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Frankenberger Tageblatt Bezirks- Anzeiger MM flr dir MMe AWiPlmmisHllst IW, da; MM MMt and dm Mral zil IMMg i. Kl». Ich tsssy Dich sicht Original-Roman von H. Court HL-Makler « (ttaa>L»ul vrcdateoj Während sich die Familie des Fürsten ttalnoky auf die sem Hofball befand, fuhr unter der Einfahrtshalle vor dem Palai» Kalm'y ein Wagen vor. Diesem Wc M entstieg Fräulein Elisa Helbig, dir neue, deutsch« Gesellschafterin TaijanaS. Elisa Helbig war Waise, die Tochter eines Ingenieurs, der früh gestorben war an den Folgen eines Sturzes von einer Brücke, bei deren Bau er beschäftigt war. Er hatte Weib und Kind in ziemlich bedrückten Verhältnissen zurück- gelassen. Eine keine Pension gestattete ihnen nur ein sehr bescheidenes Leben. ElisaS Mutter war eine Russin, die ihren Vater kennen gelernt hatte, als sie in Berlin studierte. Das Studium hatte sie aufgegeben, als sie sich verheiratete. Auch die Mut ter hatte Elisa schou verloren, als sie kaum achtzehn Jahre alt war. Sie stanb nun so ziemlich allein in der Welt. Ihre einzigen Verwandten waren eine Kusine ihres Vaters und deren Sohn, ein junger Arzt. Diese beiden Menschen hatten ihr sn liebevoller Weise eine Heimat geboten; aber der junge Arzt liebte Elisa und begehrte sie zur Frau. Da sie diese Liebe nicht erwidern konnte, und ihrem Vetter, Ernst HrinziuS, dm sie wie rinm Bruder schätzte, die Seelenruhe nicht durch ihre Anwesenheit trüben wollte, stellte sie sich auf rigme Füße. Sie hatte'eine vorzügliche Erziehung genossen. Außer Französisch und Englisch beherrschte sie auch die russische Sprache, die Sprache ihrer verstorbenen Mutter, vollständig. Der letzte Umstand verschaffte ihr die Stellung als Gesell schafterin bei einer in Berlin lebenden russischen Aristokratin. Bor kurzer Zeit hatte sich aber diese zum zweiten Mal ver heiratet und bedurfte ElisaS Gesellschaft nicht mehr. So wurde denn Elisa von ihrer früheren Herrin der Für stin Kalnoky empfohlen, und von dieser unter günstigen Be- dingungen engagiert. Maria Petrowna wußte zwar, daß Elisa ein sehr schönes Mädchen sein sollte. Schwerlich hatte sie jedoch eine Ahnung, daß die junge Deutsche eine große Schönheit war. Elisa besaß eine herrliche, jugendkräftige Gestalt von jmer regelmäßigen Schlankheit, die doch alle Linien drS Körpers in edler Rundung hervöttreten läßt. Wundervoll« schwirr Flechten in einem satten, warmen Goldton ziert« das feine Köpfchen, das st« leicht und anmutig auf den Schultern trug. DaS fringeschnittene Gesicht war von einem süßen Liebreiz beherrscht. Große, dunkelblaue Veilchenaugen, die in der Er regung fast schwarz erschienen, blickten beseelt und dach klar und lebensfrisch in die Welt, und verrieten eine zielbrwußte, gefestigte Persönlichkeit. ES war ein kalter strenger Winterabend, als Elisa in Petersburg eintraf. Ein Wagen hatte für sie am Bahnhof bereit gestanden. Und nun betrat sie mit der erwartungs vollen Unruhe, die ein Wechsel im Leben mit sich bringt, das imposante Vestibül im PalaiS Kalnoly. Gn Diener nahm sie in Empfang. Er schien auf ihr Kommen vorbereitet zu sein. Dennoch zuckt« es in seinem unbewegtm Lakaiengrsicht einen Augenblick wir Ueberraschung auf. So viel Schönheit und Liebreiz bei einer Gesellschaf terin erschien ihm unerlaubt, jedenfalls unpassend. Er führte die Angekommene zunächst die breite Marmor- treppe empor, die aus dem Vestibül in die oberen Etagen führte. Dann ging eS durch scheinbar endlose Gänge und Säle in den Seitenflügel des PalaiS, wo der neuen Gesell schafterin zwei Zimmer angewiesen wurden. Dies« Zimmrr Warrn geräumig und hoch. Elisa sah sich rntzückt darinnrn um. Für ihre Begriffe waren sie sehr vor nehm und elegant