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— Dresden, 26. Febr. Die Zweite Kam mer, an deren Sitzung Ihre Exzellenzen die Herren Staat-Minister v. Metzsch und Dr. v. Seydewitz, so wie die Herren Geh. Räte Meusel, Dr. Diller und Wäntig und geh. Finanzrat v. Mayrr teilnahmen, bewilligte zunächst die im Titel S de- außerordent lichen Etat- verlangten Summe« für die Neubauten und Umbauten von Seminaren in Annaberg, Plauen i. B, Grimma, Callnberg und Dresden. Sodann trat die Kammer in die Beratung über den von der Erste» Kammer an sie mit der Aufforderung zum Beitritt gelangten sogenannten „SparsamkeitSantrag" ein, wonach die Regierung zur größeren Einfachheit bei Bauten aufgefordert wird. Der Abg. Uhlemann- Görlitz empfahl die Annahme de» Anträge- im Sinne der Begründung der Ersten Kammer. Die Abgg. Lhruerkorv, Liebau und Uhlig-Grumbach baten um Verwendung inländischen Materials bei öffentlichen Bauten. Abg. Kästner sprach sich gegen den Antrag au-, Abg. Uhlmann-Stollberg redete der Annahme da» Wort, da eine Ablehnung den Gedanken erwecken könne, als wolle man eine luxuriösere Bauweise. De» weiteren sprachen noch die Abgg. Crüwell und Uhlmann-Stollberg über die in den Baugewerkeschulen zu erstrebenden Ziele. Se. Exzellenz der Hr. Staats- Minister v. Watzdorf bezog sich wegen seiner Stellung zu dem Anträge auf seine in der Ersten Kammer hierüber gegebenen Ausführungen und wiederholte, daß der Bauleitung Auweis ivg gegeben sei, soweit als angängig inländische Arbeit und inläi.discheS Material zu verwenden. Der betreffende Antrag wurde alsdann gegen 19 Stimmen angenommen. — Nächste Sitzung morgen. — Leipzig, 26. Febr. Daß auch im Lehrer berufe eine Ueberfüllung herrscht, beweist der Um stand, daß sich um die neuzubegründende dreizehnte ständige Lehrerstelle in Stötteritz nicht weniger al- 41 Lehrer beworben haben. — Glauchau, 25. Febr. Durch eigene» Verschulden kam im benachbarten St. Egidirn der 17jährige Sohn der Bäckermeister« Thost umS Leben. Er wollte einen Baum fällen und hatte auch schon die Wurzeln so ziemlich durchhauen, als ihm eiufiel, daß er im Geäste noch keine Leine befestigt hatte, um dem Baume beim Fallen die gewünschte Richtung geben zu können. Um die» noch nachzn- holen, erkletterte er den Baum, der jedoch die Last nicht mehr tragen konnte und deshalb znsammen- fiürzte. Hierbei kam der unvorsichtige junge Mann unter den Baum zu liegen, was seinen Tod zur Folge hatte. — Zwickau, 26. Febr. Dir Fabrikbesitzer Gustav und Guido Dietel im Vorort Wilkau haben ihren Beamten und Arbeitern, etwa tausend Personen, als Geschenk je eine 14lägige GehaltS- bez. Lohnrate und außerdem 25,000 M. zu der aus ihren Mitteln errichteten Fabrik-Jnvalidenkasse gewährt. — Am 24. d. M. fand inStollberg die Aushändigung von Ehrenzeichen für Treue in der Arbeit an 12 Beamte und Arbeiter der Firma Wol ler im RatSsitzung«zimmer statt. Die Dekorierten sind Kontorist Richter, Kontorgehilfe Walther, Fabrik arbeiter Flemig, Martin, Hofmann und Reinhold, Hosarbeiter Löbig, Fabrikspulerin Witwe Hermann, Repassiererin verehel. Brunner, Fabrikarbeiterinnen verehel. Flemig, verehel. Thierfelder und Witwe Kreitel. NaL Aushändigung der Ehrenzeichen und der dazu gehörigen Urkunden durch den stellvertre tenden Bürgermeister, Rechtsanwalt Stadtrat Schroe ter, sprach Stadtrat Woller den Dekorierten seine Anerkennung für langjährige treue Arbeit au« und beglückwünschte dieselben unter Aushändigung je eines Sparkaffenbuches mit Einlage. Schließlich brachte Prokurist Seifert namens der Beamten und Arbeiter der Firma Woller ebenfalls seine Glückwünsche zu« Ausdruck. — HartmaunSgrün, 25. Februar. Der Mitte der fünfziger Jahre stehende Schm'edemeister Dietz ist in vergangener Woche mit ca. 