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Freitag, den 1. Juli L8V8. 57. Jahrgang. -U^L -V) ' « Bezirks- AKW-Anzeiger AmtMattderKöniglichen Amtshauptmannschaft Flöha, des Königlichen Amtsgerichts und desStadtrats zu Frankenberg. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Roßberg in Frankenberg i. Sa. — Drink und Verlag von E. G. Roßberg in Frankenberg i. Sa. Anserat-Hedüßren: Lluspaltige Petit. Zeile oder deren Raual tOPs.; im amtlichen Telle pro Zeile Hl) Ps.: „Eingesandt" und Reklame unter dem Redaktionsstrich 85 Ps. — Komplizierte Inserate nach beson derem Tarif. — Für Nachweis und Ossecten - Annahme werden pro Inserat LSPs.extra berechnet Heuden Tag. Brei» ptertelMrlich 1 R. bo Pi. monatlich SV Pb, Eluaelnummer SPs. Veftellun-en vnde» t» unsere» SeschäftSst^e, von de» Boten und Au«, --bestell»«, sowi- M-Postanfialten angenommen. An die geehrten Keser und Inserenten des „Frankenberger Tageblattes!" Nachdem wir in den letzten Tagen unsem geehrten Lesern die Mitteilung machten, daß das „Frankenberger Tageblatt" vom 1. Juli an in erweitertem Format erscheinen wird, ohne daß eine Preiserhöhung damit verbunden sein soll, überreichen wir hiermit die erste Nummer des Blattes im neuen Gewand. Wir hoffen, daß wir durch das neue Format und die Wahl eines vom bisherigen Druck abweichenden SchristenmaterialS — welche beide Punkte eine vollständige Umwandlung im technischen Abriebe unserer Druckerei herbejsührten — die Befriedigung unserer werten Leserschaft finden werden, umsomehr, als die jetzige Ausstattungswcise uns ermöglicht, des eigentlichen „Lese stoffe-" mehr al- bisher zu bieten. Wir werden durch sorgfältige Ausgestaltung der Rubriken „Sächsischer", „Tagesgeschichtliches", „Vermischtes", als auch des Unterhaltungs-Teiles bemüht sein, all« Ansprüche zu erfüllen, welche an ein gutes Provinzialblatt gestellt werden. Das so beifällig aufgenommene „Feuilleton" wird auch fernerhin täglich erscheinen und beste Romane und Novellen anerkannter deutscher Schriftsteller den Lesern bieten. So gehe denn unser Blatt, ein seit 56i/z Jahren in Frankenberg und Umgebung festcin- gebürgerter Hau-freund, in seinem neuen Gewand hinaus, bringe allen treuen Lesern einen freund lichen Gruß und werbe zu den alten Freunden noch zahlreiche neue Gönner in Stadt und Land! Wir werden alle- daran setzen, uns das im Laufe der Zeit gewonnene Wohlwollen auch ferner zu erhalten. Das neue Format bedingt auch eine Umgestaltung des Inseratenteiles und so wird von jetzt an die Breite in fünf Spalten geteilt werden, für die Lspnltlx« kVarniLl seE» »vn 54 inm Breite aber der bisherige billige Preis von LV L»L. beibehaltcn werden. Jnserataufnahmen in dem nur einmal gespaltenen HiLv", den wir nach wie vor für die Ankündigungen der Reichs-, Königlichen und städtischen Behörden, wie der Gemeinde-, Kirchen- und Schulverwaltungen bereithalten, werden mit SV L?L. pro Zeile von 138 runi Breite berechnet werden. In der Rubrik Ltmgvsapckt und ILvI^Lnrnv unter dem Redaktionsstrich (SV nun breite Zeile) kostet die Zeile SS I?O. Inserate bei kompliziertem und tabellarischem Satz mit Ausschlag nach besonderem Tarif. — Bei umfangreicherer Insertion räumen wir wie bisher auch fernerhin Vorzugsbedingungen ein, die sich nach dem Umfang der Aufträge, bcz.