eingerichtet. Auf dem langen Weg durch den Palast hatte sie freilich schon bemerkt, daß derselbe mit wahrhaft fürstlichem Glanze ausgestattet war. Daß aber auch ihre Zimmer so schön und behaglich sein würden, hatte sie nicht erwartet. Der Diener teilte ihr mit, daß die fürstlichen Herrschaften sich auf dem Hofball befänden und daß Ihre Durchlaucht, die Fürstin Maria Petrowna, ihm befohlen habe, die junge Dame auf ihre Zimmer zu führen und sich nach ihren Wün schen zu erkundigen. Auch daß sie die Fürstin erst am andern Morgen empfangen würde, teilte er ihr mit. Inzwischen waren ElisaS Sachen heraufgebracht worden. Sir bat um einen Imbiß und rin Glas Ter. In kurzrr Zrit wurde ihr von einem anderen Diener eine appetitlich hergerichtete Platte gebracht. Der kleine runde Tisch in ihrem Wohnzimmer wurde zierlich gedeckt und mit hübschem Gerät besetzt. Ein kleiner Teekessel mit Zubehör gehörte auch dazu. Ans der Platte befand sich verschiedenes kaltes Fleisch und auch ei« warmes Gericht. Schweigend und mit würdevoller Miene ordnete der Diener alles geschickt und ohne Geräusch. Dann verschwand er mit einer wortlosen Verbeugung, wobei er die Arme ineinander legte. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Roßberg tn Frankenberg,i. Sa. — Druck und Verlag von E. G. Roßberg in Frankenberg i. Sa. 144 Donnerstag, »e« 2S. Juni 1014 73. Jahrgang - Mbrmien Die Not des Fürst« Wilhelm steigert sich von Tag zu Tag. Die von ihm zur Einkreisung drr Rebttlm auSgesandtrn Hilsstruppen unter Prenk Bib Doda, Achmet Bey und Aziz Pascha verhalten sich vollkommen untätig, Sie versprechen sich von einem Einvernehmen mtt den aufständischen Türk« offenbar mehr Vorteil, als von der Verteidigung des Fürste« Wilhelm, dessm Unglück dadurch noch vergrößert wird, daß «S ihm an Geld fehlt. Die Mächte halt« dem Fürst«, als dieser noch Prinz zu Wied war, ein Darlrhn von 20 Mil- lionen Mark in Aussicht gestellt, säumen jetzt jedoch, dem Bedrängten das Geld zur Verfügung zu stellen. Der Fürst ist infolgedessen in di« äußerste Verlegenheit geraten, da er die Gendarmerie und die in sein« Diensten stehend« Alba nier nicht bezahl« kann. Kommt nicht bald finanzielle Hilfe, so verlassen ihn auch die letzten seiner Getreuen. Wie ernst die Lage jetzt ist, geht auch daraus hervor, daß der Fürst Ein paar hundert Schritt« von der Küste entfernt war in einem Boot ein Gewehr losgegangen und hatte die Dänen alarmiert, die aus ihrer schweren Rönhof-Batterie und auS den Küsten-Geschützen sofort das Feuer eröffneten. DaS «in« Füsilitr-Bataillon halt« in drr «rstrn Stund« «in« schwer« Stand, zumal bei der herrschenden Dunkelheit di« d«utschrn ! Geschütze auf der anderen Seite des Sundes nicht eingreifen konnten, well sie befürchten mußten, die eigenen Leute zu treff«. Dann aber landeten die Kolonnen auch an den an deren UebergangSpunktm, und bei grauendem Tage nahmen !die preußischen Geschütze da- Feuer auf. Nach 4 Ubr früh ? waren die erst« Kanonen nach Als« hinübergeschafft, die nun den dänisch« antwortet«. Zum Glück wurden nur wenig« mit Trupp« besitzt« Boote von feindlichen Kugeln zerstört. Raß bis auf dk Haut kamen die Angriffskolonn« anS Land, um sich dann sofort auf den Gegner zu stürz«, der seine Stellung« durch Verhaue und Zäune nach Kräften un wegsam gemacht hatte. In wütendem Handgemenge mußt« die Angreifer sich halt«, bis es ihnen nach und nach gelang, ! Terrain zu gewinn« und den Feind nach Süd« zurückzu- drängrn. Auch das vielgmannte dänische Panzerschiff „Rolf Krake" mischte sich in den Kampf ein, mußte sich aber bald, da nun die gesamten, am Westufer des Sundes gelegenen preußischen schweren Batterien ein vernichtendes Kreuzfeuer eröffneten, zurückziehen. Zu einem