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8MBÄU M AWa AMDitNA Nr. 84. zu Nr. 147 des HauPtblatteS. 1927. Beauftragt mit der Herausgabe RegierungSrat Brauße in Dresden. LaMaMerhandlunken. (Fortsetzmrg der 3«. Sitzung von Donnerstag, de« 2». J«»i 1927.) Abg. Wehle (Soz.)t Wenn die Sozialdemokratische Fraktion diesen Antrag eingebracht hat, dessen Gegen- teil seinerzeit von Herrn Abg. Fellisch mit aller Schärfe vertreten worden ist, so beweist da» nur, daß das, was damals für richtig gehalten worden ist, sich eben in der Praxi» al» etwa» andere» herau-gepellt hat. Wir be antragen, daß dieser Antrag dem Recht-au-schuß über wiesen wird, wo wir an reichem Material zeigen werden, daß diese Bestimmung unbedingt einer Änderung be darf. Es hat iich tatsächlich herausgestellt, daß einzelne Paragraphen des neuen Jagdgesetze- ungeheure Härten den kleineren und mittleren Landwirten gegenüber be deuten, die unter allen Umständen im Interesse der Landwirtschaft beseitigt werden müssen. (Bravo! b. d. Soz.) Abg. Schreiber (Mischwitz — Dnat): Der Herr Minister hat die Hoffnung ausgesprochen, daß die SPD. dem Antrag im Rechtsau-schuß vielleicht zurückzieht und auch wir da» mit unserem Zusatzantrag tun werden. Ich möchte dazu fo gendes sagen. Wir stehen nach wie vor auf dem Standpunkt, daß die Wegnahme der Alt- jagdberechtigung ein Eingriff in da» Eigentumsrecht ist und der Verfassung widerspricht, und wir sind nach wie vor der Auffassung, daß eS ein noch größeres Unrecht ist, diese Altjagdberechtigung ohne Entschädigung wegzu nehmen. Wir freuen un», Laß wir jetzt in diesem Kampfe gegen diesen Eingriffen da» Eigentumsrecht in der SPD- Hilfsgenossen bekommen Haden, und hoffen, daß sie uns auf diesem Gebiete noch weiterhin unter stützen werden. Es ist aber bei uns schon seit Jahren in unserem engeren Vaterlande Mode geworden, daß die Gesetze viel zu überstürzt durchberaten werden, so daß die verschiedenen Möglichkeiten nicht gewissenhaft genug geprüft werden können. Ich möchte jedenfalls das Wirtschaft-Ministerium dringend ersuchen, den end- gültigen Termin, der mit dem 1. September 1927 fest gesetzt ist, noch hinauSzuschiebcn, denn die Verhältnisse liegen im Lande zu verschieden, und es dürfen unter dem Drucke dieses Endtermins hier nicht etwa Regelungen getroffen werden, die sich dann als unhaltbar erweisen. (Bravo! b. d. Dnat) Der Antrag Nr. 378 wird dem RechtSausfchug über wiesen. Letzter Punkt der Tagesordnung: Erste Beratung über den Antrag de» Abg. Böttcher ». Gen. wegen Bereitstellung von Mitteln für Vie Schnlvner der Roggenrentenbank. (Drucksache Rr. 3W.) Ter Antrag Nr. 399 lautet: Der Laudtag wolle beschließe»: die Regierung zu beauftragen, 1. sofort Mittel bereitzustellen, um jede Zwangsmaß nahme gegen Schuldner der Roggenrentcnbanl durch Zurverfügungstellung von Darlehen zu ver hindern; 2. den mit Schulden der Roagenrentcndank belasteten bäuerlichen Betrieben, soweit diese dadurch in , Notlage geraten sind und deren Besitz den Wert von 20000 biS 25000 RM. nicht übersteigt, sosort Darlehen zu niedrigem Zinssatz zur Ablösung der Roggenrentenict uld zur Verfügung zu stellen. Abg. Renner (Komm. — zur Begründung): Wir haben diesen Antrag gestellt, weil es notwendig erscheint, auch von Sachsen aus in der Frage der Roggenrentenbink etwas zu unternehmen. Ich will vorausjchicken, daß die Roggen- rentnerschuldner in Sachien nicht in einer so großen Zahl vorhanden sind wie in Preußen oder auch in Thü- ringen. Aber immerhin ist die Frage der Roggenrentner schuldner auch in Sachsen eine sehr aktuelle und akute Frage, und die Ausnutzung der Bauern durch diese Roggen- rentenbank ist geradezu katastrophal. Fast sämtliche Roggenrentnerschuldner, zum mindesten aber die kleine und mittlere Bauernschaft, die 1924 Darlehen aus der Roggenrentenbank in Anspruch genommen haben,sind an den Rand des Bankerotts