-nach Zahl der Wiederholungen richten. Wir laden die geehrten Behörden, die Geschäftskreise von Stadt und Land, insonderheit auch die vielen Vereine und Gesellschaften, denen die regelmäßige Ankündigung von Vereinsveisammlungen erwünscht ist, zu recht regem Inserieren in unserem im Amtskreis Frankenberg von Haus zu Haus verbreiteten „Tageblatte" ergebens« ein. Hochachtungsvoll Wedaktton und Expedition des „Arankenverger Tageblattes" Bekanntmachung, die Jnvalidttäts- und Altersversicherung vetr. Es wird von den nach dem Reichsgesetze, betr. die Jnvaliditäts- und Altersversicherung, versicherten Personen beim Wechsel des Beschäftigungsortes häufig unterlassen, die bei den Hebestellen zur Aufbewahrung hinterlegten QlNttMlgskarte» znriirkzuverlangen, vielmehr am neue,« Beschäftignngsorte häufig die Ausstellung einer neuen Ouittungskarte beansprucht, ohne daß des früher bestandenen BersicherungSoerhältniffes und der Thatsache, daß für den Versicherten bereits eine andere Quittungskarte ausgestellt und mit Marken beklebt war, Erwähnung gethan wird. Der Versicherte setzt sich dadurch dem Nachtheile ans, dass ihm die frühere Qnittungskarte und die darin eingeklebten Marken dereinst nicht angerechnet werden. Die Versicherten veranlassen wir in ihrem Interesse, stets auf die rechtzeitig« Zurückforderung der Quittungskarten, sowie Vorzeigung derselben bei der zuständigen Stelle des neuen BeschäftigungS- ortes bedacht zu sein. Frankenberg, am 30. Juni 1898. Der Stadtrath. . vr. Mettig, Bürgermstr. M. BekmmtMLchrmg, die BierOeuer betr. Nach 8 8 des Biersteuerregulativs vom 10. August 1891 ist, jede Privatperson, welche Bier zum eigenen HauSwirthschastsbedarf pon auswärts bezieht, verpflichtet, spätrftSNs «M 3. Tage nach dem Beznge des Bieres dessen Menge und Sorte, sowie die Bezugsquelle desselben bei der Stadtsteuereinnahme anzuzeigcn und gleichzeitig den dafür fälligen Steuerbetrag abzuführen. Steuerhinterziehungen werden unbeschadet der Einziehung der Biersteuer mit Geldstrafe bi» zu 150 Mark oder Haft bestraft. Frankenberg, am 30. Juni 1898. Der Stadtrath. ILr Mettig, Bürgermstr. B. Versteigerung in Äuerswaßde. Freitag, den 1. Juli dss. I., von Nachmittag ^4 Uhr an sollen in Auer-walde 2 Pferde, 1 Halbchaise, 1 Kutschwagen, 1 Marktwagen mit Verdeck und 2 Fahrgcschirre gegen sofortige Bezahlung öffentlich versteigert werden. — SaMMtlort: Rüger's SchaukWirthschaft. Frankenberg, am 27. Juni 1898. Sekr. Müller, Gerichtsvollzieher. Die städtische Sparkasse zu Oederan nimmt stets Spareinlage» in jeder Höhe bei 3, ev. »l/z o/o Verzinsung an. Expeditionszeit: 8—12 Uhr Vor- und 2—5 Uhr Nachmittags an jedem Werktage. Die Kasse cxpcdirt auch schriftlich. Zur ägyptischen Frage. Im englischen Unterhause beantragte am Montag der Kanzler der Schatzkammer Hicks-Beach einen Beschluß, in welchem es für zweckmäßig erklärt wird, daß die im Jahre 1897 der ägyptischen Legierung gewährte Anleihe von 798 000 Pfund Sterling nicht zurückverlangt werde. HickS-Beach hob hervor, die Erwartungen, die an die im vorigen Jahre dargelegte Politik geknüpft wurden, hätten sich erfüllt; das allgemeine Ergebnis sei, daß Friede herrsche von Dongola bis Berber, in Kassala, im Nilthal und in dem ge samten Norhost-Sudan. Handel und Gewerbe lebten sicher, wenn auch langsam, auf. Diese Ergebnisse kosteten nur 1,850000 Pfund Sterling. Der Vormarsch auf Khartum könnte allerdings ernsterer Natur sein, als die bisherigen Operationen, aber Kit chener-Pascha sei auf alle Möglichkeiten vorbereitet, und seine Streitkräfte würden durch eine größere Anzahl britischer Truppen verstärkt, als je zuvor dort verwendet wurden. Ucberdics habe sich die Kraft und die moralische Haltung des ägyptischen Heeres ungemein