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20 Stahl und Eisen. Bericht an die am 20. Dez.1902 dbgehaltr.nn Hiiiptversammlnng u.s.w. 23. Jahrg. Nr. 1. steigenden Reservefondszinsen in Anrechnung, die übrigen 4 Millionen Mark müssen dagegen durch alljährliche Umlage aufgebracht werden.“ Gegen diese in § 34 des Gewerbe-Unfallver sicherungsgesetzes vom 5. Juli 1900 enthaltene Bestimmung nimmt die Bewegung gewerblicher Kreise immer gröfsere Dimensionen an. Der bisherige Weg des Umlageverfahrens zwecks Er höhung der Reservefonds wird also jetzt zu Gunsten des Deckungsverfahrens aufgegeben. Eine Eingabe des „Verbandes der deutschen Berufsgenossenschaften“ legt die Gründe für und wider erschöpfend dar. Danach wird mit Recht die Frage aufgeworfen, wozu denn das Deckungs kapital dienen soll. Solle es den Rentenempfängern eine gewisse Sicherheit dafür geben, dafs sie tatsächlich ihre Rente bekommen? — Man sollte doch glauben, dafs die deutsche Industrie dauernd leistungsfähig genug ist, die Verpflichtungen, die sie durch das Gesetz übernommen bat, auch ohne weitere Rücklage von Kapitalien unter allen Um ständen durchführen zu können. Dies geht aus dem Geschäftsbericht des Reichsversicherungsamtes hervor. Die Gesamtsumme der gezahlten Ent schädigungsbeträge hat bei der Unfallversicherung periodische Steigerungen aufzuweisen gehabt. Dies mögen folgende Zahlen veranschaulichen: M M 1886 1 915 366 1894 44 281 736 1887 5 932 930 1895 50 125 782 1888 9 681 447 1896 57 154 398 1889 14 464 303 1897 63 973 548 1890 20 315 320 1898 71 108 729 1891 26 426 377 1899 78 680 633 1892 32 340 178 1900 86 649 946 1893 38163 770 1901 100 022 511 (vorläufig). Aber eine während der Beratung des Gesetzes verfafste Denkschrift der Regierung suchte den Nachweis zu führen, dafs bei der Fortdauer des jetzigen Umlageverfahrens die Unfallversicherungs beiträge in den gewerblichen Berufsgenossen schaften bis zum Beharrungszustand durchschnittlich für jeden Versicherten auf rund 20 •46 steigen würden. Diese Belastung würde für die Industrie unerträglich sein, und man müsse deshalb bei zeiten darauf Bedacht nehmen, so grofse Reserven anzusammeln, dafs aus deren Zinsen der Betrag, der 1646 pro Kopf der Versicherten übersteige, gedeckt werden könne. Die Gesetzesvorlage, die der Industrie eine Last von mehr als 400 Millionen auferlegte, wurde s. Zt. im Reichstage fast ohne Debatte genehmigt. Die Industrie wurde, man darf sagen, überrumpelt, bevor es ihr möglich war, Stellung zu dieser Frage zu nehmen, da der diesbezügliche Antrag in der Kommission plötzlich auftauchte und in kurzer Zeit Annahme fand. Der allgemeine Unwille über die Mehrbelastung, die man der Industrie durch den § 34 des Gewerbe-Unfallversicherungsgesetzes auferlegt hat, ist um so begreiflicher, als die wirtschaftliche | Entwicklung sich gegenwärtig in absteigender Linie bewegt und die einzelnen Betriebsunternehmer deshalb doppelt schwer betroffen werden. Sonstige Arbeiten, welche die „Nordwestliche Gruppe“ erledigte, betrafen wieder Zollrück vergütungen bezw. den zollfreien Ver edelungsverkehr. Aus den von ihr mehrfach dargelegten Gründen verhielt sich die „Gruppe“ solchen Anträgen gegenüber stets ablehnend, um einer Durchlöcherung des Zolltarifs vorzubeugen. Andrerseits wird die Gewährung von Zoll rückvergütungen beim Export deutscher Fabrikate von vielen Seiten immer dringender verlangt. Für einzelne Industriezweige sind deshalb Rück vergütungen schon gewährt worden; einer Aus dehnung auf alle zur Ausfuhr gelangenden, unter Verwendung zollpflichtiger ausländischer Rohstoffe und Halbfabrikate hergeslellten Erzeugnisse steht auch hauptsächlich das Bedenken entgegen, dafs im fertigen Fabrikate Roh- oder Halbstoff nicht mehr erkannt und deshalb ein Mafsstab für die Rückvergütung nur schwer gewonnen werden kann. Unterandermhatte der „Kölnischen Zeitung" zu folge der preufsische Minister für Handel und Gewerbe den zollfreien Veredelungsverkehr in Weifsblech auf Antrag der Brandenburgischen Handelskammer genehmigt, wie es scheint, durch die Tatsache gedrängt, dafs der gleiche Veredelungsverkehr in zwei anderen Bundesstaaten bereits bestand. Dieses Vorkommnis zeigt einerseits, wie notwendig eine einheitliche Regelung des zollfreien Ver edelungsverkehrs für ganz Deutschland ist, und bietet andrerseits den Beweis dafür, dafs der jetzige Minister für Handel und Gewerbe die Praxis seiner Vorgänger, sich über derartige Zu lassungen des Veredelungsverkehrs zunächst bei den wirtschaftlichen Körperschaften zu erkundigen, aufgegeben zu haben scheint. Die „Nordwestliche Gruppe“ beschlofs daher in der Sitzung vom 10. Juli 1902, bezüglich des Veredelungsverkehrs mit Weifsblechen Erhebungen bei den ihr ange hörigen Werken zu veranstalten und deren Er gebnisse dem Herrn Minister für Handel und Gewerbe zu unterbreiten. Das Material unterliegt zur Zeit der Bearbeitung. An Fragen der Steuerpolitik sind zu nennen: 1. die Besteuerung des Agiogewinnes bei der Neuausgabe von Aktien, 2. die Besteuerung von Abschreibungen der Aktiengesellschaften und 3. die Doppelbesteuerung industrieller Werke durch die Handelskammern einerseits und die Handwerkskammern andrerseits. Zu der erst genannten wurde angesichts der nunmehr über einstimmenden Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Preufsischen Oberverwaltungsgerichts fest gestellt, dafs hier ein deklaratorischer Beschlufs vorliegt, der die in Betracht kommenden Werke veranlassen müsse, nunmehr ernstlich an die Frage heranzutreten, ob eine Zurückzahlung zu Unrecht erhobener Gelder im Wege des ordentlichen Prozefs-