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WER WEISS, OB LAURI PIHKALA NICHT DOCH RECHT HAT? 42,195 Kilometer Dereflarathon-auf Der althellenische Sport kannte diesen Langstreckenlauf nicht. Im neu wiederbelebten „antiken“ Sportprogramm stellt er den Höhepunkt dar. Mit dem Marathontage schließt das Olympia der Leichtathleten, in ihm kul miniert es. Der Läufer von Marathon, dem zu Ehren dieses Rennen gegründet wurde, brachte die Botschaft vom Siege der Hellenen über die Perser nach Athen. Er konnte nur noch ausrufen: „Wir haben gesiegt!“ dann stürzte er tot zusammen. Das ist eigentlich kein Vorbild für einen Sportwettbewerb. Man weiß nichts Näheres über diesen Hellenen, der am Laufe starb. Der kluge Finnenführer Lauri Pihkala meinte scherzend: der mystische Mann von Marathon sei ein Deserteur gewesen, der davonlief, als die Schlacht begann, und dann von ferne sah, daß sie gegen alle Erwartung und voraussehbare Möglichkeit mit einer Niederlage der Perser endete. Aus der Flucht sei dann ein Botenlauf geworden. Die Scherzsthenie stimmt wohl nicht, aber die Geschichte kann hier keine Klarheit mehr bringen und uns interessiert mehr die neuzeitliche Nachahmung, als das Urbild des Marathonlaufs vor fast 2% Jahrtausenden. Dieses Rennen hätte beim X. Olympia die Krönung eines einzigartigen Sportlerlebens bilden sollen. Mit dem Marathonlauf zu Los Angeles wollte sich Paavo Nurmi von der Kampfbahn verabschieden, mit dem Marathon siege wollte er seine Laufbahn beschließen, beispiellos reich an Rekorden und olympischen Laufsiegen. Es gibt keinen Weltrekord im Marathonlauf. Wetter und Wind (Gegenwind oder Mitwind beispielsweise), die Be schaffenheit der Straßen, Steigung und Gefälle der Strecke, ergeben für jeden Ort so verschiedene Vorbedingungen, daß es sinnlos wäre, hier eine Weltbestleistung anzuer kennen. Nur olympische Marken werden notiert. Hannes Kolehmainens Siegerzeit von 2 Stunden 32 Minuten und 35,8 Sekunden galt seit 1920 als olympische Bestleistung. In Los Angeles waren die drei ersten schneller, der nächste kam bis auf fünf Sekunden an den alten Rekord heran. So vorzüglich sonst alles organisiert war, so schlecht war leider für die Presse gesorgt, was die Marathonlauf- Berichterstattung betraf. Was selbst auf den Damm straßen Hollands möglich gewesen war, wurde auf den Prachtstraßen Kaliforniens für unmöglich erklärt. Kein Presse-Autobus durfte mit den Läufern fahren, man war auf die oft lückenhaften Meldungen aus den Kontroll stationen angewiesen. Die Läufer selbst jedoch sorgten dafür, daß man doch mancherlei zu sehen bekam, besonders am Ende. Zum erstenmal sah man beim Marathon-Finish vier Läufer gleichzeitig auf der Stadionbahn. Zum erstenmal lagen zwischen den vier Schnellsten nach 42 000 Metern noch nicht einmal 300 Meter. Wäre Nurmi mit dabeigewesen, wahrscheinlich wäre der Rekord von Antwerpen gleich um zehn Minuten herabgesetzt worden und das Ganze wäre das Rennen eines Mannes, eines Über-Renners geworden. Doch auch so war es im Grunde eines Mannes Rennen, nur hieß dieser eine nicht Paavo Nurmi, sondern Juan Zabala, nur lief dieser eine nicht mit der Uhr in der Hand minuten- und kilometerweit vor den andern weg, sondern kämpfte sich durch, gegen Start zum Marathon-Lauf: Die 28 Läufer verlassen nach ihrer obligaten Runde das olympische Stadion, eine Wegstrecke von fast 42 km noch vor sich.