verbessert, während die Derwische durch die Niederlagen entmutigt seien. Es sei nicht zu erwarten, daß die Notwendigkeit eintreten werd.e, die zum Vormarsche auf Khartum verwandte große britische Streitmacht lange in Khartum oder dem Sudan zu be lassen. Wahrscheinlich werde nur ein kleiner Teil dieser Streit kräfte und nur zeitweilig dort verbleiben müssen. Es seien keine weiteren Operationen in großem Maßstabe, welche große Ausgaben mit sich bringen würden, für die Zurückeroberung der großen Pro vinzen südlich von Khartum beabsichtigt. Es könnten Expeditionen durch eine Kanonenboötflottille von Zeit zu Zeit unternommen' werden, um den Nil und das Innere des Landes, soweit auf dem Wasserwege Handel getrieben werden könne, von jeder Be einträchtigung der völligen Handelsfreiheit frei zu hallen. Auf diesem Wege und durch Herstellung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Stämmen südlich von Khartum und der Verwaltung Khartums werde es möglich sein, diese Gegend zum Segen für Aegypten und England zu erschließen. Die Kosten für den Vor marsch auf Khartum würden auf Million veranschlagt und seien von Aegypten zu tragen. Wenn Aegypten die im Jahre 1897 gewährte Anleihe erlassen werde, könne es diese Kosten tragen. Dann betrage der Beitrag Englands zur Einnahme Khartums wenig über eine Million. — Der Antrag Hicks-Beach wurde schließlich mit 155 gegen 81 Stimmen angenommen. Heiderose. Roman von I. Berger. (Nachdruck verboten.) Der Kurierzug rast« mit unheimlicher Schnelligkeit quer durch da- Land und di« Telegraphenstangen huschten wie Phantome hintereinander vorbei. Einzelne Gehöfte, Türme, Dörfer,, Wälder und Wiesen tauchten auf und verschwanden wieder. Da und dort di« Windung eines Flusses, oder die glänzende Fläche eines SeeS — dann wieder Heide und Moor, während nichts weiter hörbar war. als das dumpfe Stöhnen der Lokomotive, Idas mo noton« Surren der Räder und dann und wann ein greller Pfiff. In einem CoupS erster Klasse lehnte, eine Cigarette rauchend, auf dem weichen Sammetfitze ein junger Husarcnosfizier und blickte unverwandt in die Landschaft hinaus. Er war eipe elegante, schlanke Männrrgestalt. Das feine Oval des ernsten edel- geschnittenen Gesichts war von tiefer Bläffe, aber der Mund lacht« heiter unter dem Launen hochgewirbelten Schnurrbart hervor. Dem Offizier fuhr der Zug viel zu langsam, er sprang un geduldig empor» riß das Fenster nieder und spähte hinaus. 'Nach einiger Zeit setzte er sich seufzend wieder hin, zündete sich eine neue Cigarett« an und träumte mit wachen Augen. Wie lange war er nicht in der Heimat gewesen. Drei ewig lange Jahre. Aber jetzt kam er endlich wieder, geschmückt mit dem Ehrenzeichen, welches der Kaiser ihm für seine tapfere Be teiligung an den Kämpfen in Deutsch-Ostafrika verliehen hatte. Ihn, den Thatendurstigen, hatte eS, als der Aufstand losbrach, Nach d«m schwarzen Erdteil getrieben, wo er unter Wißmanns Führung tapfer gekämpft hatte. Dann aber traf ihn die Kugel des «rbittmten Feinde». Si« war nicht tödlich gewesen, aber sie haü« -ihn auf da» Siechbett gestreckt. Langsam, nur ganz lang sam war die Genesung fortgeschritten, und um völlig gesund zu w«drn, halt« « nach einen Winter in Kairo zubringen müssen. Doch nun durfte er zurückkehren in die Heimat, die er unaus sprechlich liebte. Ein glückseliger Ausdruck verklärte die ernsten Züge des jungen Mannes, ein hoffnungsfrohes Lächeln schwebte uni seinen Mund. Er breitete die Arme aus, als wolle er alles umfassen, was er in Gedanken