300 Mark von hier fortgegangen, um eine Kuh zu kaufen, bi« heute aber noch nicht zurückgekehrt. ES wird ver mutet, daß dem Maune ein Unglück zugestoßen ist. — Glashütte, 25. Febr. Durch den Uhren fabrikanten Gläser ist eS gelungen, einen Londoner Schwindler, namens Schmidt, welcher vor Weihnach ten vorigen JahreS nicht weniger als 34 Firmen tn Deutschland und Oesterreich um goldene Uhren im Gesamtwerte von über 100,000 Mark beschwindelt hat, in London zu verhaften. Herr Gläser, bei wel chem der Schwindler trotz mehrmaligen Mißlinge»» seine Manöver immer wieder versuchte, sandte deu gesamten Briefwechsel mit Schmidt an den deutschen Generalkonsul in London, welcher Schmidt s Ver haftung veranlaßte. — Adorf, 26. Febr. Mit völlig erfrorenen Füßen wurde das erst 17 Jahre alte Dienstmädchen Klara Wild aus dem benachbarten Freiberg in einem unweit des hiesigen BahnhofeS befindlichen Gehölz angetroffen und in ärztliche Behandlung genommen. DaS Mädchen hat sich bereits seit dem 12. Februar in der hiesigen Gegend obdachlos «mhrrgetrieben. — Adorf, 24. Febr. Bei einem schneiden den Nordostwinde herrschte in den letzten Tagen im oberen Bogtlande ein solche- Schneegestöber, daß Straßen und Eisenbahnen teilweise ganz verweht waren. Auf der Asch-Roßbacher Bahn ist vorgestern ein Zug im Schnee stecken geblieben und konnte erst nach stundenlanger Arbeit wieder flott gemacht werden. — Einen Motor, der mit Sprengstoffen getrieben wird, hat ein Einwohner Schönau'« im Bogt lande hergestellt. Die zum Betrieb verwevdrte Spreng masse soll in einer neuen Zusammensetzung bestehen, die weniger gefährlich al« z. B. Benzin ist. — Auf der eisernen Muldenbrücke zwischen Aue und Niederschlema entgleiste am 26. d. früh 6 Uhr der von Aue kommende Güierzug. Ein Wagen wurde in die Mulde geworfen, fünf ander« liegen an den Uferabhängen. Ein Bremser wurde vom Wagen herab auf das Eis der Mulde geschleudert und am Knie leicht verletzt. Die Brücke, die Schienen und Schwellen, sowie da- Brückengeländer sind stark beschädigt. Sonst hat Niemand Schaden genommen. Bon Zwickau sind bereits Mannschaften zu den Aus- räumnngSarbeiten an der Unfallstelle eiugetroffen. Behufs Aufrechterhaltung des Personenverkehrs ist mit der Legung eine- Stege- über die Mulde be gonnen worden Die Fahrgäste müssen an der Brücke umsteigen. — Von anderer Seite wird berichtet: Bon dem früh 4 Uhr 50 Min. von Schwarzenberg nach Zwickau v-rkehrenden Güterzuge entgleisten am 26. d. auS noch unermiltelter Ursache bei der zwischen den Stationen Aue und Niederschlema gelegenen Muldenbrücke 5 Güterwagen, wovon ein leerer offe ner Wagen in die Mulde stürzte. Der Bahnverkehr war eine Zeit lang an der Uafallstelle vollständig unterbrochen, nach Errichtung eines interimistischen Muldensteges konnte von Bormittag« ab wenigsten- der Personenverkehr durch Unsteigen wieder aufge- nommen werden. Die Räumung de- Bahnkörper- dürfte längere Zeit in Anspruch nehmen. Leider ist bei dem Unfall; der in Schwarzenberg stationierte Bremser Dittrich zu Schaden gekommen, doch sollen die Verletzungen desselben glücklicherweise nur leichter Natur sein. — Schandau, 25. F-br. Im Laufe dieser Nacht ist dal ElbnS 8 Kilometer oberhalb von hier, Aus Haus und Stadt vor 25 Jahren. Allerlei Unpolitisches von Leopold Sturm. (Nachdruck «rlote«.) Wie vor fünfundzwanzig Jahre» der große Nationalkrieg tapfer ausgefochten wurde vom glor reichen Anfang bi- zum glorreichen Ende, da- weiß das junge Deutschland au- zahlreichen Schilderungen nun ganz genau. Minder aber genau weiß eS, wie eS vor dem Kriege in Haus und Stadt, im bürger lichen und Familienleben stand, und da- ist begreif lich, wenn man sieht, wie selbst Leute von vierzig Jahren schon vieles von dem vor 1870/71 