wütend« Gefecht kam eS bet dem Otte Kjär und in seiner Umgebung, wo die Dänen zu einem energischen Gegenstoß eingesetzt und sich äußerst tapfer geschlagen hatten. Aber aller Heldenmut konnte das V .rhängniS nicht aus halten, die nächtliche Ueberraschung war im ganz« doch zu > gut gelungen, als daß sie hätte wettgemacht w rdm können. Der zu firgeSgewisse dänische General Steinmann mußte sich überzeugen, daß die Insel Alfen von ihm nicht mehr behauptet werden könne, und um 6 Uhr früh depeschierte er an das Hauptquartier nach der Insel Fünen, daß Als« verlor« fei, und bat um Schiffe, um seine Truppen forttranSportier« zu können. Bald darauf drangen die Sieger so schnell vor, daß die Dänen da» große Barackenlager btt Uelkrbüll in Brand setzten, um seinen Inhalt nicht in die Hände des Feindes fallen zu lassen, der aus seinem Vormarsche schon zahlreiche Gefangene gemacht hatte. Mehrere Kriegsschiffe eröffneten von der Augustenburger Föhrbe noch ein Geschützseuer, aber sie konnten nichts mehr auLrichten. In der elstm Vormittagsstunde erlosch die Blutarbeit; die starke Festung Sonderburg, ^ie von den Dänen geräumt und von ihr« meisten Bewohnern verlassen war, brannte an verschied«« Stellen. Ihre Besatzung zog sich mit den übrig« Rest« der dänisch« Regimenter nach KekeniS an der Südküste von Als« zurück, wo sie die Transportschiffe be stieg«, welche sie nach Fünen trug«. Die Einschiffung er folgte unter dem Schutze der schweren dänisch« Schiffsgeschütze und Landbatterirn. Der preußische Verlust war geringer, als die Sieger selbst anfänglich angenommen hatten, er betrug etwa 33 Offiziere und 340 Mann. Die Dänen halt« mtt den Gefangenen an 4000 Mann verlor«, dazu wett über 100 Geschütze und viel Kriegsmaterial. Dieser Wafferkampf, der von Landtruppm so ruhmreich auSgefübrt worden war, machte dem Feldzug ein Ende. Im späteren Friedensvertrage ward Schleswig-Holstein der gemein sam« Verwaltung der beiden Staaten Orsterrttch und Preußen, die zusammen den Krieg geführt hatten, übergeb«. Dies« Zustand dauerte bis 1866, wo drr Feldmarschallrutnant von Gablenz, der noch im gleich« Sommer mit der preußisch« Garde bei Trautenau in Böhm« rin hrftigrS Gesicht bestand, mtt seinen Oesterreichrrn das meerumschlungene Land, das unS die Kaiserin Auguste Vittoria geschenkt hatte, verließ. Di« Thronansprüchr des Herzogs von Augustenburg, deS Vaters der heutigen Kaiserin, wurden nicht aufrecht gehalten, Schleswig-Holstein ist mit Preußen vereinigt. Ende dkser Wochr und nächsten Sonntag werd« dir Brteranm von Als« zur Grdmkfttrr auf der Insel vereint sein. 9« Orbeigans »acd M« Einzig in der ganz« neuer« deutschen Kriegsgeschichte ist der vor 60 Jahr« in drr Nacht vom 28. zum 2S. Juni 1864 erfolgte Uebergang der preußischen Trupp« nach der Insel Als« und die Eroberung dieses Eilandes, womit der deutsch-dänische Krieg von 1864 seinen Abschluß erreichte. Am 18. April 1864 warm die Düppelrr Schanzen mit Sturm genommen Word«, aber die sich daran knüpfend« lang« FriedenS- verhcndlungrn blieben erfolglos. Die Dänen behauptet« noch die an drr Ostküstr von Schleswig-Holstein gelegenr, stark besetzt« und befestigt« 10 Kilomttrr lange Insel Als«, die vom F«stland durch dm im Nordm vier Kilometer breiten, im Süd« sehr schmale« Alsengrund getrennt ist. Sie glaubten, diese Insel halt« zu können, da auf feindlicher Seite keine Kriegsschiffe von Bedeutung vorhanden Warrn, und sich rin« BootSflottillr von dm zahlreichen eigenen Geschützen leicht hätte zusMmmschieße« lassen. Die Preußen, etwa 16000 Mann stark, wurden vom General Herwarth von Bittenfeld befehligt, dem ursprünglich an dieser „Wassergeschichte" wenig gelegen war. AIS der geistige Urheber dieses Wagestücks ist der Generalstabschef