gebracht worden und stehen jetzt vor dem Ruin. In Sachsen haben wir auch die Tatsache zu verzeichnen, daß Bauern ständig nnt Zwangs versteigerungen bedroht werden, und daß solche Land- Wirte, deren Besitztum immerhin noch zur Bewirtschaftung und Erhaltung ihrer Familie brauchbar wäre, Gefahr laufen, dieses Besitztum zu verlieren, und zwar dadurch, daß sie sich in dielen Börsenmampulationen der Roggen- rentenbank nicht zurecht gefunden haben ,und daß jetzt die Roggenrentenbank diese Bauern in einer geradezu wucherischen Art mit Zinszahlungen belastet, so daß ein großer Teil der Kleinbauern, insbesondere der mittleren Bauernschaft, aus ihren Betrieben kaum so viel heraus- wirtschaften kann, als wiedie Zinsen der Roggenrenten bank auSmachen. Diese Zinsen der Roggenrentenbank gehen meist fast über die Höhe de» erhaltenen Gelbe» hinau». Z. B- hat ein Landwirt im Kreise Gotha au»gezahlt er halten 8891 M. und hat einen Zin» zu bezahlen von 1750 M. Ein anderer Landwirt erhielt 4000 M. au», gezahlt und zahlt an Jahreszinsen an die Roggenrenten bank jetzt nicht weniger al» 1060 M. usw. Die Rück- zahlungeu sind auch so gehalten, daß eme Rieseumenge mehr zurückgezahlt werden muß» als die Leute über- Haupt jemals an bar von dieser Roggenrentenbank be- kommen haben. Ein Landwirt hat z. B rm Jahre 1 8091 M. erhalten und soll jetzt 24000 M. zuruckzahlen. (Hört, hört! b. d. Komm.) Das bedeutet praktisch, dav die Landwirte durch die Roagementenbank fast voll- ständig enteignet werden. Einen gleichen Fall haben wir hier in Sachsen, der übrigens auch die Regierung in der letzten Zeit beschäftigt hat, von der ich hier gern bestätige, daß sie sich alle erdenkliche Mühe gegeben hat, diesen Landwirt vor Schaden zu behüten. Die Roggen rentenbank macht bei dieser ganzen Ausplünderung der kleinen Bauern ein schönes Geschäft. Sie macht sogar sehr gute Geschäfte, denn sie zahlte ja in den letzten Jahren eine Dividende von 10 Proz. aus. Diese Prozente werden durch die Roggenrentenbank aus der kleinen Bauernschaft herausgesogen, («ehr richtig, b. d. Komm.) Ich glaube, wenn man diese Fälle der Roggenrcnten- bank klarstellt, wenn mau diese Wuchermethooen dieser Roggenrentenbank aufzählt, ist es nicht unangebracht, einmal zu konstatieren, welch erlesene Gesell,chast nm tn dieser Roggenrentenbank zusammengcsunden hat. E» sind beteiligt die Schleswig-Holsteinische Höfebank, die Brandenburgische Landgeselbchaft „Eigene «molle , die Danziger Reiffeisengesellfchaft und die Lindgenopcn- schaftsbank Posen, alles Banken, mit denen der Lmd- dund eine sehr enge Fühlung hat (Abg. Schreiber: Da- können Sie leicht behaupten, das ist aber Nicht wahr!) Weiter sindeu wir im Aufsichtsrat der Roggen rentenbank eine Anzahl Leute der Deutschnationalen Volkspartei, die in diesen HalsabschncidergeseUschaften sehr prominente Leute sind und auch dem Deutsch nationalen Landbund außerordentlich nahtstehen. Es wäre deshalb für die Deutschnationale Volksparte, bzw. für den deutschnationalen Landbund em leichter gewesen, ernsthaft auf den Vertreter im Aufsicht»- rat der Roggenrentenbank hinzuwirlen, das; dicie ihre Wuchermethoden aufgibt. Sie könnte das sehr wohl, indem sie die Zinszahlung hcrunterietzt und die Roggenrentenicheine auf die Beträge fen setzt, die dre Leute wirklich erhallen haben. Vielleicht ist e» auch im Wege des Gesetzes möglich den Wert der Roggenrentenicheine überhaupt herad- zusetzen. Wie w,r erfahren haben, haben auch bereits Verhandlungen seitens der Regierung, auch der Reiche regierung mit den Noggenrentenbankvertretern und anderen Beteiligten stattgefunden, die darauf hmaus gehen, die Angelegenheit in irgendeinem Sinne für die Bauernschaft günstiger zu regeln. Unser Antrag enthält weiter die Forderung, den Bauern die Möglichkeit zu geben, durch Aufnahme niedrig verzinslicher Darlehen die Roggenrentcnschulo abzulösen. Bei