern und im skandi navischen Norden hat seine Sonnenwendfeiern noch mit ihrer uralt-germanischen Verherrlichung des Lichts in flammenden Feuerstößen und talwärts sausenden Feuerrädern. Auch im Erzgebirge kennt man noch die Jo- hannisfeuer, dem Johanniswürmchen eine menschlich feurige Konkurrenz im großen Raum von Berg zu Tale. Aber in anderer und vielleicht sittlich wert vollerer Weise reicht Höhe und Tiefe, Licht und Schatten, hohe Freude und Abschied von der Luit, Leben und Sterben sich die Hand in unserer Volkssitte. Ge schmückte, unter Rosen und Kränzen prangende Gräber sind uns das Wahrzeichen des JohanneStages. ES ist möglich, daß manchem der schlafenden Toten bester im Leben Rosen auf den Lebensweg hätten gestreut werden sollen. Immerhin! Es ist ein gut Zeichen, wo man seiner Toten so gedenkt, den Gottes acker zum Kranz macht und die Gräber zum blühen, den Garten. Erinnerung an die Höhe und Herr lichkeit und — an die Vergänglichkeit menschlichen Lebens haben hier Raum zu stillerer, aber wahr scheinlich fruchtbarerer Sonnenwend, und Johannes- feier. Die Rosen zu Häupten und Füßen der Gräber, mit den Toten fürs Auge der Liebe verbunden, atmen und duften nach wie vor Leben und Liebe und Lust und reden doch zugleich vernehmlich von der Vergänglichkeit, vom Abnehmen, vom Sterben unter ihnen. Auch kirchlich hat die Johannesfeier, seit län- gerer Zeit auf den folgenden Sonntag verlegt, ähn lichen Charakter. Johannes der Täufer gab dem Tag seinen Namen. Ihm wurde der längste Tag im Jahre zugeschrieben, weil der Herr selbst ihn für den größten unter allem Menschengeschlecht der Erde erklärt und weil er so recht der Mann jener großen Sonnenwende schien auf der Höhe und in der Fülle aller Zeit. Am Hochpunkt der vorchristlichen Zeit periode sah er den Anfänger der neuen, zweiten Welt- jahrShälfte und alle sonnige Gottesverheißung leib haftig — Jesum. Dann aber ging er hin und ward um seiner Predigt des Gesetzes willen getötet und nahm ab wie die Sonne nun hingeht und abnimmt und wie die Weltzeit nun hingeht und abnimmt. „Er, Christus, muß wachsen, ich aber muß abnehmen", so sieht Johannes selbst seine Lage nach Gottes Willen an. „Er, Christus, muß wachsen, ich aber muß ab nehmen", das ist schließlich auch die sonnigste und zugleich weitschauendste, charaktervollste Auffassung von Sonnenwend- und Johannesfeier für alles Volk, das von ihr weiß und wisfen wird. Politische Rundschau D««tfche» Reith. *KaiserWilhelm hat, wie die Blätter melden, die Nachricht von dem Ausfall der Wahlen „mit tiefem Ernst und wachsender Verstimmung" ausgenommen. Das wäre durchaus begreiflich. Hoffentlich werden dem Monarchen auch die Gründe nicht entgehen, die zu dem unerfreulichen Resultat geführt haben, und vielleicht wird dann der Aera der schallenden Reden und der außergewöhnlichen Liebenswürdigkeiten eine neue Aera der schweigenden Tat folgen. Deutlicher als alles andere spricht ja zu uns auch das Resultat der Essener Wahlen. Dort, wo der Sozialist vor fünf Jahren noch nicht einmal ^/ztausend Stimmen erhielt, vereinigten jetzt 21 500 Wähler auf ihn ihre Stimmen! * In Pillnitz haben überfeine Ohren hören wollen, daß der K ö n i g G e o r g, als Exzellenz Metzsch ihm die Nachricht brachte von dem nieder, schmetternden Wahlresultat, ausgerufen habe: „Was ist aus meinem treuen Sachsenvolk geworden! Wie ist mein Volk irregeleitet!" (?) -Die Finanzlage desReiches und der Bundesstaaten erörtert die „Post". Sie sagt zunächst, die Belastung der Finanzen der Einzel staaten mit beträchtlichen Zuschüssen für Reichs, zwecke beschränke die Bundesstaaten empfindlich in bezug auf ihre Mittel zur Lösung der eigenen Kulturaufgabe und sei nur zu sehr geeignet, deren Finanzwirtschast ernstlich in Unordnung zu bringen. Hierin müsse es anders werden. lkme»-MiMtioi! spottbillig! -Die Sicherung des Jesuiten ge s e tz e S wird von neuem gefährdet. Die „D. Ztg." erfährt aus guter Quelle, daß die oldenburgische Regierung im Bundesrate doch für Aufhebung des tz 2 stimmen werde, obwohl das Groß- Herzogtum 77,5 v. H. evangelische und nur 22 v. H. katholische Einwohner hat! Wir