v. Blumenthal, drr nachmalig« Fttdmarschall anzusihm, dir dem Ches des Großen Generalstabs in Berlin, dem Freiherrn v, Moltke, direkt seinen Plan unterbreitete. Auf Moltkes ViMlassung bekam dann Herwarth v. Mttmfrld dm direkten Insel wrgzunehmen, und so mußt« der Angriff uuZmMmen werden. Auf vier Stell« sollt« d«r U«b«r- gang giwagt wrrdrn, für drn nah« an 200 Boote und Pon tons zusammmgebracht waren. Moltke war selbst zugegen; seelLi.mhig spielte er am Abmd vorher seine Pattie Whist. Das btt der stark« Artillerie-Besatzung der Insel gefähr liche Stück wurde durch die übergroße Zuversicht des dänischen Befehlshabers, General Steinmann, der über 11000 Mann verfügte, und durch das Wetter begünstigt. Im Gegensatz zu dm sonst im Sommer sehr Hellen Nächten war die zum 29. Juni dunktl, so daß ein Uebrrblick über den Sund nicht möglich war. Um in die Boote zu gelangen, mußten die Mannschaft« vielfach im Wasser Waben, wobtt sie alle Sorg falt darauf verwenden mußten, di« Patronen trocken zu halten. Um 1 Uhr früh trat vom Satruper Holz, gegenüber dem Norden drr Insel, die erste Bootsflottille ihre Fahrt an; die Füsilier« d«s 64. R«gim«ts warrn an der Spitze und lan deten 10 Minutin nach 2 Uhr auf drr Insel. Auch hier m»ßte der Rest des Weges im Wasser durchwatet werden. Elisa hatte sich inzwischen in dem anstoßend« Schluß zimmer vom Reisestaub gesäubert und setzte sich nun an de" einladmd hrrgrrichtetm Tisch. Behaglich sah sie sichimZim' mrr um und sondierte dann mit lachendem Blick, was man ihr vorgesetzt hatte. Der Teekessel summte gemütlich, als wollte er sie willkommen heißen. „Hunger werde ich hier anscheinend nicht leiden müssen", dachte sie befriedigt und langte mtt dem gesund« Appetit der Jugend zu. Gottlob, die beschwerliche Reise lag hinter ihr; und dieser stolze Palast sollte nun ihre neue Heimat sein. Elisa war ein selbständiges, mutiges Mädchen. Ganz auf sich allein angewiesen, wußte sie, daß sie in jeder Lebenslage für sich einstehen mußte. Ihre frühere Herrin, die sehr gütig zu ihr gewesen war, hatte ihr versichert, daß sie in der fürstlich« Familie eine sehr angenehme Stellung haben würde. Ohne lange- Be sinn« hatte sie eingewilligt, nach Rußland zu geh«. Sie besaß ein« gesunden, durchaus abgehärteten Körper, und eS lockte sie auch, einmal im Auslände ihr Glück zu versuch«. Sehr zufrieden und behaglich saß sie nun in dem gut durchwärmten schönen Zimmer und wünschte sich nichts des« sires, als daß sie eS recht lange bewohnen möchte. Als sie gespeist hatte, packte sie ihre Sachen aus und richtete sich wohnlich in ihrem Keinen Reiche ein. Der Dimer räumte das Geschirr ab und fragte, ob das Fräulein noch weitere Wünsche habe. Sie verneinte freundlich, aber mit der ruhigen Zurückhaltung, die sie sich im Verkehr mit der Dimerschast angewöhnt hatte, denn sie wußte sehr gut, daß sie sich weder zur Herrschaft noch zur Dienerschaft zu zählen hatte, und ihr Taktgefühl ließ sie nach oben und untm stets dm rechten Ton finden. Sie bat nur, daß man ihr am nächst« Morgen rechtzeitig melden möchte, wann sie die Fürstin zu seh« wünschte. Nachdem st« mit AuSpacken fertig war und ihre leeren Koffer hinter einer spanische» Wand im Schlafzimmer geborgen hatte, begab sie sich, müde von der Reise, zu Bett. ä« lachte in sich hinein, als sie in dem großen, mäch tigen Himmelbett fast verschwand. Es war so breit, daß sie bequem kreuz und quer hätte liegen können. „So Vitt Raum zum Schlafen hat i». Berlu oft kaum eine ganze Bürgerfamilie", dacht« sie. Aber si« fand die ge räumige Bettstatt recht angenehm. Ehe sie einschlief, sagte sie aufatmmd vor sich hin: „Nun hilf, lieber Gott, daß ich hier meine Pflichten recht erfüllen kann." Fortsetzung folgt.