den Ablösungsmöglichkeiten Lars die Unkenntnis der Bauern nicht erneut ausgenützt werden, und die Bauern dürfen nicht einer neuen wucherizchen Einrichtung in die Hände fallen. Ich beantrage die Überweisung der Anträge an den Rechtsausschuß. Wirlschaflsmimfter Or. Wilhelm: Meine Damen und Herren! Die schwere Notlage der Roggenrenten, schuldner ist der Regierung seit langem bekannt und ist anch der Gegenstand ihrer ernsten Sorge geweien. Es sind eingehende Feststellungen über die Zahl der Schuldner und die Höbe der einzelnen Belastungen ge- machtworden. TieRegrerung weiß,daß beim Zusammen- treffen mehrerer mißlicher Umstände unter Umständen die Möglichkeit gegeben ist, daß ein Noggenrentem schuldner vor die Flage gestellt wird, durch Zwangs versteigerung oder durch Konkurs sein Grundstück zu verlieren. Das ist namentlich dann möglich, wenn der Roggenrentenschuldner zu besonders ungünstigen Preisen seine Roggenrentenbriefe verkauft, oder wenn er wieder holt Ernteschäden erlitten, oder wenn er sein Grundstück über die Bclcihungsgrenze hinaus belastet hat, oder wenn gar alle drei Momente Zusammentreffen. Ursprünglich fcllte nach den Grundsätzen der Roggen rentenbank nur bis zu des Ertragswertes beliehen werden. (Zurus b. d. Komm.) ES ist festgestellt, daß wahrscheinlich durch das Dazwischentreten gewisser Agenten die Beleihungsgrenze in einigen Fällen ganz erheblich überschritten worden ist. TaS geht aus folgenden Feststellungen hervor: In Lachsen sind insgesamt 132 Roggcnrenten- schuldner vorhanden. Ihre Grundstücke sind mit zu- jammen 161586 Zentner Roggen belastet. Diese Belastung entspricht bei der Annahme von 10 M. pro Zentner Roggen einem Geldwerte von rund 1616000 M. Bon den in Frage kommenden 132 Landwirten ent fallen 36 Landwirte mit 32136 Zentner Roggen bzw. 321360 M. Belastung auf die ehemalige sächsische Roggenrentenbank — jetzt Landwirtschaftlicher Kredit- verein Sachsen — und 96 Landwirte mit 129 4Ä Zentner Roggen bzw. 1294500 M. Belastung auf die Preußische Roggenrentenbank. Der errechnete Durch schnitt der Belastungen auf 1 Hektar beträgt 60 Zentner Roggen bzw. 600 M. Was da» für die sächsischen Verhältnisse bedeutet, brauche ich Ihnen nicht näher darzulegen (Zurus b. d. Komm.), nicht nur für die sächsischen, sondern insgesamt. Die einzelne» Belastunae» aus 1 Hektar schwanken »wische» ä Z«»t»« «AW»» VM. 40 ». »75 Zentner Rogge» bM. IMP M. Ohr t HoMm« lautende» Pfandbriefe der Preußischen Rentenbalit sind zu Preisen von 1,67 M. bis 8,36 M. verwertet worden. (Hört, Hört! rechts.) Mit der Preußischen Roggenrentenbank hat da» Wirtschaftsministerium unter Hinzuziehung des Finanz. Ministeriums, des Justizministeriums, der Landwirt- schaftskammcr, der LandessiedlungSgesellschaft, deS Landbundes und des Landwirtschaftlichen Kreditvereins erst kürzlich mit folgendem Ergebnisse verhandelt, durch das ein Teil der hier vorgetragenen Wünsche bereits Erfüllung gefunden haben dürfte: 1. Von Zwangsmaßnahmen zur Eintreibung rück- ständiger Zins- und Tilgungsbeträge wird bis auf weiteres Abstand genommen. 2. Zur Behebung der größten Not findet eine ein gehende Prüfung der Fälle statt, bei denen außer- gewöhnlich starke und schwerdrückende Belastungen oorliegcn, wobei die Preußische Roggenrentenbank Entgegenkommen zugesagt hat. 3. Unter Umständen kann auch eine Mithilfe durch die LandessiedlungSgesellschaft eintreten. 