vor sich sah. Wie würde das Wiedersehn sein mit Vater und Mutter, mit der greisen Großmama und — mit Rose, welche, zwar viel jünger wie er, ihm doch die beste Kameradin gewesen war. Er lächelte leise vor sich hin. Wie das wilde, immer luftige Mädel mit ihm hcrumgestrcift war in Wald und Feld und auf der weiten Heide. Und dann wieder durch die Säle und langen halbdunklen Korridore des alten Herrenhauses. DaS oberste Stock werk mit den unbewohnten öden Stuben, den totenstillen Galerien, hatten sie am liebsten ausgesucht. Dort spann ihre Phantasie manch bunten Märchenzaubcr. Sic wurden niemals müde, die langen Reihen der verblaßten Familicnporträts zu beschauen, die an den staubigen Wänden hingen. Die alten Ritter in fremd artiger Tracht, die Frauen in steifen, mit Juwelen geschmückten Brokatkleidern, die so stumm und wieder so beredt ans den vom Aller geschwärzten Rahmen herausblicktcn. Wenn ihnen die schweigende Gesellschaft nicht mehr behagte, dann eilten sie hinaus ins Freie, wo die Vögel ihre lustigen Lieder sangen. Dann warfen sie sich in das grüne Gras und schauten in den blauen Himmel hinein. Aber die mutwillige Kleine vermochte niemals lange still zu bleiben. Wie silbern ihr Lachen klang, wie ihr Goldhaar flatterte, wenn sic, leicht wie ein Reh, beflügelten Fußes davonflog und sich hinlcr dein alten Hüncngrabc versteckte. Hatte er sie erhascht, dann sahen sic wohl stundenlang unter der großen windzerzauslen Fahre, welche ihre immergrünen Neste wie schirmend über das Grab breitete, und tranken den balsamischen Dust der Heide. Und immer wieder und wieder mußte er ihr da- Märchen von den, alten König und feiner wunderschönen Frau Ingeborg erzählen, die da unter dem gewaltigen Granitstcin begraben lagen. Welch' eine schöne Zeit das doch gewesen war! — Und wie er sich bemüht hatte, der kleinen Gefährtin jeden Wunsch zu er füllen. Sic wußte so süß zu bitten, so neckisch zu schmollen und zu trotzen wie keine Andere. Ja, sie war ein herziges Geschöpf, die Rose, die er vor drei Jahren gekannt und geliebt hatte wie eine Schwester, der er trotz des Unterschiedes der Jahre alles er zählt und anvcrtraut, was seine Seele bewegte. Als er nach glänzend bestandenem Fähnrichexamcn in eine ferne lAiwnison und bald darauf als Leutnant in ein Husarcn- rcgiment cingctrctcn war und Monate vergingen, wo er Rose nicht schri^konntc, da führte er «iw Tagebuch für sie. Er fühlte kein Bedürfnis, sich Herzensfreunde zu erwerben und er schloß sich von jedem intimen Verkehr mit-den Kameraden ab. Viele hielten ihn für hochmütig, aber er kehrte sich nicht daran. Auch als cr nach Afriktz ging, behielt er das Bild der lieben Freundin treu im Herzen.^? Am flackernden Lagerfeuer, wenn er sich todmüde zur Ruhe strikte — im Lazarett, auf seinem schmer zensreichen Krankenlager vergegenwärtigte cr sich ihre liebliche Gestalt. Dann malte cr sich's wohl manchmal aus, wie schön eS sein müßte, wenn das holde Heideröslein die Seine würde. Er glaubte ja das unbestrittene Recht aus sic und ihre Liebe zu haben, lind doch — und doch. Die Vorurteile! Das war's, was ihm trübe Gedanken machte. Ein scharfer Stoß, ein schriller Pfiff rissen ihn jäh und plötz lich aus seinen Tränchen, die ihn ganz umfangen hatten. Der Kuricrzug hielt. „Lüneburg, eine Minute," rief der Schaffner und macht« heftig die Caupüthür aus. Der Offizier rosste sein Gepäck zusammen und stieg schnell auS. Auf dem Bahnsteig stand in ehrerbietiger Halt^M du greis« Diener seines Vaters, den Lackhut in dkl Hand. ' .