gewisser- maßen wie durch einen Schleier sehen. Seit dem großen Jahre ist eine so gewaltige Aenderung in unseren Lebensverhältnissen eingetreten, daß die Er innerung an das „Früher" dem zeitgenössischen Ge schlechte stark verblaßt. Die Zeit vor 1870 erscheint schon Manchem, wenn gerade die Red- drauf kommt, als ein Stück der guten, alte» Zeit Etwa zehn Jahre vor dem deutsch-französische» Kriege begann eS sich überall im deutschen Vater- lande zu rühren und ein erhöhter Eiser für die öffentlichen Angelegenheiten sich zu zeigen. Die Jahre 1864 und 1866 thaten das Ihrige dann dazu. Auch im Handel und Gewerbe ging eS lebhafter zu, and als dann die Einführung der Gewerbefrei- hett erfolgte, wurde ein goldenes Zeitalter voraus gesagt, welche- dann allerdings nicht erschienen ist. Die Zahl der täglich erscheinende» Zeitungen war nicht besonder- groß, und auch die Summe derer, welch« zwei oder dreimal tu der Woche er ¬ schienen, nicht zu bedeutend. Der Buchdrucker hatte nicht bloS bis zum Eintritt der Sewerbefreiheit eine strenge Prüfung zu bestehen, er hatte auch einen beträchtlichen Zeitungsstempel zu entrichten, der übrigens auch im neuen deutschen Reiche noch «ine Reihe von Jahren bestanden hat. Bei der weitaus größten Zahl der Leser war trotz alle» gesteigerten politischen Jntereßes der In seratenteil der Zeitung doch ihr geschätztester Teil. Wenn ein Portemonnaie verloren oder gefunden war und ein neues Dienstmädchen gesucht wurde, so war das Ereignis von intimste» Retz, und gar von einer Honoratioren-Verlobung sprach eine Mittelstadt acht Tage. Geschichten und Dinge aus HauS und Familie erweckten die größte Teilnahme; mehr konnte man noch in der Politik anfmucken, alS in den städtischen Angelegenheiten. Die Herren Bürgermeister regierten mit großer souveräner Machtvollkommenheit und wehe dem, der da rebellische Dinge Vorbringen wollte. Die Stadtverwaltung war sparsam; wa» lange gut gewesen war, konnte und mußte auch fernerhin gut sein. Die neue Beleuchtung mit GaS machte noch nicht gerade allzuvielen Orten zu schaffen, e» fehlte auch nicht an ängstlichen Gemütern, die bei der Kaffeetasse hoch und heilig beteuerten, sie würden keine Stunde länger tn der Stadt bleibe», wenn eine Gasleitung gelegt würde. Daß die ganz« Stadt in die Luft würde fliegen müssen, wenn e» einmal eine so leicht mögliche Ex plosion gab, war doch selbstverständlich. Wozu denn auch da» GaS? Die hohe», seltsam geformten Messtnglnmpe» für da» heimische Oel an der LaudeSgrettze bei Riedrrgruob. abermals zum Stehen gekommen. Durch diese» Ereigni» ist der Elbschiffahrt ein entschied«»«» Halt grbolt« worden. Da aber die Nacht- und Tage«temperatur hier eine beständig niedere ist, so erhalte» dieser neue und auch der bei Aussig bestehende Eisschutz eine ent sprechende Festigkeit. — Ein Muster deutscher Rechtschreibung und deutsche« Stil« ist zweifellos nachstehender Brief, de« jetzt der Löbauer „Postillon" veröffentlicht: „D . . . . d. 10. Main 186 . Groß Schweinitz 6 Pautzen. Liber Herr Gemeinde forftand Jg Ersuge Hir ein ein Soldat Körnd, indäm das ich da« er fahren habe, Tiser Soldat Körnd au« Gr. . . An Erklagn, MuS Beim Henn Gemeinde for Stand» Ob Tiser Körnd, Tis«, ferlaßrnrn Schulden Täten, wolle, oder uigd. sonst sein «ihr gezwungen, durch da» Gerigt» Amt Bautzen zu Er ¬ langen, in dem da» er sich ziemlich Tibstählig be- drage.» Had, sei« bedrag fon Schulde« wagd 4 tal. 27 ngr. Nun möge ig Tiseu Gemeine, For Stand bitten ob, er «» ihn Wolle in Köndni» setzen oder nigd, so möge ich in bitten, um sofortige Nagrigd, zu erwaöd August M au» D . . . . kirchgaffe No. 83." — Leider ist nicht mehr zu er mitteln, ob dieser geharnischte Mahnbrief den „zimlig Tibstähligen" zum „Täken" seiner „ferlaßenen