haben von Anfang an davor gewarnt, die Vertagung einer Beschluß, faffung im Bundesrat über die Jesuitenfrage allzu vertrauensvoll zu werten. Vielleicht, so bemerken die „Leip. N. N.", wird Graf Bülow die schwere Schlappe, die das Reichstagswahlergebnis vom 16. Juni gebracht hat, durch einen Jesuitensieg im Bundesrat wett machen können. In unseren Tagen ist alles möglich. * Mit einer ungeheuerenAufsehen erregenden E r b s ch l e i ch e r . A f s ä r e großen Stils beschäftigt sich die Berliner Staats anwaltschaft. Es sind in diese in der Gesellschaft sehr bekannte Persönlichkeiten verwickelt. ES handelt sich um die junge Witwe des Geheimen Kommerzien- rateS von Zimmermann und dem sehr bekannten Wegen vollständigen großer stäumungr- NusverkWl zu ganz bedeutend Herab gesetzen, teilweise direkten Verlustpreisen. HtmOWmeBtt, Lichtenstein a. Markt. Magnetiseur Willy Reichel, welche Beide zusammen flüchtig geworden sind und nach Newyork sich einge schiffthaben. Frau von Zimmermann wird von dem TeftamentS-Vollstrecker und Freund der Familie Zimmermann Landgerichtsrat Ehmde einer Erb schafts-Hinterziehung von über 4 Millionen Mark beschuldigt und revanchierte sich hierfür dadurch, daß sie den Geisteszustand des Testaments^ Vollstreckers in Zweifel zog, gegen welchen ein Entmüdigungs- Verfahren eingeleitet wurde. Das Vorgehen gegen den Landgerichtsrat Ehmde, eine als Ehrenmann bekannte Persönlichkeit, erregte noch größeres Auf sehen, sodaß der Justizminister sich veranlaßt gesehen hat, die Akten über diese Skandal-Affäre einzufordern, um nackzuprüfen, ob überhaupt ein Grund vor handen gewesen ist, den Geisteszustand des Testa ments-Vollstreckers anzuzweifeln. Italien * Die Ministerkrise hat ihre Lösung gefunden. Der König nahm die Entlassungsgesuche des Ministers des Innern Giolitti und des Marine- Ministers Bettolo an und betraute Zanardelli mit der interimistischen Leitung des Ministeriums des Innern und Morin interimistisch mit der Leitung des Marineministeriums. Die übrigen Minister wurden in ihren Aemtern bestätigt. — Das Parla ment ist zum 25. d. M. einberufen. Frankreich. * Der französische Kriegsminister Andr 6 hielt eine Rede, worin er ausführte, die gegenwärtige innere Lage Frankreichs sei eine Episode des vier Jahrhunderte währenden Kampfes des Staates mit der Kirche. Rumänien - Der rumänische Hof legt für den König Alexander und die Königin Draga von Serbien vierzehntägige Trauer an. Spanien. -EineHoftrauer von21 Tagen ist am Hofe in Madrid aus Anlaß des Ablebens des serbischen KönigspaareS angeordnet. * Mehrere bekannte Anarchisten haben sich von Barcelona nach London begeben, um dort Hilfsmittel zur Organisation eines allgemeinen Ausstandes zu sammeln. Ansprache des Kaisers bei der am Sonnabend in Hamburg stattgefundenen Enthüllung des Denkmals für Kaiser Wilhelm I.: „Es ist Mir oft schon die Aufgabe geworden, großen Städten und ihren begeisterten Bürgern Meinen Dank zu sagen; nie fand Ich die Aufgabe fo schwer, für das, was Ich fühle, und was Ich gesehen und erlebt habe, den richtigen, den paffen den und erschöpfenden Ausdruck zu finden. Wenn Ich zunächst als Enkel des großen Kaisers, dessen ehernes Bildnis die Stadt Hamburg soeben enthüllt hat, sprechen darf, so möchte Ich mit tiefbewegtem Herzen Meinen Dank dafür abstatten, daß Hamburgs Bürgerschaft in so glänzender, großartiger und erhebender Weise den Ausdruck gefunden hat, um ihr Deutschtum und ihre Dankbarkeit dem alten Helden zu bezeugen. Das hat Meinem Herzen als seinem Enkel wohlgetan und Mich tief gerührt. Zum andern aber kann ich es nicht unterlassen, den wahrhaft überwältigenden Empfang, den Mir groß und klein, jung und alt, hoch und niedrig hier hat zuteil werden lassen, her vorzuheben. Die vielen Tausende von Gesichtern, die Mir heute entgegengeleuchtet haben, sind Bürge dafür, daß der Gruß Mir aus tiefem Herzen und aus bewegtem Gefühl entgegenschallte, und Ich bitte Senat und Bürgerschaft, Meinen herzlichsten, tief gefühltesten und heißesten Dank entgegenzunehmen und der Stadt mitteilen zu wollen. Gewiß, die junge Generation, die heute mit uns das