4. In ganz besonders gearteten Fällen kann auch eine Unterstützung au» den vom Landtage in diesem Frühjahre bewilligten Notstandskreditcn für die Landwirtschaft erfolgen Tas wird dann der Fall sein, wenn die Roggen- rentenfchuldner solche sind, die unter Erntefchäden ge litten haben. Lb außer den beabsichtigten Reichsmaß nahmen — daß solche beantragt worden sind, das er- geben die Verhandlungen des Volkswirtschaftlichen Aus schusses im Reichstage, über die erst kürzlich in der Presse berichtet worden ist —, ob, wie getagt, außer den Reichsmaßnahmen noch Landesmaßnah nen not wendig sind, wird noch geprüft werden. Jedenfalls kann gemgt werden — das ist ja auch schon durch den Herrn Vorredner zum Ausdruck gebracht worden —: oas Wirtschaftsministerium ist sich der mißlichen Lage der Roggcnrentenschuldner bewußt und hat jetzt schon alles getan, was möglich war, um in einzelnen Fälle» drohende Katastrophen zu verhindern. Anderseits ist zu bedenken, so einfach, daß man durch eine Verwaltungs- Maßnahme eingrerfen könnte, liegen die Tinge nicht; denn man hat es ja nicht nur mrt der Roggenrenten bank als Person zu tun, sondern auch mit den Besitzer« der Roggenrentenpfandbriese, deren wohlerworbene Ansprüche nicht ohne weiteres mit einem Federstrich oder durch eine Verwaltungsmaßnahme zu beseitige» sind. (Ab.z- Renner: 60 Proz. enteignen!) Tann müsie» Lie an meine Stelle treten. (Abg. Renner: Jawohl! Ich hatte es längst gemacht!) Abg. Schreiber (Mschwitz — Dnat): Nach de» Mitteilungen, die der Herr Wirtschaftsminister soeben gemacht har, kann ich mich kurz fassen. Auch uns sind eine ganze Reihe von ungeheuer krassen Verhält nissen bekannt, wo die Leute durch Aufnahme von solchen Roggenrentenschulden tatsächlich am Rande des Ruins stehen, und das ist auch Veranlassung gewesen daß wir und auch die von uns vertretenen Lrganila- tionen sofort an den zuständigen Stellen Verhandlungen eingeleitet haben. ES ist unbedingt notwendig, daß alle dazu berufenen Stellen so schnell wie möglich auf Ab hilfe sinnen. Tas ist aber durchaus nicht so leicht au» den Gründen, die der Herr Minister schon angeführt hat, weil man auf der anderen Leite natürlich auch di« Rechte der Psandbricfgläudiger zu wahren hat. So weit das etwa nur Großkapitalisten wären, brauchte man ja nicht so ängstlich zu sein. Aber es ist uns mit- g^teilt worden, daß auch ein großer Teil der Pfand briefe sich zu kleinen Teilbeträgen in den Händen vo« kleinen Sparern befindet, die natürlich froh sind, baß sie seinerzeit so glücklich waren, ihre Werte in solchen Pfandbriefen anzulegen. Gerade in das Pfand briefrecht einzugreifen, ist eine außerordentlich gefähr liche Manipulation, denn in demselben Augenblick, in dem der Staat hier die Rechte der Pfandbriefgläubiger beseitigen wollte, würde natürlich das Vertrauen nicht nnr im Jntande, sondern auch im Auslande zu unseren Psandbriesanstaltcn außerordentlich gefährdet werden. Der Herr Wirtschaftsminister hat bereits das Ergebnis der Aussprache mitgeteilt, die jetzt drüben im Wirt schaftsministerium stattgefunden hat. Ich möchte dazu nur bemerken, daß nach mir zugegangenen Mitteilungen aus Preußen die preußische Regierung, die ja an der Preußischen Roggenrentenbank am allerersten interessiert ist, bedauerlicherweise ihrerseits eine Staatsaktion ab gelehnt hat. Bei uns in Sachsen liegen die Verhäkt- nisse allerdings etwas anders. Die Sächsische Roggen rentenbank hat rechtzeitig abgebremst, als sich zeigte, daß eine so hohe Beleihung mit Roggenrentenschuldeck» nicht mehr durchführbar war, infolgedessen ist der Be trag der sächsischen Roggenrentenschuld beider Sächsischen Roggenrentenbank gar nicht so hoch, und hier werden sich Auswege finden lassen. Herr Abg. Renner hat dann die Manipulationen von verschiedenen Banken in Holstein, Brandenburg und sonstwo geschildert, von denen wir natürlich keine Kennt- ni- haben, und sür die nicht verantwortlich gemacht werden können. (Abg. Renner: Da- weiß jede- Kind!) Herr Kollege Renner hat dann aber auch weiter ausgeführt, daß im Aufsicht-rate der Preußischen Roggenrentenbank Leute säßen, die un- sehr nahe stünden. Ich kann da- im Augenblick natürlich nicht kontrollieren. Aber ich kann nur da- eine sagen, daß unsere Reich-organisatio» »md auch unsere Partei in Preußen i» engster Kühl»»- »M der Preußische» Roggenrentenbank steht mch «W