Schul den" vermocht haben wird. 8 Die Medaille für die internationale JubiläumS- Kunstausstcllung Berlin 1896 wird gegenwärtig vom Bildhauer Paul Schulz nach seinem preisgekrönten Entwurf auSgeführt. Zu dem Wettbewerb waren 150 Skizze« eingegangen, von denen fünf prämiiert wurden. Der Kaiser, dem die Arbeiten vom Kultus minister vorgelegt wurden, hat den Entwurf von Paul Schulz zur Ausführung bestimmt und mit eige ner Hand an den tn Plastelina hergestellten Reliefs interessante Aeuderunge« vorgenommen. Die eine Seite der Medaille zeigt nebeneinander die lebens vollen Profilbildniffe des Kurfürsten Friedrich III. und Kaiser Wilhelms II. Während da» Relief de» Kurfürsten und ersten Königs flacher gehalten ist, tritt daS Bild des Kaisers bedeutsamer hervor; da» über die Uniform gelegte Gewand schlingt sich durch die Kette deS Schwarzen AdlerordeuS. Ein Lorbeer zweig schließt sich unten an da» Doppelporträt an. Der Kaiser trug ursprünglich auf dem Entwurf große General-uniform; diese hat er geändert und persön lich den Küraß der GardeS da CorpS mit dem ent sprechenden Kragen hineingezeichnet. Die von der Ausstellungskommission angegebene Unterschrift, welche die Bezeichnung der Ausstellung enthielt, hat der Kaiser hier gestrichen und dafür hingeschrieben: Wilhelm II. — 1696-1896 — Friedrich I. Be merkenswerter sind die Aenderuogen auf der Rück seite. Hier sieht man auf einem Block sitzend die Idealfigur der Kunst, wie sie die Augen sinnend in die Ferne richtet; die linke Hand hält die Palette, während daS Künstlerwappea an dm Sitz gelehnt ist. An die Stelle de« LorbeerkranzeS, deu die rechte Hand trug, hat der Kaiser die FriedenSprlme gesetzt und dafür mit dem Kranze da» Haupt der Kunst geschmückt. Außerdem hat er vor der Figur eine» malerischen Hintergrund skizziert, bestehend in der Schloßkuppel, die von Sonnenstrahlen beleuchtet wird, und einem Adler, der seine Schwingen hoch in die Lüfte hebt. Auf der Seite de» Blocks soll jetzt der Titel der Ausstellung verzeichnet werde«. Die Um schrift de- ReoerS lautet: „Zur Feier de» 200jäh- rigen Bestehens der königlichen Akademie der Künste". 8 Gera, 25. Febr. Auf der sehr belebte» Sorge versuchte gestern abend in der achten Stunde ein unbekannter, großer, starker Mann einem etwa waren vor noch nicht ga, so langer Zeit erst durch die Petroleumlampen verdrängt, und nun schon wieder eine Neuerung? DaS hatte doch keinen anderen Zweck, als de» Nachtschwärmern ihr Treiben zu erleichtern, statt daß dieselben zum warnende» Beispiel erst recht hätten HalS und Beine brechen sollen. Hier und da gab es GaS, da und dort Wie man eS ab. Die freiwillige» Feuerwehren fingen an, sich in größerer Zahl za bilde« oder ihre Bildung vorzu» dereiteu. Bei de« Feuerlöschwesen lag manch«- im Argen, und wenn eS einmal brannte, floß verhält nismäßig da- gebrannte Wasser für die Kehlen reich licher, als da-Spritzwaffer für das Feuer. Aber e» brannte auch nicht so oft. Wenn eiumal Spritzrnprobe war, wozu der Herr Bürgermeister sei»« feierlichste Amtsmiene aufsetzte, so war das ein Fest für die ganze Stadtjugend. Ohne tüchtig durchgeweicht zu sei», kam man ganz sicher nicht nach HauS, und die löblich« Polizei hatte ihre Arbeit, die Bengel- von den Spritzenschläuche» herunterzubriugen. Die Polizei sorgte nach bestem Wissen und Ge wissen und in aller Seelenruhe für da- Wohl der Stadt. Eine» schneidigen Polizeikommiffar gab e» nur tn größere« Städte«, und auch da noch nicht einmal immer, und die Herre» Polizeiwachtmeifter und Polizeisergeante» waren keine Uumeusche». Wen» «S ohue Anzeige ging, um so besser. Die Bäuchlein de, Mitglieder der heiligen Her- ma»dad war«» «eist »ohlgeruudet, dafür aber befan den sich in den blaue» AkteufaSzikel« «vier de« Ar»